Protokoll der Sitzung vom 09.05.2012

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die erste Zusatzfrage wird vom Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass es tatsächlich vom 21. September letzten Jahres bis Mitte März dieses Jahres, also über sechs Monate, gebraucht hat, bis die Landesregierung das Ausmaß der Schäden am JadeWeserPort erkannt und in seiner Dimension auch tatsächlich ernst genommen hat, warum die Landesregierung und die JadeWeserPort-Realisie

rungsgesellschaft nicht sofort nach Erkennen der ersten Schlosssprengung am 21. September letzten Jahres die komplette Überprüfung der zu der Zeit schon fertiggestellten Kaje veranlasst hat, um das Schadensbild zeitnaher und damit auch ausreichend Zeit bis zur Eröffnung des Hafens für die Sanierung zu haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Olaf Lies [SPD])

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen den Zeitablauf geschildert. Man kann Schlosssprengungen erst dann feststellen, wenn man die Spundwand entweder mit der Hand oder mit dem Auge - direkt oder über eine Kamera - begutachten und in Augenschein nehmen kann.

(Zuruf von Elke Twesten [GRÜNE])

Zum jeweiligen Zeitpunkt des Abbaggerns und der Tiefe, die wir erreicht haben - die Schlosssprengungen setzen ja nicht oben an, sondern erst weiter unten -, waren die Schlosssprengungen in ihrer Dimension erkennbar, sodass man zum jeweiligen Zeitpunkt der möglichen Erkenntnislage immer genau das Richtige getan hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Olaf Lies [SPD]: Warum haben wir es nicht schneller getan? Wo war denn die Antwort? - Enno Hagenah [GRÜ- NE]: Sie haben Ihren Job ein halbes Jahr lang nicht gemacht!)

Die zweite Zusatzfrage stellt der Kollege Krogmann für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass es wohl einzigartig ist, dass ein Projekt dieser Größenordnung schon vor Inbetriebnahme ein Sanierungskonzept braucht

(Kai Seefried [CDU]: Das ist wieder das typische Schlechtreden! - Karl- Heinz Klare [CDU]: Fahr mal nach Berlin und Brandenburg!)

- vielleicht werden Sie uns jetzt sagen, dass es normal ist, ein Sanierungskonzept zu haben, bevor man überhaupt angefangen hat -, frage ich die Landesregierung: Können Sie, Herr Bode, nachdem ja gegenüber dem Altvertrag bereits mehrfach Änderungen und Sonderbedingungen mit Eurogate verhandelt wurden - zuletzt im Jahr 2011 - und nachdem jetzt das Sanierungskonzept verhandelt wurde, ausschließen, dass im Rahmen dieser Verhandlungen über das Sanierungskonzept weitere geldwerte Zugeständnisse hinsichtlich Fristen, Mindestumschlagsmengen, Gebühren usw. gemacht wurden? Können Sie das ausschließen?

(Beifall bei der SPD - Daniela Behrens [SPD]: Sehr gute Frage!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da Sie gerade gesagt haben, es sei das erste Mal, dass bei einem Projekt dieser Größenordnung Sanierungsmaßnahmen erfolgen müssen, bevor die Inbetriebnahme erfolgt ist, will ich auf die aktuelle Berichterstattung hinweisen. Ich weiß nicht, wie teuer der neue Großflughafen in Berlin ist. Nach meinem Kenntnisstand ist er noch nicht in Betrieb genommen. Trotzdem sind bereits jetzt Sanierungsmaßnahmen wegen des Brandschutzes erforderlich.

(Olaf Lies [SPD]: Es geht doch um ein niedersächsisches Projekt! Ist das für Niedersachsen normal?)

- Entschuldigung, Herr Lies, vielleicht müssten Sie Ihren Kollegen fragen. Er hat seine Frage so eingeleitet, und ich beantworte sie so, wie er sie eingeleitet hat.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bei der eigenen Fragestellung, dann könnten Ihnen vielleicht auch die Antworten ein wenig besser gefallen.

(Olaf Lies [SPD]: Die Frage war, ob das für Niedersachsen normal ist!)

- Herr Lies, ich versuche, die Frage Ihres Kollegen befriedigend zu beantworten.

Meine Damen und Herren, die Frage, wenn ich sie richtig verstanden habe, ist, ob es bei der jetzigen Verhandlung bzw. bei den jetzigen Gesprächen -

Verhandlung ist hier das falsche Wort - mit Eurogate Verschiebungen und Zugeständnisse an Eurogate gegeben hat. Es hat ja einen Zeitungsbericht gegeben - ich weiß nicht genau, in welcher Zeitung -, in dem der Geschäftsführer von Eurogate, Herr Schiffer, erklärt hat, wenn man das etwas verschieben würde, würden sie nichts geltend machen. So ungefähr stand es ja - frei zitiert - in einer Zeitung.

