Deshalb ist es wichtig, dass man nicht mit Plattitüden und nicht auf Parteitagen mit besonderen Zahlen zur Lohnfestsetzung arbeitet, sondern sich die Problemlage in Deutschland genau anschaut, um die wir uns kümmern müssen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in Deutschland die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 20 Jahren, aber wir haben eine Aufgabe, für die Menschen, die langzeitarbeitslos sind, die keine Schulabschlüsse haben, die geringe Qualifikationen haben, den Einstieg in Arbeit zu ermöglichen. Denn das Beste zur Integration in die Gesellschaft, um sich vollwertig und gut zu fühlen, ist ein Arbeitsplatz, um auf eigenen Beinen zu stehen.
(Beifall bei der FDP - Olaf Lies [SPD]: Herr Bode, was heißt bei Ihnen „auf eigenen Beinen stehen“?)
Herr Lies, wenn man so wie Sie sagt, dass man mit einem Stundenlohn von 10 Euro als Mindestsatz jemanden, der keinen Schulabschluss hat und langzeitarbeitslos ist, wieder in den Arbeitsmarkt integrieren kann - das geht am Anfang nicht! Wir brauchen die Flexibilität. Wir brauchen Qualifizierung.
Wir brauchen Einstiegsmöglichkeiten. Sie wollen diese Gruppe von Menschen ohne Schulabschluss, ohne Qualifikation von Arbeit ausschließen. Das ist unsozial!
(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Olaf Lies [SPD]: Sie dif- famieren gerade die Menschen in die- sem Land!)
Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung gibt es die Möglichkeit, zusätzliche Redezeit zu beantragen.
Wir sind uns unsicher, wer sich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort meldet. - Herr Hagenah.
Zunächst liegt ein Antrag von Frau Flauger von der Fraktion DIE LINKE vor. Auch sie bittet um zusätzliche Redezeit. Frau Flauger, Sie haben für anderthalb Minuten das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Bode, Sie haben hier wiederholt ausgeführt, dass Sie generell gegen einen gesetzlichen Mindestlohn sind. Ich möchte jetzt von Ihnen gerne konkret wissen, ob Sie unter Verweis auf die Tarifautonomie weiterhin tatenlos zusehen wollen, dass es in Deutschland Tarife gibt, nach denen Tariflöhne von definitiv weniger als 4 Euro je Stunde vereinbart sind. Wollen Sie sich das weiterhin tatenlos ansehen? Halten Sie das mit dem Sozialstaatsprinzip und der Würde des Menschen für vereinbar? Das wüsste ich gerne.
Außerdem wüsste ich gerne: Sie haben hier gerade zitiert, eigentlich müssten 8,91 Euro je Stunde gezahlt werden. Dann haben Sie mit der SPD geschimpft, dass der von ihr geforderte Betrag nicht ausreicht.
Muss ich das im Widerspruch zu Ihren bisherigen Äußerungen so verstehen, dass wir uns hier gemeinsam auf 8,91 Euro je Stunde verständigen sollten? Dann sagen Sie das doch bitte. Das wäre dann doch eine klare Ansage.
Hierbei geht es doch um das Prinzip und um die Frage, ob Sie bereit sind, eine Schranke nach unten einzuziehen, sodass sich die Tarifautonomie oberhalb dieser Schranke entfaltet - genauso, wie das bei Arbeitszeithöchstgrenzen, Urlaubsmindestregelungen und anderen Dingen der Fall ist. Auch das wären dann Eingriffe in die Tarifautonomie. Dazu müssen Sie hier einmal Stellung nehmen.
Ebenfalls nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält nun Herr Hagenah anderthalb Minuten Redezeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein paar neue Erkenntnisse gewinnen wir durch diesen Schlagabtausch zum Schluss doch noch: Wirtschaftsminister Bode kommt immer wieder mit dem Argument, dass diese niedrigen Löhne - mittlerweile sind wir immerhin bei etwas mehr als 7,50 Euro; das ist ja von der CDU durchaus eine Ansage; das war in den ersten Redebeiträgen noch völlig offengeblieben - dem Einstieg für diejenigen dienen, die lange arbeitslos gewesen sind.
Herr Bode, wie sieht es denn in der Ernährungswirtschaft und in der Fleischwirtschaft bei uns in Niedersachsen aus? Das ist sicherlich eine Branche, in der in der Regel nicht Langzeitarbeitslose und Jugendliche ohne Perspektive ihren Arbeitsplatz finden, sondern durchaus ausgebildete Fleischer und Facharbeiter tätig sind. Trotzdem müs
sen wir aus der Branche hören, dass deutlich weniger als 7,50 Euro je Stunde gezahlt werden. Ich erinnere daran, dass in der Firma Geestland zwischen 4 und 5 Euro je Stunde für bulgarische Leiharbeiter gezahlt wurden.
