Herr Minister, ich darf kurz unterbrechen. Wir sollten so lange warten, bis die intensiven Gespräche in der Spitze der FDP-Fraktion beendet sind. - Bitte!
Inhalt der Bundesratsinitiative ist, dass der Bundesrat begrüßt, dass der Bund an der in § 46 Abs. 5 SGB II gesetzlich festgelegten Entlastung der Kommunen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro festhält. Die Bestimmung der Höhe der Bundesbeteiligung muss sachgerecht an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erfolgen. Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise im Bereich der Leistungen für Unterkunft und Heizung dürfen nicht einseitig auf die ohnehin stark belasteten kommunalen Haushalte verlagert werden. Die Anpassungsformel für die Höhe der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft und Heizung ist zu ändern, indem die Bundesbeteiligung entsprechend der Entwicklung der Ausgaben für Unterkunft und Heizung und nicht entsprechend der Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften berechnet wird. Hier hat Niedersachsen zugestimmt. Das ist im Moment die Grundlage für die Verhandlungen mit dem Bund.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe zwei Fragen: Erstens. Angesichts der Tatsache, dass sich der Innenminister eben für die Verfestigung der Einnahmen der Kommunen im Zusammenhang mit der Gewerbesteuer ausgesprochen hat, frage ich die Landesregierung: Wie steht sie zu dem Vorschlag, die Basis der Gewerbesteuer in der Weise zu verbreitern, dass alle Unternehmen, also auch diejenigen, die nicht als Gewerbe zählen, in diese Steuer einbezogen werden?
Zweitens. Wenn die Fusionsbereitschaft von Kommunen mit einem Sondervermögen von nur 70 Millionen Euro, von dem die Hälfte über den kommunalen Finanzausgleich finanziert wird, stimuliert werden soll, was passiert dann, wenn dieser Topf ausgeschöpft ist, mit den Kommunen, die auch für ihre Fusion belohnt werden wollen? Gilt dann das Windhundprinzip, oder bekommen alle fusionsbereiten Kommunen weniger?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Ihrer ersten Frage: Ich habe dargestellt, dass es sinnvoll ist, dass wir auf Bundesebene mit Beteiligung der Länder, aber auch der Kommunen eine Arbeitsgruppe aus dem Bereich Finanzen und Inneres bilden. Insofern sollte es aus meiner Sicht keine Vorfestlegung geben. Ziel ist insgesamt die Verstetigung der kommunalen Finanzen. Das ist ein schwieriges Feld, das wir bei einer Steuerreform insgesamt mitberücksichtigen sollten. Deshalb wird es von meiner Seite und auch vonseiten der Landesregierung jetzt keine Vorfestlegungen geben.
Zu Ihrer zweiten Frage: Wenn der Haushaltsgesetzgeber, also Sie, zustimmt, stehen uns insgesamt 70 Millionen Euro zur Verfügung. Damit kann man Kassenkredite in einer Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Euro tilgen. Mir liegen zurzeit 60 Überlegungen hinsichtlich Fusionen bzw. einer intensiven interkommunalen Zusammenarbeit vor. Sogar wenn alle Vorhaben realisiert würden, würde dieser Topf ausreichen. In diesem Zusammenhang gehen wir also nicht davon aus, dass der Betrag von 70 Millionen Euro nicht ausreichen wird. Diese Frage stellt sich also überhaupt nicht.
Wir haben ebenfalls dargestellt, dass bis zu 75 % entschuldet werden können. Dies hängt jedoch nicht vom Gesamttopf ab, sondern vom Grad der Verschuldung und davon, wie viel Entlastung stattfinden muss, um einen ordentlichen Haushalt verabschieden zu können.
Der Solidargemeinschaft ist überhaupt nicht zu erklären, wenn man bei einigen Kommunen sogar überkompensieren würde und wenn sie im Prinzip bessergestellt würden als andere, die die Entschuldung zum Teil über den kommunalen Finanzausgleich mitfinanzieren müssten.
