Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

(Clemens Große Macke [CDU]: Das ist nicht ganz richtig!)

Wir haben also in zwei Landtagsausschüssen über Inhalte beraten, die nicht mehr Stand der Dinge sind.

Formal war das am 19. Mai noch richtig, aber am 20. Mai sollte - das wusste jeder; das ist ja auch so von der Vertreterin des Ministeriums gesagt worden - eine neue Fassung das Licht der Außenwelt erblicken. Das war auch klar.

Am 27. Mai, als wir die Sondersitzung hatten, konnte jeder das schon längst nachgelesen haben, und es war offenkundig, dass das falsch war, was Sie hier gerade gesagt haben.

Herr Meyer, entschuldigen Sie, erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Thiele?

Ja, wenn es nicht so lange dauert.

Bitte, Herr Thiele!

Herr Meyer, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass in das UBG I nach wie vor - wie in unserem Antrag formuliert - neue Rechtsbegriffe eingeführt werden? Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass es in § 68 UGB III nach wie vor zum Vorkaufsrecht für Grundstücke im Bereich Naturschutz kommen soll? Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass in § 5 UGB nach wie vor die problematische Regelung zur guten fachlichen Praxis, wie in unserem Antrag aufgeführt, enthalten ist? Haben Sie zur Kenntnis genommen,

(Unruhe - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist doch keine Frage! Das ist eine Rede!)

dass nach wie vor keine Gleichsetzung des Ersatzgeldes stattgefunden hat, wie gefordert?

Herr Thiele, das - - -

Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass nach wie vor Abweichungsrechte der Länder eingeschränkt werden sollen, wie in unserem Antrag formuliert? Haben Sie das zur Kenntnis genommen? Und wenn Sie es zur Kenntnis genommen haben - - -

Herr Thiele, entschuldigen Sie bitte, das war keine Zwischenfrage, sondern das war eine Kurzintervention.

Doch. Es waren sogar mehrere.

Ich entziehe Ihnen das Wort.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Aber Herr Meyer kann trotzdem antworten.

Herr Kollege Thiele, wenn man hier vorne steht, muss man ja alles zur Kenntnis nehmen, was Sie so sagen. Das ist zwar inhaltlich nicht richtig, aber das macht ja nichts. Ich werde darauf gleich noch zurückkommen.

Nun fragt man sich natürlich - um im Kontext zu bleiben -: Warum debattiert hier eigentlich eine Mehrheitsfraktion in Niedersachsen über einen

solchen Inhalt, den sie in Berlin mit ihrer Regierungsbeteiligung doch auch mitbestimmen kann? Trauen Sie dieser Landesregierung nicht zu, dass sie sich entsprechend einsetzt? Haben Sie vielleicht zu Herrn Seehofer kein Vertrauen, oder unterstellen Sie ihm, dass er da Alleingänge macht? Haben Sie keinerlei Einfluss auf die Bundestagsfraktion? - Auch das würde mich überraschen. Ich fand, dass die Antwort viel einfacher war. Die Antwort fand sich nämlich schon am 8. Mai in der Fachzeitschrift Land & Forst; manche sagen dazu auch „Bauern-Bravo“. Darin war eine Pressemitteilung des Kollegen Große Macke abgedruckt, in der er ganz vehement Kritik an Bundesumweltminister Gabriel geäußert hat. Das alles hat mich gewundert, weil ich weiß, dass sich die Damen und Herren in der Bundesregierung natürlich über so etwas unterhalten. Wenn Sie das einmal nachgelesen hätten, dann hätten Sie gewusst, dass das längst vom Tisch ist.

Sie müssen wirklich langsam einmal erkennen, dass die Agrarministerin nicht mehr „Künast“, sondern „Seehofer“ und der Umweltminister nicht mehr „Trittin“, sondern „Gabriel“ heißt. Sie müssen einmal Ihr Feindbild ein bisschen neu justieren. Dann kommen Sie auch zu besseren Ergebnissen und Erkenntnissen.

