Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

kumentationen illegaler Praktiken der Gänsejagd verschickt. Darin heißt es u. a.:

„Wie Sie sicherlich bemerkt haben, ist die Einführung der neuen Jagdzeiten nicht kritiklos erfolgt. Bereits jetzt liegen schon Videoaufnahmen vor, die Verfehlungen von Jägern dokumentieren. … Es ist davon auszugehen, dass die Kritiker auch in Niedersachsen nach Belegen dafür suchen, dass ihre Kritik berechtigt ist. … Ich bitte Sie herzlich darum, allen Jägern noch einmal in Erinnerung zu rufen, dass man fliegende Gänse nur dann mit Schrot beschießt, wenn man ihre Augen sehen kann. Kritiker vermuten weiterhin, dass verletzte Gänse sich länger quälen würden, weil nicht gut genug nachgesucht würde. … Fotos von Gänsejägern ohne Hund wären in diesem Jahr für die öffentliche Wahrnehmung nicht hilfreich.“

Er weist dann noch darauf hin, dass die vom Aussterben bedrohte und geschützte Zwerggans in diesen Schwärmen mitfliegt und mit getroffen wird, und schreibt:

„Vielleicht wäre es hilfreich, die Unterscheidungsmerkmale insbesondere Gastjägern vor Augen zu führen, damit wir nicht in Rechtfertigungsnot geraten.“

(Zuruf von der CDU: Der kümmert sich!)

Offensichtlich zweifeln selbst viele Jäger und Jagdverbände an der Möglichkeit einer rechtmäßigen, tierschutzgerechten Gänsejagd.

Der Naturschutzbund Niedersachsen und andere Umweltverbände haben nun zur Beobachtung und Dokumentation der Gänsejagd und möglicher illegaler Praktiken aufgerufen. Als besonders grausam gilt das Feuern in Schwärme auf große Entfernung, bei dem es zu vielen verwundeten Vögeln kommt. Dabei werden auch immer wieder besonders geschützte Arten illegal abgeschossen.

Die Warnung der Jägerschaft Aurich vor den von ihnen als „Spione“ und später als „Stasi“ bezeichneten und legal tätigen Gänseschützern könnte eine Bedrohung darstellen, wenn man die in der taz vom 26. November 2008 geschilderten Vorkommnisse berücksichtigt - ich zitiere aus der taz -: Manfred Knake, Gänsefreund vom Umweltverein

Wattenrat, der auf der Liste steht, sagt, er könne „darüber gar nicht lachen. Ich bin schon von Jägern beschossen worden.“ Eilert Voß, amtlicher Vogelzähler und ebenfalls auf der Liste, berichtet, dass die Jäger ihn mit Steinen traktiert hätten. Eberhard und Barbara Giese aus Norden wissen nicht, wie sie auf die Liste gekommen sind. Das sei „eine Bedrohung“ sagen sie. Irritiert ist auch Ehler Cuno aus Leer, als er von seiner Nennung auf der Liste erfährt: „Wenn man sich für die Natur engagiert, scheint das wohl gefährlich zu sein.“

In der Emder Zeitung vom 1. Dezember 2008 verteidigt der Vorsitzende der Jägerschaft Aurich, Claas Janssen, weiterhin den Stasivergleich, während ein anonym bleiben wollender Jungjäger in der gleichen Zeitung damit zitiert wird, dass es „etliche ‚schwarze Schafe’“ bei den Jägern gebe. „Die besonnenen Kollegen verzichten im Zweifelsfall zwar lieber auf den Sonntagsbraten. Aber es kommt doch häufig zu Fehlschüssen.“

Erste Meldungen von Vogelschützern wie etwa die Pressemeldung des Komitees gegen den Vogelmord vom 3. November 2008 weisen auch für Niedersachsen auf zahllose Verstöße gegen das Jagd- und Tierschutzrecht hin. Vorfälle dieser Art schaden dem Ansehen der Jägerschaft.

Laut dem Präsidenten der Landesjägerschaft, Herrn Helmut Dammann-Tamke, findet der Verband in diesem Jahr auch keinen Nichtjäger, der mit dem „Goldenen Rebhuhn“ ausgezeichnet werden könne - taz vom 26. November 2008. Diese Plakette wird an Nichtjäger verliehen, die sich für die Jagd starkmachen.

