Protokoll der Sitzung vom 10.06.2010

gen: Wir können die notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen nicht so schnell vorantreiben, wie wir gerne möchten.

Ich höre immer nur, dass die Ausgabenseite angesprochen wird. Ich vermisse in diesem Zusammenhang ganz einfach, dass auch einmal die Einnahmeseite des Haushaltes angesprochen wird.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Ich möchte da einen Vorschlag machen. Wir haben diesen Vorschlag schon häufiger gemacht. Auch ver.di und die Steuer-Gewerkschaft haben schon häufig diese Möglichkeiten aufgezeigt. Wenn wir nämlich die Finanzämter personell stärken, können wir dadurch jährlich 600 Millionen Euro Steuern für das Land einnehmen.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das Geld liegt auf der Straße!)

Herr Minister Bode und Herr Ministerpräsident Wulff, Sie verschenken jährlich 600 Millionen Euro, die als Steuern eingenommen werden könnten, verweisen aber immer auf Ihre leeren Kassen.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist eine Milchmädchenrechnung!)

Das ist unverantwortlich. Sie müssen die Einnahmeseite betrachten.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, zusätzliche Redezeit hat ebenfalls der Kollege Will für die SPD-Fraktion beantragt. Ich erteile Ihnen zwei Minuten, Herr Will.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister Bode, das darf man so nicht unwidersprochen stehen lassen. Ihre Fraktion hat hier immerhin acht Jahre mitregiert und Zeit gehabt, sich dem Thema Landesstraßen und der Verkehrsinfrastruktur zu widmen.

(Björn Thümler [CDU]: Sieben!)

Ich darf daran erinnern: 2005 haben Sie mit 35 Millionen Euro für die gesamte Landesstraßeninstandhaltung den Tiefpunkt erreicht. Der Landesrechnungshof hat Ihnen immer gesagt: 70 Millionen Euro sind notwendig, um das Vermögen zu erhalten.

Sie haben in finanziell besseren Zeiten die Mittel ganz bewusst abgesenkt. Als hier Haushaltsbewirtschaftung betrieben wurde, hat Herr Möllring zusätzlich in die Kasse des Verkehrsressorts gegriffen und da noch Geld herausgenommen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Sie haben also in wirtschaftlich besseren Zeiten dafür gesorgt, dass Ihre Aufgaben nicht erledigt wurden.

Das Verkehrsressort hat jetzt bei der Haushaltsbewirtschaftung natürlich wenig Möglichkeiten. Das sehe auch ich so. Aber sehen wir uns die Landesstraßen an, z. B. unsere L 46 zwischen dem Emsland und der Grafschaft! Fachleute haben gesagt: Das ist eine verlorene, eine aufgegebene Straße. Sie ist für den Schwerlastverkehr gesperrt. Abschnittsweise gilt Tempo 50 bzw. Tempo 30. Alle Schwerlastverkehre werden inzwischen über Kreisstraßen umgelenkt. Sie nutzen also das Vermögen der Landkreise, um Ihre Verkehrsprobleme zu lösen. Genau das ist nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir können Ihnen nur zurufen: Kehren Sie um! Inzwischen sind fast 50 % der Landesstraßen stark oder sehr stark geschädigt. Wenn Sie so weitermachen, dann erhalten Sie nur noch Sperrmüllqualität, die Sie dann nur noch zusammenfegen können.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Minister Bode hat noch einmal ums Wort gebeten. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Will, Sie haben hier eben gerade gesagt, dass wir im Jahr 2005 den Tiefpunkt bei der Ausstattung des Landesstraßenbauplafonds gehabt hätten und dass dies ein Jahr gewesen sei, in dem wir finanziell gut dagestanden hätten. Das muss ich entschieden zurückweisen. In jenem Jahr haben wir nach meiner Erinnerung erstmals den Beamten das Weihnachtsgeld, die Sonderzulage, komplett gestrichen. Wenn man so etwas tut, fände ich es unverantwortlich, nicht auch bei anderen, investiven, Maßnahmen auf die Bremse zu treten. Dass wir das getan haben, war verantwortungsvoll.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Punkt 28 liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung.

Auf Empfehlung des Ältestenrates sollen sich federführend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit diesem Thema beschäftigen. Wer das so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Es ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Zweite Beratung: Schienenverkehrsausbau für Niedersachsen vorausschauend planen und umsetzen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2169 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/2536

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung.

