Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Eine Vorbemerkung: Einschließlich der 1 Million Euro betreffend bürgerschaftliches Engagement sind es nicht 20,8 Millionen Euro, sondern knapp 22 Millionen Euro. So viel Zeit muss sein, um das klarzustellen.

Sie können sich darauf verlassen, dass mein Engagement in dieser Frage genauso wie in vielen anderen Bereichen ist. Ich sage es noch einmal: Natürlich versuchen wir, eine Lösung für die Theater zu finden. Gerade weil ich zuallererst auch für die großen Staatstheater Verantwortung trage, deren Wirkung ich meine beurteilen zu können, ist

mir auch ein flächendeckendes qualitätsvolles Theaterangebot in der Fläche sehr wichtig. Deshalb ist unser Engagement in dieser Frage groß. Ich kann aber auch nicht zaubern. Ich sage es noch einmal: Ich kann nicht voraussagen, ob es mehr Geld geben wird. Sie alle sind über die derzeitige Haushaltssituation gut informiert. Sie wissen, wenn hier jetzt ein Kommunalpolitiker stünde, der Verantwortung für ein städtisches Theater hätte, dann würde er mit Sicherheit keine andere Rede halten, als ich sie gerade halte, weil es den Kommunen in dieser Frage genauso wie dem Land geht. Das heißt, wir müssen uns zusammensetzen und vernünftige Lösungen finden.

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Perli das Wort. Bitte schön!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Stratmann, vor dem Hintergrund, dass Sie hier ausgeführt haben, dass die Zielvereinbarungen den Trägern enorme Vorteile gebracht hätten, diese Aussage aber in einem eklatanten Widerspruch zu Aussagen von den Trägern selbst steht - ich verweise darauf, dass der Emdener Kulturausschuss einstimmig eine Resolution beschlossen hat, die beinhaltet, dass die Landesbühne bis 2007 ein effizientes, erfolgreiches Theater gewesen sei und erst durch Zielvereinbarungen ins Trudeln gebracht worden sei und dass der Zweckverband daraufhin die Beiträge habe überproportional hochstufen müssen -, frage ich Sie, wie Sie sicherstellen wollen, dass in der mittel- und langfristigen Planung der kommunalen Theater und insbesondere der Landesbühne gewährleistet wird, dass die Zielvereinbarungen zukünftig enorme Vorteile bringen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Landesregierung hat Herr Minister Stratmann das Wort.

Herr Perli hat die Situation der Landesbühne Nord angesprochen. Dazu muss ich sagen, dass die dort vorgetragenen Argumente nicht nur im MWK, sondern auch bei den übrigen Theatern auf etwas Verwunderung stoßen. Die Landesbühne Nord erhält mit Abstand den höchsten Landeszuschuss

unter den vergleichbaren Häusern in Niedersachsen.

Uns liegen natürlich auch die geprüften Jahres- und Wirtschaftsberichte aus den letzten Jahren vor. Anhand dieser Prüfungen kann ich nicht erkennen, dass so etwas wie eine Insolvenz ins Haus steht. Das ist jetzt die Diktion der Vertreter der Landesbühne. Ich wäre mit solchen Formulierungen außerordentlich vorsichtig und habe sie deshalb hier auch nur zitiert.

Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Kollegin Schröder-Ehlers von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die Finanzierungsversuche im letzten Jahr nicht optimal gelaufen sind und Sie, Herr Minister, daraus die Konsequenz gezogen haben, dass in diesem Jahr eine Gegenfinanzierung auch über kommunale Anteile möglich ist, frage ich die Landesregierung, inwieweit es eine Abstimmung mit Ihrem Amtskollegen aus dem Innenressort darüber gibt, dass entsprechende kommunale Haushalte auch genehmigt und nicht mit Prüfbemerkungen versehen werden.

Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann. Bitte schön!

