Protokoll der Sitzung vom 15.01.2009

Die Landesregierung stellt sich weiterhin - das ist allerdings der Unterschied zu Ihnen, Herr Wenzel, und vielleicht auch zu den Sozialdemokraten - der Verantwortung auch für die Asse und arbeitet mit, obwohl wir das nicht müssten, im Interesse der Menschen in der Region und des Landes Niedersachsen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Wenzel hat nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung um zusätzliche Redezeit gebeten. Sie haben zwei Minuten, Herr Wenzel.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Sander, das ist schon ein wunderbares Schauspiel, das Sie hier abliefern. Da war bis zum 31. Dezember letzten Jahres das HelmholtzZentrum für die Asse zuständig, Ihr Landesbergamt, Ihr Ministerium. Sie haben extra noch die Zuständigkeitsverordnung geändert, damit Sie noch mehr Zugriff auf das LBEG haben. Dann wissen Sie seit dem 4. oder 5. Dezember von diesen Daten. Sie hätten viele Tage Zeit gehabt, um die Öffentlichkeit und den Landtag zu informieren. Sie aber warten und warten und warten, bis die Zuständigkeit zum Bundesamt für Strahlenschutz gewandert ist. Dann kommt Herr Sander plötzlich wie Kai aus der Kiste zufällig an einigen Journalisten vorbei, die ihn zufällig fragen, wie sich das

zugetragen hat. Dann wird die große Keule ausgepackt. - Herr Sander, das ist eine Form von Transparenz, mit der ich Sie wirklich nicht mehr ernst nehmen kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wenn es diese Information schon am 4. oder 5. Dezember in Ihrem Haus oder beim HelmholtzZentrum - wo Sie als Atomaufsicht natürlich auch zuständig waren - gegeben hat, dann hätten Sie am 6. Dezember den Landtag und die Öffentlichkeit informieren können. Wir hätten erwartet, dass Sie diesen Maßstab an sich selber anlegen. Aber wir sind von Ihnen ja viel gewohnt, Herr Sander. Insofern kann ich mir vorstellen, was Sie bewogen hat, ein anderes Vorgehen zu wählen.

Wir diskutieren hier heute aber eigentlich nicht über die Asse. Dieses Thema spielt aber bei den Ursachen und in die Auseinandersetzung über die Zukunft von Gorleben mit hinein. Dazu will ich noch eine einzige Bemerkung machen: Es ist überfällig, dass die steuerfreien Rückstellungen der Atomkonzerne endlich in einen öffentlichrechtlichen Fonds überführt werden, wie es jeder normale private Haushalt machen muss, der die Müllabfuhr bezahlen muss. Sein Geld geht erst einmal aus dem Haus zum Kreis oder zur kreisfreien Stadt. Wir erwarten an dieser Stelle, dass auch die Atomkonzerne ihre Müllgebühren an einen öffentlich-rechtlichen Fonds zahlen. Dann hat der ganze Spuk in Gorleben nämlich ganz schnell ein Ende.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, auch die Fraktion DIE LINKE hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Herzog, Sie haben ebenfalls zwei Minuten.

Herr Sander, zunächst einmal vielen Dank. Sie haben hier eben eindeutig zugegeben, was auf der rechten Seiten allenthalben bestritten wurde: Die Öffentlichkeitsbeteiligung 1976 war absolut nicht ausreichend. Da gebe ich Ihnen recht. Aber wir haben gelernt, uns selbst zu beteiligen, uns selbst kundig zu machen.

Der öffentliche Dialog, den Sie jetzt nach dem Vorbild der Begleitgruppe anmahnen, ist natürlich auch irgendwie fragwürdig. Die Begleitgruppe weiß

seit einigen Tagen Bescheid. Trotzdem ist das nicht in der Öffentlichkeit. Das erinnert mich fatal an die Mauschelei in der nicht öffentlich tagenden Gorleben-Kommission damals. Die Dinge, die in diesem Prozess in der Asse-Begleitgruppe gemacht werden, müssen öffentlich sein.

