Protokoll der Sitzung vom 13.10.2011

Ich empfehle allen Kolleginnen und Kollegen, einmal zu erleben, was dort nachts fernab der Öffentlichkeit, fernab öffentlicher Kontrolle passiert: Tritte in die Knie, Schläge mit Polizeiknüppeln. Ich persönlich empfehle meinen Kolleginnen und Kollegen von der Grünen-Jugend und von den Grünen gar keine Anzeigen mehr, weil ich weiß - der Kollege Adler hat das gerade ausgeführt -, wie das oft ausgeht.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Seiten, aber es gehört auch die Seite der Demonstrierenden dazu.

(Zuruf von Editha Lorberg [CDU])

Frau Kollegin Lorberg, Herr Kollege Götz, die Demonstrationsbeobachtungen, die Sie durchführen, tagsüber eine Stunde im Polizeibully mitzufahren, können sicherlich einen kleinen Eindruck geben. Sie können Ihnen aber keinerlei Eindruck davon vermitteln, wie es nachts im Wendland im November bei Castortransporten zugeht.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Ein letzter Punkt. Herr Minister Schünemann, Sie werden hier sicherlich wieder Ihre Statistik über das hohe Maß an Vertrauen in die Polizei zitieren. Das erkennen wir auch an. Aber die Polizei darf sich doch nicht damit zufriedengeben, bei der Durchschnittsbevölkerung ein hohes Maß an Vertrauen zu gewinnen. Die Polizei als staatliche Institution und Träger des Gewaltmonopols muss immer den Anspruch haben, Vertrauen auch bei Bürgerinnen und Bürgern, die ihr kritisch gegenüberstehen, zu gewinnen. Darum muss sich die Polizei auch Castordemonstrantinnen und -demonstranten gegenüber öffnen. Sie muss sich Leuten, die auf Demonstrationen schlechte Erfahrungen gemacht haben, gegenüber öffnen und darf nicht aufgeben, um Vertrauen zu werben.

(Zuruf von Editha Lorberg [CDU])

Eine solche unabhängige Beschwerdestelle kann ein wichtiger Baustein für mehr Vertrauen in die Polizeiarbeit sein.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Limburg, das war rhetorisch ein toller Schachzug und hat sich gut angehört. Aber Sie können ganz sicher darauf vertrauen, dass das für uns eine sehr gruselige Vorstellung ist. Solche Bündnisse wird es mit uns nicht geben.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich möchte aber unterstützen, was Sie gesagt haben. Natürlich gibt es die Nachtschichten an der Schiene in Gorleben. Jeder von uns sollte das einmal mitgemacht und geguckt haben, was da so abgeht. Dann versteht man, dass diese Menschen, die sich dort gegen Atomkraft einsetzen und gegen die Endlagerung in Gorleben demonstrieren wollen, eine unabhängige Beschwerdestelle haben möchten. Das wird dann völlig klar.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir nicht die Ersten sind. Das ist völlig klar. Das wissen wir auch. Aber das ist unser Anliegen, und es ist ja nicht nur unser Anliegen. Ich habe das vorhin schon gesagt. Der UN-Menschenrechtsrat fordert dies, und auch amnesty international fordert dies. Es gibt andere Länder, in denen das schon erfolgreich durchgeführt wird. Ich wiederhole es: Großbritannien, Irland, Belgien und Norwegen sind das. Da kann man einmal hingucken und sich eine Scheibe davon abschneiden, wie das läuft, sich Informationen holen und diese diskutieren. Diese unabhängige Beschwerdestelle ist eine Beschwerdestelle, die sich auch zugunsten der Polizei darstellt, die tatsächlich eine gute Arbeit macht.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sehe, Herr Limburg möchte nicht antworten. Dann darf ich jetzt Herrn Minister Schünemann aufrufen. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Antrag der Fraktion DIE LINKE ist wirklich so überflüssig wie ein Kropf.

(Beifall bei der CDU - Pia-Beate Zim- mermann [LINKE]: Das ist klar, dass Sie das sagen! - Marianne König [LINKE]: Aus Ihrer Sicht!)

Es ist zu Recht von Herrn Götz, aber auch von Herrn Bachmann dargestellt worden, dass wir schon heute nicht nur sämtliche Möglichkeiten haben, die Polizei zu kontrollieren, sondern dass die Bürgerinnen und Bürger ihre Beschwerden an die richtige Stelle geben können. Wir haben Dienstaufsichtsbeschwerden, dann die Möglichkeit, Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn es tatsächlich Anhaltspunkte dafür gibt, dass das notwendig ist. Es ist möglich, Petitionen einzureichen. Das heißt: Die parlamentarische Kontrolle ist gewährleistet.

Ihr Antrag soll nichts anderes suggerieren, als dass die Polizei in einem rechtsfreien Raum agieren würde. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das ist absurd. Die Polizeigewerkschaften haben zu Recht schon darauf reagiert. Sie verwahren sich gegen solche Unterstellungen. Ich glaube, Sie sollten sie wirklich unterlassen.

(Beifall bei der CDU - Pia-Beate Zim- mermann [LINKE]: Sehr unsachlich!)

