In der Gastronomie, im Hotelgewerbe sowie im Baugewerbe wird der Beschluss der EU-Finanzminister vom 11. März 2009 als konjunkturstabilisierende Maßnahme ausdrücklich begrüßt, so beispielsweise laut Braunschweiger Zeitung vom 19. März sowohl durch das Braunschweiger Hotel- und Gaststättengewerbe als auch durch den Braunschweiger Kreishandwerksmeister Eberhard Funke. „Jetzt hat die Bundesregierung die Chance, ihre jahrelange ablehnende Haltung zur Einführung ermäßigter Mehrwertsteuersätze endlich zu korrigieren“, so der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes, Prof. Dr. Karl Robl. Er sieht in der Einführung eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes für arbeitsintensive Dienstleistungen einen wichtigen Impuls zum Beschäftigungsaufbau: „In den europäischen Ländern, die sich für dieses Instrument entschieden haben, zeigen sich eindeutig positive Effekte auf den Arbeitsmarkt.“ Außerdem sei ein reduzierter Mehrwertsteuersatz ein wirksamer Beitrag zur Bekämpfung von illegaler Beschäftigung. In diesem Zusammenhang verweisen Experten darauf, dass mit der dadurch möglichen Förderung legaler Beschäftigung bei gleichzeitiger Eindämmung von Schwarzarbeit die Steuerausfälle des Staates aus der Ausweitung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen weitgehend kompensiert würden und eine steuerliche Aufkommensneutralität bestünde.
1. Wie bewertet die Landesregierung die Ausweitung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen in Deutschland in ihren Auswirkungen auf die Binnenkonjunktur gerade unter den Bedingungen anhaltender Rezession?
2. Welche Position vertritt sie zu Auffassungen, wonach die Ausweitung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen die Sicherung bzw. den Ausbau regulärer Beschäftigung und den Kampf gegen Schwarzarbeit vor allem in der Gastronomie befördere?
3. Wie beurteilt die Landesregierung die ablehnende Haltung des Bundesfinanzministers zur Ausweitung ermäßigter Mehrwertsteuersätze auf arbeitsintensive Dienstleistungen wegen der daraus resultierenden angeblichen Steuerausfälle angesichts des Gegenarguments, dass sich dies durch die
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Rat für Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union hat sich in seiner Sitzung am 10. März dieses Jahres darauf geeinigt, den Mitgliedstaaten erweiterte Möglichkeiten einzuräumen, ermäßigte Mehrwertsteuersätze anzuwenden, u. a. für arbeitsintensive Dienstleistungen wie Renovierungen von Privatwohnungen und für Restaurantdienstleistungen. Die Bundesregierung hat hierzu zu Protokoll gegeben, dass Deutschland von diesen zusätzlichen Möglichkeiten keinen Gebrauch machen wolle.
Die Landesregierung vertritt seit vielen Jahren die Auffassung, dass ein niedrigerer Umsatzsteuersatz für Handwerkerleistungen eine Möglichkeit zur Schaffung von Beschäftigung und zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist.
Insoweit darf ich auf die am 4. April 2003, am 31. Oktober 2003 und am 24. März 2006 beantworteten Kleinen Anfragen hinweisen.
Unter anderem angesichts der Wettbewerbslage in Grenzregionen hält die Landesregierung allgemein eine Überprüfung der Systematik der Umsatzsteuersätze für erforderlich.
Allerdings werden die Verbraucher naturgemäß nur dann entlastet und wird dadurch die Nachfrage gestärkt, wenn die Steuerermäßigung von den Unternehmen über eine entsprechende Preissenkung an die Verbraucher weitergegeben wird.
Vor der Einführung neuer Ermäßigungstatbestände bei der Umsatzsteuer ist zu prüfen, ob der angestrebte wirtschaftliche Effekt durch andere Maßnahmen wirkungsvoll erreicht werden kann. So verbessert z. B. die Ausweitung der sogenannten Ist-Besteuerung bei der Umsatzsteuer nach § 20 Umsatzsteuergesetz durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung aus dem Jahr 2006 bereits die Liquidität kleiner und mittlerer Unternehmen bis zu einem Jah
resumsatz von 250 000 Euro branchenübergreifend. Außerdem sind mit dem sogenannten ersten Konjunkturpaket vom 21. Dezember 2008 die Höchstbeträge für die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen verdoppelt worden.
Zu den Fragen 1 und 2: Unter der Voraussetzung, dass die Steuerermäßigung von den Unternehmen über eine entsprechende Preissenkung an die Verbraucher weitergegeben wird, kann nach Auffassung der Landesregierung bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen die Einführung ermäßigter Umsatzsteuersätze eine Stärkung der Nachfrage ermöglichen, die dann auch positive Effekte auf die Beschäftigung und die Bekämpfung der Schwarzarbeit bewirken könnte.
