Protokoll der Sitzung vom 05.06.2008

Trotz der reduzierten Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ sind die Investitionen in diesem Bereich auf einem hohen Niveau geblieben, und zwar nicht nur an der Elbe, sondern auch an der Nordseeküste. Auch das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist praktische Klimapolitik. Diese Politik hilft den Menschen vor Ort und ist meistens zehnmal besser als irgendwelche Thesenpapiere von Ihnen.

An dieser Stelle möchte ich anknüpfen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie uns hier auf unserem Weg begleiten könnten, insbesondere auf dem, den der Minister an dieser Stelle beschreitet, nämlich das Geld, das gerade im Bereich des Küstenschutzes zugegebenermaßen knapp ist, endlich effizient einzusetzen. Sie wissen, dass wir die zehn Grundsätze für den Küstenschutz überarbeitet haben und ähnliche Dinge mehr. Wenn Sie hier an unserer Seite mitgehen würden, wäre den Menschen an der Küste, gerade was die Klimaveränderungen und die Betroffenheit Niedersachsens anbelangt, damit sehr viel mehr geholfen als mit der Politik, die Sie jetzt betreiben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte noch etwas zum vorbeugenden Klimaschutz sagen. Hier ist die Richtung dieser Regierungskoalition glasklar. Es sollte dort - das steht übrigens auch im Koalitionsvertrag - CO2 eingespart werden, wo es am günstigsten ist. Das ist der sinnvollste Klimaschutz, den man betreiben kann. Wenn wir alle uns wenigstens auf diesen einen Grundsatz einigen könnten - ich gebe zu, dass mir das die letzten fünf Jahre mit Ihnen nicht gelungen ist - - -

Herr Dürr, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Von wem denn? - Von Herrn Dr. Sohn?

Von Herrn Dr. Sohn.

Dann man tau.

Da Sie gerade so sehr die Einigkeit beschwören, frage ich Sie: Sind wir uns darüber einig, dass der Bau neuer Kohlekraftwerke und neuer Autobahnen die Klimaschutzziele und deren Erreichung vereinfacht?

Nein, das zeigt mir, dass Sie das zentrale europäische Klimaschutzinstrument des Emissionshandels, bei dem es, wie ich gerade beschrieben habe, darum geht, dort CO2 einzusparen, wo es am günstigsten ist - mit Verlaub gesagt -, nicht verstanden haben.

(Beifall bei der FDP)

Ich wäre später noch darauf gekommen. Sie hätten vielleicht noch etwas warten müssen. Es ist doch völlig irrelevant, ob das CO2 in Bayern, BadenWürttemberg, Niedersachsen oder MecklenburgVorpommern ausgestoßen wird. Es geht um die Gesamtmengen. Wenn es in Deutschland und in Europa ein klares CO2-Regime gibt, dann ist es am Ende doch egal, ob das CO2 aus Kohlekraftwerken, aus dem Verkehr oder aus anderen Bereichen stammt. Es geht um die Gesamtbetrachtung des CO2. Das sollten vielleicht auch die Linken irgendwann einmal akzeptieren. CO2 ist ein globales Klimagas. Von der Seite muss man auch die Politik an dieser Stelle betreiben. Wenn man andere Klein-Klein-Projekte macht, wird man beim Klimaschutz nicht vorankommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ich will das deutlich unterstreichen: Dann muss man sich eben endlich von einigen lieb gewonnenen Projekten, die es sicherlich auch zu rot-grünen Zeiten gegeben hat, verabschieden. Ein klares Regime beim Emissionshandel ist entscheidend. Ich habe von Herrn Wenzel irgendwann einmal gehört - zumindest meine ich, mich daran zu erinnern -, dass er durchaus auch eine Menge von Versteigerungen von Zertifikaten hält, so wie es die FDP seit vielen Jahren immer wieder gefordert hat. Ihr Umweltminister, Herr Trittin, - ich hätte fast gesagt: konnte sich damals nicht durchsetzen -

wollte keine Versteigerung für diese Handelsperiode, auch für die erste Handelsperiode, was das CO2-Regime betrifft. Aber wenn wir uns endlich darauf einigen könnten, dass wir hier vernünftige, ordnungspolitisch klare Dinge machen, dann werden wir beim Thema Klimaschutz weit vorankommen.

