(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE] - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Der Landkreis war auch da- bei!)
Ich möchte Sie an Folgendes erinnern: Der Arbeitskreis Endlager, der AkEnd - nicht nur besetzt mit Gegnern von Endlagern, sondern im Gegenteil sehr heterogen, also auch mit Befürwortern -, schlägt ein stufenweises Vergleichsverfahren vor. Im Übrigen hat 1992 - auch da möchte ich Sie aufklären - gerade die Atomindustrie ebenfalls vorgeschlagen, alternative Endlagerstandorte und
Im Übrigen sind im Schwarzbau Gorleben 1,8 Milliarden Euro verbaut worden. Davon sind 90 % Gelder der Gebührenzahler. Das vergessen Sie immer. Es ist nicht Frau Merkels Geld, sondern Geld der Gebührenzahler.
Allein die Zinseinnahmen aus den 38 Milliarden Euro Rückstellungen würden ausreichen, um alternative Standorte zu untersuchen. Und das können Sie sich ins Stammbuch schreiben!
Meine Damen und Herren, ich sehe keinen Wunsch auf Erwiderung. Dann rufe ich den nächsten Redner auf. Herrn Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, bitte!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bertholdes-Sandrock, was hier passiert, ist immer wieder eindrucksvoll. Sie fordern vollständige Transparenz. Dann möchten Sie die Asse ad acta legen, obwohl die Asse der Prototyp für Gorleben war. Das haben nicht wir uns ausgedacht, Frau Bertholdes-Sandrock, sondern das haben sich die Wissenschaftler ausgedacht, die für die Asse und Gorleben wissenschaftlich geforscht haben. Deswegen wird es Ihnen nicht gelingen, die Asse aus diesem Spiel herauszuhalten.
Wenn wir beim Thema vollständige Transparenz sind, will ich eine Bemerkung zum Vorgehen des Umweltministers machen, der heute die Presse über ein Ereignis in der Asse informiert hat, bei dem es zu einer Lösung in einer Atomkammer kommt und die Gefahr offensichtlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass es auch zu einem Sturz innerhalb der Atomkammer kommt. Der Minister bzw. sein Ministerium hat offensichtlich schon seit dem 5. Dezember davon gewusst, hielt es aber nicht für notwendig, den Landtag noch im Dezember darüber zu informieren, und wendet sich heute plötzlich an die Öffentlichkeit.
Zum Thema Akteneinsicht: Auch hier geht es um vollständige Transparenz. Die SPD-Fraktion und die Fraktion der Grünen haben Ende November einen Akteneinsichtsbeschluss im Umweltausschuss vorgelegt, der laut Artikel 24 der Verfassung unverzüglich und vollständig zu beantworten ist. Wir wollten alle diese Akten einmal auf den Tisch bekommen. Wir möchten ganz genau wissen, was damals in all diesen Gremien und Kommissionen tatsächlich diskutiert worden ist. Wir wollen die Legendenbildung, die von Ihnen immer wieder betrieben wird, endlich einmal erhellen.
Da frage ich mich: Warum braucht diese Regierung schon wieder zwei Monate, um diese Akten vorzulegen, obwohl in der Verfassung eindeutig geregelt ist, dass unverzüglich und vollständig vorzulegen ist?
Frau Bertholdes-Sandrock, auch Ihre Fraktion war vor einigen Wochen noch wesentlich weiter als Sie hier heute. Laut taz vom 1. November 2008 hat Herr Bäumer nach dem Endlagersymposium in Berlin gegenüber der Presse gesagt:
„Vielleicht braucht man wirklich zwei, drei oder vier Standorte... Aber … dann müssten die Gegner auch akzeptieren, dass Gorleben in den Vergleich mit einbezogen wird.“
Ich bin davon überzeugt, dass Gorleben völlig ungeeignet ist. Deswegen bin ich auch davon überzeugt, dass Gorleben keine Angst haben muss, sich diesem Vergleich zu stellen, und wir dieses Phantom dann endlich beerdigen können.
Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen, Frau Bertholdes-Sandrock. Der eigentliche Grund, warum das Projekt Gorleben so lange in der Schwebe gehalten wird, sind die steuerfreien Rückstellungen der Atomkonzerne. Das ist eine Lizenz zum Gelddrucken. Aber dieses Geld wird nicht verwendet, um in Gorleben irgendetwas zu machen.
Dort gibt es Investitionen in Höhe von bislang 1,5 Milliarden. Dann ist das mit gutem Grund gestoppt worden, weil es sich hier nach Bergrecht nämlich um einen Schwarzbau handelte und es nie ein Planfeststellungsverfahren oder irgendetwas anderes gegeben hat.
Sie haben immer das Licht der Öffentlichkeit gescheut, Herr Dürr. Derweil nehmen aber die Atomkonzerne diese steuerfreie Rückstellung permanent in Anspruch und sanieren damit ihre Bilanzen. Das ist nichts anderes als Stamokap. Sie betreiben hier Staatsmonopolkapitalismus.
Sie finanzieren vier große Stromkonzerne seit Jahren mit gigantischen öffentlichen Steuermitteln. Deshalb erhalten sich alle diesen Standort Gorleben und erwecken die Illusion, dass man hier irgendwann einmal Atommüll verbuddeln könnte, obwohl dieser Standort und dieses Salz völlig ungeeignet sind.
Dahinter stehen rein wirtschaftliche Interessen. Sie gehen den Herren immer wieder auf den Leim und spielen dieses Spiel mit, in dessen Hintergrund massive ökonomische Interessen stehen. An dieser Stelle erwarte ich endlich einmal Ehrlichkeit. Da erwarte ich, dass man die völlig ungerechtfertigte Subventionierung dieser vier monopolartig strukturierten Atomkonzerne endlich beendet
und hier zu Wettbewerb kommt und die kleinen und mittelständischen Unternehmen wirklich an den Markt lässt. Es ist notwendig, dass man diese Dinge endlich einmal beim Namen nennt, um die Legendenbildung, die auch heute wieder in unerträglicher Weise fortgesetzt wird, endlich zu beenden.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Niedersachsen verkommt zum Atomklo der Republik, und diese Landesregierung tut das, was sie meistens tut, nämlich nichts, und zwar reinweg gar nichts, meine Damen und Herren.
Die intensive Debatte anlässlich des Endlagersymposiums in Berlin über das Für und Wider der End- und Einlagerung von Atommüll insbesondere am Standort Gorleben war sehr aufschlussreich. Ich danke ausdrücklich dem Podium und dem Umweltministerium, die dieses Symposium organisiert und alles hoch wissenschaftlich dargestellt haben. Dort wurde z. B. auch historisch dargestellt, warum wir dieses Problem haben. Das hat, sehr verehrte Frau Kollegin, sehr wohl etwas mit der Asse zu tun. Man hat damals eine historische Aufarbeitung betrieben und gesagt: Wir nehmen am besten einen Salzstock, und zwar einen, der billig ist. - Das war Anfang der 60er-Jahre. Das Ding hat damals 600 000 DM gekostet. Das war die Asse. Man hat sich sofort auf Salz versteift. Es gab keine Transparenz. Es gab keine Bürgerbeteiligung. Es gab gar nichts.
Die Entscheidung für den Standort Gorleben war eine politische Entscheidung, quasi par ordre du mufti, und nichts anderes. Man hat nach einem grenznahen Standort gesucht, meistens herrscht Westwind, also DDR. Man hat außerdem nach einem Standort in einem Gebiet mit einer geringen Bevölkerungsdichte gesucht. Auch das ist dort gegeben. Ähnlich ist es bei der Asse. Jetzt aber haben wir das Problem - andererseits aber auch Gott sei Dank -, dass wir mitten in Deutschland sind. Die damalige Vorfestlegung auf Salz halte ich, halten wir grundsätzlich für falsch. Es gibt Laugenzutritte. Herr Wenzel hat außerdem einen möglichen Sturz in der Kammer 4 angesprochen. Wenn das, was sich löst, auf die Fässer fällt, könnten diese Fässer zerstoßen werden. Ich möchte jetzt einmal diesen GAU prognostizieren: Der Pfropfen, diese Mauer, könnte rausplatzen. Die Aerosole könnten in das Grubengebäude gedrückt und so in die Umwelt aufgetrieben werden. Das wäre der absolute GAU.
