Protokoll der Sitzung vom 19.02.2009

Meine Damen und Herren, das ist eine Unterstellung, die einfach nicht wahr ist. Wir haben den Ermessensspielraum nicht eingeschränkt. Vergleichen Sie nur einmal ganz neutral die nicht von

uns, sondern von der neuen Hessischen Landesregierung erstellte Gegenüberstellung - - -

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Neutral!)

- Die Gegenüberstellung ist nicht vom niedersächsischen Innenministerium, sondern von Hessen, also einem anderen Land, erstellt worden. - Darin sind die Verordnungen aller Bundesländer gegenübergestellt worden. Anhand dieser Gegenüberstellung können Sie erkennen, dass sich die Vorgaben Niedersachsens nicht von den Vorgaben der anderen Bundesländer unterscheiden. Zwar gibt es andere Akzentuierungen; aber wenn Sie sich die Synopse einmal anschauen, dann werden Sie feststellen, dass sich gerade Niedersachsen an die gesetzlichen Regelungen anlehnt, die etwa besagen, dass ein Härtefall nicht angenommen werden kann, wenn Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen worden sind.

Das muss im Übrigen nicht in einer Verordnung geregelt werden, weil es schon durch Gesetz geregelt wird. Wenn es in einem Land nicht durch Verordnung geregelt wird, dann gilt dieser Tatbestand dort aber genauso, weil es eben schon gesetzlich vorgegeben ist. Dieser Tatbestand muss deshalb genauso berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde ist die Behauptung, dass wir unserer Härtefallkommission einen geringeren Spielraum einräumen als die anderen Bundesländer, schlicht nicht wahr. Ich bitte Sie wirklich, sich einmal diese Synopse anzuschauen. Ich stelle sie Ihnen nachher zur Verfügung. Wenn Sie sie neutral bewerten, können Sie nur zu dem Ergebnis kommen, dass das wirklich eine Unterstellung ist.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die letzte Zusatzfrage, Herr Kollege Limburg. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Wulff, angesichts Ihrer Ausführungen zum Verhältnis zu und zur Zusammenarbeit mit den großen christlichen Kirchen frage ich Sie, ob diese Landesregierung an der Praxis festhalten wird, dass die Inanspruchnahme von Kirchenasyl, also die Schutzsuche bei der katholischen und bei der evangelischen Kirche, hier in Niedersachsen in den Diskussionen in der Härtefallkommission auch weiterhin gegen die Betroffenen verwendet wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Diese Frage war an die Landesregierung gerichtet. Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Schünemann. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kirchenasyl ist grundsätzlich kein Ausschlussgrund. Kirchenasyl kann sich aber durchaus zu einem illegalen Aufenthalt entwickeln. Dann wird es insgesamt schwierig. Das heißt: In der Härtefallkommission selbst muss dies abgewogen werden. Kirchenasyl ist also kein Nichtannahmegrund, sondern die Härtefallkommission muss abwägen.

Danke schön. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Adler das Wort zu einer Zusatzfrage.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Anknüpfend an das Beispiel, das Sie, Herr Innenminister, eben angeführt haben, frage ich Sie: Wie beurteilen Sie den Fall des geduldeten Ausländers, der keinen Anspruch auf die Bleiberechtsregelung haben soll, weil er nicht sozialversicherungspflichtig gearbeitet hat, bevor er ins Rentenalter kam? Wie beurteilen Sie diesen Fall vor dem Hintergrund der Tatsache, dass diese Person gar keine Chance hatte, sozialversicherungspflichtig zu arbeiten, da sie keine Arbeitserlaubnis bekommen hatte?

Danke schön. - Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Schünemann.

Wenn man hierher kommt und Asyl beantragt, darf man ein Jahr lang nicht arbeiten, weil man sich auf das Asylverfahren konzentrieren soll. Das ist meines Erachtens völlig richtig so. Danach gibt es durchaus die Möglichkeit, Arbeit aufzunehmen. Das heißt, ein generelles Arbeitsverbot gibt es nicht. Ich habe sogar immer dafür geworben - der Bundesarbeitsminister war allerdings immer dagegen -, dass man die Vorrangprüfung dann relativ zeitnah nicht mehr vornimmt; denn wenn sich jemand als Asylberechtigter auf dem hiesigen Ar

beitsmarkt bewährt, dann ist es richtig, dass er diese Möglichkeit hat. Der Fall, den Sie gerade geschildert haben, kann also nach einem Jahr nicht mehr auftreten.

