Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

Warten Sie ruhig noch kurz.

(Johanne Modder [SPD]: Es können ja mal alle, die aus der Provinz kom- men, aufstehen! - Einige Abgeordnete der SPD-Fraktion erheben sich von den Plätzen - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Demonstrationen im Plenar- saal sind nicht erlaubt! - Anhaltende Unruhe)

Ich darf noch einmal mit allem Nachdruck darum bitten, dass - besonders in den Reihen der SPDFraktion - etwas mehr Ruhe einkehrt. - Frau Ministerin!

Frau Heiligenstadt, Provinz ist nichts Negatives. Ich komme auch aus der Provinz.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich wollte daran anknüpfen, dass man in den Bereichen, in denen andere Rahmenbedingungen herrschen, auch andere Modelle fahren muss, wie sie in Niedersachsen auch in den ländlichen Regionen schon modellhaft erprobt werden. Das heißt, dass z. B. Lehrer aus den berufsbildenden Schulen durchaus auch in die entsprechenden Hauptschulen kommen können.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist abenteuerlich, was Sie da erzählen!)

Denn in diesen Bereichen sind die Hauptschulen oftmals sehr gut mit entsprechenden Fachräumen ausgestattet. Da kann man die Verzahnung in einer umgekehrten Form ganz genauso erreichen. Das wird genauso erfolgreich sein, wenn die Zielsetzung erreicht wird.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Adler von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie, Frau Ministerin, auf alle kritischen Nachfragen zu den finanziellen Konsequenzen des von Ihnen vorgestellten Modells immer gesagt haben, dass man das Neustädter Modell nicht 1 : 1 übertragen könne, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Sie auf entsprechende kritische Nachfragen zu Kapazitäten gesagt haben, dass das alles noch diskutiert werden müsse, frage ich Sie: Wäre es nicht besser gewesen, Sie hätten Ihr Modell erst einmal in Ihrem Ministerium mit den Fachleuten durchgesprochen, bevor Sie damit an die Öffentlichkeit gehen?

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin, bitte!

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben ein Konzept mit der Zielrichtung einer engeren Verzahnung von Hauptschulen und berufsbildenden Schulen beschlossen. Sie verfolgen damit das Ziel, aus den Erfahrungen der bisherigen Projekte die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Die bisherigen Projekte haben zu einer drastischen Reduzierung der Abbrecherquoten an den Hauptschulen und einer stärkeren Vermittlung von Schulabgängerinnen und Schulabgängern in die Ausbildungsberufe geführt. Diese positiven Erfahrungen sollen im Interesse unserer Schülerinnen und Schüler genutzt werden, um die Inhalte der bisherigen Projekte systematisch und flächendeckend im Land Niedersachsen umzusetzen. Es gibt nach wie vor Bereiche, in denen dies nicht so geschieht, wie es in Neustadt oder in anderen Bereichen der Fall ist.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was ist mit der Frage?)

Wir wollen durch diese Modelle dafür Sorge tragen, dass davon ganz Niedersachsen profitiert.

(Heinrich Aller [SPD]: Nur die Provinz nicht!)

Wir wollen nicht 1 : 1 umsetzen, sondern regionale Möglichkeiten eröffnen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Natürlich maßgeschneidert!)

Die Einzelheiten müssen entsprechend abstimmt werden. Das ändert nichts an unserem Ziel. Wir sind gut in dem, was wir erreicht haben. Wir haben in Niedersachsen mit dem Rückgang der Abbrecherquoten an den Hauptschulen den größten Sprung nach vorn gemacht,

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

wir haben mit der Verringerung der Bildungsarmut den größten Sprung gemacht, und wir wissen, dass wir mit der Berufsorientierung auf einem richtig guten Weg sind. Das wollen wir systematisieren. Das wird ein weiterer Quantensprung sein, wie es die Handwerkskammern gesagt haben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das war keine Antwort auf die Frage!)

Eine Zusatzfrage stellt der Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Ministerin, Sie führten vorhin aus, dass nach Ihrer Kenntnis ca. 50 % der Hauptschulen in der Regel im Mittelzentrum, also dort, wo sich auch die berufsbildenden Schulen befinden, liegen und dass Sie sich die Situation dort, wo sich dies anders verhält, noch einmal anschauen wollen. In Lüchow-Dannenberg sind vier von fünf Hauptschulen in einer Entfernung von 20 bis 30 km vom Mittelzentrum und von den berufsbildenen Schulen zu finden. Was heißt es konkret, dass Sie sich das noch einmal anschauen wollen?

