Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Die Beschlussempfehlung lautet auf Annahme in geänderter Fassung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Herr Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bringt den Antrag ein.

(Unruhe)

- Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. - Danke schön. Bitte schön, Herr Briese!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Jetzt ganz hohe Kiste!)

Ja, es ist schon spät, Herr Präsident. Nach einem so langen Debattentag nimmt die Aufmerksamkeit ab. Ich kann das ein Stück weit nachvollziehen. Aber wir kommen am späten Abend zu einem wichtigen Thema.

Wir haben versucht, mit unserem Antrag eine Diskussion um den Datenschutz in der Bundesrepublik Deutschland hervorzurufen. In den letzten sechs Monaten gab es fundamentale Datenskandale in der Bundesrepublik. Entsprechende Meldungen sind in den letzten sechs Monaten durch alle Zeitungen gegangen. Es gab die TelekomSkandale. Am letzten Freitag stand in einem großen Artikel der Wirtschaftswoche, dass sich Kontodaten von fast 21 Millionen Bürgern im freien Umlauf befinden und auf den Märkten gehandelt werden. Der Skandal hat mittlerweile monströse Ausmaße angenommen. Deswegen ist es gut und richtig und dringend erforderlich, dass das Datenschutzgesetz sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene in verschiedenen Bereichen nachgebessert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Große Koalition hat zwar einen Datenschutzgipfel veranstaltet, auf dem man sich auf vernünftige Punkte geeinigt hat. Aber dann ist lange Zeit wieder nichts passiert. Das war sehr bedauerlich und schlecht. Man hat sich zwar auf bestimmte Punkte verständigt, aber das Gesetzgebungsverfahren ist wieder nicht in Gang gekommen. Nach

dem weiteren Skandal, den die Wirtschaftswoche aufgedeckt hat, scheint etwas zu passieren; denn man hat sich auf gewisse Maßnahmen verständigt.

In Niedersachsen - das habe ich in meiner innenpolitischen Rede heute versucht deutlich zu machen - ist der Datenschutz trotzdem politisches Stiefkind. Herr Schünemann hat mit einem wirksamen Datenschutz nicht wahnsinnig viel am Hut. Er ist immer wieder einmal Attacken gegen den Datenschutzbeauftragten geritten. Er hat ihm reingeredet und gesagt, er solle sich lieber ein bisschen stärker um den privaten und nicht so stark um den öffentlichen Bereich kümmern. Das ist das Problem. Herr Schünemann, Sie sind ja auch ein eifriger Datensammler. Deswegen muss sich der Datenschutzbeauftragte leider auch sehr stark um den öffentlichen Bereich kümmern.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das ist ja auch seine originäre Aufgabe. Er muss der Landesregierung sehr genau auf die Finger schauen. Denn sie hat den einen oder anderen scharfen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, zu dem der Datenschutzbeauftragte sehr vernünftige und kritische Stellungnahmen abgegeben hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle wissen: Das beste Gesetz nützt nichts, wenn es nicht erfolgreich vollzogen wird. Deswegen können wir eigentlich nicht stehen bleiben, wenn das Bundesdatenschutzgesetz jetzt geändert wird. Hier im Parlament herrscht ja Konsens, dass die Menschen zukünftig der Weitergabe ihrer Daten zustimmen müssen. Daten können zukünftig nicht mehr einfach weitergegeben werden. In Zukunft müssen die Menschen nicht mehr widersprechen, wenn die Daten nicht weitergegeben werden sollen, sondern die Zustimmung zum weiteren Datenhandel muss eingeholt werden. Das ist eine sehr vernünftige Maßnahme.

Die Einhaltung der Datenschutzgesetze muss aber auch kontrolliert werden. Das liegt in Niedersachsen weiter im Argen; darüber haben wir im Rahmen der Haushaltsdebatte heute bereits diskutiert. Das beste Gesetz nützt - wie gesagt - nichts, wenn es nicht wirksam vollzogen und der Vollzug nicht kontrolliert wird. Sie verhindern einen wirksamen Datenschutz in Niedersachsen, weil der Datenschutzbeauftragte nicht gut genug ausgestattet ist. Das ist das große Manko. Daran merkt man, dass Ihnen in diesem Bereich das kriminalistische Gespür ein bisschen fehlt. Wir wissen ganz genau:

Kriminalität verhindert man nicht nur mit scharfen Gesetzen, sondern man muss auch wirksame Kontrollen auf den Weg bringen. Das machen Sie aber nicht; denn Sie statten den Datenschutzbeauftragten nicht angemessen aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist ungefähr so, als wenn man scharfe Gesetze gegen Kriminalität hat, aber keine Polizei auf die Straße schickt.

