Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Sehr gut! Sehr, sehr gut! - Victor Perli [LINKE]: Das ist Ablasshandel! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Sie wollen doch gar keine Antworten haben, Herr Perli!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vermögensteuer ist insofern ein Problem, als sie in den meisten Ländern abgeschafft worden ist. Bei uns existiert sie zwar noch, aber in verfassungswidriger Form, sodass sie nicht angewendet werden muss.

Wenn jemand von „Einführung der Vermögensteuer“ spricht, weise ich darauf hin: Wir haben eine Vermögensteuer. Sie ist im Moment aber verfassungswidrig und darf deshalb nicht umgesetzt werden.

Wenn Zahlen aus dem Ausland zum Vergleich herangezogen werden, dann beziehen die sich meistens nicht auf die Vermögensteuer, sondern

auf die Grunderwerbsteuer. Die haben auch wir hier in Niedersachsen, und sie trägt ja auch zur Deckung des Haushalts bei.

Über das Abkommen mit der Schweiz haben wir schon beim letzten Mal diskutiert. Es ist völlig unverständlich, warum dem Abkommen mit der Schweiz nicht zugestimmt werden soll.

Der Kollege Walter-Borjans hatte ja das große Glück, vom Spiegel gefragt worden zu sein - wir haben ja auch bei Herrn Wenzel schon einmal erlebt, wie schön es ist, von überregionalen Medien gefragt zu werden -, und er kam nur in diese Zeitung, weil er eine absolute Ablehnung gefordert hat. Ich habe mit dem Spiegel eine halbe Stunde ein Interview geführt und habe mich sehr positiv zu dem Abkommen mit der Schweiz geäußert. Darüber ist jedoch keine Zeile erschienen. Daran sieht man: Man kommt nur in die Zeitung, wenn man Nein sagt. Es ist aber falsch, Nein zu sagen. Nun ist er auf der Palme und kommt nicht wieder runter. Das ist manchmal das Problem von Politikern.

Wenn das Abkommen mit der Schweiz zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt, bekommen wir sofort 2 Milliarden Franken - das sind etwa 1,8 bzw. 1,9 Milliarden Euro - überwiesen. Dieser Betrag würde auch sofort in die Länderhaushalte fließen; denn wir haben mit dem Bund verabredet, dass das erste Geld, das kommt, als Abschlag auf frühere Erbschaftsteuerausfälle angerechnet wird.

Wir und alle Seriösen, die ebenfalls Planungen machen, gehen davon aus, dass im nächsten Jahr für vergangene Steuerausfälle mindestens 10 Milliarden Schweizer Franken fällig werden. Es ist ja so, dass auf das Vermögen dieser Betrag von 21 bis 41 % erhoben wird - also nicht auf den Ertrag, sondern auf das Vermögen. Davon bekommen wir 30 % in die Länderhaushalte vorab für entgangene Erbschaftsteuer. Den Rest teilen wir uns: 42 % bekommt der Bund, 42 % bekommen die Länder und 16 % die Gemeinden. Wenn Sie das für das Land Niedersachsen umrechnen, dann würden wir nach Abzug des kommunalen Finanzausgleichs netto 500 Millionen Euro bekommen, und die Kommunen würden originär und über den kommunalen Finanzausgleich zwischen 150 Millionen Euro und 200 Millionen Euro mehr bekommen.

Das heißt, die Frage von Frau Modder wäre schon beantwortet. Wenn dem Schweizer Abkommen zugestimmt würde, hätten wir überhaupt gar keinen Handlungsbedarf mehr, sondern er wäre schlichtweg gedeckt.

Nun zu dem Zwischenruf „Das ist Ablasshandel“. Ich habe in der Beantwortung der Frage 3 - dazu werden wir aber wohl nicht mehr kommen, sie wird ja zu Protokoll gegeben - einmal ermittelt, was uns durch CD-Ankäufe in den letzten Jahren zugeflossen ist. Die CD-Ankäufe stellen natürlich eine noch größere Ungerechtigkeit dar, weil dann immer nur der eine oder andere erwischt wird. Daraus haben wir in den vergangenen Jahren 128 Millionen Euro an nachgezahlten Steuern, an Verzugszinsen, an Strafen, an Geldbußen nach §153 a StPO usw. erhalten.

