Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden Sie beim Wort nehmen, Herr Innenminister. - Vor dem Hintergrund, dass sowohl aufgrund weiterer Veränderungen rechtlicher Vorschriften als auch aufgrund des real geplanten Abzugs von Bundeswehrsoldaten und alliierten Streitkräften ein weiterer kleiner Mosaikbaustein droht mit der Folge, dass die kommunalen Finanzen weiter geschwächt werden, und vor dem Hintergrund, dass angesichts der bei den alliierten Streitkräften drohenden Veränderungen der Ministerpräsident extra nach London gefahren ist, um dort Verbesserungen zu erreichen, frage ich: Was bedeutet das? Was bedeutet es, wenn er sagt, dass der Abzug der alliierten Streitkräfte - mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Einwohnerzahlen wegen der 1,5-fachen Veredelung - nicht zum gleichen Zeit
punkt stattfinden werde? Was bedeutet es, wenn Sie und in diesem Fall auch der Ministerpräsident sagen, dass Sie über einen Ausgleich zugunsten der Kommunen nachdenken? Was haben Sie da konkret anzubieten?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch das, Herr Bachmann, habe ich schon ausgeführt. Ich habe gesagt, dass wir erst vor kurzer Zeit den Demografiefaktor eingeführt haben. Das bedeutet: Wenn das Meldegesetz geändert würde, dann würden die betroffenen Kommunen nicht sofort in Gänze mit dieser negativen Entwicklung belastet, sondern über einen Zeitraum von fünf Jahren. In anderen Bundesländern ist das übrigens in der Regel nicht so. Insofern haben die Niedersächsische Landesregierung und das Parlament reagiert, sodass die Folgen abgemildert werden. Zum Teil gibt es Gebiete - in solch einem Gebiet wohne auch ich -, in denen ein Einwohnerverlust von bis zu 30 % hingenommen werden muss. Auch darauf haben wir reagiert. Das wirkt in diesem Zusammenhang auch.
Richtig ist, dass wir in Niedersachsen, aber auch in anderen Bundesländern hinnehmen müssen, dass die Alliierten - insbesondere die Briten - jetzt ihre Streitkräfte abziehen. Über welchen Zeitraum hinweg dies geschehen wird, können wir noch nicht genau sagen. Wir stehen hier aber in einem ganz engen Kontakt. Trotzdem hat sich die Regierung in London noch nicht entschieden, wie der Abzug tatsächlich umgesetzt werden soll. Auch diesbezüglich müssen wir so schnell wie möglich Klarheit bekommen.
Wenn Sie, Herr Bachmann, sagen, dass die niedersächsischen Kommunen dadurch insgesamt geschwächt würden, muss ich Ihnen entgegenhalten, dass dem nicht so ist. Der kommunale Finanzausgleich wird ja nicht verändert, sondern es gibt einen anderen Ausgleich. Das muss ich an dieser Stelle noch einmal feststellen. Nicht, dass jetzt gesagt wird, dass die Landesregierung das nimmt, was denen weggenommen wird. Das wäre sicherlich falsch. Stattdessen wird es an anderer Stelle mehr geben. Die Kommunen behalten also das Geld.
munen sicherlich in eine schwierige Situation kommen werden. Deshalb haben wir und auch ich persönlich erst vor wenigen Tagen mit dem Verteidigungsminister gesprochen und diesen darauf hingewiesen, dass bei der anstehenden Bundeswehrreform, die ja ihrerseits auch Auswirkungen haben wird, der Abzug der alliierten Streitkräfte berücksichtigt werden muss. Das hat der Verteidigungsminister auch klar zugesagt. Wenn es um Standortentscheidungen geht, muss der Abzug der Alliierten ganz klar berücksichtigt werden, damit wir in diesem Zusammenhang nicht noch größere Probleme bekommen.
