Warum ist Telefonwerbung jetzt eigentlich erlaubt? - Eigentlich sieht das Gesetz ja vor, dass Werbeanrufe nur dann zulässig sind, wenn es eine entsprechende Einwilligung des Angerufenen gibt. Man muss das einmal nachlesen. Es gibt die ausdrückliche Einwilligung, oder es gibt quasi das schlüssige Verhalten. Ich zitiere hierzu kurz: Das schlüssige Verhalten wird bezeichnet als eine bestimmte Willenserklärung, ohne dass diese Erklärung in der Handlung ausdrücklich erfolgt ist. - Jetzt kann man natürlich ein Gesetz erlassen und den Bürger über einen solchen Sachverhalt informieren. Ich glaube nicht, dass irgendjemand in der Lage ist, das wirklich umzusetzen. Ich sage es noch einmal: Das macht deutlich, warum es nicht nur um ein Gesetz geht, sondern warum es auch um Information, Aufklärung und Unterstützung geht und warum es darum geht, in der Debatte deutlich zu machen, dass es falsch war, die Verbraucherzentralen zu schwächen und ihnen das Geld zu entziehen, und dass es richtig wäre, zum Schutz der Bürger die Verbraucherzentralen zu stärken.
Wir haben vorhin einige Zahlen gehört, die sicherlich wichtig und hilfreich sind. Ich meine die Information über 320 Millionen unaufgeforderte Werbekontakte. Es gibt auch Bereiche, die sich lokalisieren lassen. Ich halte es auch für das Gesetzgebungsverfahren für wichtig, dass man sich vor Augen führt, wo die Schwierigkeiten liegen und welche Branchen hauptsächlich betroffen sind, um dann zu überlegen, wie man dagegen gesetzlich vorgehen kann. 53 % der Angerufenen sind aus der Branche der Wirtschaftsbranche Lotterie- oder Tippgemeinschaften angerufen worden, 51 % sind aus dem Bereich Beglückwünschung zu einem Gewinn, der dann leider nicht eingetreten ist, angerufen worden, und 25 % sind aus dem Bereich Zeitungen und Zeitschriften angerufen worden.
Wir haben gerade einen weiteren, sehr wichtigen Punkt gehört. Herr Kollege Adasch hat dazu sehr umfassend ausgeführt. Ich meine die Schwierigkeiten, die im Bereich der Telekommunikation bestehen. Das muss man sich einmal vorstellen! Da sage ich am Telefon: Nein, ich möchte keinen Anbieterwechsel! - Die Firma, die mich angerufen hat, kann aber bei der Telekom sagen: Wir wechseln jetzt. - Das ist völlig unerklärlich und ist - dazu müsste man mal eine Umfrage machen - sicherlich auch sehr vielen Bürgerinnen und Bürgern passiert. Ich habe gerade von meiner Mutter gesprochen. Ich hatte in meinem familiären Umfeld einen solchen Fall. Das ist den Bürgern nicht zu vermitteln. In dem Punkt besteht ganz dringender Handlungsbedarf. Deswegen ist es gut, dass wir an dieser Stelle Druck machen, damit schnell etwas geschieht.
Änderungen auf der gesetzlichen Ebene bleiben also notwenig. Was muss auf gesetzlicher Ebene geschehen? - Die Stellen, mit deren Hilfe wir gegen unerlaubte Telefonwerbung vorgehen können, sind bisher sehr eingeschränkt. Zeitschriften und Zeitungen, aber auch Wett- und Lotteriedienstleistungen sind die Bereiche, die gesetzlich so geregelt werden müssen, dass die Bürger vor Anrufen geschützt werden.
