Protokoll der Sitzung vom 10.11.2011

CDU und FDP setzen ihre Ziele gemeinsam, verlässlich und verantwortungsvoll um. Wir halten Wort.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Herr Herzog für die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 33,5 Milliarden t - das ist die neueste Zahl des weltweiten menschengemachten CO -Ausstoßes. Bedrohlicher aber wirken noch die 6 % Zunahme im letzten Jahr. Unangebracht ist dabei der ausgestreckte Finger auf Indien und China. Nein, auch Deutschland ist dabei. Die Zeiten, in denen wir angesichts solcher Zahlen zur Tagesordnung übergehen, müssen vorbei sein. Genau deshalb

greift Ihr Antrag zur Geothermie zu kurz. Er bleibt unkonkret, finanziell irgendwo zwischen Nebel und schwachbrüstig.

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Erinnern wir uns an Ihre Große Anfrage vor wenigen Jahren und an meine Ausführungen zu der dort völlig unterbelichteten Geothermie oder an unsere wiederholt gestellten Anträge in Millionenhöhe bei den letzten Haushalten! Es ist schon interessant, Kollege Miesner, dass Sie vieles, was wir in die politische Debatte bringen, irgendwann als Ihre Erfindung verkaufen, allerdings um entscheidende Jahre verzögert.

In der Anhörung wurde deutlich: Wir haben eine sehr zerklüftete Forschungslandschaft. Ob es ausreicht, darüber ein Dach zu setzen, aber die Zahl der Zimmer zu belassen, denen oft die Verbindungstüren fehlen, das ist mehr als zweifelhaft.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Aller- dings!)

Weiter fehlt eine klare, arbeitsteilige, aufeinander abgestimmte Forschungs- und Entwicklungsstrategie, und zwar nicht nur in Niedersachsen selbst, sondern auch mit den anderen Bundesländern, eingebettet in eine deutsche Strategie im europäischen Verbund. Was Sie euphorisch als befruchtenden Wettbewerb bejubeln, ist für uns vielfach ein Ressourcen vernichtendes Wirrwarr an Zuständigkeiten.

Und was außerdem komplett fehlt - das ist mindestens genauso wichtig wie die technische Entwicklung -, das ist die Beteiligung der Öffentlichkeit, und zwar auf klar definierter rechtlicher Grundlage, und Technologiefolgenabschätzung, und zwar großgeschrieben und mit ökologischer Brille.

(Beifall bei der LINKEN)

Was hier gleich richtig und offen gemacht wird, spart Fehlinvestitionen und spätere groß angelegte Akzeptanzsteigerungskampagnen mit viel Zeitverzögerung. Das schreibe ich besonders unserem Frack-Fan, Minister Bode, ins Stammbuch. Auch bei der Geothermie wird eine eingesetzte FrackTechnologie zur gleichen Ablehnung bei den Menschen führen wie jetzt schon beim Erdgas. Logische Konsequenz: Forschen an den Techniken, die ohne den verpressten Chemiecocktail auskommen. Das ist möglich. Das haben die Fachleute in der Anhörung deutlich gemacht.

Ich will ein weiteres Manko ansprechen: Es fehlt die einfache und schnelle Datenzugänglichkeit. Lieber Kollege Rolf Meyer, Sie haben im März von diesem Pult aus genau das noch gegeißelt. Die Praktiker, z. B. die Firma GeoDienste, fanden bei der Anhörung dann auch erfreulich deutliche Worte: Es gebe einen mangelnden Austausch an Erfahrung, und zwar bei Problemen und deren Lösung, was vielfach auch zu Fehlplanungen und zu Imageschäden für die gesamte Branche führe. Daten würden unter Verschluss gehalten oder von Konkurrenten verweigert. Man dürfe sie beim LBEG zwar einsehen, aber nicht kopieren. - Meine Damen und Herren, das ist datentechnisches Mittelalter. Das muss weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Fazit: Ihr Werk bleibt ein Schaufensterantrag. Darin fehlen echte Zielsetzungen, verbindliche Meilensteine und nationale und internationale Abstimmung, und der Antrag lässt den wichtigen Bereich oberflächennaher Geothermie völlig heraus. Dass Sie sich jetzt wie die Kesselflicker um die Urheberschaft der beiden Wörtchen „in Celle“ streiten, spricht genauso Bände wie die bahnbrechende Forderung, auch noch das internationale Zentrum für Geothermie aus Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen zu locken. Großspurig, aber trotzdem kleingeistig.

(Beifall bei der LINKEN - Martin Bäu- mer [CDU]: Miesepeter!)

Herr Wenzel, Sie haben sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir hätten uns gewünscht, dass der Antrag eine klare Aussage zur universitären Verankerung eines Zentrums für Geothermie getroffen hätte. Wir haben es hier mit einer Technik zu tun, die neben der Anwendungsforschung einen hohen Nachholbedarf in der Grundlagenforschung hat. Herr Miesner hat auf die enormen Kosten hingewiesen, die eine solche Bohrung erfordert. Das zeigt, wo wir heute technologisch stehen. Die Praxistests, Bohrsimulationen und Ähnliches kann man zweifelsfrei in Celle durchführen; aber der Kopf des Forschungszentrums gehört an eine Hochschule oder an einen Hochschulverbund.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Leider trifft der Antrag hierzu keine Aussage, was wir mit Sorge sehen. Mittelfristig ist zwar ein Wissenschaftscampus unter Federführung eines Leibnizinstituts geplant, aber faktisch umgesetzt wird vorerst nur die Einrichtung einer Geschäftsstelle „Geothermie“ durch das niedersächsische Wirtschaftsministerium. Auch das MWK hat im Ausschuss berichtet. Da heißt es dann: So plane MW, seine Geschäftsstelle „Geothermie“ auszubauen. In Klammern: in Celle. Weiter heißt es, dieses Aufgabenspektrum solle mittelfristig um eine Vertiefung der Forschungsaspekte weiterentwickelt werden.