Ich sage Ihnen aber auch ganz eindeutig: Dass jemand, der 15 Jahre lang hier ist, aber nicht gearbeitet hat, dann von den höheren sozialen Leistungen profitieren soll, wenn er ein Daueraufenthaltsrecht bekommt, kann man meiner Ansicht nach niemandem in unserem Land erklären. Jemand, der hier durch 30-, 40-jährige Arbeit Rentenansprüche erworben hat, kann nicht mit jemandem verglichen werden, der seit 15 Jahren hier ist und keine Arbeit aufgenommen hat. Dass Letzterer genauso behandelt wird und von höheren Sozialleistungen bzw. Rentenzahlungen profitieren soll, ist meiner Meinung nach nicht einsichtig und wird in unserer Gesellschaft so nicht akzeptiert werden.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Kollegin Zimmermann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da hier mehrfach der Anschein erweckt worden ist, in Niedersachsen gebe es keine rigide Abschiebepraxis, frage ich die Landesregierung: Was werden Sie in dem bekannten Fall Siala tun, um diesem Mann seine Aufenthaltserlaubnis, die ihm vor acht Jahren entzogen worden ist, zurückzugeben?

Zweitens. Was wird sie tun, um Gazale Salame die Rückkehr aus der Türkei zu ermöglichen?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Danke schön, auch für den Hinweis, dass das zwei Fragen waren. Damit ist Ihr Fragekontingent erschöpft. - Herr Minister Schünemann!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch in diesen Fällen werden wir so vorgehen, wie es nur möglich ist. Wir müssen die Begründung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts abwarten. Sobald uns die Urteilsbegründung vorliegt, werden wir mit dem Landkreis Hildesheim darüber sprechen, wie weiter zu verfahren ist. Es hat ja ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts gegeben, das

vom Bundesverwaltungsgericht so nicht bestätigt worden ist. Es ist ausgeführt worden, dass die ordnungspolitischen Dinge zwar richtig abgewogen worden sind, aber dass die sozialen Aspekte bisher noch nicht abgewogen worden sind. Wir werden also die Urteilsbegründung abwarten. Wenn sie vorliegt, werden wir mit dem Landkreis Hildesheim, insbesondere mit dem Landrat, die weiteren Schritte einleiten. Aber bevor uns die Urteilsbegründung bzw. das Urteil nicht vorliegt, können wir daraus natürlich keine Konsequenzen ziehen.

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion stellt die vierte und damit ebenfalls letzte Frage der Herr Kollege Bachmann.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass der Innenminister in Aussicht gestellt hat, über die Härtefallkommissionsverordnung im Herbst noch einmal reden zu wollen, und angesichts der Tatsache, dass der Ministerpräsident die Möglichkeit angesprochen hat, den Vorsitzenden des Petitionsausschusses als neuntes Mitglied in die Härtefallkommission zu berufen - dabei handelt es sich um einen Kollegen, den ich persönlich sehr schätze -, frage ich die Landesregierung, ob sie es nicht auch für richtig hält, keine Verquickung zwischen Petitionsausschuss und Härtefallkommission herzustellen und vielleicht doch unseren Vorschlag aufzugreifen, einen Vertreter des Niedersächsischen Flüchtlingsrats und somit endlich ein Sprachrohr der Betroffenen, das zur Akzeptanzerhöhung beiträgt, als neuntes Mitglied zu berufen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Herr Innenminister Schünemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist richtig, dass wir jetzt erst einmal nach der geltenden Verordnung weiterarbeiten und die Fälle richtig beraten und dass wir uns dann, wenn eine Evaluierung ansteht, nämlich zum Ende des Jahres, alle Vorschläge anschauen und dann feststellen, welcher Änderungsbedarf tatsächlich besteht. Ich glaube, zum jetzigen Zeitpunkt ist es sinnvoll, diesbezüglich keine weiteren Diskussio

nen zu führen, sondern die Kommission mit der gerade erst verabschiedeten Verordnung arbeiten zu lassen. Dann werden wir ganz offen über alle weiteren Vorschläge beraten.