Wir haben gehört, dass es bei Verstößen zu Bußgeldern kommen soll. Nur dann, wenn Bußgelder verhängt werden können, die eine bestimmte Höhe haben und die damit auch dafür sorgen, dass sich Firmen sehr gut überlegen, ob sie dieses Gesetz umgehen, haben wir eine Chance. Die Bußgelder
Wichtig ist, dass in dem Gesetz präziser definiert wird, was es bedeutet, wenn der Angerufene einwilligt, einen Werbeanruf entgegenzunehmen. Es ist schwierig, am Telefon durch Handlung zu signalisieren, dass man nichts dagegen habe. Denn dann würde man, wenn man nichts sagen würde, dem Anrufer schon signalisieren, dass er weiterreden solle. Ich meine, dass eine Antwort auf diese Frage sehr entscheidend ist. Im Übrigen ist das an vielen Stellen gar nicht so leicht mit einem Satz zu definieren. Es bedarf meines Erachtens guter und intensiver Beratung, um nicht nur ein vernünftiges Gesetz zu konstruieren, sondern auch seinen Inhalt und seine Wirkung für den Angerufenen vermitteln zu können.
Ein weiterer Punkt - alle diese Punkte sind schon anhand der Vorlage geklärt, die auf Bundesebene erarbeitet wurde - ist die Rufnummerunterdrückung. Ich würde sogar generell noch einen Schritt weitergehen. Ich würde sagen, dass wir über die Frage der Rufnummerunterdrückung einmal generell nachdenken sollten, weil es sich vielfach um belästigende Anrufe handelt, die keine Werbeanrufe sind, bei denen insbesondere die Rufnummerunterdrückung ein besonderes Problem ist. Damit habe ich sowieso ein Problem. Es ist der Schutz des Individuums, der uns davon abhält. Aber im Bereich der Werbeanrufe muss auf jeden Fall gesetzlich geregelt sein, dass mit einem entsprechend hohen Bußgeld sichergestellt ist, dass die Firmen, die anrufen, entweder ihre eigene Telefonnummer übersenden - das ist die eine Möglichkeit - oder die Rufnummer der Firma übermitteln, für die sie tätig sind, was eine andere Variante wäre.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Punkt der Telekommunikation, über den soeben gesprochen wurde, sagen. An dem Punkt, den Herr Meyer dargestellt hat, wird der Unterschied deutlich. Brauchen wir eine schriftliche Bestätigung, wenn ein Werbeanruf eingegangen ist? - Ich meine, dass sich diese Frage auch im Rahmen einer Debatte nicht endgültig klären lässt. Ich finde es wichtig, dass wir diesen Ansatz in die Beratungen in den Ausschüssen mit einbeziehen. Wir müssen gut überlegen, ob es auch Fälle gibt, bei denen wir mit einem solchen Gesetz etwas verhindern könnten. Andererseits müssen wir aber auch sicherstellen, dass wir die Leute schützen. Ich meine, dass das ein sehr wichtiger Punkt ist, der nur im Rahmen einer vernünftigen inhaltlichen Ausschussberatung
geklärt werden kann. Ich lege aber Wert darauf, dass wir in dieser Ausschussberatung gemeinsam Verbraucherschutz auf der einen Seite in Form von gesetzlichen Regelungen und auf der anderen Seite mit der Stärkung der Verbraucherzentrale realisieren. Ich hoffe, dass das in der Ausschussberatung möglich ist.
Danke schön. - Auf Herrn Kollegen Lies hat sich zu einer Kurzintervention Herr Kollege Adasch gemeldet. Bitte schön! Sie haben anderthalb Minuten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lies, wir sind in der Sache, zumindest was den Verbraucherschutz und die vorgesehene Gesetzesänderung in Berlin angeht, weitgehend einig. Aber in einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen. Dieser Punkt betrifft die Verknüpfung mit der Verbraucherzentrale. Wir wollen gesetzlich erreichen, dass die Leute gar nicht erst zu Hause angerufen und belästigt werden. Das kann ich nicht über die Verbraucherzentrale erreichen.
Dort kann ich mir selbstverständlich Rat holen, wie ich mich dagegen rechtlich wehren kann. Ich will aber verhindern, dass die Leute permanent zu Hause angerufen und belästigt werden. Das muss unser Ansatz sein.
