Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Die Kultureinrichtungen haben das dafür nötige Geld nicht. In sehr vielen Fällen werden die Haushalte der Kommunen belastet werden. Aber auch unser Landeshaushalt wäre betroffen. Der Bundeswirtschaftsminister jedenfalls macht es sich hier etwas zu einfach, wenn er schmallippig darauf hinweist, dass für den Bundeshaushalt keine finanziellen Folgen entstehen.

Meine Damen und Herren, bislang war für Sekundärnutzer die Nutzung der in Rede stehenden Frequenzbereiche bis zum Jahre 2015 gesichert. Sollten diese Pläne umgesetzt werden, stünden die Nutzer vor unlösbaren Problemen.

Die Hersteller von drahtlosen Mikrofonanlagen, zu denen als Marktführer die niedersächsische Firma Sennheiser gehört, fordern eine verlässliche Aussage darüber, welche Ersatzfrequenzen künftig für ihre Anwendungen zur Verfügung stehen sollen. Außerdem braucht man dort verständlicherweise einen angemessenen, störungsfreien Übergangszeitraum für die notwendige Entwicklungsarbeit, damit man neue Produkte in Zukunft überhaupt wird anbieten können.

Ich konnte eigentlich kaum glauben, dass es zu einem solchen Projekt keine umfassende Technikfolgenabschätzung gegeben hat. So gibt es inzwischen breite Proteste. Der Verband für professionelle drahtlose Produktionstechnologie, der Deutsche Bühnenverein, zahlreiche Kulturschaffende, Künstler, Musiker, Theater usw. haben massive

Bedenken angemeldet. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass dem Rechnung getragen wird.

Glücklicherweise haben auch die Länder inzwischen diese Probleme erkannt. Es hat dort Bewegung gegeben. Ich bin sehr froh darüber, dass es uns in vielen Gesprächen, die wir gestern und vorgestern am Rande des Plenums geführt haben, gelungen ist, einen gemeinsamen Änderungsantrag zu unserem Antrag vorzulegen, der von den größeren Fraktionen dieses Hauses getragen wird.

Wir hätten natürlich auch die Linke gern beteiligt. Das wäre uns recht gewesen; denn es geht um den Inhalt. Das war, wie in diesem Hause üblich, jedoch nicht möglich.

Aber wir haben in diesem Hause eine breite Mehrheit für diesen gemeinsamen Änderungsantrag, der die Landesregierung bittet, dafür Sorge zu tragen, dass vor einer endgültigen Entscheidung verschiedene Dinge geklärt werden, z. B. dass der Bund den Betroffenen die Umstellungskosten in voller Höhe erstattet. Das Geld dazu ist da; es gibt schließlich die Versteigerungserlöse. Es kann nicht sein, dass sich der Bund das Geld in die Tasche steckt und Länder und Kommunen die Sache hinterher finanziell ausbaden.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der LINKEN)

Außerdem muss vor der tatsächlichen Vergabe der Frequenzen abschließend geklärt sein, auf welchem Spektrum die bisherigen Nutzer zukünftig störungsfrei senden sollen. Dieses Spektrum muss den Nutzern verbindlich benannt werden, und es muss ein angemessener Übergangszeitraum zur Verfügung stehen.

Dieser Punkt steht morgen auf der Tagesordnung des Bundesrates. Es könnte sein, dass die Abstimmung noch verschoben wird. Da sie aber schon morgen stattfinden könnte, sind wir uns darüber einig geworden, über diesen Antrag hier heute abzustimmen. Ich freue mich über das breite Bündnis, das wir hier erzielt haben.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die Rednerin für die SPD ist Frau Behrens. Bitte, Frau Behrens!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir haben eine lange und anstrengende Plenumswoche hinter uns. Deswegen will ich mich auf wenige Worte zu diesem Antrag beschränken. Frau Helmhold hat deutlich und klar dargelegt, worum es geht. Ich glaube, das muss nicht wiederholt werden.

