Protokoll der Sitzung vom 16.09.2008

Meine Damen und Herren, das darf am Schluss einer Rede auch einmal gesagt werden: Der Zustand der SPD hier im Hause, aber auch im Lande Niedersachsen, ist ziel- und orientierungslos. Sie sind am Ende, weil Sie keinen inneren Kompass und keine Ziele mehr haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Jüttner, Sie stehen für die Beliebigkeit austauschbarer Positionen.

(Zuruf von Heinrich Aller [SPD])

Wir hingegen, Herr Kollege Aller, richten mit dem Haushalt 2009, dem Haushaltsbegleitgesetz

(Heinrich Aller [SPD]: Das ist so was von heruntergekommen!)

- ja, das tat weh - und der Mipla den Blick nach vorn. Wir gestalten Zukunft, weil wir zumindest ein klares Ziel haben und wissen, wie es in Niedersachsen in zehn Jahren aussehen soll. Wir träumen nicht von einer besseren Welt, sondern wir

packen beherzt an. Unsere Politik des Sanierens, des Konsolidierens und des Investierens ist ohne Alternative.

Sie als Opposition haben sich am Ende Ihrer Rede in erster Linie auf verbale Attacken auf mäßigem Niveau beschränkt.

(Heiner Bartling [SPD]: Über Niveau können wir mit Ihnen gern streiten!)

Ich sehe im Übrigen niemanden - damit komme ich wieder zu meinen Sorgen zurück -, der in der Lage wäre, die finanzpolitische Glaubwürdigkeitslücke der SPD-Fraktion zu schließen.

(David McAllister [CDU]: Frau Geu- ter!)

Im Interesse des Landes und auch für die Auseinandersetzung im Parlament wäre es aber notwendig, dass Sie wieder zur konstruktiven Oppositionsarbeit zurückfinden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben gemeinsam den Auftrag, die Zeit bis Dezember zu nutzen und den Haushalt ausführlich zu beraten. Er wird die finanzielle Grundlage für die nächsten Jahre sein. Wir warten mit Höchstspannung auf kluge Vorschläge der SPD. Wir gestalten auf jeden Fall mit an Niedersachsens Zukunft. Sie sind aufgefordert, mitzumachen. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Wir haben einen sehr langen Atem für Niedersachsen, und wir werden unsere Vorstellungen auch umsetzen.

Herzlichen Dank.

(Starker, lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auf den Redebeitrag von Herrn Althusmann hat sich Herr Briese zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich musste mich melden, weil ich diese ewige Lobhudelei und dieses falsche Pathos einfach unerträglich finde.

Herr Althusmann, Sie behaupten immer so gerne, Konservative sind seriöse Finanzpolitiker, während die Linken das Geld mit vollen Händen ausgeben.

Erinnern Sie sich, unter welchem Bundesfinanzminister die meisten Schulden gemacht wurden? -

Der Bund ist wohl doch etwas wichtiger als die Länder.

(David McAllister [CDU]: Nein, wir sind gleichberechtigt!)

Der Bund hat fast 1 Billion Euro Schulden, das Land hat 50 Milliarden Euro Schulden; daran erkennen Sie schon die Relation. - Wissen Sie, welcher Finanzminister das war? Es war ein konservativer Bundesfinanzminister, der fast 500 Milliarden Euro Schulden angehäuft hat, nämlich Theo Waigel.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die erste Legende, mit der man aufräumen musste, ist also die, dass Konservative das Geld zusammenhalten und dass Linke es ausgeben. Es war Herr Waigel, der den Bund so richtig in die Schulden getrieben hat. Angefangen hat das allerdings schon in den 70er-Jahren, und mit dabei war immer die Steuer- und Finanzpartei FDP.

Zweitens. Sie haben die Agenda 2010 angesprochen. An der Agenda 2010 war wirklich nicht alles gut und richtig. Aber einiges war auch vernünftig. Wissen Sie, warum die Wirtschaftspolitiker der CDU mittlerweile so nervös werden? - Weil Sie nichts, aber auch gar nichts von dem einhalten, was Sie auf Ihrem Leipziger Parteitag beschlossen haben, nämlich eine vernünftige Wirtschafts- und Finanzpolitik.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie erhöhen die Steuern massiv - davon profitiert das Land -, Sie erhöhen die Abgaben massiv, und Sie bauen Subventionen ab. Sie haben für die Bürger alles teurer gemacht. Das finde ich bigott. Denn gleichzeitig verkündet Herr Wulff in den Talkshows der Bundesrepublik: „Die Leute brauchen endlich mehr netto vom Brutto.“ Was schreibt die FAZ, eine konservative Zeitung? „Die Abgabenlüge der Großen Koalition“. Ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik ist einfach bigott.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Sohn von der Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Haushalt, den die Landesregierung heute einbringt, ist ein Haushalt zur Zementierung der sozia

len Ungleichheit, der Armut und der Bildungsselektion in Niedersachsen.

(Beifall bei der LINKEN)

Er ist gleichzeitig ein Haushalt der Mutlosigkeit gegenüber oder der Kumpanei mit den Reichen im Lande, ein Haushalt des Ausverkaufs von Tafelsilber und der Haushaltstrickserei.

Dieser Haushalt hat drei Hauptwebfehler. Erstens. Er forciert das weitere Aushungern des Staates. Zweitens. Ihm liegt ein unpolitischer, kleinkrämerischer Schuldenbegriff zugrunde. Drittens. Er operiert mit Tricksereien, um als gedachter erster Teil des faktischen Doppelhaushaltes 2009/2010 an dem ideologischen Ziel des Verzichts auf neue Kredite festzuhalten, egal, was es die Menschen dieses Landes kostet.