Weil wir uns in der Sache weitgehend einig sind, wäre es natürlich hilfreich, wenn die SPD-Fraktion im Bundesjustizministerium in Berlin ein bisschen Druck machen würde, damit Frau Zypries weiter vorankommt. Sie haben die Führung in diesem Ministerium. Wenn Sie dort mehr Druck machten, könnten wir uns in den Ländern viele Debatten sparen und schon einen großen Schritt weiter sein.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will nur ganz kurz auf einen Punkt, nämlich die Verbindung von Verbraucherschutz in Form von Gesetzgebung und Beratung, eingehen. Wenn wir das bekämen, was wir uns von einem Gesetzgebungsverfahren erhoffen, hätten wir nach 2004, als ein entsprechendes Gesetz beschlossen worden war, nie die Notwendigkeit gehabt, dass Verbraucherzentralen eingreifen und unterstützen müssen. Es ist aber durch eine gesetzliche Regelung nicht gelungen, sich vor neuen Ideen und neuen Kampagnen, die von Firmen und Marketingorganisationen erstellt werden, zu wehren. Ideen werden diese Firmen auch weiterhin entwickeln. Deswegen kann so etwas nur funktionieren, wenn man beides auf den Weg bringt: eine gesetzliche Regelung zum Schutz, aber auch eine Beratungsebene, die aufklärt, weil Gesetze nun einmal leider nicht immer eingehalten und teilweise auch umgangen werden. Wenn wir uns auf beide Ebenen verständigen können, haben wir meines Erachtens für den Bürger am meisten erreicht. Ich meine, das ist unser gemeinsames Ziel.
Danke schön, Herr Kollege Lies. - Für die FDPFraktion spricht Herr Kollege Riese. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben über das Thema schon vor zwei Tagen in der Aktuellen Stunde gesprochen. Jetzt sprechen wir darüber in Gestalt des Antrags der Grünen. Verehrte Kollegen von den Grünen, Sie haben wieder einmal einen Antrag recycelt, der in sehr ähnlicher Form bereits im Januar 2007 in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle einen persönlichen Wunsch mit auf den Weg geben: Halten Sie es doch bitte sprachlich manchmal eine kleine Ebene flacher! Die Kollegen im Bundestag haben ihren Antrag seinerzeit „Verbot von Telefonwerbung zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher wirksam durchsetzen“ genannt. Das ist doch eine schöne Überschrift. Sie, Herr Meyer, haben hier mindestens 22-mal das Wort „Telefonterror“ verwendet - ein weiteres Beispiel dafür, dass Sie immer schrill und geräuschvoll sein müssen. Das dient einer guten Diskussion in der Sache keineswegs. Ich habe persönlich diese herzliche Bitte.
Der können Sie entsprechen, müssen Sie aber nicht. Die nachträgliche Bestätigung des am Telefon nach einem unverlangten Anruf geschlossenen Vertrages muss nicht zwingend in schriftlicher Form erfolgen. Eine Beweissicherung für denjenigen, der sich hinterher auf den Vertrag beruft, ist allerdings absolut vonnöten.
Ich bin vor nicht allzu langer Zeit von einem bekannten deutschen Telekommunikationsunternehmen in teils staatlichem Besitz angerufen worden. Sie wollten meine Vertragsbedingungen ändern - zu meinem Vorteil. Ich habe mich davon überzeugen lassen, dass das Angebotene tatsächlich zu meinem Vorteil ist.
Als es zum Vertragsschluss kam, fragte mich der höfliche Anrufer, der sehr gut geschult war, ob ich damit einverstanden sei, dass er von nun an eine Gesprächsaufzeichnung durchführe. Ich sagte, dass ich damit einverstanden sei, und er führte eine Gesprächsaufzeichnung durch. Sollte ich diesem Vertrag mit der Behauptung widersprechen, er sei nie geschlossen worden, kann er mein Einverständnis gut beweisen. - Das reicht aus. Es muss nicht schriftlich sein.