(Beifall bei der SPD)

Hier in Hannover müssen Sie allerdings aufpassen. Herr Thiele hat soeben gesagt, er begrüße, dass es ein Umweltgesetzbuch geben werde. Ihr Minister Sander sieht das offenbar ganz anders. Ich habe hier eine Presseerklärung über eine Rede von Herrn Sander vor dem Bayerischen Bauernverband. Er wird darin wie folgt zitiert: Das Umweltgesetz brauchen wir nicht, wir werden es in Niedersachsen nicht umsetzen.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Dieses Umweltgesetzbuch! - Clemens Große Macke [CDU]: Dann sind wir uns doch einig!)

- Nein, so leicht kommen Sie aus dieser Nummer nicht heraus. - Herr Sander sagt an späterer Stelle - so ist ja die Denke; wir haben so etwas schon ein paar Mal erlebt, weil er so etwas auch den Kommunen gerne vorwirft -: Weniger Leute in der Verwaltung, weniger dummes Zeug! - So denkt Ihr Umweltminister. Das ist aber alles nur an der Oberfläche und ein bisschen pöbelig. Ich halte es für gefährlich, wenn der Umweltminister eines Bundeslandes so etwas sagt, obwohl die Realität ganz anders ist.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben eben von „kalter Küche“ gesprochen. Ich wundere mich darüber; denn es gibt Protokolle über die Agrarministerkonferenzen und die Umweltministerkonferenzen, in denen etwas ganz anderes steht als das, was Sie eben gesagt haben. Ich zitiere aus dem Protokoll über die Agrarministerkonferenz vom 11. April; das ist noch nicht so lange her: Sie - also die Minister - sind der Auffassung, dass das Umweltgesetzbuch jetzt zügig realisiert werden soll. - Die gleiche Aussage findet sich auch im Protokoll über die Umweltministerkonferenz vom 15. November 2007. Es ist also ein bisschen weit hergeholt, Herr Kollege, vor diesem Hintergrund davon zu reden, das sei „kalte Küche“. Das werden Sie ja wohl anerkennen.

Ich will auch nicht verschweigen, dass in diesem Protokoll vermerkt ist, dass es in einigen Punkten erheblichen Erörterungsbedarf gibt. Genau darum geht es ja. Darum arbeiten die Jungs und Damen in Berlin jetzt an diesen Dingen. Das ist auch ein wichtiges Werk, das man nicht mal so nebenbei erarbeiten kann.

Ich finde, es ist an der Zeit, dass der Ministerpräsident seinen Minister Sander einfängt und dass der Minister nicht so vor bayerischen Landwirten herumschwafelt und das, was er damit anrichtet, nicht wieder zurückholen kann.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Schwafeln? Das tut nur da vorn je- mand!)

Das, was er gesagt hat, ist falsch und auch unredlich, weil es nicht stimmt.

Nachdem ich dargelegt habe, dass Ihr Antrag inhaltlich überflüssig geworden ist, will ich die mir verbliebene Zeit wenigstens noch dazu nutzen, um auf die herausragende Bedeutung dieses Umweltgesetzbuches hinzuweisen. Ich kann mich dabei auf Aussagen aus berufenem Mund stützen; denn Frau Gönner, die Umweltministerin des Landes Baden-Württemberg, hat genau das Gegenteil dessen gesagt, was Sie, Herr Thiele, soeben gesagt haben. Sie hat gesagt: Es dürfte das erste Mal sein, dass ein Bundesgesetz von Anbeginn seiner Entstehung an in einer derart formalisierten Weise eingehend durch die Länder begleitet wird. Der nunmehr vorliegende Referentenentwurf - das war noch der alte - trägt daher bereits deutlich die Handschrift der Länder. - Also ist das, was Sie uns vorhin erzählen wollten, dummes Zeug.

(Beifall bei der SPD)

Sie können Ihren agrarpolitischen Koffer wieder einpacken. Das ist erledigt. Das habe ich ja schon gesagt.

(Detlef Tanke [SPD]: Herr Thiele, was ist denn jetzt?)