- Es entspricht der Tatsache, dass man heute schon alle Möglichkeiten in dem Zusammenhang hat. Ich würde keine Zwischenfrage von Frau Zimmermann zulassen, falls mich der Präsident fragen sollte.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich möchte darauf hinweisen, dass zu Recht gesagt worden ist, dass die Polizei das Gewaltmonopol ausübt. Das ist in unserem Grundgesetz festgelegt, und das ist auch richtig so. Es sind Beispiele genannt worden, was an der Schienenstrecke beim Castortransport stattfindet. Ich war erst vor wenigen Tagen auf einer Veranstaltung der DPolG, u. a. mit Herrn Ehmke von der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg. Ich muss Ihnen sagen: Ich habe es nicht verstanden, dass es Herr Ehmke nicht über die Lippen gebracht hat, in der jetzigen Situation, in der man sagen kann, Herr Herzog, dass sich die Bürgerinitiative politisch durchaus durchgesetzt hat - wir haben eine Energiewende; zur Endlagersuche wird ein Gesetz auf den Weg gebracht -, als Mitveranstalter aufzurufen, gewaltfrei und ohne Straftaten zu demonstrieren.

Meine Damen und Herren, wenn sich ein solcher Veranstalter davon nicht distanziert, muss man sich nicht wundern, dass direkt vor Ort Straftaten

stattfinden und die Polizei dann, was der richtige Weg ist, vom Gewaltmonopol auch Gebrauch macht.

(Beifall bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Die Bürgerinitiative hat sich immer für einen friedlichen Verlauf eingesetzt!)

Deshalb habe ich Herrn Ehmke direkt gefragt: Sind Sie als Mitveranstalter bereit, hier dazu aufzurufen, dass tatsächlich keine Straftaten begangen werden?

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Diese Bür- gerinitiative hat sich immer für einen friedlichen Verlauf eingesetzt!)

Von Herrn Ehmke ist dies abgelehnt worden. Ich habe zweimal nachgefragt. Er hat sich verweigert. Es gibt genügend Zeugen, die dabei gewesen sind. Ich habe das nur dargestellt, um zu erläutern: Wenn sich der Veranstalter nicht ganz klar davon distanziert, darf man sich nicht wundern, dass Straftaten begangen werden und die Polizei dann eingreifen muss.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Herr Minis- ter, Sie sind leider dafür bekannt, dass Sie immer direkt in merkwürdiger Form..., dass das nicht stimmt!)

Wenn man sich dann auch noch hinstellt und sagt, das führe vielleicht dazu, dass Polizeibeamte Straftaten begehen, muss ich das schlichtweg zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister Schünemann, lassen Sie generell keine Zwischenfragen zu?

Nein, generell keine Zwischenfragen.

Danke.

Meine Damen und Herren, ich will nur ganz kurz noch auf Herrn Bachmann eingehen, weil er suggeriert hat, dass nach der Polizeireform im Jahr 2003 die niedersächsische Polizei nicht mehr bürgernah sei, auf jeden Fall nicht mehr so bürgernah, wie das vielleicht 1994 der Fall gewesen ist. Wenn Sie das nicht meinen, sollten Sie das hier deutlich

klarstellen. Denn das wäre tatsächlich etwas, was damals schon mein Vorgänger suggeriert hat.

(Zuruf von Klaus-Peter Bachmann [SPD])

Den Vorhalt, dadurch, dass wir die Bezirksregierung abgeschafft und eigenständige Polizeibehörden geschaffen haben, sei die Bürgernähe nicht mehr gewährleistet, muss ich zurückweisen. Das ist mitnichten der Fall, Herr Bachmann.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sie müssen einmal zuhören, was ich ge- sagt habe!)

Sie haben gesagt, früher sei es so gewesen, dass man tatsächlich auch gegenüber dem Innenminister eine andere Meinung vertreten habe. Sie haben ein Beispiel von jemandem genannt, der aus Osnabrück kam. Ich will Ihnen hier nicht die Personalpolitik der SPD-Regierung vorhalten; denn nach acht Jahren ist sie verjährt. Würde ich dies aber tun, könnte ich Ihnen darlegen, dass es an der einen oder anderen Stelle auch etwas gibt, was ich ganz anders darstellen könnte.

(Johanne Modder [SPD]: Immer wie es Ihnen passt!)

Polizeibeamte sind nicht nur mündige Bürger, sondern sie sind auch kritisch. Sie haben das Ziel - und das eint uns -, die Bürgerinnen und Bürger vor Straftaten tatsächlich zu schützen. Hier machen sie einen hervorragenden Job. Daher sollte man nicht mit solchen Anträgen darstellen, die Polizei verhalte sich rechtswidrig und begehe Straftaten. Im Einzelfall kann es zu Straftaten kommen. In unserem Rechtsstaat bestehen dann aber die Möglichkeiten, die schon genutzt werden. Wer etwas anderes sagt, sagt die Unwahrheit. Das sollte man in diesem Parlament nicht tun.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Miri- am Staudte [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, es gibt zwei Wünsche auf zusätzliche Redezeit. Frau Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE und Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jeweils 90 Sekunden. Bitte schön!

Danke, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, Sie haben wieder einmal ganz genial Ihr schwarz-weißes Weltbild in den

Plenarsaal getragen. Na ja, mehr kann man dazu nicht sagen.