Protokoll der Sitzung vom 28.08.2009

Obwohl aufgrund der Interventionen des Petenten beim Bundesverkehrsministerium im September 2007 bereits über 5 500 Euro von der ausführenden Baufirma zurückgefordert werden konnten, enthielt die mir im März 2008 übersandte erste Stellungnahme des Ministeriums Vorhaltungen gegenüber dem Petenten, Herrn Rothstein.

Er habe sich bei der Überprüfung der Schlussabrechnung mit ausführenden Firmen überworfen, und ihm sei daraufhin im Juli 2004 der Auftrag entzogen worden.

Das war für mich als Berichterstatter angesichts der langen, offensichtlich zufriedenstellenden Tätigkeit des Petenten für das Land wenig plausibel; 25 Jahre hat der Mann solche Abrechnungen geprüft, offensichtlich auch mit Erfolg. Aus eigener Erfahrung als Architekt weiß ich, wie langwierig solche Schlussabrechnungen seien können, wenn die Abrechnungsunterlagen nicht schlüssig sind und man die Interessen des Bauherrn - in diesem Fall die öffentliche Hand - gegen wenig kooperationsbereite Unternehmen nachträglich durchsetzen will. Außerdem bestätigte die aufgrund der Kritik des Petenten bereits erfolgte erste nachträgliche Korrektur der Abrechnung doch letztendlich den Petenten. 5 500 Euro waren ja schon zurückgefordert worden.

Ich habe mich deshalb im Juli 2008 in einem direkten Kontakt mit dem Bundesministerium für Verkehr als Aufsicht und - wegen der Gelder des Bundes, die dort zu viel verausgabt wurden - auch als Geschädigtem gegen die vom niedersächsischen Wirtschaftsministerium angestrengte vorzeitige abschließende Behandlung der Petition gewandt; dort lief die Überprüfung des Falles noch. Daraufhin ist die Petition erneut aktiviert worden.

Die Innenrevision unseres Wirtschaftsministeriums hat noch im April 2006 wie folgt Stellung genommen - ich zitiere -:

„Dem Bund ist kein Schaden entstanden, da die Fehler aufgedeckt und in der Abrechnung berücksichtigt wurden.“

Im Gegensatz dazu hat die Innenrevision des Bundesverkehrsministeriums aufgrund der Hinweise des Petenten inzwischen weitere Rückzahlungsforderungen in Höhe von insgesamt 15 000 Euro gegenüber den beteiligten Firmen durchgesetzt. Unter anderem ging es da um so offensichtliche Probleme und Fehler wie zu breit abgerechnete Fahrbahnen - 19 cm zu breit; ich meine, so etwas muss in der Schlussabrechnung auffallen -, nicht gelieferter Oberboden - da waren schlichtweg Lieferscheine einer anderen Baustelle abgegeben worden -, nachträglich falsch bescheinigte Fugenverfüllungen, die gar nicht erfolgt waren, und nicht berechtigte Nachträge - 15 000 Euro zulasten der Steuerzahler.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es bleibt festzuhalten, dass nach langem, hinhaltendem Widerstand der zuständigen Landesverwaltung - ich habe die Petition jetzt anderthalb Jahre auf meinem Schreibtisch - sich immer mehr Punkte der in der Petition genannten Unregelmäßigkeiten zulasten der öffentlichen Hand bestätigt haben und dass durch den Einsatz dieses Bauingenieurs im Ruhestand Mittel zumindest teilweise zurückgefordert werden konnten. Zwar ist im Wirtschaftsministerium daraufhin eine Reihe von Korrekturen und Nachbesserungen in der internen Organisation und Kontrolle erfolgt. Das ist eine gute Auswirkung. Unbegreiflich bleibt aber, warum weder beamtenrechtliche noch arbeitsrechtliche Schritte oder Regressansprüche gegenüber beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geltend gemacht worden sind und warum die Innenrevision des hiesigen Wirtschaftsministeriums und die Hausleitung, obwohl ich sie direkt darauf angesprochen und um sorgfältige Prüfung gebeten hatte, trotz der regelmäßigen Information über kritisierte Punkte lange so wenig Aufklärungsbereitschaft an den Tag gelegt hat. Mehrere 10 000 Euro zulasten Niedersachsens, die in der Petition aufgeführt sind, sind zudem noch nicht zurückgefordert worden.