Ich muss mich dann doch sehr darüber wundern, wenn ich in einer dpa-Meldung von 12.36 Uhr lesen muss:
„Die Kammer stehe kurz vor dem Einsturz. Umweltminister Hans-Heinrich Sander …, der im Gegensatz zu seinem Ministerium bis Donnerstag nicht informiert war, kritisierte die Öffentlichkeitsarbeit des BfS scharf.“
Meiner Kenntnis nach wussten Mitarbeiter des Ministeriums schon am 4. Dezember - Herr Wenzel, Sie sprachen vom 5. Dezember - von diesen Ereignissen. Der Minister war nicht informiert. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wer im Glashaus sitzt, darf nicht mit Steinen schmeißen, meine Damen, meine Herren.
Nein. - Über viele Jahrzehnte hinweg wurde getuschelt, wurde verschwiegen und wurde ignoriert. Es wurden auch viele, viele Fehler begangen, und zwar von allen Seiten. Auch dies an dieser Stelle einmal. Die Landesregierung ist jetzt wieder auf dem besten Weg, dem Land durch Nichthandeln einen Bärendienst zu erweisen, und zwar nicht nur für heute, für morgen, für das nächste Jahr oder für die nächsten Jahrzehnte, sondern für die nächsten Jahrhunderte, wenn nicht gar für die nächsten Jahrtausende, meine Damen, meine Herren.
Wir brauchen einen neuen Dialog zwischen Politik, Öffentlichkeit, Wissenschaft und Wirtschaft, um die Diskussion über die Endlagerung wärmeentwickelnder Abfälle neu zu beleben. Das aber wird wohl erst - auch das war Ausfluss des Endlagersymposiums - nach der Bundestagswahl geschehen. Wir haben im Land eine hoch gefährliche Hinterlassenschaft aus der Stromproduktion aller AKW in der Bundesrepublik Deutschland. Das Gros - auch das sage ich hier ganz deutlich - kommt aus dem Süden Deutschlands und nicht aus dem Norden, meine Damen, meine Herren.
Lassen Sie uns das in Ruhe machen und darauf auch etwas Zeit verwenden. Wir haben noch mindestens bis zum Jahr 2035 Zeit; denn so lange sind die Aufbewahrungsgenehmigungen für die Castorbehälter in Gorleben noch dingbar. Die Endlagersuche muss in Deutschland neu aufgenommen werden. Gerade bei diesem Thema kann man nicht mit dem Kopf durch die Wand. Es gab Versäumnisse in der Vergangenheit. Die Akzeptanz in der Bevölkerung - das sagte schon der Kollege Herzog - sieht so aus: Gorleben ist verbrannt, die Asse ist es auch. - Dennoch sagen auch wir, dass das Moratorium aufrechterhalten bleiben muss, und die Endlagersuche muss deutschlandweit und nicht nur im Norden oder in der Mitte, sondern auch im Süden neu gestartet werden.
Gorleben wurde 1977 durchgedrückt, technisch und administrativ ohne Standortalternative. Auf die gesellschaftspolitische Dimension der Endlagerfrage und die Standortentscheidung wurde in keinster Weise Rücksicht genommen - natürlich ohne Beteiligung der Bevölkerung -, obwohl es auch an anderen Standorten, die zur Diskussion standen, massive Proteste gab. Auf die Bevölkerung wurde damals keine Rücksicht genommen. Es kann nur ein neues, ergebnisoffenes und transparentes Suchverfahren geben. Dieses muss letztendlich nach internationalen Maßstäben durchgeführt werden, meine Damen, meine Herren.