Protokoll der Sitzung vom 18.02.2010

- Nein, im Jahr 2010 sowieso nicht. Im Jahr 2010 haben wir ja die große Steuerentlastung vorgenommen, die von SPD, CDU/CSU und FDP ge

meinsam getragen worden ist. Zum 1. Januar 2010 hat es aufgrund des Bürgerentlastungsgesetzes eine Steuerentlastung gegeben.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ich rede über 2011!)

- Sie haben eben „dieses Jahr“ dazwischengerufen. Dieses Jahr ist das Jahr 2010. Wenn Sie sich jetzt auf 2011 beziehen, muss ich sagen, dass ich davon ausgehe, dass die erwähnte Steuersenkung im Jahre 2011 noch nicht spruchreif ist.

Herr Jüttner, Sie haben Glück, dass ich die Zwischenrufe nicht auch noch als Fragen bewerte. Sie haben also noch die Möglichkeit zu einer weiteren Zusatzfrage. Es liegen noch Wortmeldungen zu weiteren 17 Zusatzfragen vor.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt Frau Kollegin Flauger das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund Ihrer einleitenden Dementiversuche und angesichts der geplanten Globalkürzungen glaubt wohl kaum jemand, dass Sie nicht massiv in die Leistungen im sozialen und soziokulturellen Bereich eingreifen werden. Vor dem Hintergrund, dass Sie sicher dauernd mit Kopf und Herz bei den Menschen in diesem Land sind, frage ich die Landesregierung, wie ihrer Meinung nach die Menschen in Niedersachsen die Kürzungen im sozialen und soziokulturellen Bereich im Hinblick auf das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes bewerten werden.

Für die Landesregierung hat Herr Minister Möllring das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Unsozialste, was man tun kann, ist, seinen Kindern Schulden zu hinterlassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Land Niedersachsen hat, seitdem es Haushalte gibt, d. h. seit 1947, noch keinen Haushalt aufgestellt, in dem nicht eine Nettokreditaufnahme vorgesehen war. Wir haben jetzt 50 Milliarden Euro Schulden. Das regt niemanden auf. Das ist doppelt so viel wie das Volumen des Landeshaushalts. Auch das regt niemanden auf, weil sich niemand

diese Größenordnungen vorstellen kann. Für die Schulden zahlen wir jedes Jahr zwischen 2 und 2,5 Milliarden Euro Zinsen. Das sind 10 % des Landeshaushalts. Das heißt, es bleiben nur 90 % des Landeshaushalts für allgemeine Politik übrig. Auch das regt niemanden auf, weil sich das niemand vorstellen kann. Deshalb habe ich es einmal umgerechnet: Wir müssen jeden Tag knapp 7 Millionen Euro für Zinsen aufbringen. Vor einem Jahr waren einmal 42 Millionen Euro im Lottojackpot. Wenn wir den Jackpot geknackt hätten, hätten wir sechs Tage Ruhe gehabt. An den restlichen Tagen des Jahres hätten wir wieder jeweils 7 Millionen Euro Zinsen zahlen müssen. Führen Sie sich einmal vor Augen, über welche Beträge wir hier diskutieren und was wir mit 7 Millionen Euro jeden Tag an Politik gestalten könnten! Wir wären dankbar gewesen, wenn unsere Vorgänger und auch wir alle im Sinne des Sozialstaatsprinzips etwas bescheidener gewesen wären und mit dem ausgekommen wären, was wir selber erwirtschaftet haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist doch selbstverständlich. Das ist doch nicht unsozial.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben meine Frage nicht beantwortet! Wie werden die Menschen es auffas- sen, wenn Sie dort kürzen?)