Wir beantragen deshalb, die Eingabe der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, mit dem ausdrücklichen Hinweis, von den bisher nicht angewandten personalrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Verursachern der offensichtlich mangelhaften Aufklärung der Abrechnungsmängel Gebrauch zu machen. Wir halten es sowohl für die interne Behördenkultur als auch für

die Integrität der Landesinstitutionen nach außen für zwingend erforderlich, entsprechend zu verfahren.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu dieser Eingabe hat sich Herr Hoppenbrock von der CDU-Fraktion gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hagenah, Sie haben intensiv recherchiert. Aber Sie haben, wenn ich das richtig verstanden habe, auch einiges skandalisiert. Fakt ist, der Petent, Herr Rothstein, hat ein Ingenieurbüro und war von der Straßenbauverwaltung Hannover im Jahre 2003 beauftragt worden, Abrechnungen im Straßenbau zu prüfen, indem die Massen usw. festgestellt und verglichen werden. Als Herr Rothstein nach einem Jahr Tätigkeit noch keine Ergebnisse vorgelegt hatte, hat man seinen Auftrag gekündigt und daraufhin die eigenen Mitarbeiter die Prüfung durchführen lassen. Nach der Kündigung - das ist schon interessant - wusste Herr Rothstein plötzlich ganz genau, wo etwas nicht funktioniert hatte und welche Fehler aufgetreten waren. Er hat die Stabsstelle der Innenrevision des Bundesministeriums für Verkehr informiert, und diese hat anschließend die Staatsanwaltschaft Hannover gebeten, in der Sache zu ermitteln.

Parallel dazu prüfte die interne Revision der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr. Der Rechnungshof wurde eingeschaltet. Zusätzlich wurde die Stelle für Korruptionsbekämpfung beim MW eingeschaltet. Es wurden also alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um festzustellen, was da gelaufen ist.

Ergebnis war, dass tatsächlich Differenzen und Mängel festgestellt wurden. Das ist aber bei der Prüfung solch differenzierter Abrechnungen nicht unüblich; denn das eine Mal wird nach Volumen abgerechnet, ein anderes Mal hingegen nach Gewicht usw. Deswegen war die Prüfung notwendig. Es wäre die Aufgabe des Herrn Rothstein gewesen, diese Prüfung durchzuführen und rechtzeitig einen Bericht an die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zu geben. Die zuständigen Stellen wurden angewiesen, diese Mängel zu prüfen, abzustellen und gegebenenfalls auch Rückforderungen zu stellen. Es gab auch Konsequenzen:

Die Fachaufsicht wurde verstärkt. Es wurde ein Arbeitskreis „Bauabrechnungen“ eingeführt. Heute arbeitet man mit dem EDV-Programm „Arriba“, das eine gewisse Plausibilitätskontrolle beinhaltet, und außerdem wurden die Mitarbeiter weiter geschult. Schließlich muss man wissen, dass alles zu einer Zeit geschah, zu der die EXPO vorbereitet wurde, zu der die Umorganisation in der Landesbehörde für Straßenbau stattfand, sodass nicht immer alles ganz gerade gelaufen ist.

Nach genauer Berechnung wurden Rückzahlungen geleistet, wie Herr Hagenah eben schon gesagt hat. Eine Firma war aber inzwischen in Insolvenz gegangen. Bei solchen Firmen kann man normalerweise nichts zurückholen.

Meine Damen und Herren, ich könnte mich jetzt zurücklehnen und fragen: Was interessiert uns das? Das ist alles zu Zeiten von Schröder, Glogowski und Gabriel passiert. Nun lass die mal richtig prüfen, ob die damals anständig regiert haben. - Wir tun das aber nicht. Sie hätten es vielleicht so gemacht. Wir vertrauen stattdessen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landesbehörde und auf deren Aufklärung, die zu dem Ergebnis geführt haben, dass es keine schweren Unregelmäßigkeiten gegeben hat. Nach der Prüfung durch das Bundesministerium, durch den Landesrechnungshof und die Staatsanwaltschaft Hannover sowie der internen Revision der niedersächsischen Landesbehörde gab es keine Anhaltspunkte für Vorsatz, Mauschelei, geschweige denn für Korruption. Niemand hat sich selbst bereichert. Deshalb sehen wir absolut keinen Grund zur Skandalisierung. Wir trauen den Landesbehörden. Die Fehler sind aufgearbeitet worden. Deshalb bitte ich Sie, auf „Sach- und Rechtslage“ zu entscheiden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu der gleichen Eingabe hat sich Frau König von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ich hatte mich zu einer Kurzintervention gemel- det!)