Eines ist ganz klar, wenn wir das, was wir an dieser Stelle erleben, fiktiv auf das Wendland übertragen: Können Sie sich vorstellen, dass sich die Leute, nachdem sie sich 32 Jahre mit Castortransporten und all den Folgen dieser politischen, sachfremden Entscheidung kundig gemacht haben, wirklich Ahnung haben? Eine tiefe Spaltung geht quer durch die Bevölkerung und durch die Familien. Daran hat auch die Tatsache der pekuniären Schmiermittel

(Karin Bertholdes-Sandrock [CDU]: Das ist eine Unterstellung!)

überhaupt nichts geändert. Im Gegenteil, Image- und Wertverlust sind schlimm genug. Aber viel schlimmer ist doch der Verlust von Vertrauen in die Demokratie.

Hier wird heute eines deutlich: Das nächste Kapitel ist aufgeschlagen. Betreiber der Asse kann sein, wer will. Die Aufsicht über die Asse kann sein, wer will. Es geht trotzdem weiter wie bisher. Es wird weiter vertuscht. Wir haben sechs Wochen nicht die Wahrheit über den Stand der Dinge erfahren. Das ist, mit Verlaub - dafür handele ich mir ruhig einen Ordnungsruf ein -, schlichtweg die Sauerei, um die es hier geht.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Ihre Vorgehensweise auch die Folge haben kann, dass Sie gleich zwei Ordnungsrufe bekommen. Ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen damit zur Ausschussüberweisung.

Vorgeschlagen wird, den Antrag an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz zu überweisen. Wer das so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf:

Erste Beratung: Planungen für die Küstenautobahn A 22 und die A 39 Lüneburg–Wolfsburg beschleunigen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/706

Für die einbringenden Fraktionen hat sich als Erster Herr Thümler von der CDU-Fraktion gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen einen Antrag vorgelegt, sich über die Möglichkeiten zur Finanzierung u. a. der A 22 und der A 39 Gedanken zu machen unter dem Motto „Jetzt ist der Norden endlich am Zug“.

Dieses Motto muss - wir haben gestern schon kurz darüber debattiert - auch in Berlin gehört werden. Der Bundesverkehrsminister muss in dieser Frage noch etwas zum Jagen getragen werden. Ausweislich des rundblicks von heute ist das auch in der SPD-Fraktion nicht unbekannt. Von daher ist hier Druck angesagt, damit wir ein Sonderprogramm für Norddeutschland insgesamt auf den Weg bekommen, um die Infrastruktur, insbesondere die Straße, weiter zu stärken.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das ist dringend notwendig!)

Dass unser Antrag genau zum richtigen Zeitpunkt kommt, können Sie daran erkennen, dass das Bundesverkehrsministerium nach einer Meldung von letzter Woche grünes Licht dafür gegeben hat, dass die Elbquerung zwischen Drochtersen und Glückstadt jetzt endlich gebaut werden kann. Der Baubeginn ist für das Jahr 2011 vorgesehen. Ich denke, eine bessere Nachricht kann man zum neuen Jahr gar nicht bekommen.

(Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE])

- Herr Hagenah, auch wenn Sie das nicht wollen, wird das unaufhaltsam sein. Es ist gut, dass wir jetzt darüber reden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Wer gibt das Geld?)

Wir müssen jetzt sehen, dass wir die A 22 beschleunigt planfestgestellt bekommen und dann auch die Bauumsetzung zügig herbeiführen, weil

diese Autobahn von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung für den gesamten nordwestdeutschen Raum ist. Ich denke, da sind wir uns in der Mehrheit des Hauses auch einig.

(Zustimmung von Astrid Vockert [CDU])

Die passenden Instrumente dazu sind vorhanden. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben ist die Möglichkeit gegeben, auch jetzt im Planfeststellungsverfahren zügig zu einem Ende zu kommen, ohne - das betone ich hier ausdrücklich auch für diejenigen, die sich grundsätzlich immer gegen diese Autobahnen aussprechen - dass die Öffentlichkeitsbeteiligung und auch die Prüfung der Umweltbelange geschmälert und eingeschränkt werden müssen.

