Protokoll der Sitzung vom 18.01.2012

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Da sagt ein FDP-Fraktionschef, der sich im Moment offenbar schon im Wahlkampf wähnt: „Egal, wo wir mit den Bürgern diskutieren - es geht um Sitte, Anstand und Moral.“

Ein Bundestagsabgeordneter der CDU erzählte mir süffisant, er habe da auch noch drei oder vier Geschichten. Meine Damen und Herren, das ist die Stimmung in Ihrem Laden. Ein Unternehmer schreibt mir: „Irgendetwas habe ich wohl falsch gemacht im Leben. Wenn mich meine Frau auf Dienstreisen begleitet hat, habe ich die anteiligen Kosten immer privat beglichen.“

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wie geht es weiter? - Sich hier nur auf den Grundsatz des Privaten zu berufen, ist angesichts des öffentlichen Interesses eine sehr merkwürdige Vorstellung, die Sie hier abliefern, Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Welches Mittel ist richtig? - Wir könnten den Landesrechnungshof beauftragen, die Bürgschaften oder auch die Finanzen der Landesbank zu prüfen. Wir könnten uns an den Staatsgerichtshof wenden. Dann müssten Sie aber eine Anklageschrift formulieren oder einer Anklageschrift hier im Parlament zustimmen, weil es dafür eine Zweidrittelmehrheit braucht. Wir könnten prüfen, wie morgen auf die

Dringliche Anfrage reagiert wird, ob Sie bereit sind, auch Fragen zu beantworten, auf die Sie gestern noch die Antwort verweigert haben.

Wir könnten auch einen Untersuchungsausschuss beschließen. Wir wollten das bislang nicht. Wir haben immer wieder gesagt, dass wir andere Möglichkeiten der Aufklärung hier im Parlament sehen, die wir nutzen wollen. Das wäre an erster Stelle beispielsweise die Staatsanwaltschaft. Sie müsste vernünftig ermitteln, sie müsste gründlich ermitteln und nicht innerhalb von drei Tagen zu einem Persilschein kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Oh! bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Un- abhängigkeit der Justiz! - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Deshalb hängt jetzt viel davon ab, ob die Institutionen, die unser Staat für solche Fälle geschaffen hat, funktionieren und arbeiten. Wir werden das in den nächsten Tagen bewerten und beurteilen.

Ich danke Ihnen fürs Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Wenzel. - Für die FDP-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Dürr zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wenzel, es ist mir durchaus wichtig anzuerkennen, dass die Opposition zumindest den Versuch unternimmt - das belegen Ihre Fragen durchaus -, ihre verfassungsgemäße Rolle darzustellen, wahrzunehmen und die Landesregierung zu kontrollieren.

Aber nach dem, was Sie hier gerade wieder ausgeführt haben, frage ich mich schon, welche Motive hinter Ihrem Verhalten stehen. Das Motiv, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in Wahrheit, die Ergebnisse von guter Politik schlechtzureden, weil man keine eigenen Konzepte hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will das an drei Beispielen deutlich machen, weil ein bisschen so getan wird, als ob hier eine Seifenoper stattfinde und Hannover gleichsam die

Heimat des Denver-Clans sei, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Drei Beispiele: Eines haben Sie eben schon wieder gemacht, und Sie haben das auch schon andernorts in der Öffentlichkeit gesagt, Herr Kollege Wenzel. Dabei geht es um den Vorwurf an die Staatsanwaltschaft Hannover - und damit indirekt an das Justizministerium, Einfluss zu nehmen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ohne jeden Beleg einfach nur mit Dreck zu werfen - das ist die Systematik, Herr Kollege Wenzel! Das kritisiere ich an dieser Stelle!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Gleiche galt auch für die Sitzung des Ältestenrates im Dezember. Da wurde von Bundespolitikern der Grünen wörtlich gesagt: Jetzt wird in Hannover Gericht gehalten. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, Aufgabe des Ältestenrats ist es, die Tagesordnung des Niedersächsischen Landtags zu bestimmen. Er ist kein Gericht! Wer das durcheinanderwirft, macht das bewusst.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zum Schluss: Gerade die Parteien - ich schaue Sozialdemokraten und Grüne an -, die hier immer wieder - sei es bei Kritik am Innenminister oder an anderen Fachbereichen - die Bürgerrechte besonders hoch halten, scheuen sich jetzt nicht, Verdächtigungen und Andeutungen zu machen. Ich war schon sehr überrascht, Frau Kollegin Modder, als ich gestern die dpa-Tickermeldung gelesen habe, dass Sie gesagt haben: Die Landesregierung übt sich in dieser Frage in Paragrafenreiterei. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, was soll das denn für ein Vorwurf sein? Woran soll sich diese Landesregierung denn sonst orientieren, wenn nicht an Recht und Gesetz? Ihre Vorwürfe in dieser Frage sind absurd, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Punkt liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich feststellen kann, dass wir damit die Punkte c und e erledigt haben.