Dass der Ausnahmekatalog aus § 312 d des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht komplett abgeschafft werden kann, hat Herr Minister Busemann vor zwei Tagen in der Aktuellen Stunde sehr gut nachgewiesen. Er hat uns ja dargelegt, dass auch Pizza am Telefon bestellt werden kann - die dann bei mir zu Hause kalt wird. Dieser Artikel wurde eigens für mich belegt und hat seine eigene Machart. Ein solcher Vertrag muss natürlich gültig sein. Man kann nicht erst anfangen, schriftliche Bestätigungen auszutauschen. Das muss in etwas kleinerem Rahmen ablaufen.
Verehrter Kollege Lies, ich möchte Sie herzlich einladen, Ihre Einstellung zum Datenschutz noch einmal zu überprüfen. Vor zehn Minuten haben Sie von diesem Mikrofon aus vorgeschlagen, die Telefonnummerunterdrückung generell zu verbieten. Dagegen wehre ich mich ganz energisch. Ich will in der Lage sein, meine Telefonnummer zu unterdrücken - gerade damit sie nicht von denjenigen, die ich anrufe, abgefangen wird und später gegen mich - möglicherweise aus dem Ausland, wo ich den Anrufer nicht verfolgen kann - in einer solchen Weise verwendet wird. Da haben Sie sich ein Stück weit aus dem Fenster gelehnt. Bitte lehnen Sie sich wieder zurück.
rechte stärken. Den wichtigen Katalog dazu habe ich schon vor zwei Tagen hier im Einzelnen referiert.
Ganz herzlichen Dank, Herr Kollege Riese. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin König zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schon am ersten Sitzungstag haben wir in der Aktuellen Stunde über Telefonwerbung gesprochen und diskutiert. Strittig war dabei vor allen Dingen die Frage der schriftlichen Bestätigung eines abgeschlossenen Vertrages. Für die Linke ist es ganz klar: Eine schriftliche Bestätigung eines abgeschlossenen Vertrages ist unabdingbar. Das ist Voraussetzung.
Oder soll da etwa auch das gelten, was Frau Ministerin Heister-Neumann bei der gleichen Plenarsitzung in einem anderen Zusammenhang gesagt hat: „Glücklich ist, wer vergisst, was doch nicht zu ändern ist“? Dann sitzen die Verbraucher mit einem Nepp-Vertrag da. Das kann nicht angehen!
Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen, meine Damen und Herren. Ich bin Neuling in diesem Landtag
- ich werde noch lernen -, und es erschreckt mich, wenn bei einer Anfrage zu diesem Thema eine Pizzabestellung mit Telefonwerbung gleichgestellt wird. Zwar handelt es sich in beiden Fällen um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. Bei der Pizzabestellung ist der Kunde aber derjenige, der anruft und etwas bestellt. Da muss er nicht geschützt werden.
Oder, Herr Minister Busemann, rufen bei Ihnen abends Pizzabringdienste an und nötigen Ihnen etwas zu essen auf, was Sie gar nicht bestellen wollen und worauf Sie gar keinen Appetit haben?
Ich hoffe wirklich, dass dieser Ansatz von der CDU-Fraktion noch einmal überdacht wird. Da muss ein Denkfehler passiert sein.
Unsere Bürgerinnen und Bürger brauchen Rechtssicherheit. Ein Gesetz ist nötig. Es geht auch nicht mehr an - das ist hier schon angeklungen -, dass die Institutionen des Verbraucherschutzes diese vielen Fragen beantworten müssen und wir ihnen diese Aufgaben aufbürden. Deshalb sind eine Diskussion im Ausschuss und ein Gesetz vonnöten.
Jetzt will ich einen weiteren Punkt ansprechen. Sie haben eben wieder Kritik geäußert. Als ich erwähnt habe, dass ich ein Neuling im Parlament bin, hieß es: Das merkt man. - Gleich fällt auch noch das Wort „DKP“.