Die Regelung ist insofern klar. Die Initiativen, die zurzeit im Gespräch sind, können aus dem Topf auf jeden Fall finanziert werden.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich möchte Folgendes fragen: Was genau verbirgt sich hinter dem Begriff der „dauerhaften Leistungsfähigkeit“ bzw. der „ordentlichen Haushalte“? An welchen Kriterien, Herr Minister, machen Sie einen ordentlichen Haushalt fest? Dürfen gar keine Schulden mehr aufgenommen werden? Müssen Schulden sogar abgebaut werden? Oder darf es zukünftig, ähnlich wie beim Bund, nur noch einen gewissen Schuldenzuwachs im Vergleich zur eigenen Wirtschaftskraft geben? Meine erste Frage ist also: Was bedeuten „dauerhafte Leistungsfähigkeit“ und „ordentlicher Haushalt“?
Meine zweite Frage: Was machen Sie eigentlich mit Regionen, die zwar fusionswillig sind und Fusionsbestrebungen zeigen, die aber trotzdem diese dauerhafte Leistungsfähigkeit oder diesen ordentlichen Haushalt nicht vorweisen können? - Es gibt ja entsprechende Regionen wie z. B. den Harz oder
auch Cuxhaven, die trotz Fusionsbestrebungen keine ordentlichen Haushalte aufstellen können. Welches Konzept hat die Landesregierung für diese schon heute abgehängten Regionen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ordentliche Haushalte und die Haushaltsführung definieren sich nach § 23 der Gemeindehaushalts- und Kassenverordnung. Darin ist klar dargelegt, wie ein Haushalt aufgestellt werden muss. Ich habe die Verordnung jetzt nicht greifbar. Ich werde sie Ihnen nachreichen, damit Sie nachlesen können, wie das Ganze definiert ist.
In der Zukunft muss man zumindest eine Chance haben, einen strukturell ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Das ist ein wichtiges Ziel. Dies kann aber in den meisten Fällen nur mittel- bzw. langfristig erreicht werden; das ist vollkommen klar. Deshalb haben wir klar gesagt: Es kann nicht sein, dass ein strukturell ausgeglichener Haushalt nur über einen Entschuldungsfonds erreicht wird, sondern es müssen insgesamt Maßnahmen ergriffen werden, damit die Strukturschwäche in der Zukunft zumindest abgemildert werden kann. Man kann das ja nicht einfach über Landesmaßnahmen verordnen, sondern das ist ein längerfristiger Prozess.
Dies ist der am Weitesten reichende Vorschlag, um Kommunen, die strukturschwach sind, zu unterstützen. Bisher hat es in der Geschichte des Landes noch nie den Fall gegeben, dass wir strukturschwachen Gebieten ganz gezielt eine solche Unterstützung gewähren. Wir müssen allerdings darauf achten, dass es unter dem Strich auch langfristig zu einer Verbesserung kommt.
Manchmal ist gerade vor Wahlen viel Geld in die Hand genommen worden, z. B. 20 Millionen D-Mark. Man hat dieses Geld den Kommunen zur Verfügung gestellt, hat sich für die Sonderbedarfszuweisungen feiern lassen und gesagt: Jetzt habe ich dieser Region unheimlich viel Unterstützung gegeben.
Diese Unterstützung hat anschließend aber nicht viel geholfen; denn die Kommunen haben sich an die Bedarfszuweisungen gewöhnt und im Prinzip überhaupt keine Veränderungen vorgenommen.
Das Schlimme ist, dass dieses Vorgehen von den Bezirksregierungen, von der Kommunalaufsicht zumindest zum Teil sogar noch unterstützt worden ist. Sie haben nämlich bei der Genehmigung von Haushalten nicht darauf geachtet, dass die Kommunen, wenn sie Bedarfszuweisungen erhalten, auch eigene Anstrengungen unternehmen müssen, damit sie in Zukunft einen ausgeglichenen und ordentlichen Haushalt hinbekommen. Das ist jetzt zu Ende. Das können wir uns insgesamt nicht leisten. Deshalb haben wir ein Gesamtkonzept entwickelt.
Ich glaube, dass diese Unterstützung sinnvoll und hilfreich ist. Gleichwohl werden wir dadurch nicht alle Probleme lösen können. Ich habe mich nie hier hingestellt und gesagt, dass wir die kommunale Ebene mit einem solchen Konzept so aufstellen werden, dass es keine Probleme mehr gibt. Aber immerhin ist es ein Angebot gerade für die besonders betroffenen Kommunen. Wenn wir denen nicht helfen, wenn wir sagen: „Ihr könnt so weitermachen wie bisher. Wir machen die Augen zu“, dann werden wir die Schere, die wir im Land zum Teil schon jetzt haben, noch weiter öffnen.
