Protokoll der Sitzung vom 16.02.2011

Herr Präsident! Für die A 20 hat der Bund im Bereich Jaderberg eine Trasse festgelegt, die bei den Bürgern vor Ort keine Akzeptanz gefunden hat. Die Wellen schlugen dort relativ hoch. Was haben wir gemacht? - Wir haben uns mit den betroffenen Bürgern vor Ort zusammengesetzt und haben festgestellt, dass es sowohl hinsichtlich der Trasse, die nicht verfolgt worden ist, als auch hinsichtlich der Trasse, die verfolgt werden soll, noch Recherchebedarf bezüglich der ökologischen Einflüsse gibt. Wir schauen uns das noch einmal gemeinsam an.

Am Anfang verzögern wir es etwas. Am Ende aber wird die Möglichkeit bestehen, entweder eine andere Alternative oder die gewollte Alternative mit mehr Akzeptanz durch die Bürger vor Ort zu planen; denn sie sehen dann: Es sind sowohl die Interessen der Natur und der Ökologie als auch die Interessen der Menschen korrekt abgearbeitet worden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Genauso müssen wir vorgehen. Wir müssen die Menschen einbinden. Wir müssen ihnen zeigen, dass sie genauso wichtig sind wie die Ökologie und dass es sich hier um einen offenen und einen transparenten Abwägungsprozess handelt. Hier kommen wir voran.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Schieneninfrastruktur ist ein anderes Beispiel. Hier haben wir eine andere Situation. Nicht das Land ist mit der Umsetzung betraut, sondern Bahn und Bund sind für Planung und Umsetzung zuständig.

Bei der Y-Trasse wollen wir uns deshalb einbringen. Das Raumordnungsverfahren ist inzwischen abgeschlossen. Wir haben uns mit der Finanzierungsvereinbarung Mitspracherechte gesichert. Wir haben die Möglichkeit, Kommunikation und Transparenz hereinzubekommen. Das machen wir.

Bei dem zweiten Teil, der noch nicht festgestellt ist: Kommunikation mit den Kommunen, bevor das Raumordnungsverfahren läuft. Wir haben ein eigenes Kommunikationskonzept aufgestellt und versuchen, den Bund und die Bahn, die kein Konzept haben, die nicht so weit sind, dafür zu begeistern, hier mitzumachen, einen Ansprechpartner zu haben, mit den Bürgern vor Ort zu sprechen, Bedenken aufzunehmen und entsprechend in das Verfahren einzubringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen in Niedersachsen kein zweites Stuttgart 21. Wir wollen in Niedersachsen anders mit den Menschen umgehen. Das ist das Ziel der Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 2 b liegen mir nicht vor.

Bevor ich Tagesordnungspunkt 2 c aufrufe, möchte ich gern einen Gast aus dem Ausland begrüßen. Bei uns hier im Hause ist heute Herr Hao Yuan Zou, ein Austauschschüler aus China. Ich freue mich, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, an der heutigen Sitzung teilzunehmen. Ich begrüße Sie im Namen des Parlaments.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen jetzt zu Tagesordnungspunkt 2 c:

Für einen modernen Landtag: Sanierung statt Abriss - Denkmal und Landeskasse schützen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3330

Dazu erteile ich dem Kollegen Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Neue Wasserspender im Hohen Haus - ich hoffe, dass dieses Haus so viel Innovation verträgt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das könnte schwierig werden! Wenn es nicht durchläuft!)

Wir stehen hier in einer der ältesten Siedlungsflächen Hannovers, nämlich am Hohen Ufer, woher auch der Name dieser Stadt stammt, und wir als Landtag sind Eigentümer eines der ältesten Gebäude dieser Stadt. Damit sind wir auch gebunden an Pflichten und Verantwortung.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Einst haben sich an diesem Ort Fürsten und Könige verewigt. Diese Zeit ist aber vorbei - „eigentlich“ -, wenn man einmal von Frankreich absieht, wo sich auch moderne Präsidenten das eine oder andere architektonische Denkmal wie z. B. den Centre Pompidou oder den modernen Arc de Triomphe gesetzt haben.

Wir haben jetzt eine aktuelle Kostenschätzung zu der Neubau- und Abrissvariante des Finanzministeriums vorliegen. Wir haben auch eine aktuelle Stellungnahme des ehemaligen OVG-Vizepräsidenten Schmaltz zur Denkmaleigenschaft dieses Gebäudes vorliegen.

Meine Damen und Herren, eigentlich alles klar. Nein, nicht alles klar. Eine Reihe von Fraktionen will neue Gutachter beauftragen.

