Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

Diese Aussagen - nun hören Sie einmal zu, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion - datieren aus dem September 2002, also auf der Endzeit der Regierung Glogowski/Gabriel. Sie stammen von einem, der es eigentlich wissen muss, nämlich von einem Kronzeugen: Sie stammen vom ehemaligen Wirtschaftsminister Peter Fischer.

(Zustimmung von Björn Thümler [CDU])

Meine Damen und Herren, es gibt hier überhaupt keinen Grund, sich so aufzublasen. Meines Erachtens wäre es damals problemlos möglich gewesen,

10 oder 20 marode Landesstraßen herauszusuchen, deren Zustand auf das Konto der SPDLandesregierung ging.

(Zustimmung bei der CDU)

Nun zu Ihrem Antrag.

Herr Kollege Hoppenbrock, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Will?

Herr Kollege Hoppenbrock, ich frage Sie: Wie lange regieren diese beiden Fraktionen eigentlich in Niedersachsen? Wäre es in dieser Zeit nicht möglich gewesen, die schlimmsten Straßen in Angriff zu nehmen? Sie regieren hier inzwischen immerhin siebeneinhalb Jahre.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben ja auch Dinge in Ordnung gebracht. Ich komme gleich darauf.

Nun zu dem Antrag „Landesvermögen erhalten - Verkehrssicherheit gewährleisten: Landesstraßennetz zügig sanieren“: Alle Achtung, Herr Will! Der Titel ist Ihnen gelungen. Man möchte glauben, dass sich da tatsächlich eine neue SPD regt - eine SPD der Sparsamkeit, der Nachhaltigkeit, eine SPD, die ihre Schwerpunkte neu sortiert und justiert. Liest man nur die Überschrift, muss eigentlich jeder zustimmen. Liest man dann aber die Begründung, Ihre Schlussfolgerungen und Ihre maßlosen Forderungen, kommt ganz schnell wieder die alte Jüttner-SPD zum Vorschein. Alles nach der Überschrift liest sich leider wie der Wunschzettel von Verkehrspolitikern, die Gott sei Dank nie in die Verlegenheit kommen werden, diese Dinge auch einmal umzusetzen.

In Ihrem Antrag fordern Sie z. B. 300 Millionen Euro für den Unterhalt der Landesstraßen in den nächsten drei Jahren. Eine derartige Summe haben Sie zu den Regierungszeiten von Schröder, Glogowski oder Gabriel aber nie selbst eingestellt. Das gab es zuletzt 1990 im Haushalt von Ernst Albrecht.

Meine Damen und Herren, trotzdem ist es richtig, hier und an dieser Stelle über Landesstraßen zu

diskutieren. Dieses Thema interessiert die Menschen. Wir haben es ja auch in den Briefen gelesen. Wer wollte es bestreiten? - Zahlreiche Landesstraßen befinden sich in einem schlechten Zustand. Das kann man nicht leugnen. Der letzte Winter mit seiner ungewöhnlich langen Frostperiode hat die Schäden noch verstärkt, und es besteht dringender Handlungsbedarf, wie jeder weiß.

Ebenso sollte jeder wissen, dass sich die Fraktionen von CDU und FDP in allen Haushaltsberatungen der letzten Jahre massiv, aber auch erfolgreich für eine Aufstockung der Straßenbaumittel eingesetzt haben. So werden allein in diesem Jahr 73,5 Millionen Euro investiert. Dieser Betrag bewegt sich in dem Rahmen, den der Landesrechnungshof für den Substanzerhalt für angemessen hält. Für die Beseitigung der Winterschäden stellt das Wirtschaftsministerium übrigens 13 Millionen Euro mehr als vorgesehen zusätzlich zur Verfügung. Das wird auch den Anliegerunternehmen helfen.

Man sollte die Situation aber nicht dramatisieren. Wenn Sie schreiben, die Verkehrssicherheit sei nicht mehr gewährleistet, dann kann ich das so nicht nachvollziehen. Es hilft auch niemandem weiter, wenn die SPD-Fraktion schon im Januar ausschwärmt und bei Frost unter dem Schnee Schlaglöcher zählt und die marodesten Straßen prämiert. Die Wirkung dieser als spektakulär geplanten Aktion ist dann auch schnell verpufft. Die Medien haben das bald erkannt und der Aktion auch keine besondere Bedeutung mehr beigemessen, Herr Will.

(Widerspruch bei der SPD - Detlef Tanke [SPD]: Sie lesen wohl keine Zeitung!)

- Vielleicht haben es die SPD-Postillen, die Hauspostillen ja noch gemacht. Aber bei denjenigen, die objektiv berichten wollen, habe ich es zumindest nicht gelesen.

(Zuruf von der SPD: Beleidigen Sie nicht die Hannoversche Allgemeine! - Weitere Zurufe)

Herr Hoppenbrock, es gibt einen Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Nein, im Moment nicht. - Nun schieben Sie den Antrag im Plenum nach. Ich kann Ihnen nur sagen:

Auch aus der Sicht der CDU-Fraktion ist es richtig, dass wir hier an dieser Stelle über Landesstraßen diskutieren. Allerdings hatte ich aufgrund des von Ihnen beantragten Zeitrahmens gehofft, dass wir statt der allgemeinen Ausführungen und des Palavers einmal eine Powerpointpräsentation oder - ich hatte es gestern schon Herrn Will gesagt - zumindest einen Diavortrag gezeigt bekommen. Das wäre einmal etwas ganz anderes als immer nur diese spröden Zustandsbeschreibungen.

