Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen von Miriam Staudte [GRÜNE])

Herr Wenzel, Sie erhalten nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung zwei Minuten zusätzliche Redezeit; der Herr Minister hat seine Redezeit nicht überschritten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich bin ganz überrascht, dass Ihre Rede schon zu Ende ist.

(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Ja, allerdings!)

An dieser Stelle hätten Sie als der zuständige Minister nämlich die Gelegenheit gehabt, einmal im Zusammenhang auszuführen, warum Sie uns einen so unvollständigen ersten Statusbericht vorgestellt haben und warum Sie dann auch noch einen zweiten Statusbericht vorgelegt haben, der in weiten Teilen falsch und unvollständig ist.

(Martin Bäumer [CDU]: Das stimmt ja alles nicht! Das ist eine Unverfroren- heit!)

Im Ausschuss haben wir mindestens zweimal nach dem chemisch-toxischen Inventar gefragt. Daraufhin wurden wir immer mit Glupschaugen angeguckt.

(Martin Bäumer [CDU]: Frechheit! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Man hat so getan, als ob man die Frage nicht verstehe. Plötzlich ist dann die Liste aufgetaucht, in der die Tierkadaver, das Arsen, die Anlieferungen von der Bundeswehr und die Pflanzenschutzmittel enthalten sind. Sie hatten viele Monate Zeit, den Ausschuss zu unterrichten und dies im Statusbericht festzuschreiben.

Bei der Störfallliste haben Sie nicht reagiert, als Sie reagieren konnten.

Das Tritium-Inventar haben Sie nicht angesprochen, obwohl hier eindeutige Hinweise vorlagen.

Die Falschdeklaration der Fässer haben Sie im Ausschuss und im Statusbericht falsch dargestellt. Erst der Strahlenschutzkommission und der ESK verdanken wir es, dass hier die Informationen auf den Tisch kommen.

Herr Sander, das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Hier und heute ist Gelegenheit, diese Märchen, Mythen und Legenden auszuräumen. Das erwarte ich schlicht und einfach von einem Fachminister, der an dieser Stelle die gesamte Kompetenz seiner Häuser - LBEG und Umweltministerium - hinter sich hat. Was Sie hier abgeliefert haben, finde ich jedenfalls erbärmlich wenig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Herr Wenzel, meinten Sie mit „Glupschaugen“ Herrn Minister persönlich

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Nein!)

oder die Allgemeinheit?

(Björn Försterling [FDP]: Nur die Mit- arbeiter! Das ist wieder klar!)

Im ersten Fall hätten Sie einen Ordnungsruf bekommen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das war eine Metapher!)

- Es gehört trotzdem nicht in den parlamentarischen Raum.

Herr Ministerpräsident Wulff hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Wenzel, Sie haben diese Debatte grundlegend missverstanden. Es liegen Anträge von drei Fraktionen über die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses vor. Diese Anträge werden jetzt zusammengeführt. Dann kommt es zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses. Dort werden alle Fragen - die, die Sie gestellt haben, und die, die andere stellen - aufgearbeitet werden, und zwar zu allen Zeiten, insbesondere von 1978 bis 1990, von 1990 bis 1994, von 1994 bis 2003 und von 2003 bis 2009. Anschließend werden wir zu bewerten haben.

Ihre Vorverurteilung Einzelner ist zu diesem Zeitpunkt der Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses schlicht daneben. Es ist hier nicht die Stunde für die Regierung, sondern die Stunde des Parlaments. Das Parlament muss sich jetzt über die Einsetzung klar werden. Dann wird die Regierung an der Aufklärung mitwirken.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ein Punkt ist allerdings staatspolitisch sehr wichtig. Wir stehen unter einem ungeheuren Druck, die dort gegebene gewaltige Problematik, die uns seit Jahren klar ist, in den Griff zu bekommen. Das ist die entscheidende Aufgabe. Dabei trägt der Bund die Verantwortung; denn der Bund hat die Zuständigkeit - übrigens seit Jahrzehnten. Leider habe ich erst bei Bundesforschungsministerin Schavan das erste Mal erlebt, dass sich ein Bundesforschungsminister für diese vermeintliche Forschungseinrichtung in seiner Zuständigkeit verantwortlich gefühlt hat.

