Meine Damen und Herren, die Menschen registrieren die Verflechtungen und Beeinflussungen von Politik sehr wohl. Deshalb und wegen der Freiheit des Mandats besteht dringender Handlungsbedarf. Wir brauchen dringend mehr Transparenz über Sponsoring und Parteispenden. Wir müssen eine Änderung des § 108 e StGB haben, damit nicht nur der Kauf und Verkauf von Stimmen bestraft wird, sondern auch Vorteilsannahme für Handlungen, die nicht direkt Wahlen und Abstimmungen sind. Deutschland muss dringend die UN-Konvention gegen Korruption ratifizieren; denn Deutschland steht mit der Nichtratifizierung sehr allein da.
Die Linke fordert, Unternehmensspenden an Parteien grundsätzlich zu verbieten. Damit gehen wir auch über die Forderungen der Grünen hinaus, die sie nur begrenzen wollen.
Nach einer Umfrage des Compliance-Magazin halten 76,7 % der Befragten Parteien für korrupt. Gewinner dieser Umfrage sind die FDP - sie wird von 45,9 % der Befragten für am bestechlichsten gehalten - und die CDU; sie kommt immerhin auf 21,3 %.
Ausgerechnet diese beiden Parteien, meine Damen und Herren, lehnen den Antrag der Grünen rundweg ab. Ich würde an Ihrer Stelle vor Scham im Boden versinken.
„Politik darf nicht käuflich sein! Diese Feststellung gehört zu den Grundprinzipien der Demokratie. Am besten schützt völlige Transparenz in der Staats- und Parteienfinanzierung vor Verstößen gegen diesen Grundsatz. Deshalb ist es richtig und notwendig,
Autor dieser schönen und absolut richtigen Zeilen ist Herr Kollege Weisbrich, Landtagsabgeordneter der CDU. Veröffentlicht sind sie auf der Seite der CDU in NRW. Eigentlich könnte man es ganz kurz machen und den Konservativen in diesem Haus zurufen: Nehmen Sie Ihren eigenen Kollegen doch ernst, und stimmen Sie dem Antrag einfach zu!
Der Vorgang zeigt aber die Problematik auf: Der Antrag, den wir heute beraten, ist anderthalb Jahre alt, geprägt von den Vorgängen um Ministerpräsident a. D. Rüttgers und Ministerpräsident Tillich. Die in der Kritik stehenden Angebote waren damals angeblich gar nicht so gemeint und von den Bürgern irgendwie völlig missverstanden worden. Heute spricht man darüber weniger; dafür sind andere - mehr oder weniger anrüchige - Beispiele hinzugekommen. Inhaltlich passiert ist außer den von mir eben zitierten allgemeinen staatstragenden Beteuerungen allerdings nichts - weder auf Bundes- noch auf Landesebene! Wer sich die Ausschussberatungen angetan hat, der kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Regierungsfraktionen bemüht sind, das Thema auszusitzen. Das ist typisch, der Bedeutung des Themas aber komplett unangemessen.
Und das, obwohl seit Sommer 2009 ein Bericht der Staatengruppe gegen Korruption zur Transparenz der Parteienfinanzierung in Deutschland vorliegt, der eine ganze Reihe von Handlungsempfehlungen abgibt, welche sich auch zum Teil im vorliegenden Antrag wiederfinden. Nun war man erstaunt. Die CDU erklärte nämlich, man trage die Stellungnahme der Staatengruppe inhaltlich uneingeschränkt mit, sehe aber keinen Handlungsbedarf. Das ist dann doch schon die ganz hohe Kunst konservativer Logik, meine Damen und Herren!