- Es gibt keine Kurzinterventionen bei der Behandlung von Eingaben. Ich hatte das schon durch ein Kopfschütteln angedeutet, Herr Hagenah.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Petition enthält viele, sehr viele Fakten, die, ein

zeln betrachtet, so, wie es der Petent darlegt, durchaus berechtigte Kritik beinhalten. Allerdings verschweigt der Petent auch einige Umstände, die zu diesen Missständen geführt haben. Herr Hoppenbrock hat das einigermaßen ausgeführt.

(Zurufe von der CDU)

- Nicht alles; das meiste schon, aber nicht alles.

Erstes Beispiel: Die Abwicklung der Ortsdurchfahrt Nettlingen, die Sie, Herr Hagenah, angesprochen haben. Baumaßnahme 2000/2001. - Der Petent hatte den Auftrag, die Schlussrechnung zu prüfen. Warum? - Die Straßenbauverwaltung hatte zu diesem Zeitpunkt nicht die Ressourcen, um die Prüfung selber durchzuführen. Die Baumaßnahmen der EXPO führten zu einer exorbitanten Überlastung. Außerdem fiel die Abrechnung in eine Zeit der Umorganisation der niedersächsischen Straßenmeistereien. Gleichzeitig wurden die Straßenmeistereien Sarstedt, Laatzen und Hildesheim zusammengelegt und das Straßenbauamt Hildesheim aufgelöst. Sachbearbeiter wechselten während der Baumaßnahme zur Stadt Hildesheim.

Der Petent, dessen Ingenieurbüro nun die Prüfung der Schlussrechnung übernehmen sollte, fand Abrechnungsmängel, die er aufzeigte. Die bauausführende Firma hatte nach eigenen Angaben einen Berufsanfänger mit der Schlussrechnung beauftragt, der ohne Vorkenntnisse Schwierigkeiten mit der Aufgabe hatte.

Das Prüfverfahren verlief sehr schleppend, wobei sich das Honorar des Petenten erheblich verteuerte, nämlich von den derzeit geschätzten 14 000 Euro um 21 000 Euro auf 35 000 Euro. Davon übernahm die Baufirma 7 400 Euro. Dem Petenten wurde dieser Auftrag im Jahr 2004 entzogen, da nach einem Jahr immer noch keine Ergebnisse vorlagen und die Kosten, wie schon ausgeführt, überhand nahmen.

2005 begannen dann die Anzeigen des Petenten über sogenannte Unregelmäßigkeiten bei der Prüfung von Schlussrechnungen, die die Landesstraßenbauverwaltung zu verantworten hätte. Der Petent erwähnte aber nicht mit einem Wort, dass es hier um Baumaßnahmen ging, die zum Teil so schwer zu prüfen waren, dass die Bauverwaltung einen externen Prüfer einsetzen musste, weil sie darauf gestoßen war, dass hier die Abrechnungen Ungereimtheiten erkennen ließen, und die eigene Überlastung nicht zu einer tiefergehenden Prüfung Raum bot.

Zweites Beispiel: Ortsdurchfahrt Sarstedt. - Die Schlussabrechnung dieser Baumaßnahme wurde durch die Landesbauverwaltung geprüft. Es wurden wieder Differenzen in der Mengenermittlung festgestellt. Ein Prüfauftrag an den Petenten ergab das gleiche Ergebnis, nachdem er alle Aufmaße nochmals aufwendig prüfte, und es wurden 22 000 Euro zurückgefordert.

(Unruhe)

Frau König, ich darf Sie kurz unterbrechen. - Ich habe das Gefühl, dass an der Regierungsbank mehr los ist als im Parlament. Nehmen Sie doch bitte Rücksicht darauf! - Vielen Dank.

Frau König!

Dass dies aufgedeckt wurde, war Sinn und Zweck des Prüfauftrages und lässt keinen Mangel erkennen. Immerhin hat der Petent damit 19 000 Euro Honorar erwirtschaftet. Die Kosten wären auch bei der Bauverwaltung in dieser Größenordnung angefallen, hätte sie weiter geprüft. Das Land hat hier also keinen Schaden erlitten.

