Wir haben festgestellt, dass es angebracht ist, die individuelle Eignung für das Lehramt in den ersten Studiensemestern zu erfahren. Von daher frage ich, warum die Landesregierung nicht flächendeckend das Hildesheimer Modell einführt, bei dem die Praxiserfahrung vom ersten Semester an im Mittelpunkt steht.
Es geht, wie Bernd Althusmann ausführte, darum, festzustellen, ob jemand wirklich für den Lehrerberuf geeignet ist, und zwar nicht nur theoretisch, weil er das Fach, das er unterrichten möchte - z. B. Deutsch oder Mathematik -, gut kann und beherrscht. Das war ein Knackpunkt. In dem Konzept, das wir dem Landtag vorlegen, sind die Hildesheimer Erfahrungen - sie sind im Verbund diskutiert worden - enthalten, dass es nämlich eine Abklärung der Eignung, also eine Feststellung, von Anfang an gibt. Sie zieht sich durch das gesamte Studium, durch jede Phase mit unterschiedlichen Akzenten. Die Praxis ist dabei ein Punkt. Die Hildesheimer Erfahrungen spielen also eine Rolle, sie sind im Verbund diskutiert worden. Das ist jetzt mit in dem Konzept für die zukünftige Ausbildung enthalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Reform der Lehrerausbildung für die betroffenen Studierenden dazu führt, dass sie für ein halbes Jahr Anwärterbezüge verlieren - rund 7 200 Euro - und ungefähr ein Jahr länger Studiengebühren zahlen müssen - über 1 000 Euro -, frage ich, wie diese Landesregierung ernsthaft davon sprechen kann, dass der Lehrerberuf attraktiver wird, wo die Studierenden doch jetzt über 8 000 Euro für die Ausbildung zum Lehrer draufzahlen müssen.
(Zustimmung bei der LINKEN - Karl- Heinz Klare [CDU]: Wer sagt das denn? Das ist doch nur eine Vermu- tung, und zwar eine falsche!)
Herr Perli, man wird sich schon entscheiden müssen, ob man die Qualität der Lehrerausbildung langfristig professionalisieren will, ob man frühzeitig Praxisphasen längeren Datums einbauen will.
Nun noch einmal zum Hildesheimer Modell. Wenn ich das richtig weiß, wird das dort anders gemacht als an anderen Universitäten. Über die 18 Wochen Praktikum werden die Leute einmal pro Woche in die Praxis geschickt. Es gibt durchaus unterschiedliche Ansichten, ob das quasi kontinuierliche praktische Erfahrung ist oder ob es nicht doch besser ist, wie es andere Universitäten machen, das im Rahmen eines Blockmodells zu organisieren, und ob das eine höhere Kontinuität der Erfahrung in der Praxis bedeutet. Dazu gibt es unterschiedliche Ansichten.
Zurück zu Herrn Perli. Herr Perli, zu den Studiengebühren hat Frau Wanka alles gesagt; insbesondere mit Blick auf das Praxissemester. Die Verlängerung des Masterstudiums erzeugt natürlich Mehrkosten durch folgende Positionen: zusätzliche Lehrerleistungen im Studium durch wissenschaftliches Personal sowie Fachseminarleiter, Betreuung der Praktikanten durch Mentoren - ich erwähnte das bereits -, die Qualifikation der Fachseminarleiter, die Koordination der Zusammenarbeit mit Universitäten, Studienseminaren und Schulen sowie Bereitstellung und Verteilung der Praktikumsplätze. Die Verkürzung des Vorbereitungsdienstes erzeugt natürlich Minderkosten - Sie sprachen es an - bei der Besoldung, bei der geringeren benötigten Lehrleistung der Fachseminarleiter. Insofern kann ich nach den Schätzungen, die wir vorgenommen haben, davon ausgehen, dass sich dieses System von 2013 bis 2018 am Ende im Prinzip selber trägt, sich also amortisiert. Das, was wir am Anfang investieren, bekommen wir am Ende durch Minderkosten sozusagen wieder herein.