Ich möchte der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ganz ausdrücklich dafür danken, dass sie diesen Anstoß gemacht hat. Das ist ein Thema, das uns alle berührt. Vor allen Dingen die vielen Briefe der Kulturschaffenden in Niedersachsen, die wohl alle Fraktionen erreicht haben, machen deutlich, dass das Papier, das morgen beschlossen werden soll, aus Ländersicht und auch aus Sicht der Kultur nicht akzeptiert werden kann. Der Änderungsantrag, den die vier Fraktionen jetzt gemeinsam gestellt haben, ist ein guter Änderungsantrag. Auch wenn die Linken aus bekannten Gründen nicht als Antragsteller auf der Drucksache stehen, weiß ich, dass sie sicherlich mit dabei sein wollen und auch würden.

(Kurt Herzog [LINKE]: Sagen Sie doch einmal, dass Sie das nicht mehr ak- zeptieren!)

Aber das wird die Linke sicherlich gleich selber sagen.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein - Frau Helmhold hat das ausgeführt -, dass wir, wenn diese Frequenzzuordnungsneuverteilung so beschlossen wird, wie sie zurzeit auf dem Tisch liegt, mikrofontechnisch in die Steinzeit zurückfallen. Wir werden auf den großen Veranstaltungen wieder mit Kabeltrommeln arbeiten müssen. Die Theater, die uns geschrieben haben, machen deutlich, was für ein großes Problem das für sie ist. Viele Freiluftveranstaltungen wären so nicht mehr möglich. Der Deutsche Bühnenverein hat darauf hingewiesen, dass eine Modernisierung der Mikrofontechnik schon für ein kleines Dreispartenhaus über 300 000 Euro kosten würde.

Wenn wir dieser Entschließung heute mit großer Mehrheit zustimmen und damit die Landesregierung auffordern, morgen auf die sechs Punkte einzuwirken, die die Entschließung aufzählt, dann müssen wir danach schauen, was aus dieser Entschließung geworden ist und ob diese Anregungen, die wir heute auf den Weg bringen wollen, aufgenommen worden sind. Wenn das in dem einen oder anderen Fall nicht so ist, dann muss

entweder dieses Land nachverhandeln, oder wir müssen dafür sorgen, dass sich unsere Theater in öffentlicher Hand spätestens ab 2015 - dann tritt die Neuordnung in Kraft - mit dem notwendigen Geld versorgen können, um ihre Mikrofontechnik zu modernisieren, damit sie auch weiterhin auf dem Stand der Technik sind.

Ich möchte noch einen kurzen Blick auf das Thema „digitale Dividende und Breitbandversorgung“ werfen. Das ist ja der große Grund, warum diese Frequenzneuordnung stattfinden soll. Wir wollen Frequenzen, die nicht mehr so sehr gebraucht werden, nutzen, um die Breitbandversorgung im ländlichen Raum auszubauen und zu sichern. Ich komme aus dem ländlichen Bereich. Glauben Sie mir: Ich weiß, wie schwierig das an der einen oder anderen Stelle ist.

Deswegen müssen wir aufpassen, dass wir auf der einen Seite die Kulturschaffenden berücksichtigen und auf der anderen Seite die Breitbandversorgung weiter ausbauen. Ich glaube aber, dass das zusammen möglich ist. Wir dürfen uns hier nicht zwischen diesen beiden Positionen auseinanderdividieren lassen. Die digitale Dividende muss zum Ausbau der Breitbandversorgung genutzt werden. Das darf aber nicht dazu führen, dass wir die Kulturschaffenden erheblich beeinträchtigen.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Genau!)

- Danke schön, dass Sie mir zustimmen, Herr Briese.