In einigen Regionen gibt es trotz der Wirtschaftskrise Gott sei Dank fast Vollbeschäftigung; eine Arbeitslosenquote von nur 4 %. In einigen Gebieten - ich nenne nur die Grafschaft Bentheim, Osnabrück und das Emsland - läuft das hervorragend.
Aber es gibt auch andere Bereiche mit dramatischen Entwicklungen. Wegen der Wirtschaftkrise wird diese Entwicklung sogar noch verschärft.
In diesem Zusammenhang ist es wichtig, dass man gerade den besonders betroffenen Kommunen ein Angebot macht. Dies ist mit den kommunalen Spitzenverbänden so vereinbart worden. Das ist kein einfacher Prozess; das ist klar. Denn die Verantwortung für die Entscheidung, ob etwas verändert werden soll, wird letztendlich auf der kommunalen Ebene belassen. Das ist nicht einfach. Ich erlebe das ja bei mir vor Ort selbst. Es gibt heftige Debatten; das ist keine Frage. Aber jetzt zu sagen, das Land solle letztendlich die Entscheidung für die
Wir haben immer gesagt - auch Sie haben das gerade richtigerweise ausgeführt -, dass die kommunale Selbstverwaltung im Grunde genommen das höchste Gut der Kommunen ist. Die höchste Form der kommunalen Selbstverwaltung ist, dass man den Kommunen sagt: Wir geben euch Angebote und moderieren. Aber die Entscheidung, ob ihr das Angebot annehmt und ob das der richtige Weg ist, muss bei euch in den kommunalen Parlamenten entschieden werden. - Das ist unser Weg. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Dies hat etwas mit Berücksichtigung der kommunalen Ebene zu tun. Wir nehmen die kommunalen Vertreter in den Räten und Kreistagen ernst.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ralf Briese [GRÜNE]: Und was ist mit meiner zweiten Frage? - Minister Uwe Schünemann: Das habe ich doch ge- sagt! - Ralf Briese [GRÜNE]: Frage 2 war: Was passiert mit den fusionswil- ligen Gebieten, die keinen ordentli- chen Haushalt aufstellen können? - Minister Uwe Schünemann: Das habe ich doch gesagt!)
Ich habe dargestellt, dass ein Entschuldungsfonds allein natürlich nicht ausreicht, sondern dass man gerade bei diesen Kommunen parallel dazu durch Bündelung von Strukturmaßnahmen und Maßnahmen in anderen Bereichen helfen muss, damit sie weiter nach vorne kommen. Das ist doch völlig klar. Das habe ich Ihnen hier schon mindestens zehnmal erzählt. Insofern habe ich diese Frage nun wirklich eindeutig beantwortet.
Bezüglich der Kassenkredite führten Sie aus, dass Niedersachsen mit einer Belastung von umgerechnet 514 Euro pro Einwohner deutschlandweit im Mittelfeld läge. Kennen Sie z. B. die Berechnung des NLT, wonach, wenn man die ländlichen Bereiche betrachtet, Niedersachsen in der Kassenkreditbelastung in Deutschland mit weitem Abstand führend ist?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kenne diese Berechnung nicht und weiß auch nicht, welche Landkreise man dabei mit eingerechnet hat und welche nicht, was man unter ländlichem Raum versteht und was nicht. Mir liegen die Zahlen vom Land Niedersachsen vor. Ich glaube, nur diese können Berechnungsgrundlage sein. Nach diesen Zahlen liegen wir bei der von Ihnen zitierten Pro-Kopf-Verschuldung eben nicht an der Spitze, sondern im Mittelfeld. Ich muss mir die Berechnungen des Niedersächsischen Landkreistages genau anschauen, um festzustellen, was bei diesen Berechnungen einbezogen bzw. herausgelassen wurde.
Entscheidend kann aber doch nur die Gesamtzahl sein. Ansonsten müssten Sie bei NordrheinWestfalen und bei den anderen Flächenländern einzelne Regionen herausrechnen. Ich habe eben schon dargestellt, dass es einige Regionen in unserem Land gibt, die von der Strukturschwäche besonders betroffen sind und insofern besondere Probleme haben. Es wäre aber falsch zu sagen, wir würden uns nicht darum kümmern. Deshalb haben wir das Konzept, das ich Ihnen hier schon ein paar Mal dargestellt habe, zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden entwickelt.