Zu Frage 3: Die Bundesregierung hat, wie in den Vorbemerkungen ausgeführt, zum Ausdruck gebracht, dass sie wegen der damit verbundenen Steuerausfälle nicht beabsichtigt, in dieser Legislaturperiode des Bundestages den Anwendungsbereich der ermäßigten Umsatzsteuersätze ausweiten. Die Landesregierung geht aber davon aus, dass alle diese Fragen nach der Bundestagswahl im September dieses Jahres erneut auf den Tisch kommen und dann im Rahmen einer größeren Steuerreform bewertet werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, wie sie ermäßigte Mehrwertsteuersätze unter ordnungspolitischen Gesichtpunkten beurteilt und einstuft.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jede Abweichung von der Regel - und die Ermäßigung des Steuersatzes gegenüber dem normalen Satz ist natürlich eine Abweichung - bringt immer Schwierigkeiten hinsichtlich der Abgrenzung mit sich. Diese Problematik haben wir bereits heute. In früheren Reden hatte ich schon
einmal darauf hingewiesen. Beispielsweise unterliegen die Grundnahrungsmittel einem Umsatzsteuersatz von 7 %, während der Verzehr z. B. einer Pizza im Restaurant mit dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 % belegt ist. Dort gibt es schon Schwierigkeiten mit der Abgrenzung von Außer-Haus-Verkauf, Belieferung, „Essen auf Rädern“ usw. Es stellt sich die Frage, ob darauf wie bei normalen Nahrungsmitteln der ermäßigte Steuersatz anzuwenden ist oder ob das Ganze als Dienstleistung zu verstehen ist, sodass der volle Mehrwertsteuersatz gilt.
Das bereitet nicht nur für die Steueranwendung Probleme, sondern auch für die Unternehmer, die bis zu einer Umsatzsteuerprüfung manchmal im Ungewissen sind, ob sie die Vorschriften richtig anwenden oder nicht.
Deshalb würde ich als Finanzminister sagen, dass aus rein ordnungspolitischen bzw. rein administrativen Gründen jede Abweichung von der Regel abzulehnen ist. Danach kann es aber natürlich nicht gehen. Man muss auch wirtschaftliche Gesichtspunkte und Arbeitsmarktgesichtspunkte berücksichtigen sowie insbesondere in Grenzregionen zu Nachbarländern, die für den gleichen Steuertatbestand andere Steuersätze erheben, auch Konkurrenzgesichtspunkte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, in eine generelle Steuervereinfachung auch eine Ermäßigung des Mehrwertsteuersatzes einzubauen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie ich in der Beantwortung schon erklärt habe, geht die Landesregierung insgesamt davon aus, dass nach der Bundestagswahl im September dieses Jahres insgesamt eine Steuerreform ins Auge gefasst wird. In diesem Rahmen muss natürlich mit versucht werden, auch zu einer Vereinfachung des Steuerrechts zu kommen. Ich bin allerdings Realist genug, nicht zu glauben, dass es in Deutschland
Ich frage die Landesregierung: Mit welchen Steuerausfällen wäre in Niedersachsen zu rechnen, wenn die Mehrwertsteuersenkung auf arbeitsintensive Dienstleistungen umgesetzt würde?
Das können wir leider nicht ermitteln, weil erstens der Frage nicht zu entnehmen ist, welcher Steuersatz angewendet werden soll, weil wir zweitens die Größenordnung nicht kennen und wir drittens naturgemäß auch nicht die selbsttragende Steuerreform bewerten können. Denn es wird ja unterstellt, dass bei Restaurantumsätzen, haushaltsnahen Dienstleistungen oder arbeitsintensiven Dienstleistungen durch den Wegfall von Schwarzarbeit zusätzliche Steuern hereinkommen würden. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich dazu nichts sagen kann; dabei müssten wir uns auf eine reine Spekulation einlassen.
Herr Minister, ich frage Sie konkret: Wird sich die Niedersächsische Landesregierung allerspätestens nach der Bundestagswahl am 27. September 2009 mit allem Nachdruck dafür einsetzen, dass insbesondere der § 12 des Umsatzsteuergesetzes und dessen Anlage - die viele Absurditäten aufweist, beispielsweise allein die Belegung von Tierfutter und Kinderbekleidung mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen - geändert werden? Wird sie sich nach der Bundestagswahl ganz konkret dafür einsetzen? Denn nur dann besteht wirklich
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch in der jetzigen Zeit versuchen wir bis in die Finanzministerkonferenz hinein immer wieder, unverständliche Auslegungen des Umsatzsteuerrechts zu beseitigen - meistens mit wenig Erfolg. Es wäre wirklich wünschenswert, die Ausnahmetatbestände im Umsatzsteuerrecht etwas verständlicher zu fassen. Die jetzige Formulierung ist aber leider darauf zurückzuführen, dass das Ganze auf europäischer Ebene festgelegt worden ist und dort ein Sammelsurium an Ausnahmetatbeständen zusammengetragen wurde, was z. B. zu dem von Ihnen angesprochenen Ergebnis führt, dass Tiernahrung mit dem ermäßigten und Babybekleidung mit dem vollen Umsatzsteuersatz belegt ist. In diesen Regelungen sind auch andere Unwägbarkeiten enthalten. Ich bemühe mich immer um eine Vereinheitlichung, aber leider nicht immer mit großem Erfolg.
Herr Minister, welche Erfahrungen aus EU-Ländern bezüglich der Verankerung ermäßigter Mehrwertsteuersätze für arbeitsintensive Dienstleistungen sind der Landesregierung bekannt?