(Detlef Tanke [SPD]: Keine vorschnel- len Urteile, Herr Wulff! - Helge Lim- burg [GRÜNE]: Was ist mit Herrn Rüttgers?)

Selbst Sie gehen davon aus, dass die Bundesumweltminister verantwortlich gewesen sind. Es waren aber immer die Bundesforschungsminister.

Jetzt müssen wir uns auf eine Lösung dieser gewaltigen Problematik konzentrieren. Wir stehen unter einem unglaublichen Zeitdiktat.

Ich bitte das Parlament darum, im Zusammenhang mit der an den Bund gestellten Forderung nach einem Schließungskonzept dabei mitzuwirken, ein möglichst optimales Schließungskonzept zu finden, und jetzt nicht kleinkariert Streit zwischen Ihnen und Herrn Sander zu führen. Dafür ist heute tatsächlich nicht die richtige Zeit. Deswegen nehme ich den Minister ausdrücklich in Schutz. Was in der Vergangenheit falsch gemacht worden sein könnte, wird der Untersuchungsausschuss zeigen, aber nicht die heutige Debatte zu seiner Einsetzung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE hat zusätzliche Redezeit beantragt. Sie haben ebenfalls zwei Minuten, Herr Herzog.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, das war die kürzeste Ministerrede, die ich je gehört habe.

(Ministerpräsident Christian Wulff: In der Regel wird überhaupt nicht gere- det! - Zurufe von der CDU)

- Ja, in der Regel wird gar nicht geredet. Vor allen Dingen, Herr Langspecht und Herr Thiele, waren auch keinerlei fachliche Ausführungen zu hören, welches Interesse z. B. der Umweltminister und sein Ministerium tatsächlich haben, an dieser Stelle wirklich Erkenntnis zu bekommen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das gehört doch gar nicht hierhin!)

Sie haben gesagt, dies sei die erste Landesregierung, die dieses Thema umfassend in Angriff nehme. Man wird natürlich an seinen Worten gemessen.

Ich will Sie einmal an Folgendes erinnern: Stefan Wenzel hat eben zu Recht den ersten Statusbericht angesprochen. Das Wesentliche im ersten Statusbericht war ein umfänglicher Maßnahmenkatalog. Das ist ein Dreivierteljahr her. Neulich haben wir im Umweltausschuss den zweiten Statusbericht beraten. Dort war auch das BfS vertreten. Wir mussten feststellen, dass zu den vielen Unzulänglichkeiten des Maßnahmenkatalogs keine Ausführungen gemacht werden konnten und dass im Prinzip alles noch mehr oder weniger so ist, wie es war.

Damit komme ich zu einem weiteren Punkt, dem Schließungskonzept. Ich erinnere Sie daran, dass Sie am 6. Juni 2008 hier in einem Redebeitrag ausführlich zu unserem Antrag „Atommülllager Asse II: Geplantes Flutungskonzept führt zur Verseuchung der Umwelt nach 150 Jahren - Genehmigung versagen und andere Optionen wie Rückholung vorantreiben!“ Stellung genommen haben. Damals waren wir ja noch die absoluten Spinner, die Blödsinn reden; die Leute vor Ort wissen es sowieso alles besser. Aber auch Sie, Herr Sander, haben an dieser Stelle ausgeführt, das sei so schon okay; wir müssten nur noch ein wenig nacharbeiten. Daran will ich Sie auch einmal erinnern, wenn es heißt: umfänglich in Angriff nehmen.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass es mich natürlich mit einer gewissen Genugtuung erfüllt, nach 35 Jahren Kampf gegen die Atomenergie tatsächlich einmal in einem Parlament so

weit vorzustoßen, dass ein solcher Untersuchungsausschuss eingesetzt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann Ihnen sagen: Sie sind die erste Landesregierung, die wegen des Themas Asse umfassend in Angriff genommen wird.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit sind wir am Ende der Beratungen, weil keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen.

Vorgeschlagen ist die Ausschussüberweisung aller drei Punkte. Zuständig ist der Ältestenrat. Wer dem folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 36 und 37 vereinbarungsgemäß zusammen auf:

Erste Beratung: Verkehrsunternehmen brauchen Planungssicherheit - Regionalisierungsmittel dauerhaft aufstocken - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/1146