Beispielsweise wird dort die deutliche Absenkung der Offenlegungsgrenzen bei Parteispenden empfohlen. Wie man dort inhaltlich uneingeschränkt die Empfehlung mittragen kann, gleichwohl aber keinen Änderungsbedarf sehen kann, erschließt sich mir, ganz vorsichtig ausgedrückt, nicht vollständig, insbesondere deshalb nicht, weil im Rechtsaus
schuss doch sehr schnell über das Thema hinweggegangen wurde, statt z. B. über das Strafrechtsabkommen des Europarates über Korruption aus dem Jahr 1999 oder über das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption aus dem Jahr 2003 zu diskutieren.
Der FDP-Politiker Burkhard Hirsch hat das, was wir im Zusammenhang mit der Intransparenz erlebt haben, in der Süddeutschen Zeitung „die Gefahr des bösen Scheins“ genannt und eingefordert, was schon gilt, nämlich dass Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden, verboten sind. Die Debatte der letzten Monate hat allerdings gezeigt, dass die bisherigen Regelungen nicht ausreichen, den bösen Schein zu vermeiden. Dieser böse Schein betrifft grundsätzlich alle in diesem Haus, und von daher wären auch alle gut beraten, diesem Antrag zuzustimmen.
Nun zum Sponsoring: Die Forderung nach einer unverzüglichen Veröffentlichung sämtlicher Vereinbarungen über Sponsoring ist rechtlich unproblematisch. Es bedarf lediglich einer politischen Willensbekundung. Auf Bundesebene geht das. Warum sollte das nicht auch in Niedersachsen praktiziert werden?
Im Übrigen hat der Bundesgerichtshof sehr deutlich darauf hingewiesen: Je transparenter ein solcher Vorgang abläuft, desto unwahrscheinlicher ist eine Strafbarkeit nach den Bestechungsdelikten. - Wir schützen mit einer solchen Regel beide Parteien im Falle des Sponsorings. Wie kann man eine solche sinnvolle Forderung eigentlich nicht mittragen wollen?
Was die Änderung des Parteiengesetzes angeht, tragen wir die beantragte Spendenobergrenze und auch die frühere Veröffentlichungspflicht mit. Mehr Transparenz an dieser Stelle kann uns nicht schaden.
Auf Bundesebene hat die SPD-Fraktion einen Antrag eingebracht, der u. a. vorsieht, dass Unternehmensverbände und andere Verbände zukünftig nicht mehr spendenberechtigt sein sollen. Das wäre ebenso ein Gebot der Transparenz, weil man die Mitglieder hinter dem Verband nicht in jedem Fall erkennen kann, und auch ein Beitrag zur steuerlichen Gleichbehandlung, zumal Unternehmen ihre Spenden auch nicht mehr steuerlich geltend machen könnten.
Mehr Information, mehr Transparenz und auch schnellere Information verhindern doch auch genau das, was wir in der Vergangenheit erlebt haben, nämlich dass legale Handlungen durch mangelnde Transparenz den Anschein des Illegalen erhalten. Es würde womöglich etwas früher Kritik geben, und es würde womöglich etwas früher öffentliche Fragen geben, aber eben nicht hinterher Verdächtigungen gegen „die Politik“. Daran sollte uns allen gelegen sein.
Das wäre eine Regelung, von der alle hier im Haus profitieren würden und mit der auch Politikverdrossenheit bekämpft werden könnte. Von daher kann ich nur hoffen, dass auch die Regierungsfraktionen noch einmal über ihre Positionierung nachdenken.
Nun kann man beherzt darüber streiten, ob der Antrag alle Probleme löst. Aber selbst der Antragsteller hat eingeräumt, dass dem nicht so ist. Genauso unstreitig ist aber auch, dass der Antrag ein Schritt in die richtige Richtung ist. Wer sich dann wie CDU und FDP hinstellt und behauptet, dass man nicht zustimmen könne, weil nicht alle Probleme gelöst würden, der offenbart, welch Geistes Kind er ist. Eine Ablehnung soll her und sei sie auch noch so an den Haaren herbeigezogen. Das, meine Damen und Herren, ist doch wirklich ein Armutszeugnis!