Daher fragen wir die Landesregierung:

1. Wie bewertet die Landesregierung die Bedrohung von Gänsefreunden insbesondere durch die „Schwarze Liste“ und Formulierungen wie „Spione“ und „Stasi“ der Jägerschaft Aurich und die offensichtliche Angst der Jägerinnen und Jäger vor der Dokumentation von Rechtsverstößen?

2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über Anzeigen, Rechtsverstöße und eine nicht waidgerechte Ausübung der Gänsejagd - auch über illegale Abschüsse vor Inkrafttreten der Neuregelung?

3. Durch welche Maßnahmen will die Landesregierung die rechtmäßige Ausübung der Gänsejagd in Niedersachsen überwachen, und befürwortet sie dazu auch sachdienliche Hinweise von Naturschutzverbänden und Vogelschützern?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Ehlen beantwortet jetzt die Fragen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich die Fragen beantworte, möchte ich einige Vorbemerkungen machen. Die Jagd- und Schonzeiten sind durch die Novelle der Verordnung zur Durchführung des Niedersächsischen Jagdgesetzes angepasst worden. Hiervon betroffen sind u. a. Grau-, Kanada-, Bläss- und Saatgans. Ringel- und Nonnengans unterliegen weiterhin einer ganzjährigen Schonung. Grau- und Kanadagans besaßen auch nach der alten Verordnung über die Jagd- und Schonzeiten eine Jagdzeit. Bläss- und Saatgans hingegen sind künftig nur noch in bestimmten Gebieten Niedersachsens ganzjährig geschont.

Im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und in den der Europäischen Kommission gemeldeten Vogelschutzgebieten, für die eine oder mehrere dieser Arten wertgebend sind, ist die Bejagung der Arten Bläss- und Saatgans durch die Verordnung ausgeschlossen. Die Hauptrast- und Überwinterungsgebiete bleiben insoweit ohne Beeinträchtigung. Bei durch Vertragsnaturschutz gebundenen Flächen dürfen die Grundstückseigentümer bzw. die Nutzungsberechtigten keine Bejagungs- oder Vergrämungsmaßnahmen praktizieren.

Durch die Neufassung der Jagdzeiten ist die Diskussion über die Wildgansjagd neu geweckt worden. Seither wird - initiiert durch einige wenige Verbände - über die Internetplattform zu Aktionen gegen die Gänsejagd in Form von Unterschriftensammlungen sowie zu Filmaufnahmen und Anzeigen gegen Jäger aufgefordert.

Im Zuge einer Landtagseingabe des Arbeitskreises Feuchtwiesenschutz ist eine DVD mit Jagdszenen aus Mecklenburg-Vorpommern übersandt worden, die teilweise rechtswidrige Jagdausübung auf Gänse zeigt. Damit sich Ähnliches nicht auch in Niedersachsen ereignet, hat die Landesregierung über Dienstbesprechungen die Jagdbehörden aufgefordert, Verfehlungen nicht tierschutz- und waidgerechter Jagdausübung, sofern es derartige Fälle in Niedersachsen geben sollte, rechtlich zu ahnden. Die Jagd als Teil der landwirtschaftlichen Bodennutzung ist im Rahmen der Gesetze, insbe

sondere des Bundesjagdgesetzes, des Niedersächsischen Jagdgesetzes und des Tierschutzgesetzes, sowie der ergangenen Verordnungen und Erlasse auszuüben. Insbesondere aus Tierschutzgründen und nach den Grundsätzen deutscher Waidgerechtigkeit ist es verboten, in einen Schwarm von Gänsen oder aus zu weiter Entfernung zu schießen.

Parallel hierzu ist an die Mitglieder der Landesjägerschaft Niedersachsen durch ihren Präsidenten, den Landtagsabgeordneten Herrn DammannTamke, ein Appell zur ordentlichen, waidgerechten Ausübung der Jagd ergangen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die Landesregierung distanziert sich von Hetzkampagnen, gleich von welcher Gruppierung dazu aufgerufen wird. Sie tritt dafür ein, dass unterschiedliche Interessengruppen vielmehr den sachkonformen Dialog statt Konfrontation suchen sollten. Zuwiderhandlungen gegen die Maximen unseres demokratischen Rechtsstaates sind auf dem ordentlichen Rechtswege zu klären.