Welche strukturpolitischen Maßnahmen greifen können, wird in verschiedenen Gesprächen mit den Bürgermeistern zu bereden sein. Der Abzugstermin ist bis heute noch nicht bekannt. Da wir den genauen Termin noch nicht kennen, können Sie auch nicht von mir verlangen, dass ich heute, Stand 9.20 Uhr, konkret sagen kann, was an diesen Standorten passiert und welche Ausgleichsmaßnahmen greifen könnten. Erst muss das Gesamtkonzept vorliegen, erst müssen wir wissen, wann die Streitkräfte abgezogen werden, dann können wir schauen, wie wir helfen können. In einigen wenigen Standorten muss man sicherlich weniger direkte Unterstützung leisten. Aber z. B. in Bergen muss man sicherlich mit den Kommunen gemeinsam über eine Konzeption reden. Auf Initiative der Landesregierung, aber auch der kommunalen Ebene hat es schon Veranstaltungen gegeben, um ein Gesamtpaket zu schnüren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, können Sie mir vor dem Hintergrund, dass Sie vorhin ausgeführt haben, dass Sie, wenn es keine weitere Begründung für diese Änderung des Melderechts geben würde, sie ablehnen würden, erklären, welche anderen Gründe es geben könnte, die Sie zu einer Meinungsänderung bewegen könnten? Ist Ihnen klar, dass es an den Standorten zum Teil nicht nur um Hunderte, sondern um Tausende von Menschen geht, die dort nicht mehr gemeldet wären? - Das ist schon eine erhebliche Einschränkung der kommunalen Fi
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möhrmann, Sie haben völlig recht, es gibt einige Standorte, die besonders betroffen wären, z. B. Wilhelmshaven. Dort sind viele Soldaten in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, weil sie hauptsächlich auf See sind und, wenn sie zurückkommen, nicht unbedingt außerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte wohnen. Das hätte also durchaus erhebliche Auswirkungen. Das ist bekannt. Konkrete Zahlen kann ich Ihnen im Moment allerdings nicht nennen; denn dafür müssten wir die Personalakten anfordern, und dazu haben wir gar kein Recht. Aber dass das erhebliche Summen - sogar bis zu 1 Million Euro pro Jahr - ausmachen würde, kann man schon hochrechnen. Das ist überhaupt keine Frage.
Ich will hier nicht spekulieren. Aber ich finde, eine ausreichende Begründung gehört zu einem vernünftigen Verfahren. In der bisherigen Begründung wird ja nur spekuliert, dass die Meldepflicht von den Betroffenen zunehmend als Belastung empfunden werde. Inwieweit das tatsächlich als Belastung empfunden wird, kann ich nicht sagen. Wie ich meiner ersten Antwort schon gesagt habe, bekommt man sogar einen halben Tag dienstfrei, wenn man sich ummeldet. Das heißt, eine starke Belastung ist das in diesem Zusammenhang nicht. Man müsste sich natürlich anschauen, inwiefern dies Auswirkungen z. B. auf die Zweitwohnungssteuer der Bundeswehrsoldaten hat. Ich habe jedenfalls vom Bundeswehrverband auch durchaus positive Stellungnahmen gelesen.
Aber ich kann das wirklich erst dann bewerten, wenn wir eine neue Antwort bekommen - das würden wir Ihnen dann auch mitteilen - und konkret wissen, welche positiven oder negativen Auswirkungen das für die Bundeswehr hat. Dann müssen wir insgesamt für das Land beurteilen, ob wir das hinnehmen können und welche Möglichkeiten es für die kommunale Ebene gibt.
Nach dem, was ich im Moment weiß, wird sich meine ablehnende Haltung nicht verändern. Aber ein vernünftiges Verfahren ist, erst einmal nachzufragen, welche Entscheidungsgründe es gibt. Dann werden wir entscheiden. Wir werden Ihnen die
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Schünemann, Sie haben zu Recht schon Zahlen über die finanziellen Auswirkungen angedeutet. Der Oberbürgermeister der Stadt Wilhelmshaven hat von 1 Million Euro gesprochen. Auch dann, wenn sich das über einen Zeitraum von fünf Jahren hinziehen könnte, bedeutet dies keine wirkliche Entlastung der Kommune, sondern das hilft nur, sicherzustellen, dass die Stadt Wilhelmshaven auch weiterhin finanziellen Spielraum hat, der ohnehin schon eingeschränkt ist. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie: Wie werden Sie konkret eine solche Beeinflussung, wie sie die Stadt Wilhelmshaven, aber auch andere Städte in unserem Land hinnehmen müssen, umgehen und verhindern? Wie werden Sie anderenfalls dafür sorgen, dass der finanzielle Ausgleich nicht nur über fünf Jahre, sondern auch längerfristig gesichert ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lies, ich habe ja gesagt, auf der Grundlage dessen, was ich im Moment weiß, werde ich alles daran setzen, dass diese Regelung nicht in Kraft tritt. Aber wir haben im Bundesrat ja nicht die Mehrheit. Es ist natürlich völlig klar, dass wir die Argumente entsprechend vorbringen werden; das haben wir auch schon getan. Trotzdem haben wir noch einmal um Auskunft gebeten.
Die Verteilung über fünf Jahre durch den Demografiefaktor wirkt sich allerdings abmildernd aus. Aber wir können natürlich nicht den kommunalen Finanzausgleich in Gänze ändern; denn so etwas muss ja auch vor dem Staatsgerichtshof standhalten. Wenn die Einwohner nicht da sind, dann sind sie nicht da. Wir können nicht in Wilhelmshaven einen Extrafaktor einführen. Das verteilen wir ja schon über fünf Jahre. Länger kann man das sicherlich nicht rechtfertigen; sonst wäre das vor dem Staatsgerichtshof sehr schwierig durchzusetzen.
