Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Danke schön. - Herr Präsident! Herr Oetjen, dass die Zeit der Schlapphüte vorbei ist, ist klar. Darum geht es auch nicht. Es geht vielmehr darum, wie der niedersächsische Verfassungsschutz arbeitet, und dazu kann ich sagen, dass für mich seine Arbeit klar ideologisch eingefärbt ist. Wenn der Verfassungsschutz an einer Schule Planspiele nach dem Motto durchführt, es gibt Linksextremisten, Rechtsextremisten und noch andere Gruppierungen, und dabei die Linksextremisten ausdrücklich mit „DIE LINKE“ bezeichnet, dann weiß ich doch, wo der Hase läuft, dann weiß ich doch, was impliziert werden soll.

(Thomas Adasch [CDU]: Haben Sie ein schlechtes Gewissen? Sie plagt wohl Ihr schlechtes Gewissen, oder was?)

Dann weiß ich doch, was den Schülerinnen und Schülern beigebracht werden soll, nämlich dass DIE LINKE die Extremisten sind. - Aber das ist doch völliger Quatsch, das kann man doch gar nicht sagen!

(Zuruf von Frank Oesterhelweg [CDU])

- Wenn Sie meinen, das stimmt nicht, dann können Sie das gern in der Wolfsburger Presse nachlesen; denn dort steht es so ausführlich drin, wie ich es gerade gesagt habe.

Wir sind an dieser Stelle auch noch nicht am Ende; denn der Verfassungsschutz übernimmt in Helmstedt jetzt auch noch die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer in bestimmten Bereichen.

(Thomas Adasch [CDU]: Ja, das ist doch auch richtig!)

Unter diesem Aspekt muss man sich doch einmal fragen, welche Aufgaben der Verfassungsschutz in Niedersachsen überhaupt noch hat. Das kann man doch wirklich den Lehrerinnen und Lehrern überlassen. Sie sagen doch selbst, das Schulsystem ist gut, die sind gut ausgebildet, alles prima. - Ich möchte einmal wissen, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Herr Oetjen möchte gern erwidern. Bitte schön!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in diesem Hause schon öfter darüber gestritten, in welcher Organisationsform politische Bildung transportiert werden kann. Aber die einfache und klare Botschaft dieses Hauses muss doch wohl sein, dass die politische Bildung auch den Auftrag hat, den jungen Menschen klarzumachen, dass Extremismus bekämpft werden muss, egal, ob er von der linken Seite, von der rechten Seite, aus dem extremistisch-islamistischen oder aus dem religiös-fundamentalistischen Bereich kommt.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie defi- nieren das willkürlich!)

Das ist die Aufgabe des Verfassungsschutzes, dies muss er transparent darstellen, und deswegen hat er unsere volle Unterstützung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Markt- extremist!)

Meine Damen und Herren, der für mich erkennbar letzte Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist Herr Innenminister Schünemann.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem Antrag selbst möchte ich gar nichts sagen, sondern nur zu der letzten Wortmeldung von Frau Zimmermann.

Sie müssen nur ins Gesetz schauen. Dort steht, dass der Verfassungsschutz den Auftrag hat, über extremistische Tendenzen aufzuklären. Diesen Auftrag haben gerade wir in den letzten neun Jahren besonders ernst genommen. Aber Multiplikatorenschulungen und Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer gab es auch schon zu der Zeit, als die SPD noch die Regierungsverantwortung trug. Und das ist auch genau der richtige Weg, meine Damen und Herren. Wir müssen doch aufzeigen, wo man unsere freiheitliche demokratische Grundordnung gefährden will. Der Auftrag des Verfassungsschutzes besteht doch genau darin, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung, und zwar auch schon junge Menschen, darüber unterrichtet wird.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Nur von der richtigen Stelle!)

Aber wenn Sie, Frau Zimmermann, das nicht wollen, dann muss ich mich schon fragen, welchen Auftrag Sie mit dem Verfassungsschutz verbinden, und dann muss ich schon mutmaßen, dass Sie darin wirklich einen Gefährdung sehen. Es spricht für sich, dass Sie das sogar an diesem Pult aussprechen.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das müssen Sie an der richtigen Stelle ansiedeln! Das ist nicht Aufgabe es Verfassungsschut- zes!)

Ich finde es hoch interessant, dass die Fraktion DIE LINKE den Verfassungsschutz in Gänze abschaffen will.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Da sehen Sie einmal, wie nett wir sind! Wir wol- len das nämlich nicht!)

- Herr Limburg, Sie haben offenbar aus Weimar gelernt. Wenn man den Verfassungsschutz abschafft, dann muss man die nachrichtendienstlichen Befugnisse der Polizei übertragen. Wir haben aber das Trennungsgebot. Wenn die Fraktion DIE LINKE diese Forderung gleichwohl erhebt, dann zeigt das, aus welcher Tradition sie kommt und welche Verhältnisse sie in der Bundesrepublik Deutschland vielleicht haben will.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ver- drehen doch wieder alles! Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Immer die glei- che Leier!)