- Lesen Sie keine Umfragen? Die Menschen sehen zwei ganz wichtige Punkte im Fokus der zukünftigen Politik: Das sind Bildung und Schuldenabbau. In der Bundesrepublik Deutschland hat es das in dieser Schärfe noch nie gegeben, dass die Bevölkerung die Erfordernisse so klar erkannt hat. Sie hat nicht gesagt „Mir ist es egal, welche Schulden die Politik macht“, sondern sie macht sich Sorgen, dass wir zu viel Schulden machen, die unsere Kinder und irgendwann unsere Enkelkinder alle irgendwann bezahlen müssen. Das ist eine unsoziale Politik. Wer das nicht begreift, geht an den Sorgen der Menschen vorbei.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Wirtschaftsminister Bode hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nachforschungen haben ergeben, dass in meinem Hause die Antworten auf drei Fragen, zu denen heute aller Wahrscheinlichkeit nach keine Zusatzfragen gestellt werden können, weil sie erst weiter hinten auf der Liste der Fragen stehen, aufgrund der Nachfrage tatsächlich zu früh an die Presse herausgegeben worden sind. Ich bedauere das zutiefst. Ich werde sicherstellen, dass etwas Derartiges nicht wieder vorkommt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Adler. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In Oldenburg ist das meistdiskutierte Thema gegenwärtig der durch den JadeWeserPort notwendig gewordene Ausbau der Bahnstrecke, der mit der Elektrifizierung der Strecke verbunden ist. Zeitgleich steht die Beseitigung des höhengleichen Bahnübergangs an der Alexanderstraße auf dem Programm. Beide Planungen sollen gegenwärtig, so wird uns gesagt, koordiniert werden. Da die Stadt Oldenburg bei der Beseitigung des höhengleichen Bahnübergangs nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz ein Drittel der Kosten tragen muss, frage ich die Landesregierung, ob sie bei ihrer Kabinettsklausur berücksichtigt hat, dass sie zu diesem Drittel, das die Stadt zu tragen hat, noch etwas dazulegen muss.

Das war eine sehr detaillierte, an die Mündliche Anfrage anknüpfende Frage. Herr Minister Möllring!

Nein, wir haben weder über Straßen noch über Eisenbahnen noch über Wasserkreuzungen im Einzelnen diskutiert. Sie wissen, dass wir von Anfang an hinter dem Ausbau des JadeWeserPorts gestanden haben. Wir haben ihn in den letzten Jahren auch ausfinanziert. Selbstverständlich gehören dazu auch die Eisenbahnanbindung, die Hinterlandanbindung und die Umfahrung von Sande. Natürlich gehört auch die Querung in Oldenburg dazu. Ich gehe fest davon aus, dass dieses Vorhaben von anderen Beschlüssen unberührt

bleibt und auch durchgeführt wird. Wir hatten uns ja verpflichtet, den Hafen rechtzeitig fertig zu stellen, damit der Betreiber EUROGATE am Eröffnungstag mit der Hafenwirtschaft beginnen kann. Insofern bin ich davon überzeugt, dass wir dazu stehen werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Perli für die Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Frau Ministerin Ross-Luttmann am 29. Oktober 2009 im Plenum ausgeführt hat, dass eine Förderrichtlinie mit Gültigkeit ab dem Jahr 2010 vorbereitet werde, nach der künftig grundsätzlich alle Jugendorganisationen der im Landtag vertretenen Parteien bei der Förderung der politischen Jugendbildung berücksichtigt werden sollen, diese Richtlinie aber bis heute nicht vorliegt und mir jetzt zu Ohren gekommen ist, dass das Sozialministerium davon Abstand genommen hat, frage ich die Landesregierung, ob dieser Beschluss bei der Kabinettsklausur gefallen ist und welche Auswirkungen dieser Beschluss auf die Förderung des Jugendverbandes der Linken hat.

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Möllring.

Das dürfte nicht Gegenstand der Frage sein.

(Zustimmung von der CDU)

Ich will es trotzdem gerne beantworten: Darüber haben wir auf der Klausur in Vienenburg nicht gesprochen.

Übrigens bin ich auch familiär betroffen.

(Heiterkeit)

Herr Minister Möllring, ich habe die Frage auch nur deshalb zugelassen, weil sie sich ausdrücklich darauf bezog, ob das auf der Kabinettsklausur diskutiert worden ist.

