Die Voraussetzungen, um eine öffentliche Warnung auszusprechen, sind sowohl im NSOG als auch in der StPO geregelt. Beide Regelungen setzen voraus - mit Rücksicht auf die Unschuldsvermutung -, dass erst alle anderen Ermittlungsansätze erschöpft sein müssen. Erst dann, wenn andere Ermittlungsansätze nicht zum Erfolg führen können, besteht die Möglichkeit, eine Öffentlichkeitsfahndung auszulösen. Ich habe eben allerdings schon gesagt, Herr Rolfes, dass wir alle Konsequenzen prüfen - sowohl hinsichtlich der Unterbringung von Sicherungsverwahrten in der allgemeinen Sozialtherapie
(Ulf Thiele [CDU]: Es geht darum, dass die Menschen sicher sein kön- nen! Es geht um den Schutz der Be- völkerung vor Gefahren! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
als auch weitere Möglichkeiten, um die Sicherheit der Bevölkerung und auch das Vertrauen in die Einrichtungen des Justizvollzugs zu stärken.
Meine Damen und Herren, es liegt an uns allen, ob die hier gestellten Fragen beantwortet werden können - Stichwort „Verzicht auf Zwischenrufe“. Wenn Sie meinen, Sie hätten noch etwas nachzufragen, können Sie sich melden. Das muss nicht mit Zwischenrufen passieren. Das beeinträchtigt den Ablauf der Fragestunde. - Herr Kollege Toepffer, Sie sind jetzt an der Reihe. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, nachdem Sie zu der Frage, wann denn die Immunität des Abgeordneten Edathy endete, offensichtlich keine eigene Meinung vertreten und stattdessen nur auf die nachträgliche Entscheidung des Landgerichts Hannover verweisen, stelle ich die Frage: Muss man sich über so etwas im Hinblick auf künftige Fälle nicht vorher Gedanken machen, bevor man Häuser von Abgeordneten durchsucht?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man durchsucht keine Häuser. Man entscheidet, das zu tun, und beantragt es bei dem dafür zuständigen Gericht. Nur dann, wenn das Gericht nach der Prüfung auch der Immunitätsfrage einen entsprechenden Beschluss erlässt,
Die Entscheidung liegt jetzt beim Bundesverfassungsgericht. Ich bin auf die inhaltlichen Ausführungen in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts außerordentlich gespannt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung zum Fall des Sicherungsverwahrten Rühs: Trifft es zu, dass der Sicherungsverwahrte Rühs selber eine Wohnung in Lingen anmieten konnte?
Zweitens frage ich die Landesregierung und Sie, Frau Ministerin: Wusste denn die JVA, dass er Kontakte nach außen hatte, und wie sahen die Kontakte aus? Hat er z. B. mit Minderjährigen Kontakt gehabt, oder hat er mit irgendwelchen anderen gefährlichen Menschen Kontakt gehabt?
Jedenfalls frage ich erstens, ob die Justizvollzugsanstalt wusste, dass er selber eine Wohnung angemietet hat, und zweitens - - -
Frau Kollegin, die Fragen sind angekommen. Sie sind für alle verständlich, glaube ich. Es waren eindeutig zwei Fragen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Justizvollzug und auch mir selbst ist nicht bekannt, dass sich der Sicherungsverwahrte in Lingen tatsächlich eine Wohnung genommen hat. Ich kann Ihnen aber erklären, warum es zu diesem Missverständnis gekommen ist. Der Sicherungsverwahrte hatte, wenn er Ausgang hatte, ein Zimmer in einer Pension. Diese Pension hat mehrere Standorte in Lingen. Er hat während seines Langzeitaufenthaltes mal an dem einen und mal an dem anderen Standort ein Zimmer gehabt. Wegen der unterschiedlichen Standorte ist der Eindruck entstanden, es handele sich bei dem zweiten Standort um eine Wohnung. Das ist aber nicht der Fall. Es handelt sich nur um ein anderes Zimmer innerhalb dieser Pension, die mehrere Standorte hat.