Ich möchte allen Kollegen noch einmal deutlich Folgendes sagen: Die Träger der hier in Rede stehenden Theater sind nicht wir, ist nicht das Land Niedersachsen, sondern Träger sind die Kommunen oder ein Zweckverband, z. B. bei der Landesbühne. Das heißt, zuallererst tragen die Träger Verantwortung dafür, dass dort auch in der Zukunft sozusagen Arbeitsfähigkeit hergestellt werden kann. Das Land gibt Zuschüsse. Es steht außer Frage - dies sage ich, damit ich hier nicht missverstanden werde -, dass das Land diese Zuschüsse zu Recht gibt. Deshalb ist auch die Frage, wie die Träger, in diesem Fall die Gebietskörperschaften, mit Vorgaben der Kommunalaufsicht umgehen bzw. gedenken umzugehen, keine Frage, die das MWK zu beantworten hat, sondern diese Frage fällt ausschließlich in den Zuständigkeitsbereich der Vertreter der Gebietskörperschaften. Das müs

sen diese mit der Kommunalaufsicht selber aushandeln. Das geschieht ja auch.

Die nächste Zusatzfrage stellt von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Frau Dr. Heinen-Kljajić.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage in Anknüpfung an die Frage von Frau Schröder-Ehlers, die, wie ich finde, so noch nicht beantwortet ist. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass im Falle einer Kürzung der Landeszuschüsse oder einer Nichtübernahme der Tarifsteigerungen die Kommunen dafür aufkommen müssten, ist doch die Frage berechtigt: Wie würde die Landesregierung in dem Fall, dass eine Kommune den fehlenden Landesanteil aufstocken möchte, zukünftig bei der Genehmigung des kommunalen Haushaltes verfahren, weil es sich in diesem Falle ja um eine freiwillige Leistung handelt? - Ich finde, das ist eine gerechtfertigte Frage, die hier beantwortet werden muss.

Ich möchte auch gleich eine zweite Frage anschließen. Herr Minister, Sie sprachen gerade davon, dass im Moment keine Insolvenzen bevorständen. Das Problem der Theater sind aber nicht unmittelbar bevorstehende Insolvenzen, sondern ist eher das Problem, dass sich die Spartenvielfalt nicht aufrechterhalten lässt, d. h. dass mit Spartenschließungen zu rechnen ist. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fragen: Würden Sie als zuständiger Fachminister in dem Fall, dass eine Kommune das bisher vorgehaltene Programm mit eigenen Mitteln und den dann in der neuen Zielvereinbarung gewährten Landesmitteln nicht aufrechterhalten kann, die Spartenschließung als probate Sparmaßnahme empfehlen?

Herzlichen Dank, Frau Dr. Heinen-Kljajić. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann. Bitte schön!

Liebe Frau Heinen-Kljajić, wir kennen uns jetzt schon lange genug. Sie wissen ja auch, dass ich Sie schätze. Deshalb werden Sie mir nicht böse sein, wenn ich Ihre letzte Frage eher als rhetorische Frage abtue.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Nein, nein, das muss beantwortet werden!)

Selbstverständlich kann ich hier keine Antworten auf Fragen geben, die auf fiktiven Annahmen basieren. Das wird man dann im Einzelfall sehen.

Im Übrigen noch einmal zur Kommunalaufsicht: Die Kommunalaufsicht gibt vor, dass im freiwilligen Bereich geschaut werden muss, wo unter Umständen Kürzungen möglich sind. Welche Kürzungen im Einzelnen umgesetzt werden, entscheidet nicht die Landesregierung, sondern entscheiden die zuständige Gebietskörperschaft und die dort zuständigen Gremien.

Die nächste Zusatzfrage kommt von der SPDFraktion. Herr Kollege Lies, bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Minister, ich frage die Landesregierung, wie es vor dem Hintergrund der von Ihnen gestern getätigten Aussage, welche hohe Bedeutung insbesondere die Kultur auch in der Fläche habe, vor dem Hintergrund, dass die Landesbühne Nord bis 2007 wirklich hervorragend dastand, und vor dem Hintergrund, dass es nach Ihren Aussagen durch die Vereinbarungen, die geschlossen wurden, Planungssicherheit gegeben hat, zu erklären ist, dass die Landesbühne in besonderen finanziellen Schwierigkeiten ist, und zwar insbesondere in Bezug auf die Frage, dass das Finanzierungsmodell „Spende und Zuschuss“ überhaupt nicht funktioniert hat, und wie Sie sicherstellen wollen, dass das Vertrauen zwischen Landesbühne und Landesregierung wiederherzustellen ist und damit auch die Sicherheit geschaffen wird, dass wir das kulturelle Angebot bei uns in der Fläche auf Dauer erhalten können.