Frau Emmerich-Kopatsch hat vorhin wohl gesagt, dass man nicht alles über den Markt regeln kann. Ich finde das vor dem Hintergrund schon interessant - damit kommt auch Herr Kollege Wenzel gleich wieder ins Spiel -, dass es die rot-grüne Bundesregierung war, die es als Marktinstrument geradezu gefeiert hat, als die Ökosteuer in Deutschland eingeführt wurde - nach dem Motto: Dann wird alles teurer, und wir helfen auch dem Klima. - Insofern passt also einiges nicht ganz zusammen, wenn man auf der einen Seite sagt, der Markt könne es nicht regeln, aber auf der anderen Seite die Preise so weit ansteigen lässt, dass es sich am Ende niemand mehr leisten kann, Energie zu nutzen. Dann finde ich es auch interessant, Herr Wenzel, und gegenüber dem Bürger nicht ganz ehrlich, wenn es in Ihrer Begründung heißt - in Ihrer Rede haben Sie es wohl auch gesagt -, dass die Preise für Heizöl und Strom so massiv gestiegen seien. Die Wahrheit ist: Nach der Liberalisierung - damals noch von der FDP und der CDU im Stromsektor 1998 mit eingeführt - bis 2006 sind die Nettostrompreise, also ohne Steuern, ohne das, was Rot-Grün oben draufgesetzt hat, tatsächlich nicht gestiegen, danach nur leicht. Die Wahrheit ist, dass drei Viertel der Strompreissteigerungen bis heute steuerbedingt, d. h. staatlich gemacht, sind, und gar nicht aus dem Markt gekommen sind. Auch das muss man den Menschen sagen. Das war nämlich Ihre Politik, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Ich will zum Schluss - was diesen Antrag jedenfalls betrifft - noch etwas sagen, weil eine Kollegin beim Thema Kernenergie dazwischenrief, dass es so wie in Slowenien kommen würde, wenn wir nicht aussteigen würden. Ich finde die Bemerkung schon interessant. Uns allen ist spätestens nach der dena-Studie klar, dass wir auf eine Stromlücke zusteuern. Ich sage Ihnen eines: Liebe Kolleginnen und Kollegen der Oppositionsfraktionen, es sind genau diese Kernkraftwerke wie das in Slowenien, die uns am Ende den Strom in Europa und in Deutschland liefern werden. Auf diese Politik läuft es hinaus, wenn wir es so machen, wie Sie es wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: So ein Un- sinn! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie spielen mit den Ängsten und Sor- gen der Menschen, Herr Dürr!)

- Entschuldigung, Frau Flauger, das greife ich an der Stelle gerne auf. Wenn Sie das Kernkraftwerk dort in Slowenien für so verdammt sicher halten und es als State of the Art ansehen, dann sagen Sie das hier vorne. Ich sehe das ein bisschen anders, und ich finde, das muss man den Menschen deutlich sagen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von Kurt Herzog [LINKE])

Ich will damit schließen, meine Damen und Herren. Wie gesagt, ich würde mich freuen, wenn wir es schafften, uns auf ein paar Eckpunkte zu einigen. Ich habe vorhin gesagt: CO2 dort einsparen, wo es am günstigsten ist, intelligenten Klimaschutz betreiben. Wenn wir uns auf diese Eckpunkte einigen könnten, Herr Wenzel, bin ich gar nicht so unzuversichtlich, dass es an dem einen oder anderen Punkt in der Umsetzung auf dem Weg zu mehr Klimaschutz auch Gemeinsamkeiten geben wird.