Ist es bekannt, dass der Sicherungsverwahrte Kontakt mit anderen Mitgliedern hatte, die er aus dem Justizvollzug kannte? Die Sicherungsverwahrten und die anderen Mitglieder, die im Rahmen der Sozialtherapie Ausgang haben - das gehört ja dort zum Konzept dazu -, kennen sich natürlich aus der Sozialtherapie. Deswegen haben sie, wenn beide Ausgang haben, auch zueinander Kontakt. Das war im Rahmen des Justizvollzuges bekannt. Davon, dass er ihn dort in der Wohnung besucht, insbesondere davon, dass sich in dieser Wohnung Menschen weiblichen Geschlechts, gar Kinder oder Jugendliche, aufhalten, hatte der Justizvollzug keine Kenntnis.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Frau Kollegin Özkan, Sie können jetzt Ihre zweite Frage stellen. Bitte!
Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frau Justizministerin hat gerade gesagt, vor einer Anordnung einer öffentlichen Fahndung müssten alle anderen Ermittlungsansätze ausgeschöpft sein. Dazu habe ich eine Nachfrage. Welche anderen Ermittlungsansätze waren zu diesem Zeitpunkt schon gelaufen und damit ausgeschöpft, sodass Sie dann entschieden haben, in die öffentliche Fahndung zu gehen?
(Zustimmung bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Das hat sie drei Mal beantwortet! - Petra Tiemann [SPD]: Das hat sie drei Mal ausführ- lich dargestellt! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Das hat sie nicht ge- tan!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei den Möglichkeiten, die vorher in die Tat umgesetzt worden waren, handelt es sich insbesondere um die Zielfahndung, mit der man häufig ganz fantastische Ergebnisse erreichen kann. Außerdem wurde die Telefonüberwachung angeordnet und durchgeführt. Das sind die zielführendsten Maßnahmen, die man in einer solchen Situation ergreift. Sie haben zu keinem Erfolg geführt. Deswegen wurde am Dienstag dann entschieden, die Öffentlichkeitsfahndung einzuleiten.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass die Öffentlichkeit in Lingen, wie eben ausgeführt und begründet wurde, erst mit einigen Tagen Verzug informiert worden ist, stelle ich die Frage, ob man diesen Themenkomplex nicht nur vor dem Hintergrund des Fahndungserfolges betrachten sollte, sondern z. B. auch vor dem Hintergrund, dass in Lingen Eltern ihre Kinder schützen wollen und dafür eine frühzeitige Information möglicherweise sehr notwendig gewesen wäre.
Die Polizei hat gemeinsam mit dem Bereitschaftsstaatsanwalt den Sachverhalt geprüft und dann entsprechend den gesetzlichen Vorschriften agiert, nämlich der Regelung zufolge, dass man eine öffentliche Fahndung dann macht, wenn andere Wege nicht geeignet erscheinen, eine mögliche Gefahr von den Menschen abzuwenden. Man ging bis dahin davon aus, dass das durch die eingeleiteten Maßnahmen am Sonntag und am Montag sowie am Dienstag zu erreichen sei. Weil nicht der gewünschte Erfolg eingetreten war, wie Frau Ministerin gerade schon ausgeführt hat, hat man sich dann gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft entschlossen, unmittelbar die nächste Stufe zu wählen, was dann auch passiert ist.
Das ist ein relativ normales Verfahren. Die Polizei muss sich auf die gemeinsam mit den Juristen und den Experten aus der JVA und der Sicherungsverwahrung erarbeitete Lageeinschätzung verlassen und diese dann auch zur Grundlage weiterer Entscheidungen machen.
Herr Präsident! Werte Kollegen! Meine Frage bezieht sich ebenfalls auf den Themenbereich der Sicherungsverwahrung in der JVA Lingen. Ich möchte gerne von der Landesregierung wissen, ob die beiden Frauen, die Opfer des Straftäters Rühs geworden sind, den Täter in der Sozialtherapie kennengelernt haben bzw. welche Umstände dazu geführt haben.