Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

Die Frage an die Landesregierung beantwortet Herr Minister Möllring.

Erfahrungen im Ausland haben wir leider nicht.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gleich zwei Zusatzfragen. Die erste Frage ist, ob mit der Antwort der Landesregierung, die wir eben gehört haben, die selbst gesteckte Anforderung aus der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP aus dem Jahre 2008 abgearbeitet ist. Sie lautet - ich zitiere -:

„CDU und FDP halten eine Überprüfung der Umsatzsteuersystematik für zwingend geboten. Dies gilt in Bezug auf einen verminderten Mehrwertsteuersatz insbesondere für Produkte des Kinderbedarfs und, angesichts der Wettbewerbslage in Grenzregionen, im Beherbergungsgewerbe.“

(Jörg Bode [FDP]: Sehr gut zitiert!)

Die zweite Frage lautet: Angesichts der gerade von Ihnen mehrfach hervorgehobenen Eilbedürftigkeit konjunkturstützender Maßnahmen und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich irritiert bin, mit welcher Geduld Sie auf den 27. September dieses Jahres warten, frage ich, woher plötzlich diese fehlende Eilbedürftigkeit in Sachen konjunkturstützende Maßnahmen im Kontrast zu früheren Betonungen der Eilbedürftigkeit kommt?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der hier richtig zitierte Koalitionsvertrag ist die Grundlage für die Legislaturperiode für die Dauer von fünf Jahren und mit meiner Antwort natürlich nicht abgearbeitet. In der Koalitionsvereinbarung sind Vorgaben enthalten, deren Umsetzung wir uns für die laufende Legislaturperiode gemeinsam zum Ziel gesetzt haben, die ja noch vier Jahre dauert. Die Erreichung dieser Ziele wird mit der Intensität weiterverfolgt, mit der wir gewöhnlich Regierungsarbeit betreiben.

In den Konjunkturprogrammen I und II sind, wie Sie wissen, auch Steuerrechtsänderungen vorgenommen worden. Bis zum 27. September bekommen wir keine Steuerrechtsänderung mehr hin. Ich weiß aber auch: Der Mauerfall ist zwar schon 20 Jahre her. Für manchen sieht es aber so aus, als

wenn er erst gestern gewesen ist. Auch diese fünf Monate werden wir noch aushalten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Zusatzfrage stellt der Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Möllring im Namen der Landesregierung gerade Sympathien für verminderte Mehrwertsteuersätze im Handwerk geäußert hat - dies wäre konjunkturbelebend, hat er gesagt -, und angesichts der Tatsache, dass sich die Landesregierung ablehnend zu der Initiative unserer Fraktion verhalten hat, in Bezug auf verminderte Steuersätze eine Bundesratsinitiative zu starten, nachdem die EU vor zwei Jahren solche Sonderregelungen für Länder zugelassen hat, frage ich die Landesregierung, warum den Worten und dem Koalitionsvertrag bisher keine Taten gefolgt sind.

Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe gesagt: Ich gehe davon aus, dass nach dem 27. September entsprechende Taten folgen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Eine weitere Zusatzfrage stellt die Kollegin Geuter von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Welche Erkenntnisse liegen ihr vor, die sie vermuten lässt, reduzierte Mehrwertsteuersätze führten zu Reduzierungen bei den Endpreisen für Verbraucher bzw. zur Eindämmung der Schwarzarbeit, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die bisherigen Erfahrungsberichte auf europäischer Ebene diese Auffassung eben nicht stützen?

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Geuter, ich habe in meiner Antwort extra auf die Möglichkeit dieses Effektes hingewiesen. Ich habe nicht gesagt, dass es zwangsläufig so kommen muss. Erfahrungen können wir in diesem Punkt ja noch nicht gesammelt haben, weil wir in diesem Bereich noch keinen abgesenkten Mehrwertsteuersatz haben. Somit können wir nur eine Prognose darüber stellen. Prognosen für die Zukunft sind immer schwierig. Es gibt gute Argumente, dass das so kommen wird. Es kann aber auch Argumente geben, dass es nicht so kommt.

Ich habe in meiner Antwort auch darauf hingewiesen, dass die Abziehbarkeit von haushaltsnahen Dienstleistungen, von Handwerkerrechnungen - die Beträge sind ja inzwischen verdoppelt worden - durchaus dazu geführt hat, dass zusätzliche Arbeit im Handwerk angekommen ist. Ob das bei einem reduzierten Mehrwertsteuersatz auch so wäre, hängt natürlich davon ab - hierzu hat es ja einen Zwischenruf gegeben -, ob diese Senkung über eine Preisabsenkung beim Verbraucher ankommt.

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Siebels von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Landesregierung am 24. März 2006 noch zwei völlig unterschiedliche Positionen vertreten hat, indem nämlich der Finanzminister das Modellprojekt abgelehnt hat, während der Wirtschaftsminister es unterstützt hat, frage ich die Landesregierung, ob es heute in dieser Frage zwischenzeitlich zu einer einheitlichen Position der Landesregierung gekommen ist.

