Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Meine Damen und Herren, wer immer noch das CO2-Märchen, das der CDU-Kollege vorgetragen hat, glaubt, hat in diesem Landtag nichts zu suchen. Das muss ich Ihnen einmal ganz klar sagen.

(Zuruf: Oberlehrer!)

- Das hat mit „Oberlehrer“ nichts zu tun. Lesen Sie einmal ein bisschen nach! Dann werden Sie sehen, was es mit CO2 auf sich hat, beispielsweise bei der Erstellung von Brennstäben, beim Transport, bei der späteren Lagerung usw. Sie können damit hocheffiziente Kraft-Wärme-gekoppelte Systeme vergleichen. Die liegen in der CO2-Bilanz nämlich günstiger.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Aber das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen. Stattdessen zünden Sie lieber das Haus an und brüsten sich hinterher mit dem Löscheinsatz.

(Zuruf von der CDU: Wer zündelt?)

Meine Damen und Herren, was der Kollege Rösler hier vorgestellt hat, werde ich mit folgendem Satz bedenken: Mit den Energieformen von vorgestern wollen Sie Energiepolitik von gestern machen. Sie weigern sich heute, die Folgen für morgen zur Kenntnis zu nehmen und darzustellen. Aber dafür bekommen Sie übermorgen die Rechnung.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Das Wort hat jetzt Herr Minister Sander.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Niedersachsen ist das Energieland Nummer eins. Wir stellen uns der Verantwortung, und das bedeutet: Wir werden solide und kontinuierlich den Energiemix, den wir bereits seit 2003 anstreben, fortsetzen. Das heißt, wir werden auf fossile Energieträger, auf Kernkraft und auf erneuerbare Energien setzen. Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2020 den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf 25 % zu erhöhen. Das ist ein realistisches Ziel. Wir wissen aber, dass es nur erreichbar ist, wenn die Offshorenutzung weiter vorangetrieben wird. Die Landesregierung hat auch durch die Norderney-Trasse die planungsrechtlichen Vorgaben hierfür gemacht.

Solange aber der Ausstieg aus der Kernenergie gilt und es noch keine anderen Mehrheiten gibt, werden wir auch weiter dafür Sorge tragen müssen, dass die Energiesicherheit in Niedersachsen gewährleistet bleibt. Dazu brauchen wir effizientere und umweltschonende Kohlekraftwerke. Herr Kollege Meyer, ich hatte geglaubt, Sie hätten in den

letzten Tagen ab und zu von der Diskussion unter Ihren Bundespolitikern gehört oder sich die Broschüre des Oberbürgermeisters von Wilhelmshaven, Herrn Menzel, zu Gemüte geführt. Da hätten Sie Argumente gefunden, die Sie wahrscheinlich auch bei Ihren Parteikollegen im Lande Niedersachsen hätten finden können. Als Mitglied der Landesregierung stelle ich fest: Bisher sind Sie der Einzige in der SPD-Fraktion, die hier auch nichts zu sagen hat. Bisher hatte ich zur Kenntnis genommen, dass auch Sie sich für saubere Kohlekraftwerke einsetzen.

Ich darf dazu jemanden zitieren, der in einer Fernsehsendung zur Sicherheit der Energieversorgung in unserem Lande gesagt hat:

„Wenn sie die Kernkraftwerke stilllegen und gleichzeitig aus der Kohle aussteigen“

und dann noch die Forderung stellen,

„wir ersetzen Kohle durch Gas,“

dann müssen Sie z. B. den Menschen im Norden Deutschlands, auch bei der Hamburger Affinerie, erklären, dass sie hier in Deutschland keinen Produktionsstandort mehr haben, weil die Energie zu teuer ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, darf ich Sie eben unterbrechen? - Herr Meyer möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Wenn ich das Zitat zu Ende ausgeführt habe, gerne.

Okay.