In diesem versöhnlichen Sinne herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Herr Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf Herrn Dürr eingehend: Emissionshandel betrifft nicht die Haushalte und den Verkehr. Auf diesem Gebiet braucht man weiterhin klare Klimaschutzanstrengungen.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

Ich nehme erfreut zur Kenntnis, dass Sie ebenso wie wir seit Langem für eine Vollversteigerung und gegen die Privilegierung der Kohle beim Emissionshandel sind. Wenn wir das endlich erreichen, werden wahrscheinlich die meisten Kohlekraftwerke in Niedersachsen nicht wirtschaftlich betrieben werden können. Deshalb sollten Sie die Betreiber davor warnen, das zu machen, wenn wir endlich dieses Ziel in der EU erreichen.

Insgesamt haben die Beiträge der Regierungsfraktionen wieder einmal gezeigt: Sie nehmen die sich

verschärfende Bedrohung durch den Klimawandel einfach nicht ernst.

Herr Kollege, entschuldigen Sie. Erlauben Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dürr?

Nein, ich habe nur noch wenig Restredezeit. Wir können danach noch sehr detailliert über den Emissionshandel diskutieren.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das wird nicht angerechnet!)

Die Ökonomen von der Weltbank und von McKinsey haben es uns ins Stammbuch geschrieben: Wenn wir jetzt nicht handeln, werden wir bald 5 bis 20 % unseres Sozialprodukts für die Bewältigung von Klimaschäden ausgeben. Das sind allein in Niedersachsen 85 Milliarden Euro, errechnet vom DIW. Diese Beträge bedeuten auch sozial und ökonomisch massive Einschnitte, die Sie mit Ihrer Kohlekraftwerksmanie zu verantworten haben.

Nehmen wir die Experten ernst; denn sie zeigen auch auf, dass wir mit weit geringeren Mitteln für den Klimaschutz die größten Schäden vermeiden können. Daher braucht Niedersachsens Zukunft endlich ein grünes Klimakonzept mit ehrgeizigen Zielen und Maßnahmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn es nach Herrn Dürr und Herrn Sander geht, hat man jedoch den Eindruck, man könne mit dem Handeln beim Klimaschutz auf die Zeit nach der Sintflut warten. Klimaschutz sind für Sie höhere Deiche und das Einigeln vor den wissenschaftlichen Erkenntnissen der weltweiten Klimaforschung. Mit Ignoranz und schönen Broschüren werden wir die Klimaziele jedenfalls nicht erreichen.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Jetzt möchte ich gerne noch etwas zum gelungenen Antrag der SPD-Fraktion für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft sagen. Die Landwirtschaft trägt mittlerweile mit 10 bis 20 % zur Erderwärmung bei. Insbesondere die Massentierhaltung und die übermäßige Düngung sind klimaschädliche Faktoren. Nicht jede Form der Landwirtschaft ist im gleichen Maße klimaschädlich. In der Sendung „hart, aber fair“ zeigte es sich erst kürzlich: Eine Öko-Kuh ist klimafreundlicher als eine kon

ventionelle Kuh. Das liegt schon alleine an den weiten Futtermittellieferwegen aus Südamerika und der Regenwaldvernichtung. Gründe sind aber auch die höhere Kohlendioxidbindung im Boden, der niedrigere Energieverbrauch pro Hektar und ein Stickstoffmangelsystem mit entsprechend niedrigeren Lachgasemissionen und Nitratauswaschungen - ein großes Problem beim Klimaschutz. Deshalb stimmen wir der Zielrichtung der SPD für eine Ausweitung des ökologischen Landbaus auch aus klimapolitischer Sicht zu. Niedersachsen sollte endlich die Umstellungsprämie auf das bayerische Niveau von 300 Euro erhöhen und sich bei der EU dafür einsetzen, dass Klimaschutz in der Landwirtschaft besser honoriert wird.