(Glocke des Präsidenten)

Sie haben ja immer gesagt, dass Sie die Polizeidichte erhöhen wollen. Ich sage Ihnen: Wir wollen die Datenschutzkontrolldichte in den Unternehmen deutlich erhöhen. - Aber das wollen Sie natürlich nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Briese, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Sehr schade. - Letzte Bemerkung: Auch die Verbraucherschutzzentralen müsste man dringend stärken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit dem heute in Rede stehenden Antrag ein wichtiges Thema auf die Tagesordnung gesetzt, welches offensichtlich auch bei den beiden Koalitionsfraktionen von CDU und FDP auf offene Ohren gestoßen ist.

Ihr Änderungsantrag zielt grundsätzlich in die richtige Richtung. Er nimmt einige Punkte des Ursprungsantrags der Fraktion der Grünen auf, bleibt aber in seiner Grundform viel zu unverbindlich. In dem Antrag wird die Landesregierung gebeten, zu prüfen und aktiv mitzuarbeiten. Das ist uns zu wenig. Höflichkeits- und Möglichkeitsformen führen uns nicht weiter. Damit haben wir meistens nicht die allerbesten Erfahrungen gemacht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das führt uns doch von einem Skandal zum nächsten. Spitzenreiter dürfte die Telekom sein. Aber

wer weiß das schon? - Das führt zu extremen Belästigungen durch Gewinnspielaktionen, penetrante Briefkastenaktionen zu allen möglichen Themen. Das führt zum Handel mit Daten von Menschen, die damit nicht einverstanden sind.

Zu dem Antrag: Es fehlen zwei zentrale Punkte aus dem Ursprungsantrag der Fraktion der Grünen, die in konkreter Landesverantwortung sind, aber komplett herausgenommen wurden. Das ist zum einen die Forderung nach einer personellen Verstärkung des Datenschutzbeauftragten, zum anderen ist es die Forderung nach der Stärkung der Verbraucherschutzzentralen. Beide Forderungen sind für uns landespolitisch aber so relevant, dass wir der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht zustimmen können, also ablehnen werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Leuschner von der SPD-Fraktion, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Zimmermann, es gibt keine Verbraucherschutzzentralen, es gibt nur eine Verbraucherzentrale Niedersachsen. Das ist im Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen falsch dargestellt worden.

Meine Damen und Herren, wir haben dieses Thema im Oktober-Plenum ja schon im Rahmen einer Aktuellen Stunde beraten. Die Fraktion der Grünen hatte zu diesem Zeitpunkt ihren Antrag schon eingebracht. Wir haben ursprünglich versucht, ihn im Fachausschuss sehr schnell abschließend zu beraten. Von den Koalitionsfraktionen kam dann die Aussage, es müsse noch ein bisschen nachgebessert werden. Darauf haben wir uns eingelassen. Das war ein Fehler, meine Damen und Herren, weil wir in der Sache nicht weitergekommen sind. Bei der Beratung in der Aktuellen Stunde habe ich bereits gesagt, dass wir in Niedersachsen handeln müssen, dass der Datenschutz ein ausgesprochen wichtiges Thema ist und dass er in Niedersachsen personell und finanziell besser ausgestattet werden muss.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Der Datenschutzbeauftragte hat bei der Anhörung im Ausschuss sehr sensibel zum Ausdruck gebracht, dass er mehr Personal benötigt. Im Gegensatz zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollen

wir nicht, dass diese bessere personelle Ausstattung zulasten des Verfassungsschutzes geht; das ist völlig klar. Ich meine, dass wir die Kolleginnen und Kollegen in der Abteilung 6 des MI, die gute Arbeit leisten, nicht schwächen dürfen.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir meinen, dass im Bereich des Datenschutzes und der Datensicherheit auf Landesebene eine ganze Menge getan werden muss. In der Presse ist berichtet worden, dass mit Kontodaten von 21 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern gehandelt wird. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat versucht, herauszufinden, wie schnell man an illegale Daten herankommen kann. Dabei hat er haarsträubende Erkenntnisse gewonnen. Man kommt nämlich innerhalb von sechs Stunden an Daten von 4 Millionen Bürgerinnen und Bürgern heran. Ich meine, davor müssen wir einen bundesweiten Riegel schieben. Ich freue mich darüber, dass es auf Bundesebene nach dem Datenschutzgipfel eine größere Bewegung gibt, sodass man wahrscheinlich noch in dieser Legislaturperiode ein vernünftiges Gesetz verabschieden kann.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist gut. Warum haben Sie ihm nicht zugestimmt? Warum bringen Sie einen eigenen Antrag ein, in dem die Landesregierung mehr gebeten wird und Prüfaufträge zu erteilen? - Ich habe nichts gegen Höflichkeit, aber manchmal muss man auch handeln und etwas in konkrete Handlungen umsetzen.

Wir werden dem Antrag der Koalitionsfraktionen und der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht zustimmen, sondern dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Frau Jahns von der CDU-Fraktion hat das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen! Wir haben natürlich aus gutem Grund einen Änderungsantrag vorgelegt.

(Sigrid Leuschner [SPD]: Wir sind nicht die Koalitionsfraktionen! Ich glaube, das sind Sie!)

- Oppositionsfraktionen. Habe ich „Koalitionsfraktionen“ gesagt?