Deshalb sage ich selbst angesichts der von Ihnen angesprochenen Fragen zu einem aus Ihrer Sicht teuren Studium ganz deutlich: Die Qualität der Lehrerausbildung wird sich damit in ganz Deutschland und insbesondere in Niedersachsen - Frau Wanka hat bereits dargestellt, dass man in anderen Bundesländern, in Bremen, Nordrhein-Westfalen und Hamburg, ähnliche Wege geht - deutlich steigern.
Eine deutliche Steigerung der Lehrerausbildung, was die Qualität und die Professionalisierung betrifft, ist auch vor dem Hintergrund der Kosten vertretbar. Letztendlich geht es doch darum, zukünftig bestmöglich ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer an unsere Schulen zu bekommen. Insofern sind Sie mit Ihrem Argument zu kurz gesprungen.
Herr Präsident! Verehrte Frau Ministerin! Ich beziehe mich auf eine Anmerkung, die Sie gemacht haben: „Wir sind nicht am Ende der Bewegung.“ Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es europäische Länder gibt, die die Eignung als Lehrkraft bereits vor Eintritt in das Studium überprüfen, und dass es auch bei uns in einzelnen Bundesländern Überlegungen dahin gehend gibt, Instrumente einzuführen, die geeignet sind, vor dem Eintritt in das Lehramtsstudium die Eignung festzustellen, frage ich: Denken Sie darüber nach, dass das auch bei uns in Zukunft so geregelt werden könnte, dass wir ein solches Instrument einführen?
Wir hatten vor Jahren an allen Universitäten eine ganz heftige Diskussion - sie war nicht auf das Lehramt beschränkt, sondern es ging um die Grundhaltung -, in der gesagt wurde: Wenn wir als Hochschulen nach unserem Output finanziert werden, also z. B. danach, wie hoch die Abbrecherquoten sind, wie gut unsere Absolventen sind und wie sie unterkommen, dann müssen wir die Möglichkeit haben, bei den jungen Menschen, die an die Hochschulen wollen, Eignungsprüfungen zu machen und zu entscheiden. Dann wird die Erfolgsquote größer. Das ist in Deutschland - auch in NC-Studiengängen - möglich, macht aber unwahrscheinlich viel Arbeit. Davon wird nur sehr sporadisch Gebrauch gemacht. Das hat uns sehr enttäuscht, weil es jahrelang diese Diskussion gab.
Was das Lehramt anbetrifft, bin ich sehr für Eignungsfeststellungen. In einzelnen Hochschulen haben wir Elemente von Eignungstests. Ich glaube, dass es sehr schwierig ist, in einem Test - in der Fremdwahrnehmung durch denjenigen, der testet, und durch den Betreffenden selbst - festzustellen, ob jemand für dieses Studium geeignet ist. Ich halte viel von Eingangsgesprächen, die ein Stück Klarheit schaffen. Was wir vorgesehen haben, ist kontinuierlich über die Zeit des Studiums die Überprüfung der Eignung, also nicht in einem ersten Test oder einem ersten Gespräch. Es soll zwar ein erstes Gespräch stattfinden, aber dann wird nach dem ersten Praxiseinsatz reflektiert. Die kontinuierliche Eignungsfeststellung ist ein ganz zentrales Element, weil man den jungen Leuten hilft, wenn sie frühzeitig feststellen, dass das doch nicht der für sie richtige Beruf ist. Es geht also nicht um einen Test, sondern das ist durch einen Kanon von Maßnahmen in dem neuen Modell vorgesehen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte eine etwas konkretere Nachfrage zu den Studiengebühren stellen. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie, Frau Ministerin Wanka, soeben gesagt haben, dass für das Praxissemester keine Studiengebühren gezahlt werden müssten, das Praxissemester aber gleichzeitig als Semester angedacht ist, das durchaus eine enge Begleitung und Betreuung durch die Hochschule erfordern wird - sodass die Hochschule auch argumentieren könnte, dass weiterhin ein Betreuungsaufwand besteht -, frage ich Sie: Ist daran gedacht, den Hochschulen die dann entfallenden Studiengebühren zu erstatten, bzw. wie wird sichergestellt, dass der Verzicht auf die Studiengebühren für das Praxissemester auch wirklich für alle Studierenden gilt? Ist das etwas, was im Gesetz festgehalten wird, oder wie kann man sicherstellen, dass nicht einzelne Hochschulen von dieser Regelung abweichen?