In Zukunft bekämen wir ja dann die Kapitalertragsteuer nach dem jeweils geltenden Satz in der Bundesrepublik - also dynamische Verweisung -, der im Moment 25 % plus Soli beträgt, das sind insgesamt 26,4 %, die die Schweiz für uns erhebt. Das bedeutet auch noch eine Riesenverwaltungsvereinfachung, weil die Schweiz das für uns erhebt, dafür keine Gebühren nimmt, was ja normal wäre; denn sie arbeitet ja für uns, überweist das in einem Betrag an die Bundesrepublik Deutschland, die es dann - - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie unter- laufen die EU-Vorgaben!)

- Nein, Herr Wenzel. Ihre Zwischenrufe werden immer besser! Danke schön, weil ich es sonst vergessen hätte.

Diese Bedenken, dass das gegen EU-Recht verstößt, sind doch selbstverständlich geklärt worden. Das ist natürlich in den Gesprächen beim Bund vorgetragen worden. Brüssel hat uns bescheinigt, dass das mit EU-Recht vereinbar ist. Sonst würden wir das doch gar nicht so machen. Wir würden doch keine Vereinbarung abschließen und sehenden Auges gegen EU-Recht verstoßen.

Weil das so kompliziert ist, haben wir gesagt, dass die Bundesrepublik Deutschland von der Kommission ein Schreiben bekommen soll. Das hat sie vorgelegt. Das haben sich die Kolleginnen und Kollegen, die es wollten, auch angesehen, weil es uns vom Bund zur Verfügung gestellt worden ist. Das ist eine ganz tolle Sache.

Wenn wir es nicht schaffen, dass diese Vereinbarung zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt, dann ist wieder ein Jahr Verjährung eingetreten. Denn es ist völlig klar: Im Steuerrecht gelten wie im Strafrecht auch Verjährungsfristen. Wenn fünf Jahre vergangen sind, ist Steuerhinterziehung verjährt. Deshalb ist es wichtig, jetzt dort zum Ergebnis zu kommen.

Ich verstehe es gar nicht: Unter Rot-Grün war ein Steuersatz - Herr Eichel hat das damals gemacht - von 25 % richtig, aber jetzt ist ein Steuersatz von 21 bis 41 % falsch. Jetzt kann man ja sagen, 25 % sind mehr als 21 %. Aber ich habe es beim letzten Mal hier vorgerechnet: Die Steuer wurde so berechnet, dass 40 % des Vermögens verschont wurden; auf den Rest - 60 % - wurden 25 % Steuern erhoben. Von 100 nimmt man also 40 weg; ein Viertel von 60 sind 15. Wenn Sie das dann auf das gesamte Vermögen hochrechnen, ergibt dies einen Steuersatz von 15 %. Man hat diese Verschonungsregelung eingeführt, weil man vorne eine Zwei stehen haben wollte. Das ist ja nur ein Rechenschritt mehr, aber ändert nichts daran, dass man damals 15 % erhoben hat. Das hat Rot-Grün für eine tolle Sache gehalten.

Heute heißt es, 21 bis 41 % sind zu wenig. Das verstehe ich nun hinten und vorne nicht! Was vor drei oder fünf Jahren - oder wann es auch immer war - das absolute Nonplusultra war, ist jetzt, wenn man plötzlich in der Opposition ist, hinfällig. Damals war es viel weniger. Jetzt soll es angehoben werden und ist es dann falsch. - Das kann doch kein Mensch mehr begreifen!

Warum diejenigen, die die Nerven behalten und sich nicht selbst angezeigt haben, weil eine CD auf dem Markt war, verschont werden sollen, nur weil Sie dem Steuerabkommen nicht zustimmen wollen, ist mir völlig unerklärlich. Wir würden 100 % der Steuern erheben können!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Be- troffenes Schweigen auf der linken Seite des Hauses!)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Dreyer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da sich in der Vergangenheit der Bund der Steuerzahler zur Schuldenbremse geäußert hat, frage ich die Landesregierung, wie dessen Aussagen zur Schuldenbremse von ihr bewertet werden.