Für die Landesregierung hat Herr Minister Stratmann das Wort.

Ich kann mich nur wiederholen: Kein Haus, kein Theater in Niedersachsen, das nicht in Trägerschaft des Landes steht, bekommt einen mit Abstand so hohen Zuschuss, wie es für die Landesbühne Nord der Fall ist. Fragen Sie einmal die anderen Intendanten, was sie davon halten! Ich beobachte das durchaus mit gewissem Magengrim

men. Ich finde, dass es an der Stelle eigentlich ohnehin ein ungeheuerlicher Vorgang ist, dass immer wieder versucht wird, verschiedene Häuser gegeneinander auszuspielen.

(Beifall bei der CDU - Olaf Lies [SPD]: Das könnten Sie verhindern!)

- Nein, das ist ja auch sozusagen mit Ihrer Frage intendiert. - Ich kann nur sagen: Das, was uns an Berichten, die geprüft sind, vorliegt, lässt derzeit nicht den Schluss zu, dass sich die wirtschaftliche Lage der Landesbühne Nord drastisch verschlechtert hat. Man müsste dann Vergleichbares auch für alle anderen sagen; denn auch alle anderen haben diese Zielvereinbarungen unterschrieben, und die sind inhaltlich gleich.

Ein weiterer Hinweis: Natürlich hätten alle gerne sozusagen automatisch die Mehrausgaben infolge der Tarifsteigerung erstattet bekommen. Sie haben aber die Zielvereinbarungen unterschrieben, weil sie wussten, dass die Frage der Verlässlichkeit des Zuschusses einen sehr hohen Wert an sich darstellt. Er verschafft ihnen nämlich Handlungssicherheit, und zwar auch für das außerordentlich schwierige Jahr 2011. Insgeheim werden sie alle extrem froh sein, dass sie die Zielvereinbarungen auch noch für 2011 haben und aus diesen Zielvereinbarungen Sicherheit erwächst.

Eine weitere Bemerkung: Obwohl wir nach den Zielvereinbarungen nicht verpflichtet gewesen wären, den Gesamtansatz, wie hier bereits erwähnt, von 20,8 Millionen Euro zu erhöhen, haben wir ihn gleichwohl um 1 Million Euro - das sind etwa 7 % - erhöht. Das ist etwas, was über die Zielvereinbarungen hinausgeht. Dem Land an dieser Stelle vorzuwerfen, wir würden den wesentlichen Beitrag dazu leisten, dass durch eine Bühne wie die in Wilhelmshaven die Landesbühne Probleme bekommt, finde ich an dieser Stelle alles andere als redlich.

(Björn Thümler [CDU]: Richtig!)

Ich muss immer die handelnden Akteure fragen, welchen Beitrag sie selbst dazu leisten - was andere in Niedersachsen übrigens sehr vorbildlich getan haben -, um die Möglichkeiten, die das Land bietet, in voller Höhe auszuschöpfen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Frage stellt von der CDU-Fraktion Herr Nacke. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass mit dieser Frage offensichtlich versucht werden soll, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Verhandlungen im Fluss sind,

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Saufen Sie nicht ab in dem Fluss!)

die Leistungen des Landes kleinzureden, und angesichts der Tatsache, dass die Fraktionen von CDU und FDP im vergangenen Haushaltsjahr und im laufenden Haushaltsjahr über die Fraktionen noch zusätzliche Mittel in Höhe von 1 Million Euro zur Verfügung gestellt haben, frage ich, nachdem das hier ein paar Mal Thema war, die Landesregierung: Wie hoch ist eigentlich der Landesanteil an den einzelnen Etats in den betroffenen Einrichtungen? Gibt es eigentlich eine vergleichbare Planungssicherheit über eine solche Zielvereinbarung auch in anderen Bundesländern?

(Zustimmung von Christian Grascha [FDP])

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Vergleichbare verlässliche Zielvereinbarungen gibt es in anderen Ländern nicht, um die Antwort auf diese Frage vorwegzunehmen.