Der Petent bemängelt, dass zum Teil Doppelabrechnungen vorgenommen wurden; z. B. bei der Maßnahme Ortsdurchfahrt Nordstemmen. Er wurde aber genau dafür beauftragt, das zu prüfen und solche Missstände aufzudecken. Das war sein Auftrag.

Der Neubau der A 39 in den Jahren 1996 und 1997 wurde ihm übergeben, nachdem der damalige Mitarbeiter des Straßenbauamtes Braunschweig, der mit dieser Baumaßnahme befasst war, verstorben war und die Schlussrechnung nicht mehr prüfen konnte. Der Petent bekam den Auftrag und stellte fest, dass eine Vielzahl der Aufmaße nicht vorhanden oder wegen schlechter Zuordnung kaum anwendbar war. Zunächst wurde angedacht, diese Schlussrechnung wieder an die Baufirma zurückzugeben, was nach VOB/B § 16 Nr. 3 möglich ist. Diese Absicht wurde allerdings wieder verworfen, da man annehmen musste, dass dies nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen würde. Der Petent bemängelte, dass die Aufmaße vom Straßenneubauamt nicht nachträglich bestätigt wurden. Nach VOB ist jedoch eine Leistung aus Zeichnungen zu ermitteln, soweit die ausgeführten Leistungen diesen Zeichnungen entsprechen. Sind diese Zeichnungen, diese Bestandspläne, nicht vorhanden, muss aufgemessen

werden. VOB/C DIN 18299 Nr. 5 müssten Sie eigentlich kennen. Das ist üblich bei Neubaumaßnahmen.

(Glocke des Präsidenten)

Man einigte sich, Leistungen nur abzurechnen, bei denen anerkannte Aufmaße vorlagen. Mit dem Petenten wurden Schlussrechnungsszenarien durchgerechnet, welche Leistungen höchstwahrscheinlich erbracht waren, für die es keine Belege gab. Hier kamen die Beteiligten auf eine Rückforderung in Höhe von 65 000 Euro bei einer Bauleistung von 3 Millionen Euro. Die Firma wurde davon in Kenntnis gesetzt und hätte dagegen Einspruch einlegen können. Es kam allerdings nicht mehr zu einer Klärung, weil die Firma insolvent war.

Zu einer Klärung kam es danach nicht mehr. Die Rückforderungen können allerdings mit einem Abrechnungsguthaben der Firma in NordrheinWestfalen verrechnet werden. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Das Geld ist noch nicht verloren. Auch weitere Fälle sind mit Insolvenzen von Firmen nicht glücklich gelaufen. Alle möchte ich hier nicht aufführen, weil dazu die Zeit nicht reicht.

(Glocke des Präsidenten)

Fakt ist jedoch, dass die Prüfaufträge, die der Petent erhalten hat, die Aufgabe umfasst haben, genau diese Mängel aufzudecken. Der zusätzliche Aufwand bei den Rechnungsprüfungen ist nicht ungewöhnlich und würde bei eigenen Mitarbeitern in der Bauverwaltung auch anfallen. Dadurch entsteht dem Land kein Nachteil. In dieser Petition geht es eher um die Einziehung des letzten Prüfauftrages wegen Verschleppung, der die Klagen nach sich zog.

Frau Kollegin, Sie müssen zum Ende kommen.

Genau. - Das Ministerium hat alle Anschuldigungen geprüft, Mängel behoben und Bewertungen vorgenommen. Eine weitere Berücksichtigung wäre daher unsinnig. Die Maßnahmen, die das Ministerium getroffen hat, hat Herr Hoppenbrock sehr gut dargestellt. Von daher sollten wir bei „Sach- und Rechtslage“ bleiben und die Eingabe nicht der Landesregierung zur Berücksichtigung überweisen. Das ist in der Vergangenheit bereits alles geschehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zur Eingabe 637 hat sich Frau Twesten von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche zur Petition der Bürgerinitiative Bürger für Umwelt, die die Verlängerung der landesplanerischen Feststellung zur Y-Trasse betrifft.

Die Diskussion zeigt: Wer sich zu früh festlegt, fällt die falsche Entscheidung. Die Landesregierung hat sich, ohne Not übrigens, zu früh festgelegt. Jetzt kann sie ihre Entscheidung nur halten, wenn sie die Faktenlage ausblendet. Dieses Verhalten ist für die Bürgerinnen und Bürger in der betroffenen Region unerträglich.

(Beifall bei den GRÜNEN)