Zu den einzelnen Webfehlern. Unsere Fraktion wird parallel zu den Beratungen in den Ausschüssen über Einzelheiten des Haushaltes im Oktober einen Entschließungsantrag mit dem Titel „Bundesratsinitiativen zur Absicherung des Konsolidierungskurses“ einbringen - um Ihnen, Herr Möllring, zu helfen!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dieser Haushalt reiht sich ein in andere Landeshaushalte, die alle eine Politik der Staatsauszehrung betreiben. Das gilt im Übrigen auch für den Bundeshaushalt. Diese Politik der Staatsauszehrung ist das Resultat der ganz großen Koalition, die dieses Land faktisch schon länger als erst seit 2005 regiert. Diese Politik der Staatsaushungerung hat Deutschland und Niedersachsen unsozialer, ärmer und kälter gemacht.

Wir hatten - Sie alle wissen das - 1999 bundesweit eine Staatsquote von 48,1 %. Wir haben jetzt noch eine Staatsquote von 43,5 %. Niedersachsen bewegt sich dabei vollkommen im Tross der Bundesrepublik Deutschland, die sich in der Frage der Staatsquote insgesamt vom Niveau Kontinentaleuropas und Skandinaviens wegbewegt und zum Niveau von Schwellenländern wie der Türkei oder Litauen hinbewegt. Durch die Steueränderungen vor allem ab dem Jahr 2000 sind dem Bund, den Ländern und den Gemeinden Jahr für Jahr Steuern in zweistelliger Milliardenhöhe entzogen worden.

(Der Redner zeigt ein Schaubild)

Die Grafik, die ich Ihnen hier zeige, hat anders als andere Grafiken leider keine Ausschläge nach oben, sondern ausschließlich Ausschläge nach unten. Sie zeigt die Steuermindereinnahmen durch

die seit dem Jahr 2000 zugunsten der Unternehmen und Vermögenden des Landes geänderten Steuergesetze, die CDU, SPD, FDP und auch Grüne gemeinsam auf Bundesebene zu verantworten haben. In den letzten sechs Jahren summieren sich diese Steuermindereinnahmen, unter denen auch Niedersachsen leidet, auf fast 300 Milliarden Euro. Die Staatskassen sind leer, ja, das stimmt - weil Sie sie geplündert haben!

(Beifall bei der LINKEN)

Aus aktuellem Anlass möchte ich dabei einen Zusammenhang herstellen. An der Überschrift der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung von heute „Schwarzer Montag in USA weckt weltweit Ängste“ sind Sie, Herr Möllring, und Ihre Vorgänger sowie Herr Steinbrück und seine Vorgänger natürlich mitschuldig. Denn diese 300 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen beruhen ja nicht etwa auf der Entlastung von Masseneinkommen; die haben Sie auf der anderen Seite eher verstärkt belastet. Ich erinnere nur an diese großartige MerkelMüntefering-Mathematik, nach der das arithmetische Mittel zwischen 2 und 0 nämlich 3 % Mehrwertsteuererhöhung sind. Nein, Sie haben diese Mittel im Wesentlichen den Vermögenden und Unternehmen zur Verfügung gegeben, die damit die Blasen gefüllt haben, die jetzt spektakulär und stinkend platzen. Jemand, der bei denen, die Vermögen haben, das Geld nicht abschöpft und wieder dem volkswirtschaftlichen Kreislauf durch das Stärken von Massenkaufkraft zuführt - das ist nämlich der Sinn staatlicher Steuerumverteilungspolitik -, der ist mitschuldig an dem Platzen dieser Spekulationsblasen. Das sind Sie; das kann ich Ihnen nicht ersparen.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Kern der Vorschläge des erwähnten Antrags, den wir einbringen werden, werden daher drei Punkte darstellen. Wir werden vorschlagen, dass Sie als Landesregierung eine Initiative in den Bundesrat einbringen, die erstens die Wiedereinführung der Vermögensteuer, zweitens eine ordentliche Großerbensteuer und drittens eine Initiative zur Verstärkung der Steuergerechtigkeit beinhaltet. Schön wäre es, Herr Wulff, wenn man im Bundesrat dann vielleicht auch Initiativen machen könnte, um diesen unsinnigen Krieg in Afghanistan zu beenden, der Niedersachsens Steuerzahler inzwischen 250 Millionen Euro gekostet hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit diesen Vorschlägen sind wir in guter Gesellschaft. Es gab kürzlich ein kluges Papier mit dem Titel „Reichtum nutzen, Armut bekämpfen, Mittelschicht stärken“. Dieses Papier haben u. a. die Bundestagsabgeordnete Herta Däubler-Gmelin, der Leiter des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt in Siegen, Günter Hensch, und Margret Mönig-Raane vom ver.di-Bundesvorstand unterschrieben. Ich zitiere aus dem Papier. Sie fordern dort, dass wir „durch gerechte Steuern“ in diesem Lande wieder vorwärtskommen müssen, u. a. durch

„Wiedereinführung der Vermögenssteuer, weil bereits ein Vermögenssteuersatz von 1 % zu Mehreinnahmen von 16 Milliarden Euro führen würde (bei einem Freibetrag von 500 000 Euro), die für Investitionen für Bildung und Kinderbetreuung verwendet werden.“

Sie fordern eine

„Ausgestaltung der Erbschaftssteuer mit dem Ziel eines Aufkommens von wenigstens 10 Mrd. Euro, bei hohen Freibeträgen für Ehegatten und Kinder.“