Wenn es tatsächlich zu diesem Fall kommt, müsste man insgesamt mit den Kommunen reden. Aber beim kommunalen Finanzausgleich könnten wir keine Änderung vornehmen - ich glaube, das ist eindeutig -, weil wir dann einen verfassungswidrigen kommunalen Finanzausgleich hätten.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister Schünemann, da Sie bisher weitestgehend aus der Sicht des Kommunalministers geantwortet haben, möchte ich Sie fragen, ob Sie nicht auch aus der Sicht des Innenministers, der für die Polizei zuständig ist, Argumente finden, diese Regelung aus polizeitaktischen Gründen abzulehnen. Es kann doch nicht angehen, dass dann, wenn ein Bundeswehrangehöriger, Zeit- oder Berufssoldat - das ist der Hintergrund der Frage -, der in einer Gemeinde Dienst leistet, z. B. an einer Straftat beteiligt ist oder als Zeuge gebraucht wird und ermittelt werden muss, die örtliche Polizeibehörde nicht in der Lage ist, die Identität festzustellen, weil die Meldepflicht nicht mehr besteht. Das wäre doch mindestens auch aus polizeitaktischer Sicht ein wichtiger Ablehnungsgrund einer solchen absurden Gesetzesänderung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Bachmann, aber genau diesen Grund habe ich schon in meiner ersten Antwort dargestellt. Da sind wir uns einig. Ich kann Ihnen das aber noch einmal schriftlich geben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass diese Folgen nicht nur in Niedersachsen auftreten, sondern auch in anderen Bundesländern - wahrscheinlich besonders in Flächenländern -, frage ich die Landesregierung: Gibt es dazu schon Absprachen? - Denn wenn der Bundesrat nicht zustimmen würde, wäre das ja gar nicht umsetzbar.
Zunächst ein Hinweis: Aller Voraussicht nach wird im Jahr 2012 das Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens das derzeitige Rahmengesetz sowie die Landesgesetze ablösen.
Wir haben bisher, zumindest im Zuge der Innenministerkonferenz, noch nicht darüber gesprochen. Ich sehe aber die Kollegen heute Nachmittag. Bald findet auch die nächste Innenministerkonferenz statt. Aber so, wie ich die Verhältnisse im Bundesrat kenne, würde es auch helfen, wenn Sie die Innenminister und Ministerpräsidenten, zu denen Sie noch näheren Kontakt haben als ich, vielleicht auch sensibilisieren.
Genau so wollte ich beginnen. - Vor dem Hintergrund, dass Sie, Herr Minister, eingeräumt haben, dass unsere Anfrage weitestgehend den Nagel auf den Kopf getroffen hat, dass wir mit Einnahmeausfällen bei den betroffenen Standortkommunen zu rechnen haben, dass es möglicherweise Schwierigkeiten bei polizeilichen Ermittlungen usw. gibt, möchte ich Sie fragen: In welcher Art und Weise
können Sie nun den Kämmerern der Städte und Kommunen die Verunsicherung nehmen, und was können Sie uns vor dem Hintergrund, dass Sie schon Anfang April die Kommunen angewiesen haben, diese Melderechtsrahmengesetzesänderung durchzusetzen, dazu sagen, dass Sie das schon in einer frühen Phase den Kommunen über die Landkreise mitgeteilt haben, obwohl Sie das selber kritisch sehen? Warum haben Sie das so frühzeitig mitgeteilt? - Das ist die konkrete Frage.
(Ursula Körtner [CDU]: Kann man die Frage nicht einmal so stellen, dass man sie versteht? - Heinz Rolfes [CDU]: Das war ein bisschen abstrus, aber er ist ja Oberlehrer!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, dass Sie kritisieren wollen, dass wir die Kommunen rechtzeitig und frühzeitig informiert haben. Das kann nicht der Kern sein.
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Mit der Tendenz „das wird kommen“, nicht mit der Tendenz „das wird frag- würdig“!)
- Wenn ein Referentenentwurf vorliegt und wir schon in dem Stadium die Kommunen informieren, sodass sie sensibilisiert sind, zeigt das, dass auch wir sensibilisiert sind. Wir haben ihnen gesagt, dass wir das kritisch sehen und dass sie, wenn es tatsächlich kommt, über den Demografiefaktor auf jeden Fall eine Minderung haben. Das ist meiner Ansicht nach etwas, das die Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt tun kann.
Wenn wir uns einig sind, dass auch Sie Möglichkeiten haben, dafür zu sorgen, dass es keine Bundesratsmehrheit gibt, falls das tatsächlich in den Bundesrat kommt, dann frage ich mich, was wir zum jetzigen Zeitpunkt noch mehr tun könnten. Wenn Sie aber noch Vorschläge haben, bin ich durchaus bereit, darüber nachzudenken.