Sonst wird das nichts. Sonst sind auch unsere Solidaritätsbekundungen hier und heute reine Makulatur. Also Ärmel hoch und anpacken!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Modder, Sie haben dieses Thema auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gesetzt. Damit war Ihnen schon im Vorfeld eines gewiss: ENERCON ist heute Thema im Landtag. - Die Schlagzeile haben Sie. Jetzt muss aber noch wesentlich mehr hinterher kommen.
Sie sprechen in Ihrer Titelzeile von Solidarität. Das erinnert mich an viele Solidaritätsbekundungen gerade aus Ihrer Partei in der Vergangenheit. Beispielhaft nenne ich Stichworte wie Holtzmann, Hochtief oder zuletzt Opel, bei denen sich die Größeren Ihrer Partei wie etwa Gerhard Schröder und auch Ihr Herr Gabriel solidarisch gezeigt haben, aktiv waren, die Ärmel, wie es schien, hochgekrempelt und eine Solidaritätsbekundung geäußert haben, die aber nicht lange anhielt.
Jetzt meine Frage an Sie: Was passiert denn, wenn Sie aus dem Blitzlicht dieses Tages heraus sind? Was passiert denn, wenn bei den Betrieben der Blitz einschlägt? Sind Sie dann immer noch in der Lage, Solidarität zu zeigen oder zu leisten? Was passiert denn, wenn hier der Theaterdonner
Vielleicht haben Sie mit „Solidarität“ aber auch etwas anderes gemeint, und zwar die soziale Komponente, die in Ihrer Partei gern wieder einmal entdeckt werden muss. Gelegentlich kommt es ja vor, dass Sie wieder an das „S“ in Ihrer Parteibezeichnung denken.
Das Entscheidende ist hier aber die soziale Marktwirtschaft, mit der Betonung auf „Marktwirtschaft“. Die Windenergie ist seit Jahrzehnten subventionierungsbedürftig. Sie ist nicht allein standfähig. Sie ist alles andere als zukunftsgewiss. Das ist eine völlige Normalität; denn niemand kann die Zukunft sicher voraussagen.
Zu den sozialen Eingriffen, die in die soziale Marktwirtschaft - es ist Ihre Partei, die dafür schon längst hätte zuständig sein müssen - hätten vorgenommen werden müssen, gehört etwa die Vermeidung von Monopolbildungen und von Abhängigkeiten, wie sie derzeit zwischen Zulieferern und ENERCON bestehen.
- Frau Modder, benutzen Sie einfach das Mikro, wenn Sie Zwischenfragen haben; dann kann ich Sie besser verstehen.
Die soziale Marktwirtschaft hätte das längst regeln müssen. Das wäre auch Ihre Verantwortung gewesen.
Vielleicht meinen Sie aber auch, dass die Solidarität der Bevölkerung verstärkt werden sollte. Dazu muss ich Ihnen aber eines sagen: Sie hängen weit zurück, wenn Sie erst heute von Solidarität sprechen. Die Bevölkerung ist schon längst solidarisch. Die Windenergiebranche hat bei der Zulassung, aufgrund der verkürzten Planauslage, bei der Förderung - Fördergelder haben Sie ja angesprochen -, bei der Errichtung, beim Betrieb und auch beim Rückbau so viele Vorteile wie kaum eine andere Branche. Die Bundesregierung hat sogar beschlossen, dass für solche Großanlagen noch nicht einmal regelmäßige TÜV-Prüfungen stattfin
den müssen. - Das ist eine Solidaritätsleistung, die die Gesellschaft insgesamt bereits erbracht hat. Sie hat der Windenergiebranche anscheinend aber nicht genug genützt.
Die größte soziale und solidarische Leistung der Menschen aber ist der hohe Strompreis, den wir alle zu bezahlen haben. Die deutschen Strompreise sind die höchsten in Europa. Ursache dafür ist vor allem die Energieumlage.
Das heißt: Sie fordern hier eine Solidarität ein. Wir haben eben schon gehört: Das könnte Makulatur sein. - Es droht nun der Umstand, dass Sie diese Solidarität hier zwar ankündigen, letztendlich aber nichts passieren wird.
Diese Regelungen werden die Betriebe miteinander finden. Die Aussichten sind ungewiss. Es besteht die Möglichkeit, im Export zu arbeiten. Es besteht auch die Möglichkeit, im Rückbau und in der Entsorgung zu arbeiten. Zurzeit gibt es 1 000 t an Verarbeitungskapazitäten im Bereich Rückbau und Entsorgung. Wir brauchen aber 20 000 bis 40 000 t, wenn die ganzen Altanlagen abgebaut werden. Hier finden wir ein Marktsegment, das vielleicht für die Zulieferer von ENERCON interessant werden könnte.
Was Sie am Ende aber vielleicht doch meinten, war nicht „sozial“ oder „solidarisch“, sondern eher „sozialistisch“ oder „Aufstehen ohne Sahra“. Dann sage ich: Bleiben Sie sitzen, bleiben Sie liegen und machen lieber nichts! Vielleicht regelt es sich dann ohne Ihr Eingreifen von Staatsseite aus besser.
