Protokoll der Sitzung vom 15.12.2014

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Welche Lehrkraft soll nach den Erfahrungen, die sie in dieser Regierungszeit und auch bereits in früheren Jahren der Regierungsverantwortung von SPD und Grünen gemacht hat, auf dieses Modell vertrauen? Welche Lehrkraft gibt dieser Regierung freiwillig einen zinslosen Kredit und arbeitet vor bzw. verzichtet auf sein Gehalt? Wer versichert diesen Lehrkräften, dass sie die eigene Anlage wieder zurückbekommen und nicht jederzeit bei einer schlechten Unterrichtsversorgung oder anderen Problemen alles zurückgenommen wird?

Den Medien ist derzeit immer wieder zu entnehmen, dass Anleger bei den Banken mit Negativzinsen bestraft werden. Wenn die Sorge bei Großbanken schon so groß ist, dann, so möchte ich einmal festhalten, ist die Sorge bei einem Vertrag mit SPD und Grünen in Niedersachsen voll berechtigt. Ich kann diesem Misstrauen nur zustimmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie sprechen in Ihrer eigenen Begründung zu dem Gesetzentwurf davon, dass die Verpflichtung zur Unterrichtserteilung gerade im Alter im Vergleich mit anderen Bereichen der Landesverwaltung mit besonderen Belastungen verbunden ist. Wie soll man Ihnen diese eigene Aussage in Ihrem Gesetzentwurf abnehmen, wenn man sich anschaut, was Sie in der Realität seit dem Regierungswechsel mit unseren Lehrerinnen und Lehrern in Niedersachsen angestellt haben? Das Ganze in dieser Formulierung kann nur als schlechter Witz angesehen werden.

Ich kann Sie an dieser Stelle nur auffordern, in den jetzt anstehenden Haushaltsberatungen dieser Woche unseren Beschlussvorschläge zu folgen, die willkürliche Erhöhung der Arbeitszeit der Gymnasiallehrer wieder rückgängig zu machen und auch die falschen Beschlüsse zur zugesagten Altersermäßigung, die von einer SPD-Ministerin versprochen und von einer SPD-Ministerin wieder genommen worden sind, rückgängig zu machen.

Ansonsten werden Sie die Situation in unseren Schulen nicht wieder in den Griff bekommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Seefried. - Auf Ihren Wortbeitrag gibt es eine Kurzintervention vom Kollegen Watermann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege, im Gegensatz zu Ihnen habe ich an der Anhörung teilgenommen. Ich habe dort etwas gemacht, was sehr wichtig war: Ich habe die Betroffenen, die angehört wurden - das waren derer fünf -, jeweils gefragt, ob sie mir empfehlen, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen oder ihn abzulehnen. Der Philologenverband wollte uns nicht sagen, dass wir ihn ablehnen sollen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, der DGB, hat gesagt, wir sollen zustimmen. Dasselbe hat der Beamtenbund gesagt. Nur die zwei anderen haben gesagt, wir sollen ihn ablehnen.

Sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, dass man die Dinge, die man bekommen kann, gerne hätte und dass es manchmal ein bisschen mehr sein könnte. Aber man sollte solche Anhörungen auch ernst nehmen.

Die Verbände haben empfohlen, den Gesetzentwurf anzunehmen. Ich empfehle Ihnen Gleiches.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Herr Kollege Seefried antwortet Ihnen. Bitte!

(Unruhe)

- Wenn alle ruhig sind, können wir auch alle Herrn Seefried verstehen.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Watermann, ich habe zwar nicht selbst an der Anhörung teilgenommen, aber viele andere Vertreter meiner Fraktion haben dies getan. Der entscheidende Unterschied zwischen Ihnen und mir besteht darin, dass ich die schriftlichen Stellungnahmen aller Verbände gelesen habe. Und aus diesen schriftlichen Stellungnahmen habe ich hier gerade zitiert. Das waren nicht meine eigenen

Begriffe. Aus diesen Stellungnahmen stammen die Begriffe „Täuschungsmanöver“, „Luftnummer“ und „Mogelpackung“. Das haben Ihnen die Verbände bei der Anhörung ins Stammbuch geschrieben.

(Johanne Modder [SPD]: Die haben gesagt, wir sollen zustimmen!)

Ich finde - ich habe es eingangs schon gesagt -, Herr Höntsch hat das hier eindrucksvoll beschrieben und wird sich ins Weihnachtsfest verabschieden, nachdem diese missliche Beschlussfassung stattgefunden hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat nun Herr Försterling das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Um die Kurzintervention von Herrn Watermann auf meine Rede gleich vorwegzunehmen: Ich war bei der Anhörung. Deshalb kann ich sagen: Als Verbandsvertreter, der weiß, dass er von dieser Landesregierung sowieso nichts mehr zu erwarten hat, hätte ich auch gesagt, dass man dem Gesetzentwurf zustimmen soll - weil es nämlich besser ist, von dieser Landesregierung wenigstens ein kleines Häufchen Asche zu bekommen, als gar nichts, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Der Kollege Höntsch hat davon gesprochen, dass viele Lehrkräfte ihren Traumberuf erwählt haben. - Ja, das haben sie getan. Wenn ich an den Schulen unterwegs bin, erlebe ich viele Lehrkräfte, die sehr engagiert sind und jeden Tag aufs Neue in die Schule gehen, obwohl sie dort wirklich zu kämpfen haben. Letztens war ich hier in Hannover in einer Schule: 80 % Schüler haben einen Migrationshintergrund, 70 % davon sind männlich. Der einzige männliche Mitarbeiter dieser Schule ist der Hausmeister. Das Kollegium ist durchweg weiblich. Die Lehrerinnen sind überwiegend über 50 Jahre alt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die kämpfen wirklich jeden Tag aufs Neue, um ihren Schülern etwas beizubringen, um ihren Schülern einen Stand im Leben zu vermitteln. Aber Sie haben diesen Lehrkräften, die damals ihren Traumberuf gewählt haben, die versprochene Altersermäßigung genommen. Sie haben sie mit den Fü

ßen getreten, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Und jetzt wollen Sie ihnen den kleinen Finger reichen und so tun, als sei die Welt wieder in Ordnung! Sie müssen doch nachvollziehen können, dass wir dieses Angebot nicht ernst nehmen können. Eigentlich kann auch kein Verbandsvertreter dieses Angebot ernst nehmen.