Ich kann ausschließen, dass wir Eurogate Zugeständnisse gemacht haben.

Allerdings hat es die Frage gegeben, wie diese Aussage in der Zeitung von Herrn Schiffer eigentlich gemeint war. Die JadeWeserPort-Realisierungsgesellschaft hat daraufhin eine E-Mail von Eurogate bekommen, die sich in der Forderungshöhe von der Aussage in dem Zeitungsbericht, dass man nichts möchte, wenn es zu Änderungen kommt, unterschieden hat. Ich kann aber ausschließen, dass wir auch nur einen Sekundenbruchteil daran gedacht haben, dieses nette Schreiben weiter in unsere Überlegungen einzubeziehen oder hierüber überhaupt weiter nachzudenken. Nur so viel zu der Berichterstattung. Was auf der einen Seite war und was man hinterher vielleicht tatsächlich in Gesprächen platziert hat, das kann durchaus ein Unterschied gewesen sein.

Da Sie auch nach finanziellen Ausgleichen gefragt haben, muss ich in der Tat sagen, dass wir immer betont haben, dass, wenn wir mit der Übergabe von 1 000 m Kaje zum 5. Mai in Verzug geraten, sie wegen der Schadensbehebung nicht uneingeschränkt übergeben werden kann und aufgrund dieser Tatsache Eurogate ein Schaden entsteht - ob jetzt oder nach der Inbetriebnahme am 5. August; da wären unterschiedliche Maßnahmen denkbar, beispielsweise dass die Mannschaften nicht so eintrainiert sind, sodass die Schiffe einen Tag länger liegenbleiben, woraufhin Eurogate eine Rechnung vom Reeder bekommt -, derartige Schäden, wenn sie begründet dargelegt sind, zu einer Schadensersatzforderung von Eurogate führen können, die dann auch beglichen werden muss,

(Daniela Behrens [SPD]: Also doch!)

aber natürlich nicht von der Realisierungsgesellschaft, sondern von demjenigen, der den Schaden ausgelöst hat, also - aus unserer Sicht - der Bauversicherung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird vom Kollegen Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE gestellt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bode, vor dem Hintergrund, dass Versicherungen ja für das Eintreten unwahrscheinlicher Schadensereignisse gemacht werden, habe ich die Frage, wie der Versicherungsschutz für Eurogate und andere Beteiligte für den - ich betone es - unwahrscheinlichen Fall ausgestaltet ist, dass es am 5. August nicht losgeht, und ob der Versicherungsschutz so ausgestaltet ist, dass ein Rückgriff auf den Landeshaushalt im Falle der Nichtinbetriebnahme am 5. August definitiv ausgeschlossen ist.

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Sohn, die Bauversicherung, die abgeschlossen worden ist, enthält den Bestandteil, dass auch Schlosssprengungen, die bei dem Bauvorhaben auftreten können, versichert sind, sofern die Spundwandrammung fachmännisch durchgeführt wurde, d. h. dass aufgrund der Tragbohlen, der Abstände und der Bemessenheit der Tragbohlen davon auszugehen ist, dass die Rammung normal funktionieren kann, ohne dass eine Schlosssprengung auftritt. Ich hoffe, ich habe das jetzt so juristisch untechnisch formuliert, dass es verstanden worden ist.

Aufgrund dieser Tatsache und der Messprotokolle der Tragbohlen, die seitens der Gutachter als vorbildlich gerammt dargestellt worden sind, gehen wir davon aus, dass es sich um einen klassischen Versicherungsschaden handelt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zuruf von Frauke Heiligenstadt [SPD])

Die nächste Frage stellt Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE.

Schönen Dank, Herr Präsident! - Herr Minister Bode, Sie haben ausgeführt, dass Sie davon ausgehen, dass die Inbetriebnahme am 5. August

nicht infrage gestellt wird. Ich möchte dennoch nachfragen: Ursprünglich waren Eurogate in dem Betreibervertrag 1 000 m Kaje zugesagt worden. Dann gab es Verhandlungen. Eurogate hat sich zu einem Minimum von 450 m bereiterklärt und gesagt: „Wenn wir am 5. Mai 450 m haben, dann können wir den Probebetrieb aufnehmen.“ Ich konnte aber am 8. Mai, also gestern, dem WeserKurier entnehmen, dass am 5. Mai nur 350 m zur Verfügung gestanden haben und die weiteren 100 m einen Monat später zur Verfügung stehen. Hat diese weitere Verzögerung in der Bereitstellung der Kaje Ihrer Meinung nach ebenfalls keine Auswirkungen auf den Termin 5. August?

