Wenn Erzieherinnen und Erzieher auch hier in Niedersachsen Unterstützung durch Broschüren, wie z. B. die von Ihnen kritisierte, bekommen, so ist das gut und richtig. Wir brauchen hier in Niedersachsen kein Meldeportal für Lehrer und genauso wenig für unsere Erzieherinnen und Erzieher. Das ist es doch, was Sie wirklich erreichen wollen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Liebelt. - Nun folgt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Hamburg. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wichmann, Sie haben heute wirklich Ihr letztes Maß an Seriosität - wenn Sie es denn noch gehabt haben sollten - an den Nagel gehängt.
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch von Klaus Wichmann [AfD])
Wenn Ihr Antrag für die Aktuelle Stunde irgendetwas Gutes hat, dann das, dass jetzt viele unserer Abgeordneten einmal gelesen haben, was für wertvolle Broschüren für Erzieherinnen und Erzieher es auf dem Markt gibt und was für eine gute Förderungsarbeit das Bundesministerium für Soziales an dieser Stelle leistet.
Aber sie haben auch einmal mehr deutlich gemacht, dass, wer Demokratie liebt und Menschenwürde achtet und lebt, von Ihnen verfolgt oder wie auch immer an den Pranger gestellt wird.
Sie haben bewiesen, dass, wer die Verfassung schützt, sich in Niedersachsen warm anziehen muss. Der hätte hier nicht mehr viel zu lachen, wenn Sie das Sagen hätten oder wenn Sie irgendwelche Handlungsmöglichkeiten sehen würden.
Denn Sie ignorieren an dieser Stelle vollkommen den Kita-Alltag. Darum geht es Ihnen gar nicht. Das Beispiel, dass Kinder anfangen, Hakenkreuze zu malen, und die Erzieherin oder der Erzieher sich fragt, wie sie oder er damit umgeht, wird von Ihnen ignoriert. Das Fallbeispiel, in dem Eltern Erzieherinnen bzw. Erzieher fragen, ob sie ihr Kind zu einem Geburtstag lassen sollen, zu dem völkische Siedler eingeladen haben und zu dem keine Kinder mit Migrationshintergrund eingeladen sind, und die Eltern nicht wissen, was auf diesem Kindergeburtstag mit ihren Kindern passiert, deuten Sie um und sagen, es gebe eine Meldepflicht für Erzieherinnen und Erzieher gegenüber allen Eltern, welche Familien rechtsextrem sind.
(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der FDP - Klaus Wich- mann [AfD]: Das habe ich nicht ge- sagt!)
Ähnlich wie bei der Denunziationsplattform für Lehrkräfte geht es Ihnen hier ausschließlich um eines: Einschüchterung von Erziehungsberechtigten bzw. Einschüchterung der Menschen, die tagtäglich daran arbeiten, dass unsere Kinder zu selbstbewussten, klugen, aufgeklärten und demokratischen Menschen erzogen werden.
Ihre Kampagne folgt an dieser Stelle einem gängigen Muster: Wer anderer Meinung ist, wird an den Pranger gestellt, geächtet und eingeschüchtert.
Aber zu der Tatsache, dass die Amadeu Antonio Stiftung, aber auch die beteiligten Wissenschaftler - es wurden hochkarätige Wissenschaftler eingeworben, um diese Broschüre zu erstellen - jetzt Hassmails und Todesdrohungen erhalten, kommt kein Wort von Ihnen, keine Distanzierung von diesem Verhalten, sondern weiter ein Hass-Schüren von Ihrer Seite!
Sie nutzen auch wieder gezielt Fake News und Halbwahrheiten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gewöhnen Sie sich das ab! Wir alle können lesen, wir alle können denken. Und auch die Menschheit draußen ist nicht so dumm, Ihnen das abzukaufen.
Ein beliebtes Muster ist natürlich auch die mangelnde Abgrenzung von rechtsextremen Tendenzen. Sie legen dieses Thema auf, um davon abzulenken, dass Sie eigentlich doch das Geistes Kind dieser Menschen, die ihre Kinder in die Kita geben und solche Umstände produzieren, gut finden.
Im Endeffekt ist es doch so: Sie selber haben in Ihren Reihen eine Mitarbeiterin, die ganz ähnlich agiert und sich engagiert.
Man fragt sich ja schon, ob es nicht vielleicht auch eine Legitimation von verfassungsfeindlichem Verhalten ist, wenn Sie hier eine Broschüre so umdeuten, die Deutung bewusst in eine falsche Richtung lenken und versuchen, etwas kleinzureden, was an Kitas heute ein gängiges Problem ist.
Das müssen Sie sich fragen lassen, und da brauchen Sie auch Antworten, liebe Kolleginnen und Kollegen. So kommen Sie nicht durchs Loch.
Nicht zuletzt bedient das auch wieder Ihre Idee von einem Opfermythos: Sie als die arme AfD; Sie als die letzte verbliebene konservative Kraft, wie Sie ja immer so schön sagen, sind die armen gescholtenen Demokraten, und die sogenannte GaGroKo akzeptiert hier Ihre Meinung nicht.
Sie versuchen, wie gesagt, eigentlich doch nur, von Ihren eigenen auch rechten Ideologien und Inhalten abzulenken, die Sie versuchen, hier im Landtag durch Grenzverschiebungen immer weiter voranzubringen. Damit werden wir Sie nicht durchkommen lassen - an keiner einzigen Stelle! Hier stehen die Demokraten zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Hamburg. - Es folgt nun für die FDP-Fraktion Herr Kollege Försterling. Bitte, Herr Kollege!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was wir hier in der Aktuellen Stunde erlebt haben, ist mal wieder nichts anderes als der Versuch, aus dem Zusammenhang gerissene Sätze in populistische Botschaften umzuwandeln.
Wer will gute Empörung machen, der muss haben sieben Sachen: Angst und Wut, Lug und Trug, Ausgrenzung und Vorurteil, im Opfertum sucht man sein Heil. Schür, schür die Ängste fein.
Ich will das an einer Stelle deutlich machen. Hier wurde viel das Beispiel zitiert, in dem als ein Merkmal beschrieben wird: „Das Mädchen trägt Kleider und Zöpfe.“ Daraus hat die AfD nicht nur hier in Niedersachsen, sondern auch bundesweit die Behauptung abgeleitet, dass alle Eltern, deren Töchter Kleider und Zöpfe tragen, in einen rechtsextremen Bereich hineingedrückt werden sollen. So hat man - das ist auch immer ein Stilmittel der Populisten - versucht, eine breite Masse anzusprechen und sie hinter sich zu versammeln.
Aber wenn man sich das Beispiel einmal anschaut - und es lohnt sich ja immer, auch weiterzulesen -, dann stellt man fest, dass da auch Folgendes steht:
„eingeladen sind, wissen um die Zugehörigkeit der Eltern in einer rechtsextremen Kameradschaft und machen sich Sorgen, was auf dem Kindergeburtstag passieren könnte. … Sie bitten die Erzieher*innen um Rat.“
Im Kern geht es also der AfD nicht um die breite Bevölkerung, die sie anspricht, sondern es geht der AfD um die Vorverurteilung der Eltern, die in rechtsextremen Kameradschaften sind.