Außerdem ist die Geschichte mit den alten Wasserrechten erledigt. Die Vorschriften des Pflanzenrechts, des Tierschutzrechts und des Forst-, Jagd- und Fischereirechts bleiben alle unberührt. Insofern ist alles das, was Sie erreichen wollten, erledigt.

Eine der wichtigsten geplanten Neuregelungen in diesem Umweltgesetzbuch ist die integrierte Vorhabengenehmigung, die das Ziel hat, dass sich durch ein einheitliches Verfahrensrecht am Ende eine deutliche Vereinfachung ergibt. Ein Bürger oder ein Unternehmen muss dann nur noch eine Genehmigung einholen und ist danach damit durch. Dann braucht man nicht mehr das BImSchG, die UVP und das Verwaltungsverfahrensgesetz.

(Clemens Große Macke [CDU]: Man braucht kein UVP?)

- In dem Moment ist das erledigt, Herr Kollege Große Macke. - Das ist wirklich Bürokratieabbau. Man sollte die Bundesregierung in diesem Tun unterstützen und sie darin stärken, dass sie dieses Vorhaben noch in diesem Jahr abschließt.

(Beifall bei der SPD)

Gleichzeitig wird es deutlich einfacher, europäische Richtlinien umzusetzen, die einen integrativen Ansatz verfolgen. Das bisher bei uns sektoral strukturierte deutsche Umweltrecht hat dies in der Vergangenheit deutlich erschwert. Das ist genau das, worüber wir ewig geklagt haben. Die Bürger sagen uns zu Recht, dass da niemand mehr durchblickt. Wenn man das endlich zusammenfasst, wäre wirklich etwas gewonnen.

Dieses Umweltgesetzbuch ist eine Plattform, mit der man neuen Herausforderungen im Umweltschutz begegnen kann. Emissionshandel, Erneuerbare-Energien-Gesetz, Klimaschutz - auch das sind Themenfelder, die künftig in ein Umweltgesetzbuch hineingehören und aufgenommen werden sollten. Das wird natürlich noch ein bisschen dauern.

Im Übrigen gilt auch hier das Strucksche Gesetz, Herr Thiele: Kein Gesetz kommt so aus dem Parlament heraus, wie es hineingekommen ist. - Die arbeiten daran. Im Juni werden Verbände ange

hört. Die Niedersächsische Landesregierung wird sich sicherlich an diesen Anhörungen beteiligen. Das, was dabei herausgekommen ist, wird man sicherlich nachlesen können. Also bauen Sie hier nicht solch einen Popanz auf! Ihr Antrag ist einfach nicht abstimmungsfähig. Den können Sie wirklich vergessen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD - Clemens Große Macke [CDU]: Herr Meyer, ein Glas Milch reicht nicht! - Dr. Bernd Althus- mann [CDU]: Unerhört!)

Von der Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Herzog. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Thiele, es wundert mich, dass Sie bemängeln, dass hier so wenige Mitglieder von den Grünen da sind. Als Sie angefangen haben zu sprechen, war von Ihrer Fraktion kaum jemand da.

Um es vorwegzunehmen: Dieser Antrag der Regierungsfraktionen von CDU und FDP ist ein bisher unerreichter Verhinderungskatalog im Bereich Umwelt- und Naturschutz.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie wollen trotz aller ökologischen Lippenbekenntnisse alles so lassen, wie es ist. Sie wollen zurückfahren, Sie wollen streichen. Formeln wie „Nicht verschärfen“, „Nicht hinausgehen“, „Keine Verschärfung der Anforderungen bei Anlagen zulassen“, „Immissionsschutz und wasserrechtliche Regelungen nicht verschärfen“, „Das bisher geltende Bewilligungsrecht und alte Rechte fortbestehen lassen“, „Gewässerrandstreifen nicht einführen“, „Kein Vorkaufsrecht zugunsten des Naturschutzes“ zeigen Ihre wahren Absichten, Herr Thiele: Sie wollen verhindern, verzögern und zerreden. Sie wollen keinen Umweltschutz.