Jetzt zu der Frage, was die Finanzierungsanteile des Landes anbelangt: Ich fange mit der Landesbühne Nord in Wilhelmshaven an: 48,43 %. Schlosstheater Celle: 25,84 %. Deutsches Theater Göttingen: 26,11 %. TfN in Hildesheim: 36,21 %. Theater Lüneburg: 38,29 %. Städtische Bühnen Osnabrück - ein außerordentlich erfolgreiches Theater, wenn ich das bei dieser Gelegenheit sagen darf -: 27,07 %. GSO, also Symphonieorchester Göttingen: 28,88 %.

Herzlichen Dank. - Die zweite Zusatzfrage stellt Frau Dr. Andretta von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, da auch ich meine Kollegin Frau Heinen sehr lange kenne, weiß ich, dass sie ihre Frage

durchaus ernst gemeint hat. Es ist nämlich die Frage nach der Sicherung der Qualität der Theater - das, was Sie eingangs formuliert haben, dass das auch Ihr Anspruch sei. Daher frage ich Sie noch einmal: Wie wollen Sie angesichts der jetzt schon bestehenden finanziellen Schwierigkeiten sicherstellen, dass diese Qualität auch gewährleistet werden kann und die Folge nicht sein wird, dass es gerade bei den sehr wertvollen Angeboten in der Kinder- und Jugendarbeit zu Kürzungen kommt?

Danke schön, Frau Dr. Andretta. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Stratmann. Bitte!

Zum einen, liebe Frau Dr. Andretta, haben wir die zusätzlichen Mittel auch aus diesem Grund zur Verfügung gestellt. Aber es geht in dieser Debatte im Kern weniger um das Jahr 2010 und um die Jahre davor, sondern es geht im Kern, wenn wir ehrlich sind, um die Frage: Was passiert nach 2011 f.? - Da sage ich noch einmal: Ich könnte es mir natürlich einfach machen und könnte, nachdem ich in etwa weiß, wie sich die Gesamtsituation darstellt, sagen: Ihr habt einen Betrag x. Den teilen wir nach den bisher genannten Anteilen auf. Ob ihr damit klarkommt oder nicht, geht das Land nichts an. Das ist eure Geschichte. Ihr seid die Träger.

Ich stehe auf dem Standpunkt - dazu bekenne ich mich -, dass das der falsche Weg wäre. Das heißt, wenn eine Situation eintritt, dass nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen, als es zurzeit der Fall ist, und die Häuser gleichwohl sagen, wenn es nicht mehr gibt, als es zurzeit der Fall ist, dann bekommen wir existenzielle Probleme, dann müssen wir gemeinsam im Rahmen der Zielvereinbarungsgespräche nach Lösungen suchen. Da diese Lösungen nur gemeinsam gefunden werden können, verlangen Sie von mir etwas zu viel, wenn ich Ihnen diese Lösung hier jetzt schon präsentieren soll. Es wäre auch falsch, das zu tun; denn ich stehe auf dem Standpunkt - ich wiederhole mich -, dass das nur gemeinsam mit den Verantwortlichen in Bezug auf die einzelnen Theater geht. Dem Zweck dienen auch die Zielvereinbarungsgespräche der nächsten Monate. Wenn alles gut wird und es mehr wird, dann werden alle sagen: Damit sind wir sehr zufrieden. Wir sind erneut dankbar für die Zielvereinbarungen. Wir unterschreiben sie auch schnell wieder, weil sich daraus die erwähnte Planungssicherheit ergibt.

Wir erinnern uns ja an die Debatten - zumindest die Kollegen, die damals schon verantwortlich waren -, die wir wegen der Zielvereinbarung geführt haben. Auch damals haben natürlich alle versucht, die Tarifsteigerung mit unterzubringen, was ja legitim ist. Aber unterschrieben haben dann doch alle, weil ihnen klar war, dass die Planungssicherheit einen Wert an sich darstellt, den man nicht unterschätzen darf und der im bundesweiten Vergleich seinesgleichen sucht.

(Zustimmung von Jens Nacke [CDU])