Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Menschen Tafeln und Suppenküchen besuchen und in Anspruch nehmen, frage ich die Landesregierung, wie sie diese Tatsache bewertet und mit welchen Maßnahmen sie dagegen etwas tun will.
Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Ross-Luttmann. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Landesamt für Statistik gibt jährlich einen Armuts- und Reichtumsbericht heraus.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Seit wann denn das? Sie haben abgelehnt, dass das passiert! - Weiterer Zuruf von der SPD: Seit fünf Jahren lehnen Sie das ab!)
Aus diesem Bericht geht hervor, dass die Armut zum zweiten Mal in Folge zurückgegangen ist. Der jetzige Bericht des Landesamtes stellt auch fest, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht mehr so stark auseinanderklafft und dass eine deutliche Verbesserung eingetreten ist.
Der erste, ganz entscheidende Faktor ist natürlich, dass die Arbeitslosigkeit Gott sei Dank sehr stark zurückgegangen ist, dass wir in Niedersachsen stabile Verhältnisse wie schon lange nicht mehr haben. Das ist ein ganz großer Erfolg auch der Bemühungen des Wirtschaftsministers um mehr Ausbildungsplätze und des FIFA-Programms, das Frauen wieder in Arbeit gebracht hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind gerade dabei, eine handlungsorientierte Sozialberichterstattung gemeinsam mit den Kommunen und den Verbänden auf die Beine zu stellen, um uns genauer anzusehen, aus welchem Grund es Kindern, die in gleichen sozialen Verhältnissen aufwachsen, in einigen Regionen besser geht als in anderen und welche Maßnahmen dazu beigetragen haben.
Die Tafeln sind von ganz starkem ehrenamtlichem Engagement geprägt. Sie sind für Menschen, die ein geringes Einkommen haben oder auf Transferleistungen angewiesen sind, natürlich eine wertvolle Hilfe und Unterstützung. Sie tragen dazu bei, das Ehrenamt in Niedersachsen noch weiter nach vorne zu bringen.
Frau Präsidentin! Meine Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung nach der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft, also der Kaltmiete und der Nebenkosten. Die Wohngeldgrenzen sind ja jetzt deutlich erhöht worden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können noch einmal 10 % draufgelegt werden. Als Beispiel führe ich einen Einpersonenhaushalt in der Landeshauptstadt Hannover an: 385 Euro Kaltmiete und Nebenkosten im Monat plus 10 % sind 423 Euro.
Herr Dr. Matthiesen, ich muss Sie trotzdem unterbrechen. Fragen dürfen - das habe ich eingangs gesagt - nicht abgelesen werden.
Das ist die Wohngeldtabelle. Da bitte ich um Verständnis. - Bei einem Vierpersonenhaushalt in Hannover, Mietenstufe V, werden insgesamt
715 Euro gezahlt. Ich frage die Landesregierung: Hält sie diese neuen Beträge für angemessen oder nicht?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich ja. Die Anhebung des Wohngeldes war seit Langem überfällig. Jetzt ist erstmalig eine Heizkostenkomponente im Wohngeld enthalten. Auch das war überfällig. Durch die Anhebung des Wohngeldes wird von ihm jetzt auch ein größerer Personenkreis profitieren. Der Bund geht davon aus, dass vor der Anhebung etwa 600 000 Haushalte und nach der Anhebung 800 000 Haushalte betroffen sind. Von daher ist das ein Erfolg. Die Mehrkosten bei Bund und Ländern betragen, wenn das Wohngeld ab 1. Januar erhöht wird, 520 Millionen Euro. Das Vorziehen der Wohngeldnovelle bedeutet noch einmal Nebenkosten in Höhe von 120 Millionen Euro. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, ein positives Signal dafür, dass Menschen mit geringem Einkommen über das Wohngeld in die Lage versetzt werden, Unterkunft und Heizung zu bezahlen.
Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Kollegin Helmhold, bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Damit wir nicht durcheinanderkommen: Ich möchte gleich zwei Fragen stellen.
Meine erste Frage: Frau Ministerin, vor dem Hintergrund meiner - sagen wir einmal - Verwirrung darüber, dass Sie hier eben behauptet haben, das Statistische Landesamt würde jährlich einen Armuts- und Reichtumsbericht herausgeben - es ist mir neu, dass es einen umfassenden Bericht gibt; denn Sie haben in der Vergangenheit eigentlich immer abgelehnt, dass ein Armuts- und Reichtumsbericht gemacht wird - , frage ich die Landesregierung, ob sie mindestens den Fraktionen jeweils ein Exemplar der Armuts- und Reichtumsbe
Meine zweite Frage: Vor dem Hintergrund der Ausführungen der Ministerin, dass auch sie die Regelsätze für Kinder für äußerst unzureichend hält, frage ich die Landesregierung, ob ihr bekannt ist, dass sie zumindest die Regelsätze für Personen, die im SGB-XII-Bezug sind, selbst festlegen kann, und ob sie beabsichtigt, zumindest für diesen Personenkreis als Vorreiter sozusagen eine eigene Kommission einzusetzen und die Regelsätze hier in Niedersachsen so zu gestalten, dass man davon leben kann.
Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Frau Ministerin Ross-Luttmann. Frau Kollegin Helmhold, die zweite Frage haben Sie dermaßen ausgeweitet, dass es zwei Fragen waren. Damit ist Ihr Kontingent insgesamt erschöpft. Aber jetzt hat Frau Ministerin das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur letzten Frage, die den speziellen Bedarf von Kindern betraf. Es ist uns natürlich ein Anliegen. Aber ich habe ausgeführt, dass das Bundessache ist.
Die Regelsätze können meines Erachtens nur bundeseinheitlich festgelegt werden. Hier ziehen alle Bundesländer, egal unter welcher Regierung, an einem Strang.
Zu Ihrer ersten Frage. Was das Landesamt für Statistik macht, ist ein Niedersachsen-Monitor, überschrieben mit „Niedersächsischer Armuts- und Reichtumsbericht 2008“. Ich habe also die Überschrift aufgegriffen. Selbstverständlich geht dieser Bericht auf die Frage arm und reich ein.
Ich frage die Landesregierung, welche Maßnahmen getroffen worden sind, um sicherzustellen, dass die Gruppe der Obdachlosen z. B. im Winter ärztliche Versorgung in Anspruch nehmen kann, bzw. was die Landesregierung tun will, um diesen Menschen, wenn sie schamhaft nicht den Weg zu den entsprechenden Stellen finden, zumindest ärztliche Versorgung zu gewähren.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in meiner Antwort sehr umfangreich dargestellt, dass die Landesregierung bzw. der Landtag, der den Haushalt jeweils beschließt, viel Geld für Menschen, die nicht sesshaft sind, ausgibt, und zwar für ein flächendeckendes, niedersachsenweit sehr breit angelegtes Beratungsangebot. Dieses Beratungsangebot, sehr geehrte Frau Wegner, muss von den Nichtsesshaften natürlich auch angenommen werden. Wenn dieses Angebot angenommen wird, dann kann unverzüglich Krankenhilfe geleistet werden. Aber erst einmal ist jeder betreffende Mensch eigenverantwortlich. Aufgabe der Politik ist es, diese Angebote zu geben, und Aufgabe der Menschen ist es, eigenverantwortlich darüber zu entscheiden, sie auch anzunehmen.