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Koalitionsvertrag ist nicht nur von vielen unterschrieben worden, sondern er ist auch von den Gremien der FDP und der CDU entspre

chend der jeweiligen Satzung beschlossen worden. Insofern herrscht da große Einigkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Weitere Zusatzfragen zu Tagesordnungspunkt 15 b liegen nicht vor.

Ich rufe nun den Tagesordnungspunkt 15 c auf:

Haushaltsrechte außer Kraft? - Millionenprojekte für Niedersachsen oder für den CDU-Wahlkampf? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/1087

Dazu erteile ich dem Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 3. März 2009 hat das Kabinett die Umsetzung der „Initiative Niedersachsen“ des Konjunkturpaketes II beschlossen. Neben der pauschalen Zuweisung von 600 Millionen Euro an die Kommunen sollen im kommunalen Bereich weitere 364 Millionen Euro für besondere Schwerpunkte investiert werden. 192 Millionen Euro werden für Investitionen in die Infrastruktur im Bereich Hochschule, Forschung und Bildung zur Verfügung gestellt. Weitere 71 Millionen Euro sind für besondere Einzelmaßnahmen im Landesinteresse vorgesehen. Dazu will die Landesregierung die „Initiative Niedersachsen“ mit 163 Millionen Euro aufstocken, das sogenannte Aufstockungsprogramm. Diese Landesmittel sind über den Nachtragshaushalt 2009 abgesichert, mit dem sich die Landesregierung gegen die Stimmen der Landtagsfraktion der Grünen eine Generalvollmacht für die Gesamtsumme vom Landtag geholt hat.

Das Kabinett verständigte sich auf 21 Einzelmaßnahmen, deren Gesamtkosten sich auf fast 240 Millionen Euro belaufen werden. Ministerpräsident Wulff sprach auf der Pressekonferenz von 49 angemeldeten Projekten mit einem Mittelbedarf von 430 Millionen Euro.

Mit den Mitteln aus dem Aufstockungsprogramm der Landesregierung sollen „zusätzliche Investitionen als Multiplikator gewonnen werden“, und es soll „eine möglichst breite Wirkung in der Fläche“ entfaltet werden.

Um beurteilen zu können, ob mit den beschlossenen Maßnahmen diese Vorgaben bestmöglich umgesetzt werden, hat die Landtagsfraktion der Grünen die Vorstellung aller angemeldeten Projekte für die Haushaltsausschusssitzung am 11. März 2009 erbeten. Diesem Informationsbegehren ist die Landesregierung nicht nachgekommen.

1. Nach welchen Kriterien wurden die Mittel für besondere Einzelmaßnahmen im Landesinteresse vergeben?

2. Nach welchen Kriterien wurden die Mittel für Investitionen in die Infrastruktur im Bereich Hochschule, Forschung und Bildung vergeben?

3. Welche 49 Projekte sind zum Aufstockungsprogramm angemeldet worden, und nach welchen Kriterien erfolgte hier im Einzelnen die Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Grünen unterstellt, dass das Konjunkturprogramm nicht nach objektiven, neutralen, nur dem Landeswohl folgenden Kriterien, sondern aus parteipolitischer Interessenlage aufgestellt worden ist. So haben Sie es hier mit dem Stichwort „CDU-Wahlkampf“ vorgetragen. Dass dieser Vorwurf absurd ist, mag folgender Blick auf die insgesamt 1,39 Milliarden Euro des Konjunkturprogramms verdeutlichen.

600 Millionen Euro Programmvolumen werden nach einem mit den kommunalen Spitzenverbänden einvernehmlich vereinbarten und nachvollziehbaren Schlüssel der gemeindlichen Ebene zugewiesen, natürlich völlig unabhängig von den jeweiligen politischen Mehrheiten in den Städten, Gemeinden und Kreisen. Das heißt, diese 600 Millionen Euro sind jeglicher parteipolitischen Zuordnung entzogen. Wenn wir diese Mittel nach der Einwohnerzahl bzw. bei den Landkreisen zu 90 % nach der Einwohnerzahl und zu 10 % nach der Fläche verteilen, ist offensichtlich, dass hier Parteipolitik keinerlei Rolle spielt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Reden Sie mal über Ihren 160-Millionen-Topf!)

Von 200 Millionen Euro Programmvolumen werden rund 180 Millionen Euro nach der Schülerzahl als Förderhöchstbeträge den Schulträgern zugewiesen. Das betrifft die Geburtsjahrgänge zwischen 1990 und 2003. Auch diese Zuweisung entzieht sich natürlich der Einwirkung der Landesregierung - schon gar nicht nach parteipolitischen Gesichtspunkten -, zumal wir damals noch nicht regiert haben. Aber selbst wenn wir damals regiert hätten, hätte sich das selbstverständlich unserer Einwirkung entzogen.

(Beifall bei der CDU)

Der Restbetrag wird nach einem sogenannten Scoring-Verfahren verteilt, dessen zentrale Bestimmungsgröße ebenfalls die Anzahl der Schülerinnen und Schüler darstellt. Eine parteipolitische Steuerung der Mittelzuweisung kann hier ebenfalls nicht erkannt werden.