Über Biogasanlagen können die Methan- und Lachgasemissionen - ein großes Problem - weiter verringert werden. Ein hohes Reduktionspotenzial gibt es auch beim Düngemitteleinsatz. Dort haben wir eine Effizienz von höchstens 50 %, d. h. nur die Hälfte des eingesetzten Stickstoffs kann von den Pflanzen überhaupt genutzt werden.

(Zuruf von Clemens Große Macke [CDU])

Daher begrüßt meine Fraktion den Antrag der SPD für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft außerordentlich. Die Ziele des Antrags - tier- und klimafreundliche Haltungsmethoden, auch Freilandhaltung ist klimafreundlicher als Massentierhaltung, mehr Ökolandbau, Reduzierung übermäßigen Düngens und Energieeinsparungen - finden unsere Zustimmung. Was uns besonders gefreut hat - das ist eben noch einmal angesprochen worden -, ist ein klimafreundliches Ernährungsverhalten von uns allen, was zweifellos auch weniger Fleischkonsum aus Massentierhaltung bedeutet. Das unterstützen wir nachdrücklich. Ich finde, auch der Landtag sollte mit einem guten Beispiel vorangehen.

Zum Schluss: Die Landwirtschaft kann durch den Klimawandel erhebliche Schäden erleiden. Daher ist guter Klimaschutz in ihrem ureigensten Interesse. Die Landesregierung sollte jetzt, wie gefordert, endlich einmal eine ehrliche Klimabilanz erstellen und umgehend Maßnahmen ergreifen, die die Treibhausgasemissionen aus dem Agrarsektor sinnvoll reduzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Meyer, und rufe nun die Wortmeldung vom Kollegen Deneke-Jöhrens von der CDU-Fraktion auf. Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Klimaschutz und die Folgen des Klimawandels betreffen die Land- und Forstwirtschaft wie kaum einen anderen Wirtschaftssektor, gerade hier in Niedersachsen, dem größten Agrarland Deutschlands. Bereits im Oktober vergangenen Jahres haben deshalb CDU und FDP die Landesregierung gebeten, Handlungsstrategien und Maßnahmen zum Klimaschutz zu entwickeln. Neben reinen Anpassungsstrategien für die Landwirtschaft im Hinblick auf den Klimawandel sollen auch konkrete Ziele zur Emissionsminderung und zur Vermeidung von Treibhausgasen entwickelt werden.

Was Sie, die SPD, hier fordern - Klimaziele, Klimabilanz und Maßnahmenkatalog -, ist also längst auf dem Weg. Herr Wenzel, Sie werfen uns vor: Abwarten wird teuer. - Für Sie geht es einmal wieder nicht schnell genug. Aber, meine Damen und Herren, Schnellschüsse können noch viel teurer werden. Uns soll es nicht wie Bundesumweltminister Gabriel beim Biosprit und Biodiesel ergehen. Sie erinnern sich: Draußen im Lande werden bei Erzeugern und Verarbeitern die Weichen auf eine Beimischung von 10 % Biokraftstoff gestellt. Betriebe richten sich aus und investieren. Und über Nacht wird der Sachverhalt geändert, weil der Minister seine Hausaufgaben bei ADAC und Automobilindustrie nicht gemacht hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Gehen Sie einmal nach Wittingen, in die insolvente Ölmühle, und informieren Sie sich! Wir geben keinen Schnellschuss ab, der als Rohrkrepierer endet. Wir verschaffen uns zunächst eine solide Datengrundlage über die verschiedenen Prozesse der Treibhausgasfreisetzung und über Möglichkeiten der Vermeidung. Dabei werden auch die Haltungssysteme überprüft, Anbausysteme werden verglichen, und Möglichkeiten der Reduktion von Treibhausgas aus Wirtschaftsdünger werden überprüft.