Meine Damen und Herren, vielleicht sollten wir uns auch einmal an das erinnern, was der Kollege Fischer zu Ihren Regierungszeiten zum Zustand der Straßen geschrieben hat. Wenn ich mich recht erinnere, befanden sich die Landesfinanzen bei unserer Regierungsübernahme im Jahr 2003 in ähnlich katastrophalem Zustand wie Ihre Landesstraßen. Deshalb war es ein zentrales Ziel der neuen Landesregierung, zunächst den Haushalt zu konsolidieren. CDU und FDP wollten endlich wieder einen verfassungsgerechten Haushaltsplan vorlegen.

(Zuruf von der SPD: Was Ihnen nicht gelungen ist!)

Dieses Ziel haben wir erreicht, indem alle Bereiche zu schmerzlichen Sparmaßnahmen herangezogen wurden. Davon konnte natürlich auch der Straßenbau nicht ausgenommen werden.

Meine Damen und Herren, nun können wir lange darüber streiten: Wer hat Schuld? Wer beschreibt die schönsten Schlaglöcher? Wer macht die größten Versprechungen? - Das hilft aber niemandem weiter. Natürlich können wir den schlechten Zustand mancher Straßen nicht wegdiskutieren. Unsere Aufgabe ist es aber, den Menschen keine Wolkenkuckucksheime zu beschreiben, sondern das Wünschenswerte mit Augenmaß mit dem finanziell Machbaren in Einklang zu bringen. Die von Ihnen geforderten 300 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre sind völlig überzogen.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Immer noch falsch!)

- Ganz genau, Herr Will! - Wir würden dann mit der Neuverschuldung genau dort weitermachen, wo Sie nach Ihrer Abwahl aufgehört haben.

(Beifall bei der CDU)

Das hat auch damals nicht zu besseren Straßen geführt.

Zurzeit arbeitet die Landesbehörde für Straßenbau an einer aktuellen Zustandserfassung. Die Ergeb

nisse der Bewertung unserer 8 000 km Landesstraßen und 4 500 km Radwege erwarten wir im Oktober/November. Erst dann werden wir sehen, wie sich der Zustand gegenüber 2005 verändert hat, und erst dann lässt sich der landesweite Bedarf relativ sicher feststellen. Hier 10 oder vielleicht 20 Straßen herauszugreifen, ist überhaupt keine Kunst. Wir von der CDU-Fraktion sorgen aber dafür, dass das Straßennetz in ganz Niedersachsen in Ordnung gebracht wird. Die Winterschäden sind fast schon behoben - es sei denn, dass Grundsanierungen dabei sind.

(Uwe Schwarz [SPD]: Fahren Sie einmal nach Südostniedersachsen! Dort sind die Winterschäden nicht be- hoben!)

Vereinbart ist, dass die schadhaften Straßenkörper zunächst repariert werden. Bei größeren Straßen geht die Sanierung dann vor. Sanierung geht für uns aber vor Neubau. Es ist - ich sage es noch einmal - richtig und gut, dass wir hier diskutieren. Das Geld für die Sanierung steht zur Verfügung, und die Landesbehörde arbeitet mit Hochdruck daran. Wenn es einmal nicht ganz so schnell geht, wie Sie sich das vorstellen, dann liegt das daran, dass bestimmte Leistungen und Arbeiten erst erfasst, dann vermessen und dann ausgeschrieben werden müssen.

Wir sind allerdings immer dankbar für gute Vorschläge und Anregungen. Vielleicht kommen die ja noch. Es ist auch nicht alles falsch, was in Ihrem Antrag stand, Herr Will; da kann ich Sie beruhigen. Trotzdem empfehle ich Ihnen, sich hin und wieder zu erinnern, wie Sie zu eigenen Regierungszeiten reagiert haben, anstatt wider besseres Wissen völlig überzogene Forderungen in den Raum zu stellen und damit unerfüllbare Erwartungen zu wecken, die unsere finanziellen Möglichkeiten bei Weitem übersteigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die nächste Wortmeldung kommt von Frau Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Jetzt kommt mal etwas Fundiertes!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten, ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Darin sind alle für das System Verkehr Verantwortlichen einzubeziehen.

Im Jahr 2008 wurden immer noch mehr als zwölf Menschen pro Tag auf den Straßen in Deutschland getötet - insgesamt über 4 000 Personen. 400 000 Menschen wurden im Straßenverkehr verletzt, darunter mehr als 70 000 schwer. Die Zahl der Toten im Straßenverkehr ist zwar seit Anfang der 70er-Jahre zurückgegangen. Doch jeder im Straßenverkehr getötete oder verletzte Mensch ist immer noch einer zu viel.

(Beifall bei der LINKEN)

Daher müssen alle Gefahrenquellen regelmäßig analysiert und Unfallrisiken ausgeschaltet werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Notwendig sind zukunftssichere Antworten für den Straßenverkehr. Eben habe ich hier gehört, dass die Sicherheit nicht beeinflusst ist

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Die ist gewährleistet!)

- oder dass sie gewährleistet ist. Dann frage ich mich, warum an bestimmten Stellen die Geschwindigkeit herabgesetzt wird. Das ist ja ein Zeichen dafür, dass der Zustand der Straßen die bisherige Geschwindigkeit nicht mehr gewährleistet. Man kann dann natürlich auch sagen: Irgendwann sperren wir die Straßen ganz; dann ist die Sicherheit gegeben. - Das ist aber keine richtige Antwort.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu den vielfältigen konkreten Gefahrenquellen im Straßenverkehr gehören auch Schlaglöcher und andere Straßenschäden.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist für den Zustand der Landesstraßen und für die Sicherheit der Menschen im Straßenverkehr verantwortlich. Daher müssen notwendige Entscheidungen jetzt schnell getroffen werden. Herr Minister Bode, es gibt viel zu tun; denn Ihnen ist von Ihren Amtsvorgängern Herrn Dr. Rösler und Herrn Hirche kein gutes Erbe hinterlassen worden.