Weitere Giftfunde an Weser und Jade - Regiert das Prinzip Zufall die Landesregierung? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/643
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wieder einmal ist nach dem Bekanntwerden von neuen Belastungen von Futtermitteln durch Dioxine und dioxinähnliche PCB-Stoffe im Deichvorland von Weser und Jade hektische Aktivität in Umwelt- und Landwirtschaftsministerium ausgebrochen. Das Landwirtschaftsministerium erklärte die vom II. Oldenburgischen Deichband veranlassten Messungen kurzerhand für „nicht amtlich“ und daher nicht glaubwürdig, schickte jedoch einen Tag nach Bekanntwerden der Belastung Mitarbeiter des LAVES an die Küste, um eigene Proben zu ziehen. Das Umweltministerium versuchte mit der Nachricht, dass die Überprüfung von Schwebstoffen im Wasser der Ems keine Grenzwertüberschreitungen bei Dioxinen/Furanen und dioxinähnlichen PCB-Stoffen ergeben hätte, die Bürgerinnen und Bürger zu beruhigen. An Jade und Weser wurde bereits Entwarnung gegeben, obwohl dort noch keine Beprobung von Schlachttieren vorgenommen worden ist.
Die bisher vorliegenden Ergebnisse von Untersuchungen, die von staatlichen Stellen, von Kommunen und dem Deichband veranlasst worden sind, lassen allerdings noch immer nicht das gesamte Ausmaß der Schadstoffbelastung in ganz Niedersachsen erkennen. Die Quellen der Schadstoffe und ihre Transportwege sind weiter unklar. Der mögliche Eintrag der Schadstoffe über den Luftpfad wurde offensichtlich bisher überhaupt noch nicht untersucht. Die Aussage des Umweltministeriums, man werde die Ursachenforschung fortsetzen, lässt offen, nach welchem Konzept das Ministerium weiter vorgehen wird. Es drängt sich der Eindruck auf, dass nicht planvoll, sondern immer dann, wenn wieder neue Schadstofffunde öffentlich werden, gehandelt wird.
Das Landwirtschaftsministerium hat bis heute nicht dargelegt, in welchem Umfang tierische Lebensmittel in Niedersachsen mit diesen hochgiftigen Schadstoffen belastet sind und welche Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher getroffen werden müssen. Das bisher ausgesprochene Verbot der Vermarktung von Schafsleber in den betroffenen Regionen des Landes kann nur eine vorübergehende Sofortmaßnahme sein. Obwohl auch bei Rindern Schadstoffbelastungen festgestellt worden sind, sind hier keine Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher getroffen worden. Einzelergebnisse von Beprobungen an der Ems sollen nach Aussagen des Landwirtschaftsministeriums
nicht mehr veröffentlicht werden. Bis heute hat das Ministerium nicht erklärt, ob und wie durch ein landesweites Beprobungsprogramm von Schlachttieren der Umfang der Belastung festgestellt werden soll. Allein Verlautbarungen aus dem Ministerium, Milch sei nicht belastet, können die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht beruhigen, wenn die Ursachen nicht erforscht und abgestellt werden. Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf, alle Einzelergebnisse und ihre Bewertungen zu erfahren. Nur durch Transparenz kann verlorengegangenes Vertrauen der Menschen wiedergewonnen werden.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaftsministerium, LAVES und den zuständigen Stellen bei den Landkreisen, wie etwa den Veterinär- und Lebensmittelbehörden der Kommunen, ist als Folge unklarer Zuständigkeitsregelungen seit der Verwaltungsreform von 2004 offensichtlich unzureichend organisiert, um das Schadstoffproblem wirksam zu bewältigen. So versucht die Landesregierung, auch die Folgen der unzureichenden Organisation der Zusammenarbeit bei der Bearbeitung der Gammelfleischskandale in der jüngsten Vergangenheit, also Organisationsmängel, durch einen Erlass vom 21. Oktober 2008 abzustellen.
1. Aus welchen Gründen hat die Landesregierung bisher kein systematisches Untersuchungsprogramm aufgelegt, das geeignet ist, landesweit das Ausmaß der Belastungen von Böden, tierischen Produkten und Futterpflanzen und die Ursachen der Schadstoffbelastung festzustellen?