(Hartmut Möllring [CDU]: Was wollen Sie denn? Erst waren Sie gegen Stu- diengebühren, und jetzt haben Sie Sorge, dass keine gezahlt werden? Wollen Sie Studiengebühren oder wollen Sie keine?)
- Nein, es geht nur darum, dass man das gleichmäßig regelt und darüber nicht jeder nach eigenem Gusto entscheidet.
Frau Heinen-Kljajić, ich hatte vorhin schon gesagt, dass ein Praxissemester bzw. Praxisanteile nichts sind, was es nur im Lehramtsstudium gibt. Es ist so geregelt, und zwar verbindlich, dass keine Gebühren gezahlt zu werden brauchen, wenn der Praxisanteil im Curriculum verpflichtend vorgeschrieben ist. Das gilt natürlich auch für die Lehramtsstudiengänge, wenn wir das jetzt so neu machen.
(Hartmut Möllring [CDU]: Wenn Herr Perli seine Studieneignung vorher ge- testet hätte, wäre er jetzt nicht im 15. Semester!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Althusmann, Sie müssen schon richtig zuhören. Ich habe nicht kritisiert, dass es eine Qualitätssteigerung geben soll. Ich habe kritisiert, dass diese Qualitätssteigerung, die Sie als solche darstellen, zu 100 % von den Studierenden bezahlt werden sollen, mit über 8 000 Euro.
Frau Wanka, Sie haben ausgeführt, dass es Diskussionen gebe, in Richtung einer leistungsbezogenen Besoldung zu gehen, analog zu der Besoldung der Professoren. Mich würde interessieren: Was wird hier konkret diskutiert? Was ist die Position der Landesregierung? Und wenn Sie dafür
Mein Kollege Bernd Althusmann hat zu diesem Punkt ausführlich Stellung genommen und ihn in den Kontext eingeordnet, dass wir jetzt mit dieser neuen Studienstruktur beginnen wollen, dass 2013 die ersten Masterstudiengänge starten und dass in diesem Zeitraum - Stichwort Föderalismusreform I - die Zuständigkeit für besoldungsrechtliche Regelungen auf das Land übergehen.
Ich habe gesagt, in diesem Zeitraum wird es eine intensive Diskussion geben, und zwar nicht nur an dieser Stelle, sondern generell, wie besoldet wird. Ich habe als Analogie angeführt, dass im professoralen Bereich jahrelang nach Alter bezahlt worden ist: Wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hatte, erhielt man die nächste Steigerungsstufe. Es war sozusagen das Pilotprojekt, zu versuchen, im öffentlichen Dienst Besoldungsstrukturen stärker leistungsorientiert auszugestalten. „W 3“ ist ein solcher Versuch.
Ich denke, dass diese Diskussion auch in Bezug auf den Schulbereich geführt werden muss: Was leistet ein Lehrer in der Grundschule? Wie ist er beansprucht?
Aber wenn Sie zugehört hätten, Herr Perli, dann wäre Ihnen klar geworden, dass es keinen Kriterienkatalog gibt und dass das keine Sache ist, die jetzt entschieden werden kann, sondern dass diese Diskussion jetzt erst geführt wird, und zwar nicht nur in Niedersachsen, und dass wir zum geeigneten Zeitpunkt Entscheidungen treffen werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der großen Herausforderungen, die wir im Bereich der frühkindlichen Bildung und im Bereich der Grundschulbildung haben, frage ich die Landesregierung: Wie stellt man sich die weitere Entwicklung des Grundschullehramts vor? Und: Wie stellt man sich eine bessere Verzahnung von Erzieherausbildung und Grundschullehrerausbildung vor?
Herr Grascha, meine Damen und Herren, uns geht es darum, ein eigenes Grundschullehramtsstudium zu konzipieren, weil wir nach den Erkenntnissen, zu denen wir im Bereich der frühkindlichen Erziehung in den letzten Jahren und Jahrzehnten gelangt sind, meinen, dass das notwendig und wichtig ist. Außerdem geht es darum, wie man die Erkenntnisse aus der Kindergartenzeit übertragen kann und was an den Schnittstellen zu beachten ist.