Ich eröffne nunmehr die Besprechung zu Tagesordnungspunkt 4 d:

Effizient, nachhaltig, bezahlbar - Energiewende braucht Wettbewerb und wirtschaftliche Vernunft - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 16/4385

Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Dr. Hocker zu Wort gemeldet. Herr Dr. Hocker, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat am 30. Juni 2011 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen.

(Unruhe)

Herr Dr. Hocker, einen Augenblick! - Wir können hier etwas Ruhe einkehren lassen. Ich kann verstehen, dass einige jetzt noch Gesprächsbedarf haben.

(Eine Reihe von Abgeordneten ver- lässt den Plenarsaal)

- Ich danke dafür, dass Sie sich aus dem Plenarsaal hinausbewegen, um draußen weiter zu diskutieren, sodass wir Gelegenheit haben, uns ganz Herrn Dr. Hocker zuzuwenden. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Der Ausstieg aus der Kernenergie ist am 30. Juni letzten Jahres beschlossen worden. In den vergangenen Monaten ist wohl jedem in diesem Hause klar geworden, dass die größte Herausforderung bei der Bewältigung der Energiewende, die wir jetzt gemeinsam vor der Brust haben, wie so oft bei Energiefragen auch dieses Mal wieder bei uns in Niedersachsen liegt.

Deswegen finde ich es besonders gelungen, dass sich der aus Niedersachsen stammende Bundeswirtschaftsminister dieses Themas gestern angenommen hat und sich Gedanken darüber macht, wie man in Zukunft die Energiewende so gestalten kann, dass die Kosten erschwinglich bleiben und dass Strom, Energie und eine warme Wohnung in Zukunft nicht zum Luxusgut werden.

Meine Damen und Herren, für den Ausbau der erneuerbaren Energien hat das EEG als Markteinführungsgesetz einen wertvollen Beitrag geleistet. Deswegen wird sein Prinzip mittlerweile in vielen Staaten dieser Welt kopiert. Als Anschubfinanzierung ist das EEG meines Erachtens ein Erfolgsmodell. Für die Zukunft kann es aber in meinen Augen nicht mehr allein darauf ankommen, möglichst viele Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Wir alle wissen, dass in Norddeutschland mehr Wind weht als im Süden und dass die Sonne im Süden häufiger scheint als bei uns. Trotzdem ist die Einspeisevergütung für Windenergie und auch für Fotovoltaik in Bayern genau so hoch wie in Niedersachsen.

Das führt, wie wir alle wissen, zu sehr abenteuerlichen Entwicklungen. Die Fotovoltaikanlagen erzeugen gegenwärtig etwa 3 % des Strombedarfs in Deutschland. Sie verschlingt aber mehr als 50 % der EEG-Förderung, bislang mehr als 100 Milliarden Euro. Wenn dieses Geld anstatt in die in Norddeutschland ineffiziente Fotovoltaik etwa in die Offshorewindenergie geflossen wäre, hätte man mehr Strom zu niedrigeren volkswirtschaftlichen Kosten erzeugen können.

