Herzlichen Dank, Herr Minister. - Eine weitere Zusatzfrage liegt mir von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Herr Limburg noch einmal, bitte schön!
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe noch eine Frage zu den Abordnungen der Richterinnen und Richter aus anderen Gerichtsbarkeiten. Trifft es zu, dass auch die Richterinnen und Richter auf Probe nur mit ihrem vollen Einverständnis und nicht gegen ihren Willen an die Sozialgerichtsbarkeit abgeordnet worden sind?
Danke schön. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit kann ich insgesamt feststellen, dass die Behandlung der Dringlichen Anfragen beendet ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass sich Herr Ministerpräsident David McAllister für eine Erklärung außerhalb der Tagesordnung zu Wort gemeldet hat. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte die Abgeordneten des Hauses über ein Schreiben des britischen Botschafters unterrichten, das heute Morgen um 10.44 Uhr in der Staatskanzlei vorab per Fax eingegangen ist. Das Schreiben ist vom britischen Botschafter in Berlin, Herrn Simon McDonald, und hat folgenden Wortlaut, den ich vorlese:
„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, lieber David, nach meinem Schreiben vom 20. Juni möchte ich Sie hiermit über die Pläne des britischen Verteidigungsministeriums (MOD)“
Seit Premierminister Cameron im Oktober vorigen Jahres ankündigte, die Hälfte des in Deutschland stationierten MOD-Personals bis 2015 und den Rest bis 2020 abziehen zu wollen, sind wir dabei, einen genauen Plan auszuarbeiten. Ich habe versprochen, Sie über die Entwicklungen zu informieren, sobald es mir möglich wäre. Ich kann Ihnen jetzt mitteilen, dass das Verteidigungsministerium einige erste Veränderungen beschlossen hat. Diese werden die britische Truppenstärke in Deutschland bis 2015 um rund 21 % reduzieren.
Wie Ihnen vielleicht bekannt ist, informierte der Staatssekretär für Internationale Sicherheit und Strategie, Gerald Haworth, Herrn Staatssekretär Schmidt am 20. Juni über unsere Absicht, eine Einheit von Zypern nach Großbritannien zu verlegen, anstatt sie nach Celle zurückzubringen. Folglich wird jetzt das 2nd Bataillon des Royal Regiment of Fusiliers im Juli 2012 wie geplant nach Zypern verlegt, und die Einheit, die es in den Trenchard Barracks ersetzen sollte, geht jetzt von Zypern nach Großbritannien. Die Trenchard Barracks in Celle werden daher von der britischen Armee nicht mehr benötigt, und wir werden die Kaserne Anfang 2013 an die deutschen Behörden zurückgeben. Einen Teil der Familienwohnungen in Celle werden wir vorerst zur Nutzung durch in Bergen-Hohne beschäftigtes Personal behalten.
Ich möchte Ihnen auch zur Kenntnis bringen, dass ich Frau Ministerpräsidentin Kraft in einem ähnlich lautenden Schreiben unsere Absicht mitteile, die beiden Kasernen und die Familienwohnungen am Standort Münster bis 2014 an die deutschen Behörden zurückzugeben. Außerdem haben wir vor, das 7 Regiment des Royal Logistic Corps aus Bielefeld und das 43 Close Support Squadron des Royal Logistic Corps aus Gütersloh zu ver
legen. Damit erhalten wir Platz in Bielefeld, wo wir unser von einem ZweiSterne-General geleitetes Verwaltungshauptquartier für Deutschland einrichten möchten. Dies gibt uns die Möglichkeit, bis März 2014 den Rheindahlen Military Complex oder die Joint Headquarters in Mönchengladbach zu schließen und zurückzugeben.
Wir beabsichtigen, alle diese Änderungen am 10. November in Großbritannien bekannt zu geben und dem betroffenen Personal mitzuteilen. Der Kommandeur des britischen Unterstützungskommandos, Major General Caplin, hat Vorkehrungen getroffen, die jeweiligen Oberbürgermeister bzw. Bürgermeister zum gleichen Zeitpunkt, wie Sie diesen Brief erhalten, über diese Entscheidungen zu unterrichten.
Zum Schluss möchte ich bei dieser Gelegenheit noch einmal betonen, wie dankbar ich für die anhaltende Unterstützung bin, die die britischen Soldaten und ihre Familien von der deutschen Bevölkerung erhalten. Im Zuge der weiteren Entwicklung unserer Standortpläne werde ich Sie auch künftig auf dem Laufenden halten.
Ich habe entschieden, das Hohe Haus sofort davon zu unterrichten, weil es erstens uns alle in Niedersachsen angeht und zweitens heute um 9.30 Uhr Ortszeit eine Pressekonferenz in London stattgefunden hat.
Meine Bewertung ist: Der erste Schritt des Abzugs der britischen Streitkräfte betrifft uns in Niedersachsen - mit Ausnahme von Celle - nicht. Natürlich ist die Entscheidung für Celle nicht einfach - das ist in den letzten Monaten schon umfangreich diskutiert worden -, aber die anderen Standorte in Niedersachsen - Bergen-Hohne, Bad Fallingbostel und Hameln - sind in dieser ersten Abzugsstufe nicht betroffen.
Ich werte diese Entscheidung der britischen Regierung auch als Ausdruck und Ergebnis des guten Kontakts, den die Niedersächsische Landesregierung zu den verantwortlichen britischen Stellen in London und in Berlin aufgebaut hat und weiter
pflegen wird. Wir waren in diesem Jahr mit einer Abordnung in London und werden weitere politische Gespräche in London führen.
Gestatten Sie mir zum Schluss mit Blick auf die Arbeit meiner Landesregierung noch eine Anmerkung: Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass ein geräuschloses und an der Sache orientiertes Verhandeln meistens die effizientere Variante ist.