Zu 2: Es werden im Rahmen der Deregulierung und des Verwaltungsabbaus keine statistischen Erhebungen in Niedersachsen über Anzeigen und Rechtsverstöße im jagdlichen Bereich geführt. Ordnungswidrigkeiten wurden und werden durch die Jagdbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte geahndet. Straftaten werden gerichtlich entschieden.

Zu 3: Die Überwachung der Einhaltung jagdrechtlicher Regelungen obliegt den Jagdbehörden, welche durch die Kreisjägermeister und die sogenannten Jagdbeiräte beraten werden. Jagdliche Vergehen werden zum einen direkt durch Mitarbeiter der Jagdbehörde, den Kreisjägermeister, die Polizeidienststellen, andere Jäger oder Bürger zur Anzeige gebracht, zum anderen kommen auch Selbstanzeigen vor. Objektive Hinweise zur Aufklärung eines rechtswidrigen Sachverhaltes werden von Dritten - dieses können auch Umweltverbände sein - ebenfalls entgegengenommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die erste Zusatzfrage stellt der Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Herr Minister! Ich frage Sie vor dem Hintergrund der Tatsache, dass vor einigen Jahren das Abschießen von Singvögeln in Italien in ganz Europa für große Empörung gesorgt hat und es sich auch bei diesen Tieren um Zugvögel handelt, ob Sie es tatsächlich für angemessen halten, dass ausgerechnet in Niedersachsen die Jagd auf Zugvögel wieder eröffnet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Ehlen!

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Wenzel, der Zuwachs der Population gewisser Gänsearten hat zu erheblichen Schäden auch an den Kulturen in Niedersachsen und in anderen Bundesländern geführt,

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das haben auch die Italiener immer gesagt!)

sodass hier im Rahmen der Schadensvorsorge gehandelt werden musste.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Haben Sie im europäischen Rahmen abge- stimmt, dass Sie hier Rote-Listen-Ar- ten gefährden?)

- Sie können ja noch eine extra Frage stellen. Ich will dem Präsidenten aber nicht vorgreifen. - Es ist in der Tat so, dass wir durch die Veränderungen in Niedersachsen geltendes Bundesjagdrecht und auch geltende EU-Verordnungen nachgesteuert haben. Bei den Dingen, die im Niedersächsischen Jagdgesetz und letztendlich auch in den Verordnungen über die Jagdzeiten nachgeregelt wurden, haben wir hinsichtlich der Ebene Bund und Europa nachgezogen. Beim Bund und auf europäischer Ebene war dieses längst erlaubt. Deshalb haben wir nachgezogen, um es ganz klar zu sagen.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Kollegin Zimmermann von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Frage lautet: Wie hoch war die Zahl der Gänse, die in der letzten Jagdsaison abgeschossen worden sind, und wie viele Gänse oder andere Wasservögel, die zu den geschützten Arten zählen, sind dabei ums Leben gekommen?

Herr Minister Ehlen!

Herr Präsident! Frau Kollegin Zimmermann, für die letzte Jagdsaison liegen noch nicht alle Zahlen vor. Wir werden Ihnen die Zahlen zur Verfügung stellen, sobald sie vorliegen. Die Zahl der Fehlabschüsse ist sehr, sehr gering.

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der Präsident der Landesjägerschaft, Herr Dammann-Tamke, ausdrücklich abgelehnt hat, sich für die „Schwarze Liste“ der Kreisjägerschaft Aurich zu entschuldigen, frage ich die Landesregierung, ob sie die Forderung der Betroffenen nach einer Entschuldigung für diese für sie als Bedrohung empfundene „Schwarze Liste“ unterstützt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Ehlen!

Herr Präsident! Herr Kollege Limburg, ich habe vorhin dargestellt, dass die Verantwortung auf den verschiedenen Ebenen genau geregelt ist und dass somit das, was auf der Ebene der Kreisjägerschaft Aurich passiert, auf dieser Ebene im Landkreis oder in der Jägerschaft zu verantworten ist. Wenn ich recht informiert bin, hat sich der Auricher Jägerschaftsvorsitzende Claas Janssen entschuldigt. Da braucht sich nun nicht unbedingt der Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen zu

entschuldigen, sondern wenn das vor Ort geregelt worden ist, dann ist das richtig gelaufen.

(Beifall bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Kollegin Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.