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Herr Hagenah!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die aktuell im Bau oder in Umsetzungsplanungen befindlichen Schienenausbauprojekte - das dritte Gleis Stelle–Lüneburg, die Herstellung der Zweigleisigkeit und die Elektrifizierung der Strecke Oldenburg–Wilhelmshaven und die Ertüchtigung der EVB-Verbindung Bremerhaven– Bremervörde–Rotenburg - können zwar regional überlastete Teilbereiche im Schienengüterverkehr entschärfen; eine adäquate Antwort zur Bewältigung des prognostizierten Anstiegs des Güterverkehrsaufkommens aus den Häfen sind diese Einzelmaßnahmen, die im Augenblick geplant oder in Umsetzung sind, angesichts des jetzt schon zu 100 % ausgelasteten Netzes allerdings nicht.

Für den wachsenden Transportbedarf von bis zu 500 Güterzügen pro Tag aus den Häfen bis zum

Jahr 2025, den uns die Fachleute vorhersagen, haben Bund, Land und DB AG bisher nur den Neubau der Y-Trasse auf dem Zettel. Dieser Lösungsvorschlag überfordert aber das vorhandene Netz und den Knoten Hannover völlig. Hunderte zusätzliche Güterzüge würden vorrangig in den Nachtstunden über Hannovers Hauptbahnhof geleitet werden müssen - eine unvorstellbare Situation. Das ist angesichts der Länge dieser Züge und der vorhandenen Gleise auch technisch nicht machbar.

Finanziell dürfte ein neues Großprojekt wie die Y-Trasse für die DB auf lange Sicht nicht zu bewältigen sein. Als neues Projekt müsste die Y-Trasse sich hinten anstellen, weil so viele milliardenteure Projekte bei der DB im Augenblick schon in Umsetzung sind. Experten gehen beim Y von bis zu 5 Milliarden Euro Kosten aus, wenn auch die nötigen Anschlussbauwerke zur Auflösung der Knotenproblematik realisiert würden. Das Y erbrächte aber nur 200 zusätzliche Gütertrassen, und zwar nicht vor dem Jahr 2020, wahrscheinlich deutlich später.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Weil sich die Landesregierung und die DB der dringend nötigen Entwicklung von Alternativen zum Y verweigern und unser Antrag, dies per Gutachten zu machen, vom Landtag nicht unterstützt wurde, hat unsere Fraktion eigene Vorschläge zum Güterverkehrsausbau erarbeitet. Wir empfehlen dabei eine Weiterentwicklung im Bestand durch die Erweiterung vorhandener und die Reaktivierung stillgelegter Strecken.

Im Einzelnen geht es uns darum, dass schon in fünf Jahren drei Ausbaumaßnahmen aus dem „vordringlichen Bedarf“ des Bundesverkehrswegeplans realisiert werden könnten, die sowohl der Bund als auch die Bahn als dringend nötig bezeichnet haben, aber bislang vom Land nicht einfordert wurden:

Der durchgehende Ausbau der Amerikalinie Langwedel–Stendal lässt es zu, sowohl Hamburger als auch Bremerhavener und später auch Wilhelmshavener Verkehre in Richtung Osten/Südosten zu transportieren. In entsprechendem Maße setzt z. B. der Bremerhaven-Verkehr Trassenkapazitäten im Abschnitt Verden–Wunstorf–Seelze für den Knoten Hannover frei. Dadurch würde das Netz entlastet. Das bringt schon 200 zusätzliche Gütertrassen: für nur 900 Millionen Euro nach Bundesverkehrswegeplan, nach heutigen Preisen sind das

realistischerweise 1,5 bis 2 Milliarden Euro. Das ist also sehr viel günstiger als das Y. Entscheidend ist auch, dass bereits ab der ersten Schwelle, die gelegt wird, die Kapazität steigt. Das Y hingegen würde erst dann, wenn es fertig ist, den ersten Güterzug und den ersten ICE aufnehmen können.

In Ergänzung dazu und tatsächlich auch in Ergänzung zum DB-Wachstumsprogramm wäre es sinnvoll, eine Dreigleisigkeit über Stelle–Lüneburg hinaus bis nach Uelzen fortzusetzen. Diese würde auf vorhandenem Grund optimal an die erweiterte und ausgebaute Amerikalinie anschließen und könnte den Abfluss der Verkehre nach Süddeutschland kostengünstig sicherstellen.

(Glocke der Präsidentin)

Wir haben das in dieser Unterlage, die ich gleich der Fraktion und dem Minister darstellen werde, ausführlich beschrieben.

(Der Redner hält eine Broschüre hoch)

Das wäre mit nur 350 Millionen Euro nach Bundesverkehrswegeplan machbar und brächte zusätzlich noch einmal 90 Gütertrassen.

Herr Hagenah, Sie haben Ihre Redezeit erheblich überschritten. Einen Satz gestatte ich Ihnen noch.

Ich danke Ihnen. - Sie können das alles nachlesen. Wir werden mit Ihnen die Diskussion über unsere Vorschläge eröffnen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie günstiger, schneller, effizienter und für die Bevölkerung und die Umwelt erträglicher sind, als das, was das Y bedeuten würde.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Kollege.