Meine Damen und Herren, das sind die falschen Prioritäten, und das wird zur Folge haben, dass Sie beispielsweise nicht die Forschungsgelder für die Grundlagenforschung lockermachen können, die Sie für dieses Vorhaben brauchen. Von daher haben Sie Chancen verschenkt. Darüber können auch die großen Sätze, die hier zu den Chancen gefallen sind, nicht hinwegtäuschen.

Auch die Forderung, sich für einen besseren Zugang zu vorhandenen Untergrunddaten einzusetzen, geht aus unserer Sicht nicht weit genug, da wir es mit einer Risikotechnologie zu tun haben.

Wir müssen auch die Frage der Umweltfreundlichkeit berücksichtigen, die Herr Meyer ansprach. Das Fracking ist keine Zukunft. Wenn man das macht, muss man es ohne Fracking machen. Meine Damen und Herren, auch insoweit gibt es Forschungsbedarf. Deshalb wollen wir keinen besseren Zugang zu den Daten, sondern wir wollen einen freien Zugang der Fachöffentlichkeit zu allen Daten, auch zu jenen, die zukünftig erhoben werden.

Zu einer transparenten, kritischen und vor allem ergebnisoffenen Forschung im Bereich der Tiefengeothermie gehört aus unserer Sicht zwingend, dass auch andere Hochschulen und Forschungseinrichtungen freien Zugang zu den technischen Einrichtungen vor Ort in Celle erhalten. Gerade die enge Kooperation mit der ansässigen Erdöl- und Erdgasindustrie, die sich aus eigennützigem Interesse in die Forschung hat einbinden lassen, gebietet ein Höchstmaß an Transparenz. Dieser Aspekt bleibt in dem vorliegenden Antrag gänzlich ausgeblendet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir unterstützen eine Profilierung Niedersachsens in der Tiefengeothermieforschung. Bezüglich deren Ausgestaltung bleibt uns der Antrag, den Sie hier vorgelegt ha

ben, allerdings viel zu vage und verschenkt Chancen. Deshalb werden wir uns an dieser Stelle nur enthalten.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Antrag in geänderter Fassung angenommen.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Erste Beratung: Pflege beteiligen - Sitz für Landespflegerat im Landespflegeausschuss - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4128 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4181

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat für ihren Antrag in der Drs. 16/4128 beantragt, die abschließende Beratung und damit die Entscheidung über den Antrag gemäß § 39 Abs. 3 Satz 2 unserer Geschäftsordnung sofort anzuschließen. Ich mache darauf aufmerksam, dass der Änderungsantrag in der Drs. 16/4181 bei der abschließenden Beratung mit zur Abstimmung stünde.

Eingebracht wird der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen durch Frau Kollegin Helmhold. Frau Helmhold, Sie haben jetzt das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Probleme der Pflege sind in diesem Haus bereits mehrfach erschöpfend beschrieben worden. Ich nenne nur den Fachkräftemangel, die im Bundesvergleich zu niedrigen Pflegesätze und die daraus folgenden Probleme der Einrichtungen,

die Tarif bezahlen, am Markt zu bestehen, die Überforderung der Pflegekräfte mit der Folge viel zu kurzer Verweildauern im Beruf und den unzureichenden Pflegebegriff, der die Bedürfnisse Demenzerkrankter völlig ausblendet. Im Bund, meine Damen und Herren, ist Schwarz-Gelb pflegepolitisch auf ganzer Linie gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Roland Riese [FDP]: Frau Helmhold ist eine Zeitung!)

Am Ende des Jahres der Pflege wurde nicht einmal ein Reförmchen geboren. Keine der zentralen Herausforderungen wie die Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs oder eine nachhaltige Finanzierung der Pflegeversicherung wurde trotz großspuriger Versprechen dieser Regierung angegangen. Alles wurde auf die nächste Wahlperiode vertagt nach dem Motto: Nach uns die Sintflut.

Die mit der Beitragssatzerhöhung um 0,1 % berechenbar erhöhten Einnahmen werden in sehr kurzer Zeit verpuffen. Sie sind ein Tropfen auf den heißen Stein.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Koalition wollte wohl unbedingt etwas vorlegen, um überhaupt noch etwas zu liefern. Sie ist aber wegen kompletter Uneinigkeit an einer grundlegenden Finanzreform gescheitert.

Die nun von der FDP propagierte freiwillige private Vorsorge nutzt wieder einmal nur den Besserverdienenden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die private Versicherungswirtschaft wird sich über satte Gewinne freuen. Die FDP hat wieder einmal erfolgreich ihre Klientel gepflegt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Das einzig Positive, was ich daran entdecken kann, ist, dass die von der FDP geforderte private Kapitaldeckungs-Versicherung jetzt wenigstens nicht verpflichtend geworden ist.