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Sehr geehrte Betriebsräte von ENERCON! Es ist gut und richtig und erkennbar notwendig, dass der Niedersächsische Landtag heute den geplanten Arbeitsplatzabbau bei ENERCON, das Verhalten
der Geschäftsleitung in dieser Krise und auch die Lösungsmöglichkeiten für diese Branche thematisiert. Eines haben wir schon gelernt: Den Kollegen von der AfD sind die Mitarbeiter bei ENERCON erkennbar völlig egal.
Umso wichtiger ist es - dafür danke ich im Namen der CDU-Fraktion sehr herzlich -, dass in den letzten Wochen sowohl Wirtschaftsminister Bernd Althusmann als auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Energieminister Olaf Lies sowie viele weitere Vertreter der Gewerkschaften, der Agentur für Arbeit, der Kammern und zahlreicher anderer Gruppen viele Gespräche geführt haben, um die Krise bei ENERCON zu bewältigen, um auch bei den notwendigen Prozessen zur Gestaltung der Energiewende einen Schritt voranzukommen und um insbesondere aber auch dafür zu sorgen, dass der Arbeitsplatzabbau bei ENERCON sowie auch bei den echten Zulieferern von ENERCON - ich rede jetzt nicht von den Tochtergesellschaften - verhindert, reduziert, abgemildert werden kann.
In diesen Dank können wir leider nicht die Geschäftsleitung von ENERCON einschließen, zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. ENERCON - das zeigt sich in dieser Krise offenkundiger als je zuvor - ist ein Konzern mit zwei Gesichtern. Auf der einen Seite ist ENERCON Motor, Technologieführer in der Windenergiebranche, weltweiter Marktführer in Hightech für die Windenergie, in Deutschland Marktführer, was die Marktanteile angeht. ENERCON hat großartige Ingenieursleistungen vorzuweisen. ENERCON ist Innovationstreiber sowohl in der Branche als auch in der Wachstumsregion Emsachse bei uns vor Ort. ENERCON ist Arbeitgeber von weltweit 13 000 Mitarbeitern.
Auf der anderen Seite hat ENERCON eine komplexe verschachtelte und kaum zu verstehende Konzernstruktur, um erstens Steuerminimierung zu betreiben - das ist erkennbar und muss einem nicht gefallen - und um zweitens die Mitarbeitermitbestimmung sowie die Arbeitnehmerrechte innerhalb des Konzerns so gering wie irgend möglich zu halten. In der schwierigen Situation, in der wir uns jetzt befinden, wird offenkundiger denn je, wie schwierig das Verhältnis der Konzernleitung von ENERCON beim Thema Arbeitnehmerrechte, Mitbestimmung und gegenüber den Gewerkschaften ist.
Jetzt verkündet dieses technologische Vorzeigeunternehmen in dieser Situation einen Abbau von 835 Stellen direkt beim Konzern. 835 Schicksale, 835 betroffene Familien in Ostfriesland, im Emsland, im Ammerland, in Magdeburg. Bei den Zulieferern noch einige Hundert mehr durch gekündigte Verträge. Das haben wir schon gehört. Ich halte das Verhalten der Geschäftsleitung in dieser Situation für zynisch.
Denn aus einem Konzern mit 13 000 Beschäftigten wird nach Lesart der Unternehmensleitung plötzlich eine kleine mittelständische Firma mit 400 Mitarbeitern und 12 600 Arbeitnehmern in der Zulieferindustrie, für die man keine Verantwortung trägt und auf die man keinen Einfluss hat.
Meine Damen, meine Herren, diese Mitarbeiter haben bisher einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Konzerns geleistet.
Diese Mitarbeiter sind ENERCON. Darum ist es auf der einen Seite wichtig und richtig, dass die Landesregierung und die Bundesregierung jetzt an Maßnahmen arbeiten, um die Energiewende voranzubringen.
Es ist auch nachvollziehbar, dass das Unternehmen dies einfordert, um die Auftragsdelle, die 2014 maßgeblich durch die EEG-Novelle entstanden ist, zu überbrücken und den Markt zu stabilisieren und um dafür zu sorgen, dass es am Ende des Tages die Energiewende „Made in Germany“ und, ja, auch „Made by ENERCON“ bleibt und nicht zu „Made in China“ wird.
Auf der anderen Seite müssen wir von einem Konzern, der dies einfordert, der gleichzeitig einfordert, dass er subventioniert wird, Zuschüsse bekommt und als Technologieführer unterstützt wird, erwarten, dass seine Unternehmensleitung jetzt endlich Verantwortung für ihre eigenen Arbeitnehmer übernimmt, dass er die Einladung von Landeswirtschaftsminister Bernd Althusmann annimmt und sich endlich mit den Mitarbeitern, den Arbeitsagenturen und anderen an einen Tisch setzt, um darüber zu diskutieren, wie wir den Arbeitsplatzabbau zumindest reduzieren können, wie wir die Krise gemeinsam bewältigen können, wie wir mit den Mitarbeitern gemeinsam durch diese Lage kommen und wie wir dort, wo es notwendig ist, Sozialpläne miteinander verabreden können, um den
Es reicht nicht, immer nur Erfolge zu verkünden. Man muss in einer schwierigen Lage auch Verantwortung übernehmen, und zwar insbesondere für seine Mitarbeiter. Genau das fordern wir heute gemeinsam ein.
Vielen Dank, Herr Thiele. - Da die FDP-Fraktion noch keine Wortmeldung abgegeben hat, hat nun für die Landesregierung Herr Wirtschaftsminister Dr. Althusmann das Wort.