Und dann, meine Damen und Herren, besitzen Sie auch noch die Dreistigkeit, mit der Schuldenbremse zu argumentieren. Ihr Gesetzentwurf führt auch dazu, dass Sie in den nächsten Jahren zunächst einmal Geld sparen, indem Sie von den Lehrkräften für 70 % Entgelt 100 % Arbeit verlangen. Aber die Kosten verlagern Sie genau in den Zeitraum, in dem erstens die Schuldenbremse greift und zweitens Sie aufgrund Ihrer falschen Politik gar nicht mehr regieren werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine falsche Politik für Niedersachsen. Deshalb kann man diesen Gesetzentwurf nur ablehnen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Scholing das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde es interessant, dass außer von dem Kollegen Höntsch bisher noch von keinem anderen Vorredner substanziell auf den Gesetzentwurf eingegangen worden ist. Stattdessen wird hier großer Klamauk betrieben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Aber das werden wir bei anderen Tagesordnungspunkten sicherlich auch noch erleben.

Meine Damen und Herren, tragfähige und zukunftssichere Regelungen für älter werdende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu finden, ist die große Herausforderung für Politik und Gesellschaft. Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass Belastungen am Arbeitsplatz zunehmen: Verdichtung, Erhöhung des Arbeitstempos, Umgang mit Veränderungen usw. Diese Liste ließe sich beliebig erweitern.

Wir alle müssen den Eindruck haben, dass Politik dieses Thema derzeit noch eher am Rande liegen lässt. Das wird auf Dauer aber nicht funktionieren.

All diese Faktoren gelten natürlich auch für die Lehrkräfte - jetzt betone ich etwas, was mir in dieser Debatte wirklich sehr wichtig ist - aller Schulformen. Wir müssen hier in diesem Hause aufpassen, dass wir nicht zu sehr in Richtung einer Schulform abkippen.

(Christian Dürr [FDP]: Sie kippen die Schulformen ab! Das ist das Prob- lem!)

Das würde nämlich dazu führen, dass Lehrkräfte anderer Schulformen sagen, sie kommen hier nicht mehr vor.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Auch in den Schulen haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Änderungen vollzogen: Es gibt neue Unterrichtsinhalte. Die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit hat zugenommen. Veränderte Schüler erfordern veränderte Lernformen. Die Notwendigkeit, Erziehungsarbeit zu leisten, hat ebenfalls zugenommen. - Bestehende Schulformen wurden in den letzten Jahren in rekordverdächtiger Zeit vom Tisch gewischt und neue Schulformen in rekordverdächtiger Zeit auf den Tisch gestellt.

Ältere Kollegen sind von diesen Veränderungen in der Regel in einem höheren Maß belastet. Bislang hat die Politik - das müssen wir uns alle miteinander ins Stammbuch schreiben - noch keine Lösung gefunden, die wirklich Bestand hat. Angesichts der finanziellen Folgen ist das vielleicht verständlich, hat aber zu einem Vertrauensverlust geführt.

Mit dem heute zur Abstimmung stehenden Altersteilzeitgesetz bringen wir eine Regelung auf den Weg, die Bestand haben wird. Die Eckpfeiler sind: maximal 10 Jahre Laufzeit, mindestens 60 % Einbringung, maximal 40 % Ausgleich, 70 % Gehalt.

Ich möchte die Vorteile dieses Modells herausstreichen:

Erstens ermöglicht es das komplette Aussteigen aus dem Dienst. Das war auch immer gewollt. Ich habe übrigens aus keinem Beitrag der Opposition herausgehört, dass man sich damit überhaupt einmal auseinandergesetzt hätte.

Zweitens ermöglicht es ein sehr flexibles Einsetzen dieses Instrumentes.

Drittens - das halte ich für besonders wichtig - greift die Regelung auch für Schulleiterinnen und Schulleiter. Das ist bisher nicht der Fall gewesen.

Wir müssen uns natürlich auch mit dem Gegenargument auseinandersetzen, dass dieses für Lehrkräfte, die beispielsweise A 12 beziehen, schwer zu realisieren sei. Das ist so. Für Lehrkräfte, die A 12 bekommen und die möglicherweise auch noch eine mehrjährige Auszeit wegen Kindererziehung genommen hatten, wird es tatsächlich schwierig sein. Allerdings ist das Modell wirklich flexibel und bietet auch für diese Personengruppe durchaus Möglichkeiten.

Ich fasse zusammen: Wir haben es endlich mit einem Altersteilzeitmodell zu tun, das erstens realisierbar ist und insofern Bestand haben wird. Zweitens lässt es sich für unterschiedliche Lebensentwürfe passend machen. Deshalb halte ich es geradezu für vorbildlich, auch mit Blick auf die Debatten über andere Berufsgruppen.