Im Weser-Kurier konnte ich auch lesen, dass wohl Äußerungen von Eurogate kamen, dass der 5. August durchaus infrage gestellt werden kann, wenn man nicht rechtzeitig genug Probefläche zur Verfügung hat. Ich hätte dazu gern eine genaue Aussage von Ihnen.

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Weisser-Roelle, ich möchte das gleich am Anfang klarstellen: Es hat keine Verhandlungen mit Eurogate gegeben, in denen man sich auf eine Kajenlänge von 450 m verständigt hätte. Sie haben es gesagt, weil es tatsächlich so in den Zeitungen bzw. in einer Erklärung stand. Es hat keine Verhandlungen gegeben, in denen wir uns mit Eurogate auf eine Übergabe von einer Kajenfläche von 450 m verständigt hätten.

(Olaf Lies [SPD]: Was ist denn ver- einbart worden?)

- Ich komme gleich dazu. Herr Lies, ich hatte eben den Eindruck, dass es dazu noch eine Nachfrage gab, weil es von der Fragestellerin nicht verstanden worden ist. Deshalb hatte ich kurz nachgesehen, ob es dazu noch einer Erklärung bedarf. Diese Aussage ist somit schon einmal klargestellt.

Jetzt kommen wir also zu der Frage: Was ist tatsächlich passiert, und wie ist die Rechtslage in dem Bereich, in dem wir uns tatsächlich befinden?

Wir haben einen vertraglich verbindlichen Termin, der 5. Mai 2012, zu dem wir 1 000 m Kaje übergeben sollten. Das ist ein verbindlicher Termin. Das

bedeutet, dass wir bei Nichtleistung zu diesem Vertragstermin eine wesentliche vertragliche Verpflichtung nicht rechtzeitig bzw. nicht umfänglich erfüllt haben. Das ist insoweit völlig unstrittig. Es ist auch nicht zu beschönigen. Es ist sehr ärgerlich. Das ist Fakt.

Zur zweiten Frage. Wir haben hierzu mehrere Rechtsgutachten eingeholt. Das Rechtsgutachten, aus dem ich gerade zitiere, ist von Heuking, Kühn, Lüer und Wojtek aus München, die uns in vielen Fragestellungen beim JadeWeserPort schon sehr erfolgreich auch vor Gericht vertreten haben. Welche Rechtsfolgen ergeben sich aus der Nichteinhaltung des Vertragstermins? Hierbei gibt es Besonderheiten zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen ist, dass im Betreibervertrag geregelt ist, dass ein Vertragspartner in Verzug im Sinne des Vertrages gerät, wenn Pflichten gemäß dem Terminplan in Teil C usw. nicht eingehalten werden und dadurch eine Verzögerung des Beginns der Phase A - das ist die Betriebsphase - um mehr als einen Karenzzeitraum von sechs Monaten zu vertreten ist.

Das bedeutet also, dass wir, wenn wir es im Zusammenhang mit dem Betreibervertrag so betrachten, keinen Verzug und somit auch keine Vertragssanktionen durch das Nichteinhalten bzw. nicht umfängliche Einhalten des Termins 5. Mai 2012 auslösen.

Es ist somit unschädlich, wenn der Termin für den Beginn der Phase A gleichwohl eingehalten werden kann, also der 5. August 2012. Damit er eingehalten werden kann, haben intensive Abstimmungsgespräche auf der Baustelle zwischen den Fachleuten der Arbeitsgemeinschaft, der Realisierungsgesellschaft und von Eurogate CTW stattgefunden, in denen man sich u. a. über folgende Fragen verständigt hat: Wo zieht ihr den Absperrzaun? Wo sind Zugangsmöglichkeiten? Welche Asphaltflächen habt ihr schon fertig? Wo müsst ihr mit euren Van-Carriern fahren? Wo wollt ihr Container von A nach B transportieren? Wo müssen wir mit den Betonplatten ran? - Es ist auch vorgesehen, von der Seeseite her und nur zeitweilig von der Landseite her zu arbeiten. - Wie wollt ihr eigentlich den Probebetrieb machen? Sprich: Kommt von der Seeseite dann auch ein Schiff? Kommen da Pontons hin? Wollt ihr Container hin und her transportieren, oder macht ihr mit den Kränen quasi einen Trockenbetrieb?