Besprechung: Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3830 - Antwort der Landesregierung - Drs. 16/4114
Sie wissen, nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird zu Beginn der Besprechung einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt, anschließend erhält es dann die Landesregierung.
Für die Fraktion, die die Anfrage gestellt hat, hat sich Frau Kollegin Zimmermann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind ein Thema von ganz besonderer Sensibilität; denn es geht um die Situation von, wie gesagt, minderjährigen Flüchtlingen, die ohne familiäre Begleitung nach Deutschland gekommen sind.
Es sind Kinder und Jugendliche, die zum großen Teil aus Kriegsgebieten oder aus Ländern kommen, in denen Hunger, Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung zur bitteren Lebensrealität gehören. Ein Blick auf die Herkunftsländer der meisten hier angekommenen Kinder und Jugendlichen macht dies unmissverständlich deutlich. Die Länder heißen z. B. Afghanistan, Irak, Syrien und Somalia.
Meine Damen und Herren, die Kinder und Jugendlichen haben ihre Familien und ihr gesamtes soziales Umfeld verloren oder mussten es verlassen. Sie haben für uns alle Unvorstellbares gesehen und erlebt, haben ungeheure Strapazen auf sich genommen, sind allein um die halbe Welt gereist und waren dabei nicht selten kriminellen Menschenhändlern ausgeliefert.
Es versteht sich daher von selbst, dass wir diesen Kindern und Jugendlichen mit einer besonderen Fürsorgepflicht begegnen müssen.
Das gebietet nicht allein der Anstand, das fordert ebenso die von Deutschland unterzeichnete UNKinderrechtskonvention, deren Umsetzung im Übrigen von der schwarz-gelben Bundesregierung in Berlin aufgrund von ausländerrechtlichen Vorbehalten unnötig hinausgezögert worden ist.
Meine Damen und Herren, die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die Niedersachsen ohne Eltern, Verwandte oder Freunde erreichen, steigt seit Jahren kontinuierlich an. Waren es 2008 noch 40 Kinder, so sind es in 2010 bereits über 200 gewesen. Das ist in zwei Jahren eine Steigerung auf das Fünffache. Auch in diesem Jahr muss davon ausgegangen werden, dass die Zahl weiter steigt; die Daten für das erste Halbjahr lassen zumindest darauf schließen.
Meine Damen und Herren, leider ist es trotz aller Willensbekundungen von Politik und Verwaltung nicht so, dass das Kindeswohl an erster Stelle steht. Häufig sehen sich die meist traumatisierten Kinder und Jugendlichen mit langwierigen bürokratischen Verfahren konfrontiert, werden von Behörden zu Behörden geschoben, müssen sich zweifelhaften medizinischen Eingriffen unterziehen und werden nicht selten aufgrund ihrer ausländischen Herkunft kriminalisiert.
Ein Beispiel für diese unsägliche Praxis, das dem einen oder anderen vielleicht noch im Gedächtnis ist, ist der Fall zweier Jugendlicher, 15 und 17 Jahre alt, die durch den Landkreis Wesermarsch in den Kosovo abgeschoben werden sollten. Durch eine Eilentscheidung in letzter Minute konnte das durch das Verwaltungsgericht Münster verhindert werden. Ich sage aber auch: Die späteren Darstellungen dieses Falls durch den Innenminister waren nicht gerade einer seiner glanzvollen Momente, da
Meine Damen und Herren, schauen wir uns die Prozedur genauer an, die Kinder und Jugendliche über sich ergehen lassen müssen. Besonders problematisch ist in dem Zusammenhang die Altersfeststellung. Kann eine Jugendliche oder ein Jugendlicher sein Alter nicht urkundlich nachweisen, sind die Ausländerbehörden berechtigt, ein fiktives Geburtsdatum festzusetzen. Häufig wird hierzu ein ärztliches Gutachten eingeholt, dessen Beweiskraft jedoch mehr als fragwürdig ist.
In der Regel kommen bei der Altersfeststellung Röntgenstrahlen zum Einsatz, die potenziell gefährlich sind und nur nach strenger medizinischer Indikationsstellung, also nach der Röntgenverordnung, angewandt werden dürfen. Außerdem ist die Altersfeststellung durch Röntgen der Handwurzelknochen von Jugendlichen wissenschaftlich höchst umstritten, weil einzig Vergleiche von Röntgenbildern ein Durchschnittsalter ergeben.
Meine Damen und Herren, laut einem von Pro Asyl und dem Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte in Auftrag gegebenen Gutachten würden Knochenalter und chronologisches Alter nur in ungefähr 20 bis 30 % aller Fälle der Jugendlichen übereinstimmen. Daraus folgt, dass das Alter nur etwa jedes vierten Jugendlichen genau festgestellt werden kann.
Der Hinweis, dass die Röntgenmethode nicht weiter anwendbar ist, stammt übrigens nicht nur von mir, sondern ist auch ein Ergebnis des 110. Deutschen Ärztetages von 2007. Allein 2010 wurde mittels dieser umstrittenen Methode etwa jeder vierte betroffene Jugendliche in Niedersachsen als volljährig ermittelt. Da sich hieraus für viele eine lebenswichtige Entscheidung ergibt, ist diese Verfahrensweise nicht weiter tragbar. Sie ist ein Skandal und gehört abgeschafft.
Meine Damen und Herren, wir haben zu dem Thema der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge eine Große Anfrage eingereicht, weil wir uns ein Bild davon machen wollen, wie sich die Gesamtsituation und der Umgang mit den Kindern und Jugendlichen unter entsprechenden Bedingungen ausgestalten. Besonders die verschiedenen Formen der Unterbringung interessieren uns dabei.