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach meiner Kenntnis fordert der Bund der Steuerzahler

genauso wie wir einen Sinkflug. Damit stelle ich Übereinstimmung fest.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Heidemann stellt die nächste Zusatzfrage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Herr Minister, Sie haben ja schon eingangs erwähnt, dass die Niedrigzinsphase, in der wir uns befinden, für den Haushalt eine gewisse Erleichterung bringt. Vielleicht könnten Sie noch einmal ausführen, wie hoch die monetäre Belastung des Kapitaldienstes zurzeit ist und wie sie sich in Zahlen ausgedrückt verändern würde, wenn die Niedrigzinsen wieder so sein werden, wie sie in der Vergangenheit waren, nämlich entsprechend anziehen würden.

(Kurt Herzog [LINKE]: Das hat er schon gesagt! 100 Millionen Euro pro Prozent!)

- Nein, er hat es nicht in Euro-Beträgen gesagt.

(Zurufe von den LINKEN: Doch!)

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Moment eine Zinslast von knapp 2 Milliarden Euro. Wir waren schon einmal darüber - das hatte ich hier auch schon erwähnt -, sind aber im Moment in der Lage, bei der Umschuldung günstige Bedingungen hereinzunehmen.

Früher betrug der Durchschnittszins etwa 7 % - das war eben so -, und jetzt liegen wir bei unter 3 %. Das ist auch wieder eine einfache Rechnung: Wenn wir 1 Milliarde Euro umschulden und statt 7 % nur noch 3 % zahlen müssen, sparen wir für die Folgejahre 40 Millionen Euro.

Wir haben eine durchschnittliche Kreditlaufzeit von sieben bis acht Jahren, also etwa sieben Jahre. Deshalb würde die Erhöhung, die ich vorhin genannt habe, natürlich nicht von einem Tag auf den anderen durchschlagen. Aber jeder kann es sich ausrechnen: 1 % von 56 Milliarden Euro sind 560 Millionen Euro.

Ich sagte schon: Alle Welt geht davon aus, dass die Zinsen nicht auf diesem Niveau bleiben werden. Es ist doch merkwürdig, wenn es selbst der Bundesrepublik Deutschland jetzt das erste Mal gelungen ist, sich mit Minuszinsen zu refinanzieren. Das heißt, dass die Leute beim Staat Geld abliefern und dafür auch noch Geld bezahlen. Das ist eine Situation, die wir bisher so noch nicht hatten. Die kennen wir aus der Schweiz, aber bei uns hatten wir das noch nicht so. Also nach allen Expertenmeinungen werden die Zinsen steigen. Deshalb müssen wir die Schulden begrenzen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch möchte eine Zusatzfrage stellen. Sie haben zwei Zettel abgegeben. Möchten Sie beide Fragen hintereinander oder getrennt stellen?

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich stelle meine erste und meine zweite Frage hintereinander.

Ich schlage vor, dass Sie die Frage von hier vorne stellen; denn es gibt nach wie vor technische Probleme mit dem Saalmikrofon.

(Stefan Schostok [SPD]: Da müssen wir mal was machen im Plenarsaal! - Wilhelm Heidemann [CDU]: Neubau!)

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich werde beide Fragen hintereinander stellen.

Die Lasten für Pensionen werden allein in den Jahren 2011 bis 2015 um 700 Millionen Euro steigen. Ich frage daher die Landesregierung, wie sie diesen unglaublich hohen Anstieg in der Summe decken möchte.

Die zweite Frage: Hält es die Landesregierung für zulässig, auch weiterhin konsumtive Ausgaben durch Vermögensveräußerungen zu decken?

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Pensionsverpflichtungen der nächsten

Jahre sind ja in der mittelfristigen Finanzplanung abgebildet. Entsprechend sind auch die Ausgaben dafür abgebildet und ist das bei der Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben dargestellt. Wir machen es ja nicht so, dass wir die einzelnen Ausgabenblöcke einzeln finanzieren, sondern wir addieren die Ausgabenblöcke und zeigen dann die Finanzierung an.

Im Übrigen halte ich es für eindeutig zutreffend, dass man Vermögen, das man veräußert, auch irgendwann erworben haben muss. Das heißt, dass man das mit dem vorhandenen Geld bezahlt hat. Ich halte es für völlig zulässig, dass man das Geld, das man erhält, wenn man etwas verkauft, was man nicht mehr braucht, wieder dem allgemeinen Haushalt zuführt.

(Renate Geuter [SPD]: Nicht für kon- sumtive Ausgaben!)