Damit solche Fehlentwicklungen in Zukunft vermieden werden können, müssen wir meiner Meinung nach die Förderinstrumente korrigieren. Es darf eben nicht sein, dass der Ausbau von - in diesem Falle in Norddeutschland - ineffizienter Fotovoltaik weiterhin in diesem Maße und über 20 Jahre garantiert gefördert wird und damit die Stromkunden die Steuersparmodelle derjenigen mitfinanzieren, die es sich in dieser Republik leisten, Fotovoltaikanlagen aufs Dach zu bauen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich glaube, dass die größte Herausforderung in den kommenden Jahren darin bestehen wird, die Energiewende so zu gestalten, dass die Energiepreise in Deutschland nicht explodieren; denn das würde die privaten Stromkunden gleich doppelt belasten. Gerade in diesen Wochen und Monaten werden die Abrechnungen für das vergangene Jahr verschickt. Man bekommt einen ersten Vorgeschmack darauf, welche Kosten in den kommenden Jahren tatsächlich auf uns zukommen werden. Zusätzlich würden die privaten Verbraucher ein zweites Mal belastet werden, weil die Unternehmen ihre höheren Energiepreise auf die Preise umlegen. Damit würde es auch inflationäre Entwicklungen geben. Wenn wir das tolerieren, meine Damen und Herren, würde die Energiewen

de früher oder später an ihren eigenen Kosten scheitern, und das wollen wir alle nicht!

(Beifall bei der FDP)

Damit sich die Menschen von der Energiewende nicht abwenden, weil sie ihnen zu teuer wird, sollen sich in Zukunft auch die erneuerbaren Energien in einem Wettbewerb beweisen und sich ihm stellen müssen. Um die Energiewende zu meistern, brauchen wir in Zukunft kein statisches Einspeisevergütungssystem mehr, das Garantien über 20 Jahre gibt, sondern ein effizientes Anreizsystem. Die effizienteste Form der erneuerbaren Energien, die den Kunden am wenigsten belastet und dabei am meisten Kilowattstunden erzeugt, muss den Vorrang erhalten.

Deswegen möchten wir die erneuerbaren Energien gerne miteinander in einen Wettbewerb eintreten lassen. In der Zukunft möchten wir die Netzbetreiber verpflichten, dass sie z. B. innerhalb der 30 % des Stroms, den sie in die Netze einspeisen - das kann in den nächsten Jahren gerne mehr werden -, frei entscheiden können, ob Wind, Sonne, Biogas oder Wasserkraft den Vorrang bekommt. Im Zweifel speisen sie die effizienteste Energieform ein. Für existierende Anlagen soll dabei ein Bestandsschutz gelten. Das sorgt dafür, dass der kostengünstigste Strom aus erneuerbaren Energie Vorfahrt erhält und nicht in Norddeutschland, wo die Sonne am seltensten scheint, Milliardensubventionen in die Fotovoltaik fließen. Es ist an der Zeit, dass sich auch bei den erneuerbaren Energien Effizienz lohnt und kostengünstigere Erzeugungsformen Vorfahrt erhalten, meine Damen und Herren.

Mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist die Bundesrepublik Vorreiter beim Ausbau geworden. Mittlerweile sind die erneuerbaren Energien aber erwachsen geworden. Deshalb reicht es vor dem Hintergrund der Energiewende nicht mehr aus, nur auf die stumpfe Stromerzeugung Wert zu legen. Teilweise haben wir in windreichen Zeiten die irrsinnige Situation, dass wir in Deutschland Fotovoltaikstrom subventionieren und den Österreichern Geld zahlen, damit sie diesen Strom abnehmen und unsere Netze entlastet werden, und dass wir dann, wenn wir Strom brauchen, diesen Strom aus Österreich zurückkaufen.

Um die Energiewende meistern können, meine Damen und Herren, brauchen wir jetzt mehr Effizienz durch mehr Wettbewerb zwischen den erneuerbaren Energien - Wettbewerb, der die Verbraucherpreise erschwinglich lässt und dafür sorgt,

dass sich die Menschen im wahrsten Sinne des Wortes von der Energiewende nicht abwenden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Dr. Hocker. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zu diesem Tagesordnungspunkt Herr Hagenah das Wort. Bitte schön!