Ich komme zum Schluss. Wir stimmen diesem Änderungsantrag zu. Wir danken den Grünen für den Impuls. Wir werden sehr genau darauf achten, ob die Landesregierung uns morgen entsprechend der noch zu beschließenden Entschließung im Bundesrat vertritt. Wir werden danach gucken, welche Konsequenz die Bundesratsentschließung für das Land Niedersachsen hat. Dann müssen wir schauen, was das für die Kulturpolitik bedeutet.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Herr Riese von der FDP-Fraktion sagt jetzt noch mehr dazu.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Grüne-Fraktion hat mit dem

ursprünglichen Entschließungsantrag meine Anregung aus der Kleinen Anfrage zum gleichen Thema im März-Plenum aufgegriffen - dafür herzlichen Dank - und die morgen bevorstehende Beschlussfassung zur Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung im Bundesrat heute auf die Tagesordnung des Landtages gehoben.

Die Nutzung der Frequenzen von 790 bis 862 MHz durch die Allgemeinheit war von vornherein bis zum 31. Dezember 2015 befristet. Das wusste jeder, der die Verfügung Nr. 91 im Amtsblatt der Bundesnetzagentur vom 21. Dezember 2005 zur Kenntnis genommen hat. Dennoch ist es natürlich erforderlich, dass alle, deren bisherige Nutzung dieser Frequenzen im Rahmen der digitalen Allmende durch die künftig vorgesehene Nutzung des Frequenzspektrums für die digitale, breitbandige Internetversorgung eingeschränkt wird, Gewissheit über die künftige technische Lösung ihrer Nutzung erhalten. Wir alle haben zahlreiche Zuschriften von besorgten Kulturveranstaltern zu diesem Thema erhalten.

Wir alle streben aber hoffentlich auch das Schließen der weißen Flecken auf der Karte der Breitbandversorgung an. Frau Helmhold, es ist natürlich noch ein weiter Weg, bis wir jedes entlegene Dorf in Niedersachsen ans Glasfaserkabel angeschlossen haben werden, wie wir das gerne möchten.

Meine Damen und Herren, die europäischen Frequenzmanagementgremien prüfen derzeit die Nutzung des Frequenzbereichs zwischen 1 400 und 1 500 MHz innerhalb des sogenannten L-Bandes sowie zusätzlicher Kapazitäten im Bereich von 1 800 MHz bis 1 805 MHz. Frequenzen im Bereich von 1 785 bis 1 800 MHz stehen bereits als Alternativen zur Verfügung. Ebenso kommen der untere Dezimeterwellenbereich von 470 bis 790 MHz sowie gegebenenfalls die sogenannte Mittenlücke von 820 bis 832 MHz für drahtlose Mikrofone in Betracht.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Herr Rie- se muss schon selber lachen!)

Die Bundesrats-Drucksache 204/09 enthält dankenswerterweise bereits den Prüfauftrag, „inwieweit diese Umstellungskosten angemessen im Rahmen der Neuvergabe u. a. auch durch die künftigen Frequenznutzer zu tragen sind“. Nach der Auffassung der FDP darf es keinesfalls geschehen, dass der Bund diese Frequenzen fröhlich mit gutem Ertrag versteigert und der allgemeinen Nutzung entzieht, während die bisherigen Nutzer - seien es Kommunen, private Tonstudios oder

Saalveranstalter - auf bisher noch nicht näher bestimmbaren, wahrscheinlich aber bedeutenden Umrüstungskosten sitzen bleiben.

Derzeit besteht jedoch noch viel Unsicherheit, insbesondere bei den Nutzern der genannten Frequenzen, aber auch bei Herstellern der verwendeten Mikrofone und Übertragungsanlagen, zu denen auch der bedeutende niedersächsische Hersteller Sennheiser gehört, sowie bei den Kaufinteressenten.

Die von vier Fraktionen des Landtages vorgeschlagene Entschließung kann dazu beitragen, die Weisheit des Bundesrates zu erhöhen, wenn diese Frage tatsächlich morgen entschieden werden muss.