Frau Ministerin!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das wird nach Mecklenburg abgegeben! - Unruhe)

- Frau Ministerin, warten Sie bitte noch kurz, bis etwas mehr Ruhe im Plenarsaal eingekehrt ist. - Bitte!

Lüchow-Dannenberg ist uns lieb und wichtig.

(Zurufe: Und teuer!)

- Teuer auch! Teuer und wichtig. - In dem Bereich Lüchow-Dannenberg wird die 1 : 1-Umsetzung aufgrund der dortigen Rahmenbedingungen nicht möglich sein.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist überall so!)

- Das stimmt definitiv nicht! - Aber es wird sehr wohl möglich sein, entsprechende Lehrkräfte von den berufsbildenden Schulen zu den Hauptschulen zu bringen, um dort, vor Ort, die engere Verzahnung zu ermöglichen. Das ist es, worum es geht. Ich meine, Herr Herzog, dass das ein positives Signal für die Schülerinnen und Schüler in Lüchow-Dannenberg ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Silva Seeler [SPD]: Bekommen die Lehrkräfte dann auch die Fahrtkosten erstattet?)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, weitere Zusatzfragen zu Tagesordnungspunkt 15 a liegen mir nicht vor. Die Adrenalinspiegel können abgesenkt werden.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 15 b auf:

Ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf arbeitsintensive Dienstleistungen in Deutschland einführen? - Anfrage der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/1077

Dazu erteile ich Herrn Dr. Sohn das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verlese die Dringliche Anfrage zum Thema „Ermäßigter Mehrwertsteuersatz auf arbeitsintensive Dienstleistungen in Deutschland …“.

(Unruhe)

- Ich weiß nicht, ob das mit dem Adrenalinspiegel bei Steuerfragen gelingt.

Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Ich bitte darum, dass der Redner jetzt Gehör findet.

Das Thema ist nicht minder wichtig als das vorherige. Insofern gebietet es der Respekt, dass Herr Dr. Sohn auch zu diesem Tagesordnungspunkt hier im Plenum Gehör findet.

Der Herr Präsident hat wie immer völlig recht.

Ich verlese die Dringliche Anfrage:

Der ECOFIN-Rat hat am 10. März 2009 eine Senkung der Mehrwertsteuersätze für „arbeitsintensive Dienstleistungen“ beschlossen. Als solche gelten beispielsweise Gastronomie, häusliche Betreuung, Reparaturen beim Wohnungsbau oder die Renovierung von Altbauten. Die EU-Mitgliedsstaaten können die Mehrwertsteuersätze für diese Tätigkeiten in Zukunft bis auf 5 %, Herr Bode, senken. An die geringeren Steuern wird die Erwartung verknüpft, dass lokale Firmen ihre Dienste billiger anbieten können und somit die Nachfrage angekurbelt wird.

Die Einführung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen in den EULändern war bereits im Juli 2008 im Small Business Act der Europäischen Kommission vorgeschlagen worden, mit dem Anreize für kleine und mittelständische Unternehmen geschaffen werden sollen.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), der den Beschluss des ECOFIN-Rates mitgetragen hatte, erklärte unmittelbar im Anschluss an die Beschlussfassung seine ablehnende Haltung zur Ausweitung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen in Deutschland. Bisher würden in Deutschland ermäßigte Mehrwertsteuersätze von 7 % vor allem für Grundnahrungsmittel sowie darüber hinaus für Bücher und Zeitungen, Busfahrkarten und orthopädische Geräte angewendet. Der Bundesfinanzminister wörtlich weiter:

„Die Mehrwertsteuer (ist) die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Mit der Ausdehnung ermäßigter Mehrwertsteuersätze würden wichtige Steuereinnahmen verloren gehen, die wir derzeit dringend brauchen, um Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft zu stärken.“

Dagegen begrüßte Wirtschaftsminister KarlTheodor zu Guttenberg (CSU) am 11. März 2009 den ECOFIN-Beschluss und sagte mit Blick auf seinen Kabinettskollegen Steinbrück: „Auf die Rüh

rung des Finanzministers müssen wir nicht warten.“