Danke schön. - Weitere Wortmeldungen für Fragen liegen nicht vor.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 c auf:

Konzeptlosigkeit der Landesregierung bei der Aufnahme irakischer Flüchtlinge? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/938

Frau Kollegin Polat, bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Dringliche Anfrage trägt die Überschrift: Konzeptionslosigkeit der Landesregierung bei der Aufnahme irakischer Flüchtlinge?

(Zuruf von der CDU: Wie kommen Sie denn darauf?)

Immer noch sind innerhalb des Iraks 2,7 Millionen Menschen auf der Flucht. In den Nachbarstaaten, vor allem Syrien und Jordanien, leben inzwischen 2,5 Millionen Flüchtlinge unter desolaten Bedingungen. Die Erstaufnahmestaaten sind überfordert. Weder Syrien noch Jordanien haben die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet. Insbesondere 400 000 Angehörige der ethnischen oder religiösen Minderheiten haben keinerlei Perspektive in den Erstaufnahmestaaten, und eine Rückkehr erscheint auf lange Sicht ausgeschlossen.

Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen fordert seit Längerem die europäischen Staaten auf, Resettlement-Programme einzurichten, auch um die desolate Lage der irakischen Flüchtlinge zu lindern. Dieses Programm richtet sich an besonders schutzbedürftige Personen, sogenannte Härtefälle, wie alleinerziehende Mütter, Folteropfer, Kranke, Minderjährige oder Alte.

Der Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble stellte ursprünglich einen Plan vor, ein solches Programm einzurichten und speziell christliche Flüchtlinge nach Deutschland zu holen. Diese konfessionsgebundene Auswahl wurde nicht zuletzt von den Kirchen sowie dem UNHCR stark kritisiert, woraufhin der Innenminister diese Absicht aufgab

und nur noch davon sprach, irakische Minderheitenangehörige im Rahmen eines ResettlementProgramms aufzunehmen.

Von den EU-Staaten haben bisher Schweden, Finnland, Dänemark, die Niederlande, Großbritannien und Irland entsprechende Programme eingerichtet, außerhalb der EU auch die USA, Norwegen, Kanada und Neuseeland. Vor dem Hintergrund u. a. stark gesunkener Asylantragszahlen sind größere Ressourcen für ein Resettlement-Programm unbestreitbar vorhanden. In Europa sollen nun 10 000 irakische Flüchtlinge, in Deutschland davon 2 500, die zunächst in Niedersachsen unterkommen, aufgenommen werden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Gibt es ein abgestimmtes Konzept für die Aufnahme dieser speziellen Personengruppe unter Einbeziehung der in Friedland tätigen Wohlfahrtsverbände, und wie sieht dieses aus?

2. In welcher Form und unter welchen Bedingungen soll eine Umsiedlung bzw. Unterbringung in der ZAAB Bramsche erfolgen?

3. Sieht die Landesregierung darüber hinaus die Notwendigkeit und die moralische Verpflichtung zur Einrichtung eines kontinuierlichen Resettlement-Programms für schutzbedürftige Flüchtlinge, wie es der UNHCR von Deutschland erhofft?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich danke Ihnen. - Für die Landesregierung antwortet Herr Innenminister Schünemann. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ohne Vorbemerkungen beantworte ich die Dringliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Ja, es existiert ein mit allen Beteiligten abgestimmtes Konzept. Es liegt mir vor. Ich kann es Ihnen auch zur Verfügung stellen. Alle Beteiligten stehen in engem Kontakt und bereiten auf Grundlage der bisherigen erfolgreichen Zusammenarbeit die Aufnahme der irakischen Flüchtlinge bestmöglich vor. Nach dem aktuellen Sachstand ist davon auszugehen, dass im März die ersten Flüchtlinge im Grenzdurchgangslager Friedland - Niedersächsisches Zentrum für Integration - ein