Es gibt gute Gründe dafür, die offenen Fragen technischer und wirtschaftlicher Art zu klären, bevor der Bundesrat die Verordnung annimmt. Der niedersächsische Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler steht derzeit in intensiven Verhandlungen mit genau dieser Zielsetzung.

Der Landtag sollte heute in einer einzigen Lesung zu einer Entschließung in der von vier Fraktionen vorgeschlagenen geänderten Fassung kommen. Dann wird es zur Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung - ein Wort, bei dem ich immer an Loriot denken muss - eine befriedigende Lösung geben.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt hören wir ergänzende Ausführungen von Herrn Schobert von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist natürlich schwierig - das merken wir durchaus auch am Lärmpegel -, als letzten Tagesordnungspunkt ein so komplexes Thema zu behandeln, von dem wir - da schließe ich mich überhaupt nicht aus - vor drei Wochen noch gar nicht gewusst haben, dass es zum Thema wird.

Seit dieser Zeit haben wir aber - dafür bin ich auch dankbar - sehr viele Rückmeldungen von Betroffenen erhalten, die uns darauf hingewiesen haben, dass hier ein Problem besteht, bei dem offensichtlich - vielleicht im Eifer des Gefechtes - in Berlin noch nicht richtig zu Ende gedacht worden ist.

Wir müssen uns vor Augen halten, dass der Bund diese Veränderungen letztlich durchführen will, um einer unserer grundsätzlichen Forderungen, nämlich der Forderung auf Anschluss des ländlichen Raumes an die Breitbandversorgung, entgegenzukommen. Es ist unstrittig, dass eine Breitbandanbindung über Funk nur eine Not- und Übergangslösung sein kann; denn damit werden überhaupt nicht die Übertragungsraten erreicht, die bei einer Versorgung über Kabel schon heute Standard sind. Zumindest hätte man damit aber schon einmal einen Anfang gemacht und eine entsprechende Möglichkeit geschaffen, bis die notwendigen Kabel verlegt sind.

Um den Zielkonflikt aufzuzeigen, möchte ich Ihnen ein praktisches Beispiel aus meiner Heimatstadt Helmstedt schildern. Der Stadtteil Bad Helmstedt verfügt noch nicht über einen Breitbandanschluss. Dort befinden sich zum einen 80 Haushalte und zum anderen das städtische Theater. Das macht den Zielkonflikt deutlich. Wenn dort die Breitbandversorgung via Frequenz sichergestellt würde, wäre die Stadt Helmstedt nicht mehr in der Lage, weiter mit der jetzigen technischen Ausstattung des Theaters zu arbeiten. Daran kann man den Konflikt auch bildlich nachvollziehen: auf der einen Seite die Versorgung mit Breitbandschlüssen und auf der anderen Seite das berechtigte Interesse der Kultur-, aber auch der Unterhaltungsbranche.

Ich bin unserer Landesregierung, sowohl der Staatskanzlei als auch dem Wirtschaftsministerium, sehr dankbar dafür, dass sie sich in einem sehr guten und schnellen Verfahren in den vergangenen Wochen dieser Thematik angenommen hat. Mittlerweile hat sich Niedersachsen im Bund - die Beratungen dauern ja heute noch an, nachdem sie schon in den vergangenen Tagen stattgefunden haben - an die Spitze der Bewegung derjenigen gestellt, die eine Änderung erreichen wollen.

Der Runde bei der Bundeskanzlerin möchte ich jetzt natürlich nicht vorgreifen. Die innersten Dinge, die dort besprochen werden, kann ich hier auch nicht wiedergeben, weil ich sie gar nicht kenne.

(Heiterkeit bei der FDP)

- Noch nicht. - Letztendlich ist aber klar: Unsere Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass entweder die berechtigten Forderungen, die wir in diesem Antrag niedergeschrieben haben, umgesetzt werden oder dass dieser Punkt bei der morgigen Sitzung des Bundesrates nicht beschlossen