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE. Aber achten Sie auf

die Ausweitung! Die beiden letzten Fragen gingen schon sehr ins Detail.

Frau Präsidentin! Vor dem Hintergrund, dass die Regierungsfraktionen im Koalitionsvertrag festgehalten haben „Die Teilhabe aller an Bildung und Ausbildung ist ein Gebot der Chancengerechtigkeit. Deswegen werden die Koalitionspartner den eingeschlagenen Weg zur Stärkung der Bildungsqualität … fortsetzen (und) frei werdende Lehrerressourcen im Bildungswesen belassen“ und vor dem Hintergrund, dass Sie auf der Kabinettsklausur beschlossen haben, die frei werdenden Lehrerressourcen nicht vollständig im Bildungssystem zu belassen, frage ich Sie: Warum haben Sie sich von diesem Ziel verabschiedet, die Teilhabe aller zu gewährleisten?

Herzlichen Dank. - Herr Minister Möllring, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie haben die Frage selber beantwortet. Sie haben den Koalitionsvertrag vorgelesen. Darin steht, dass frei werdende Ressourcen belassen werden, aber es steht dort nicht, dass alle belassen werden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Was ist das für eine Ausrede?! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Die Ansage war an- ders!)

Wenn wir bis zum Jahre 2020 25 % weniger Schüler haben, müssen wir natürlich auch weniger Lehrer haben als heute - nicht 25 % oder 20 % weniger, aber darüber werden wir entscheiden müssen. Das ist doch eine völlige Selbstverständlichkeit! Ich habe es vorhin schon gesagt: Lehrer werden doch nicht dafür eingestellt, damit die GEW genügend Mitglieder hat.

(Dörthe Weddige-Degenhard [SPD]: Die Schulen könnten kleinere Klassen bekommen!)

- Ja, natürlich könnten sie kleinere Klassen bekommen. Aber gucken Sie sich bei den Grundschulen doch an, wie groß die Klassen da zum Teil schon sind! Das ist doch bereits ein Riesenerfolg unserer Schulpolitik. Dafür sollten Sie dankbar sein!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt wis- sen wir, wie wir Verträge verstehen müssen!)

Die zweite und für ihn damit letzte Zusatzfrage stellt Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE. Bitte!

Frau Präsidentin! Ich möchte vorausschicken, dass ich meine erste Frage für nicht beantwortet, aber für zulässig halte, weil die übergeordnete Frage heißt „Wohin treibt das ‚Streichkonzert’ der Regierung das Land Niedersachsen?“ und ich konkret gefragt habe, ob der Jugendverband der Linken von diesem Streichkonzert betroffen ist. Insofern bitte ich darum, dass diese Frage noch beantwortet wird, vielleicht auch von der zuständigen Ministerin.

Meine zweite Frage betrifft einen anderen Komplex. Seit 2008 fördert das Land Niedersachsen die private Business School, kurz GISMA, jährlich mit 600 000 Euro. Seit 2009 ist dieser Zuschuss auf jährlich 1,2 Millionen Euro aufgestockt worden. Der Landesrechnungshof moniert, dass das unverhältnismäßig hoch sei, weil die Zuschüsse pro Studienplatz bei 26 500 Euro liegen, während die Zuschüsse pro vergleichbarem Studienplatz für die staatliche Uni Hannover bei 18 500 Euro liegen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung, ob sie bei dieser unverhältnismäßig hohen Ausgabe für eine private Business School trotz der Sparzwänge bleiben möchte.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Möllring. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich lege Wert auf die Feststellung, dass ich die erste Frage vollständig behandelt habe. Sie lautete: Ist das in Vienenburg auf der Klausurtagung verhandelt worden, und ist die Jugendorganisation der Linken betroffen? - Wenn das zwei Fragen waren, dann ist die Frage, die Sie eben gestellt haben, unzulässig, weil Sie ja nur zwei Fragen stellen dürfen. Sie müssen sich schon entscheiden.