Dort haben wir doch Missstände, die über diese Mindestlohnregelung in unserem Land reguliert und behoben werden müssen, wo Sie handeln müssen und eigentlich an unserer Seite stehen müssten, nämlich an der Seite der antragstellenden Fraktionen. Über die Höhe kann man sich gerne noch streiten, aber Sie müssten für allgemeine Mindestlöhne eintreten, damit es in unserem Land nicht mehr diese Missstände gibt.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung dieser beiden Tagesordnungspunkte.
Mit beiden Anträgen soll sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr befassen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist das einstimmig so entschieden worden.
Abschließende Beratung: Strahlenprognose 2011 überschreitet genehmigten Grenzwert für Castorlager in Gorleben - Neuer Transport von La Hague nach Gorleben muss abgesagt werden - Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/3968 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Klimaschutz - Drs. 16/4142
Erste Beratung: „Gorleben“ nein danke - Niedersachsens Position im Bund stärken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/4133
Den Antrag unter Tagesordnungspunkt 32 bringt für die SPD-Fraktion Herr Bosse ein. Bitte schön, Herr Bosse, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Minister Sander, Sie haben in der Tat nur noch dienstlich eine Restlaufzeit. Aber die Mär, die Sie uns hier am Mittwoch aufgetischt haben, war schon unter aller Kanone. Das muss ich hier einmal in aller Deutlichkeit sagen.
Sie hatten doch tatsächlich die Stirn, uns, dem Plenum, zu erklären, dass allein das Bundesamt für Strahlenschutz den Castortransport verhindern könnte. Sagen Sie einmal: Wollen Sie uns veräppeln, Herr Minister Sander?
(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Klaus Krumfuß [CDU]: Was ist das hier für eine Wortwahl?)
Es ist doch Folgendes richtig: Es obliegt ausschließlich dem Besitzer der radioaktiven Abfälle - hier also den Kernkraftwerksbetreibern -, wie mit dem Material weiter verfahren werden soll. Dieser muss den Nachweis erbringen, dass für sein Vorhaben die erforderliche Sicherheit gewährleistet ist.
Die rechtlichen Möglichkeiten, Anträge für andere Zwischenlager zu stellen, bestehen bereits. Aber Anträge der Kraftwerksbetreiber liegen natürlich nicht vor.
Das Bundesamt für Strahlenschutz kann natürlich lediglich eingereichte Genehmigungsanträge prüfen. Sie, Herr Minister Sander, wollen uns hier glaubhaft versichern, Sie hätten keine rechtliche Möglichkeit? - Natürlich haben Sie sie, Herr Minister Sander! Dass ausgerechnet ich oder wir Ihnen sagen müssen, welche Möglichkeit Sie haben!
Politisch können Sie etwas tun! Die Betreiber von Kernkraftwerken müssen entsprechende Anträge stellen. Das tun sie natürlich nicht. Das tun sie aus dem Grunde nicht, weil von den Fraktionen von CDU und FDP und dieser Landesregierung, aber auch von dieser Bundesregierung in dieser Frage kein Druck auf die Kraftwerksbetreiber ausgeübt wird, meine Damen und Herren.
Ein jeder hier im Raum, der ein klein wenig Realitätssinn hat, weiß doch, dass Herr Minister Sander in dieser so wichtigen Frage des Castortransports und der Messwerte hier lediglich Krokodilstränen
vergossen hat, meine Damen, meine Herren. Denn sonst würden Sie handeln und die Unternehmen natürlich auch mit Hilfe aus Berlin unter Druck setzen. Das tun Sie aber nicht. Sie legen die Hände in den Schoß und behaupten hier im Plenum, in diesem Haus, im Niedersächsischen Landtag, prompt, Sie könnten nichts tun. Das, meine Damen und Herren, ist schlichtweg nicht richtig!
Das Einzige, was Sie in dieser Frage tun, ist, nichts zu tun - immer getreu dem Motto „Wer nichts tut, der macht auch nichts falsch“. Aber das, Herr Minister Sander, schadet dem Land Niedersachsen. Ich habe den Eindruck, dass wir es insbesondere in dieser Frage mit politischen Marionetten zu tun haben. Ich habe den Eindruck, dass auf der einen Seite die Bundeskanzlerin in Berlin den Herrn McAllister als Marionette bewegt und auf der anderen Seite Herr Minister Sander vom Wirtschaftsminister bewegt wird, meine Damen, meine Herren.
Mit der Endlagerfrage hat man sich bis Fukushima grundsätzlich kaum oder fast gar nicht beschäftigt. Als sich diese Landesregierung schließlich mit dem Thema der Endlagerfrage beschäftigte, hat man sich auch noch als Erfinder der rückholbaren Lagerung dargestellt, was an dieser Stelle äußerst vermessen ist; denn die Ethikkommission hat als Erste die mögliche Rückholung ins Spiel gebracht. Meine Damen, meine Herren, die rückholbare Lagerung hat viele Vorteile, jedoch, wie wir wissen, natürlich auch Nachteile. Das Wissen aus den negativen Erfahrungen der Asse - zubuddeln und Deckel drauf - kann und wird wohl auch keine dauerhafte Lösung sein. Wir brauchen eine Kontrolle der Abfälle. Wir brauchen Zeit, um nach einem möglichen Endlager zu suchen.