(Zurufe von der FDP: Alle!)

- Vier, okay. - Drückt sich da vielleicht Misstrauen gegen das Staatliche Baumanagement und das Finanzministerium aus, meine Damen und Herren,

(Beifall bei den GRÜNEN)

oder auch gegen das Landesamt für Denkmalschutz und die Ministerin, die diesem Amt vorsteht?

Meine Damen und Herren, ich sage ganz deutlich: Wir brauchen keine neuen Gutachter, sondern wir brauchen in diesem Hause einen guten Architekten und einen guten Bauleiter,

(Zurufe von der FDP: Alle da!)

damit wir mit den Arbeiten anfangen können.

Sie haben die Zahlen vorliegen. Der Präsident hat sie auf seinem Briefpapier selbst verteilt. 64,5 Mil

lionen Euro ist die Schätzung. Die Vorgabe des Landtags lag deutlich unter 45 Millionen Euro. Selbst wenn Sie die Schätzungenauigkeiten abziehen, werden Sie niemals in diese Größenordnung kommen. Von daher muss ich hier feststellen, dass die vier Fraktionen, die sich jetzt zusammengetan haben, diesen Beschluss des Parlaments offenbar ignorieren wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben auch Zahlen für eine Modernisierung vorliegen - ebenfalls aus dem Hause des Finanzministers. Meine Befürchtung: Man will hier so lange gutachtern, bis die Zahlen stimmen.

Aber, meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Das wird Ihnen nicht helfen. Wir brauchen keinen Centre Pompidou an der Leine. Sie können mit Mehrheit alles beschließen. Sie können aber nicht die Gesetze der Kostenrechnung außer Kraft setzen. Sie können hier auch nicht beschließen, dass ein Verstoß gegen den Denkmalschutz kein Verstoß gegen den Denkmalschutz ist, meine Damen und Herren. Das wird nicht gelingen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Warum hören Sie nicht auf die vielen Architekten, auf die Denkmalschützer, auf das Staatliche Baumanagement, auf die Bürgerinnen und Bürger, die uns eine Petition vorgelegt haben? - Alle sagen: Sanierung im Bestand ist die richtige Lösung. - Warum hören Sie nicht auf Ihren früheren Ministerpräsidenten, auf Ihren amtierenden Ministerpräsidenten, auf den Finanzminister, auf die Wissenschaftsministerin, die alle - zugegebenermaßen mehr oder weniger laut - sagen, dass die Sanierung im Bestand die richtige Lösung sei?

Meine Damen und Herren, letztlich steht unser aller Glaubwürdigkeit auf dem Spiel; nicht nur die Glaubwürdigkeit der Mehrheit. Vor diesem Hintergrund sage ich Ihnen ganz deutlich: Zehn Jahre Debatte, Pläne und Gutachten sind eindeutig genug. Jetzt müssen die Handwerker kommen und mit der Sanierung beginnen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion spricht jetzt der Kollege Schostok.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wenzel, Sie haben vergessen, bei der Aufzählung der Geschichte zu erwähnen, dass dieser Landtag auch einmal Heimstatt eines Hoftheaters war.

(Björn Thümler [CDU]: Genau!)

Ich befürchte, dass wir da auch wieder hinkommen, wenn wir so weitermachen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Das, was wir soeben gehört haben, war der ehrenwerte, aber meiner Ansicht nach untaugliche Versuch, niedrige Kosten und höchste Ansprüche des Denkmalschutzes zusammenzubringen.

Wenn man das - wie Sie es in den vergangenen Tagen gemacht haben - mit Zahlen aus dem Jahr 2005 untermauert - ich habe gerade das verwunderte Gesicht des Finanzministers gesehen -, dann will man der Öffentlichkeit etwas vormachen, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Das ist im politischen Wettstreit nicht sauber, Herr Wenzel. Ich kenne die Zahlen des Staatlichen Baumanagements aus dem Jahre 2002 in Höhe von ca. 16 bis 19 Millionen Euro. Ich kenne sie aus dem Jahr 2005 mit 23 Millionen Euro. Ich kenne sie aus dem Jahr 2007 in Höhe von 36 Millionen Euro. Seitdem sind mir aber keine aktuellen Zahlen für eine Sanierung bekannt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns ausdrücklich auf eine sachlichere Ebene zurückkommen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Der normativen Kraft des Faktischen werden auch Sie sich letztlich nicht entziehen können. Sanierungen unter den Bedingungen des Denkmalschutzes werden Geld kosten. Daran werden wir nicht vorbeikommen.