- Nein, ich verdrehe das nicht. Aber Sie müssen sich schon einmal überlegen, was Sie hier sagen und welche Anträge Sie stellen. Und wenn man Ihnen das vor Augen führt, dann sind Sie auch noch beleidigt. Das kann ich nun überhaupt nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie kön- nen mich gar nicht beleidigen!)

Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass wir in Niedersachsen ein Verfassungsschutzgesetz haben, das modern ist, das aber vor allen Dingen zur Transparenz beiträgt.

Ein Letztes, damit diese Aussage nicht so stehen bleibt: Mir hat bisher kein Abgeordneter berichtet, dass der Verfassungsschutz im zuständigen Ausschuss nicht ausführlich berichtet oder dass es in dem Zusammenhang irgendwelche Defizite gibt. Sollte es sie geben, dann stellen Sie das hier dar! Aber sehen Sie bitte davon ab, über Anträge zu suggerieren, dass der Verfassungsschutz nicht alles, was notwendig ist, offenlegt. Denn das macht der Verfassungsschutz, insbesondere durch seinen Präsidenten. Hier gibt es überhaupt keinen Grund zur Kritik.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion verfügt noch über eine halbe Minute Redezeit, die Frau Leuschner gerne nutzen möchte. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, wir werden im Ausschuss über die Arbeit des Verfassungsschutzes informiert. Wir setzen auch einzelne Punkte auf die Tagesordnung. Ihre ideologische Sichtweise über die inhaltlichen Aufgaben und über die politische Ausrichtung in der politischen Bildung teile ich allerdings nicht, aber darüber haben wir ja schon häufiger debattiert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, nach unserer Geschäftsordnung ist es möglich, auf einen Redebeitrag mit einer Kurzintervention zu reagieren. Frau Zimmermann, Sie haben das Wort.

Das liegt darin, dass ich meine Frage nicht stellen konnte, obwohl ich mich gemeldet hatte. Das ist übersehen worden, aber das ist auch nicht schlimm, denn so geht es ja auch. Mein Beitrag ist auch ganz kurz.

Herr Schünemann, Sie sagen, Sie hätten noch nie gehört, dass im Verfassungsschutzausschuss nicht ausführlich berichtet worden ist.

(Zurufe bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Zimmermann, es mag ja sein, dass ich Ihre Wortmeldung übersehen habe. Das tut mir auch leid. Aber Sie müssen jetzt schon auf Frau Leuschner intervenieren und nicht auf den Minister.

Dann frage ich einfach einmal Frau Leuschner: Herr Schünemann hat ja gerade ausgeführt,

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

dass er meint, im Verfassungsschutzausschuss würde nicht ausführlich berichtet. Aber gehe ich nicht recht in der Annahme, dass wir über die Dinge, über die wir im Verfassungsschutzausschuss unterrichtet werden, gar nicht berichten dürfen? - So war es doch immer. Und weil wir nicht darüber reden dürfen, dürfen wir uns doch auch nicht beschweren. Insofern ist das doch Quatsch.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Woher soll Frau Leuschner das wissen? Das müssen Sie doch den Minister fragen! - Heiterkeit bei der CDU)

Meine Damen und Herren, jetzt darf Frau Leuschner zwar erwidern, muss aber nicht antworten. - Sie möchte nicht.

Meine Damen und Herren, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Limburg hat das Wort für eine Minute.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister Schünemann, Sie haben gerade auf die parlamentarische Kontrolle angespielt. Parlamentarische Kontrolle kann und darf nicht nur so funktionieren, dass in einem Ausschuss unterrichtet wird, sondern parlamentarische Kontrolle umfasst natürlich mehr, u. a. Akteneinsichtsrechte, die wir im Verfassungsschutzausschuss mit dem Quorum auch haben. Sie umfasst aber auch das Recht, sich von Mitarbeitern, Expertinnen und Experten unterstützen zu lassen, um Sachen zu klären. Das alles ist Parlament, das alles ist Demokratie, meine Damen und Herren.

Im Bereich des Verfassungsschutzes ist das jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Wir wollen eine ganz bescheidene Erweiterung um Experten und Mitarbeiter, um die Kontrolle zu verbessern. Im Deutschen Bundestag ist das längst selbstverständlich. Ich kann nicht nachvollziehen, warum das nicht auch im Niedersächsischen Landtag gehen soll.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/3744 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist mit großer Mehrheit so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Besprechung: Quellen-Telekommunikationsüberwachung und Onlinedurchsuchungen - Wie steht es mit dem Einsatz von Staatstrojanern in Niedersachsen? - Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/4116 - Antwort der Landesregierung - Drs. 16/4545

Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird zu Beginn der Besprechung einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt. Alsdann erhält es die Landesregierung.