Bevor in den weiteren Redebeiträgen gleich wieder vorgetragen wird - im Ausschuss ist das stakkatoartig immer wieder gesagt worden -, wir seien angeblich gegen Spenden, Sponsoring und anderes: Das entbehrt jeder Grundlage. Ganz im Gegenteil, wir haben nichts dagegen, solange es sich dabei um nachvollziehbare Vorgänge handelt.
Der Antrag ist ein guter Ansatz. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, überdenken Sie Ihre Ablehnungshaltung! Gehen Sie einen Schritt in Richtung von mehr Transparenz! Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes werden es der Politik danken.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die erste Beratung dieses Antrages fand in diesem Haus am 18. März 2010 statt, die Beratungen im Rechtsausschuss im April und im Mai. Über ein Jahr, fast anderthalb Jahre, ist all das her. Solche Anträge kommen einem manchmal vor wie ein Untoter, der seine Zeit hatte und seitdem durch das Intranet des Landtages geistert.
Dabei ist die erste Debatte in diesem Hause ja recht robust und hitzig in der Hochphase der Sponsoringdebatte geführt worden. Die Kollegen haben in ihren Beiträgen ja noch einmal daran erinnert. Seitdem hat das hier aber niemanden mehr so richtig gekümmert. Sehr deutlich ist das geworden. Das ist wie so oft ein typischer grüner Antrag. Das ist eben der Kitt, der Ihre Partei zusammenhält, diese nahezu sakrale Art, in der Sie sich immer gegenseitig erzählen, dass Sie in dieser bösen Welt doch zu den Guten gehören.
Wenn man aber genau hinguckt, stellt man fest: Der Antrag ist schlecht formuliert, er ist inhaltlich schwach. Es wird eine neue Formulierung angekündigt. Die kommt dann nicht. Dann wird solch ein Antrag alt und schimmelig und unansehnlich.
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Jetzt ist es aber genug! - Enno Hagenah [GRÜNE]: Sie setzen doch die Anträ- ge nicht um!)
Niemandem wäre es wohl aufgefallen, hätte er noch ein Jahr geschlummert, um dann im Nirwana der Diskontinuität das Weite zu suchen. Heute aber ist es anders: Die Leiche ist noch einmal ans Licht gekommen. Also will ich gern noch ein paar Sätze dazu sagen.
Seit 1967 haben wir ein Parteiengesetz. Es gibt eine Vielzahl von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, die das konkretisiert haben. Immer wieder hat der Bundesgesetzgeber Ergänzungen vorgenommen, zuletzt 2002. Nahezu vorbildhaft gibt es eine rechtliche Grundlage, die keinerlei Regelungslücke aufweist und sich nachhaltig bewährt hat. Im Grunde genommen erkennen Sie das auch an. Denn das, was in Ihrem Antrag steht, ist weder neu noch anders. Nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ wollen Sie bestehendes Recht verschärfen, obwohl Sie wissen, dass eigentlich keine Änderungen herbeigeführt werden.
Liebe Frau Kollegin Flauger, wenn Sie hier jetzt geltend machen, dass die Linken keine Spenden erhalten,
dann liegt das nicht etwa daran, dass Sie sich für besonders unabhängig halten wollen. Das liegt an Ihrer grauenhaften Politik, die Sie machen. Deshalb bekommen Sie keine Spenden.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Nein, das liegt daran, dass sie uns nicht für käuflich halten! Die wissen, dass wir nicht spuren!)
Ich fasse zusammen: keine Ideen, keine neuen Ansätze, kein Handlungsbedarf. Der Antrag ist überflüssig. Deshalb lehnen wir ihn ab. Möge er in Frieden ruhen.
Herr Präsident! Herr Kollege Nacke, Sie sind zwar im Rechtsausschuss in der Regel anwesend, aber ein viel beschäftigter Mann. Deswegen haben Sie in den Beratungen bestimmt vieles nicht mitbekommen. Das werde ich Ihnen nachsehen und möchte es Ihnen hier noch einmal darstellen.