Er führt weiter aus:

„Das, was wir da erleben, ist eine unverantwortliche Energiepolitik. Wenn die Schule macht, dann wird am Ende der Druck auf die Verlängerung von Kernkraftwerken so groß werden, dass ich nicht weiß, wer den aufhalten soll - und das, ohne dass wir in

Deutschland die Endlagerfrage radioaktiver Abfälle geklärt haben.“

Meine Damen und Herren, dies hat Herr Gabriel in der n-tv-Sendung mit Herrn Heiner Bremer am Montagabend ausgeführt. Wenn jetzt selbst Herr Gabriel sagt - das zumindest hätten Sie, Herr Meyer, zur Kenntnis nehmen müssen -, dass mit dieser Frage unverantwortlich umgegangen wird, dann müssen Sie umdenken. Ich hoffe und setze dabei auf die größte Oppositionsfraktion, dass wir diese Frage in der Zukunft nicht weltanschaulich behandeln, sondern unserer Verantwortung zu Beginn der Legislaturperiode gerecht werden und in Niedersachsen eine verantwortungsvolle Energiepolitik betreiben. Die Landesregierung und die Regierungsfraktionen werden das tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Machen Sie doch verantwortungsvolle Ener- giepolitik!)

Herr Meyer, es tut mir leid. Der Minister war nicht mehr bereit, die Zwischenfrage zuzulassen.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Er ist auf der Flucht!)

Weitere Wortmeldungen zum Punkt 1 c liegen mir nicht vor.

Ich rufe deshalb den Tagesordnungspunkt 1 d auf:

Keine Kapitulation vor der NPD: Parteiverbot sorgfältig prüfen! - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/69

Ich weise darauf hin, dass insbesondere die großen Fraktionen ihre Redezeit schon sehr stark beansprucht haben.

Das Wort hat Frau Modder von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei diesem schwierigen Thema möchte ich eines vorwegschicken: Ich denke, wir alle in diesem Hause sind uns einig, dass Rechtsextremismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden müssen.

(Beifall bei der SPD, bei der FDP, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Die SPD hat keine Zweifel, dass die NPD verfassungsfeindlich ist. Wir sehen die Entwicklung - Verbindung mit neonazistischen Kameradschaften und anderen militanten Gruppierungen - sehr kritisch. Deshalb wollen wir das NPD-Verbotsverfahren wieder nachdrücklich vorantreiben. Wir halten es für einen unerträglichen Zustand, dass wir diese Propaganda über die Parteienfinanzierung auch noch unterstützen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN sowie Zustimmung bei den GRÜNEN)

Niemand behauptet, dass sich mit einem Verbot der NPD das Problem Rechtsextremismus lösen lasse. Natürlich müssen wir die politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen suchen. Aber die Auflösung der Landeszentrale für politische Bildung

(Heinz Rolfes [CDU]: Ach du lieber Gott!)

war garantiert der falsche Weg.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Vor dem Hintergrund des im März 2003 gescheiterten NPD-Verbotsverfahrens liegen die Hürden für ein erneutes Verfahren hoch. Allerdings darf ich in Erinnerung rufen, dass das Verfahren nicht aus sachlichen Gründen, sondern aus Prozessgründen eingestellt worden ist. Wir sind damals über die sogenannte V-Mann-Affäre gestolpert. Ob das jetzige Material für einen Verbotsantrag ausreicht, wird sehr unterschiedlich beurteilt. Deshalb wurde auf Bundesebene vereinbart, dass die Bundesländer zunächst Material zusammentragen und dem Bundesinnenministerium zur Verfügung stellen. Ziel war also, Chancen und Risiken in einem gründlichen Prozess abzuwägen.

Dann aber kam die überraschende Meldung, dass unionsgeführte Bundesländer, darunter auch Niedersachsen, die Mitarbeit verweigern und dem Bundesinnenministerium kein Material zur Verfügung stellen wollen. Dieses Vorgehen stößt nicht nur auf Unverständnis, sondern ist auch aufgrund des brisanten Themas ein handfester Skandal.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Meine Damen und Herren, die Niedersächsische Landesregierung hat aus meiner Sicht zu keinem Zeitpunkt die ernsthafte Absicht gehabt, sich an der Materialsammlung oder an der Prüfung der gelieferten Materialien zu beteiligen. Herr Innenminister, Ihr Ablenkungsmanöver, uns, der SPD, vorzuwerfen, wir würden mit einem erneuten Verbotsverfahren die NPD wiederbeleben, ist ungeheuerlich und unverschämt.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich finde, Sie sollten sich dafür bei uns entschuldigen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Dass es bezüglich der Erfolgsaussichten auch in der Union ganz unterschiedliche Auffassungen gibt, beweisen z. B. die Ausführungen des Innenministers von Mecklenburg-Vorpommern - in Klammern: CDU.