Die Verkürzung der Rechtswege für diese Verkehrsprojekte führt dazu, dass die Hafenhinterlandanbindung insbesondere unserer Seehäfen, aber auch Hamburgs, deutlich verbessert werden kann. Jetzt ist auch die Zeit dazu, diese gravierenden Engpässe, die wir alle festgestellt haben - Sie kennen die Prognosen -, anzugehen und wirklich dafür zu sorgen, dass wir hier an Fahrt gewinnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Krise kann auch als Chance begriffen werden. Darüber haben wir gestern anlässlich der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten und der anschließenden Debatte reden können. Wir sollten diese Chance jetzt auch nutzen, um unsere Infrastruktur anzupassen und auf das Niveau zu bringen, das wir brauchen, um für die nächsten Jahrzehnte vernünftig aufgestellt zu sein.

Was über die A 22 gesagt wurde, gilt auch für die A 39. Sie gehört nicht nur wie die A 22 zu einer wichtigen Hinterlandanbindung für die Häfen, sondern ist auch eine notwendige Verkehrserschließungsmaßnahme für die wirtschaftliche Entwicklung Nordostniedersachsens und des Bereichs Lüneburg/Wolfsburg/Braunschweig. Auch das muss hier deutlich gesagt werden. Deswegen zählt auch die A 39 zu den vorrangigen Infrastrukturprojekten auf der Straße in Niedersachsen.

Ende 2008 hat das Bundesverkehrsministerium für die A 39 die förmliche Bestimmung der Linienführung bekannt gegeben. Jetzt muss es um eine schnelle Planfeststellung gehen, damit auch umgesetzt und gebaut werden kann. Der gute Rat, den Herr Jüttner gestern hier schon gegeben hat, nämlich auf Herrn Tiefensee einzuwirken, sollte schon deswegen aufgegriffen werden. Ich erlaube

mir ein Zitat aus der neuesten Zeitung „Deutsche Seeschifffahrt“, der Verbandszeitschrift des Verbandes Deutscher Reeder, von Januar 2009. Da ist zu lesen: „Tiefensee: Planungen beschleunigen - Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee hat die norddeutschen Länder aufgefordert, sich mit ihren Planungen beim Ausbau der Häfen und deren Hafenhinterlandanschlüssen zu beeilen.“ - Man höre und staune: zu beeilen.

(David McAllister [CDU]: Das ist ein starkes Stück! Euer Genosse!)

- Ja, ungeheuerlich und ein starkes Stück. - Weiter wird er zitiert: „Die Entwicklung und Anbindung der Häfen ist eine nationale Aufgabe.“ - Wunderbar, das scheint angekommen zu sein. „Wir investieren mehr Geld in den Erhalt der Infrastruktur, in Lärm- und Umweltschutzmaßnahmen, und wir werden neue Bauprojekte beginnen“, so der Minister. Er hoffe, dass die Länder darauf vorbereitet seien. Sie müssten Planung, Ausschreibung und Gegenfinanzierung forcieren, damit sie baureife Projekte zügig in Angriff nehmen könnten.

Ich halte eine solche Aussage, gelinde gesagt, für einen Skandal, weil der Mann überhaupt nicht weiß, wo er lebt und worüber er redet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - David McAllister [CDU]: Eine Zumu- tung, dieser Minister!)

Wir haben eine Reihe von planfestgestellten Maßnahmen für Bundesstraßen, Autobahnausbaumaßnahmen und andere, und wir haben auch im Schienenbereich festgestellte Maßnahmen, die umgesetzt werden können. Das ist in Berlin bekannt. Die Listen liegen dort vor. Deshalb gehört eine solche Aussage des Ministers durchaus deutlich gebrandmarkt, weil sie die norddeutschen Länder insofern diskreditiert, als hätten die ihre Arbeit nicht gemacht, was vollkommen falsch ist. Ganz im Gegenteil, es ist vorbildlich gearbeitet worden. Es fehlte jedoch der Wille zur Umsetzung, vor allen Dingen in Berlin.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Die Landesregierung ist mit ihren Vorhaben auf einem guten Weg. Das zeigt auch, dass wir zusätzliche Planungsmittel für die A 22 und auch für die A 39 zur Verfügung gestellt haben, damit die Umsetzung schneller und zügiger erfolgen kann. Es geht nun darum zu prüfen, wie die Finanzierungsvarianten vor allen Dingen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten am besten aufgestellt wer

den können. Wir können uns durchaus vorstellen, über das A- oder F-Modell, also über private Partnerschaftsmodelle, nachzudenken und zu analysieren, wie das umzusetzen ist.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)