Ich habe mich sehr ernsthaft mit Ihrem Beitrag zu Ihrer Aktuellen Stunde auseinandergesetzt. Aber ich würde auch mal Taten sehen wollen, anhand derer wirklich deutlich wird, dass Sie sich von denen abgrenzen, die nicht auf der Grundlage unserer Verfassung stehen. Das habe ich aber bei Ihnen noch nie erlebt.
Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Nun hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Belit Onay gemeldet. Bitte schön!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben es schon erwähnt: Ohne das Ehrenamt, ohne den ehrenamtlichen Einsatz wäre eine demokratische, solidarische Bürgerinnen- und Bürgergesellschaft nicht in dieser Form möglich. Deshalb möchte ich mich natürlich auch im Namen meiner Fraktion nochmals bei allen Ehrenamtlichen in Niedersachsen und Deutschland für ihr Engagement bedanken.
Herr Fredermann hat die Zahlen schon genannt: Fast jeder Zweite über 14 ist in Niedersachsen in irgendeiner Form ehrenamtlich tätig. Damit sind wir bundesweit wirklich Spitzenreiter. Darauf kann man, glaube ich, sehr, sehr stolz sein. Aber deshalb sind noch nicht alle Fragen geklärt. Wir müssen natürlich schauen, wie man das Ehrenamt noch mehr unterstützen und attraktiver machen kann: Wollen wir die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt verbessern? Wollen wir neue Ehrenamtliche dazugewinnen, Menschen animieren, ehrenamtlich tätig zu werden, oder vielleicht beides? Was sind Hindernisse für Menschen, ehrenamtlich tätig zu werden? Welche Bevölkerungsgruppen möchten wir verstärkt mit ins Ehrenamt abholen?
Alle diese Fragen kann man natürlich diskutieren. Darauf kann man unterschiedliche Antworten geben. Vielleicht braucht man eine stärkere Unter
stützung durch Hauptamtliche für das Ehrenamt, vielleicht kann man ehrenamtliche Tätigkeit bei Schul- und Studienleistungen stärker anerkennen und berücksichtigen, vielleicht kann man Freistellungen ermöglichen - ähnlich wie bei kommunalen Mandanten - oder erreichen, dass die Aufwandsentschädigungen z. B. nicht auf Sozialleistungen angerechnet werden. All das sind mögliche Stellschrauben, an denen man etwas drehen kann.
Mir fallen noch eine Menge Fragen und Antworten ein. Ich glaube aber, dass es gerade mit den ersten beiden Punkten in Ihrem Antrag jedenfalls nicht getan ist. Die beiden geldwerten Leistungen, die Sie fordern, würden dem Grundgedanken des Ehrenamtes massiv zuwiderlaufen - das haben meine Vorrednerinnen und Vorredner schon deutlich gemacht. Aus dem Deutschen Freiwilligensurvey wissen wir, dass die Hauptmotivation für ein ehrenamtliches Engagement in erster Linie zwischenmenschliche Kontakte und Spaß an der Tätigkeit sind. Das sind die Hauptmotivationselemente für eine ehrenamtliche Tätigkeit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich möchte aber auch noch auf den dritten Punkt des Antrags eingehen, der hier ein bisschen für Kontroversen gesorgt hat, nämlich auf das Thema Extremismus. Ich habe mir mal die Vereinsdatenbank auf dem FreiwilligenServer Niedersachsen angeschaut. Dort sind knapp 37 000 Vereine aufgelistet, in denen man sich ehrenamtlich engagieren kann. Da ist von Selbsthilfevereinen über Karnevalsvereine, Mieterinitiativen bis hin zu diversen Sportvereinen alles dabei. Auch die politischen Parteien sind dort gelistet - außer der AfD. Insofern könnte man fast sagen: Zumindest ein Teil des dritten Punkts Ihres Antrags hat sich bereits erledigt. Aber wir kommen ja noch zur Diskussion im Innenausschuss.
Vielen Dank, Herr Kollege Onay. - Es hat sich noch einmal der Kollege Emden zu Wort gemeldet. Sie haben eine Restredezeit von 1:45 Minuten. Bitte sehr!
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mir extra ein bisschen Redezeit aufgespart, um diese erste Debatte Revue passieren lassen zu können.
Ich stelle fest: Substanzielles haben Sie nicht gegen unseren Antrag vorzubringen. Das erfreut mich einerseits natürlich. Andererseits hat es mich auch erfreut, dass ich gesehen habe, wie Sie sich winden müssen, um irgendetwas zu finden, um wieder einmal einen AfD-Antrag ablehnen zu können.
Ich bin mal gespannt, wann Sie unsere Ideen wieder aufgreifen und wir im Endeffekt wieder sagen können: AfD wirkt! - Denn im Endeffekt müssen Sie sich wirklich vor den ehrenamtlich Tätigen erklären, wenn Sie hier von „verramschen“ sprechen, nur weil wir vorschlagen, die Ehrenamtskarte schon etwas früher auszugeben, damit auch diejenigen, die aus familiären und beruflichen Gründen nicht in der Lage sind, über fünf Wochenstunden ehrenamtliche Arbeit zu leisten, dieses Benefit bekommen.
Noch einmal: Ich halte das nicht für ein „Verramschen“. Im Gegenteil, ich halte das für ein wichtiges Zeichen zur Attraktivitätssteigerung.
Und dann kommt der obskure Einwand, wir sollten doch lieber Anträge stellen, die die Landespolitik betreffen, und nicht Entschließungsanträge, die sich an die Bundesebene richten.
Wenn ich mir überlege, was für Entschließungsanträge ich hier lese, dann muss ich feststellen: Quasi in jedem zweiten Antrag wird die Landesregierung aufgefordert, sich im Bundesrat für das oder das einzusetzen. - Alle dürfen das, nur bei uns geht das natürlich nicht. Das ist schon sehr interessant.
Und mal ganz ehrlich zum Sprachgebrauch: Ich frage mich immer, was Sie eigentlich mit „Gutmensch“ meinen. Ich kenne gute Menschen, ich kenne anständige Menschen, ich kenne verlässliche Menschen und diverse andere Menschen, die tolle Charaktereigenschaften haben.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie haben doch angefangen mit „Gutmensch“! - Wiard Siebels [SPD]: Das ist doch aus Ihren Kreisen!)
Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat vorgeschlagen, den Antrag an den Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen. Die AfD möchte ihn gerne an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen überweisen. - Ich sehe gerade ein Kopfschütteln.
Sie wissen, dass wir hier darüber abzustimmen haben. Deswegen frage ich, um das hier korrekt abzuwickeln: Ist es eventuell sinnvoll, eine Mitberatung im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen zu beschließen?
(Christopher Emden [AfD]: Federfüh- rend Rechts- und Verfassungsfragen und mitberatend Inneres und Sport! - Gegenruf von Sebastian Lechner [CDU]: Nee!)
Nach § 27 Abs. 2 haben wir über die Überweisung abzustimmen. Deshalb lasse ich jetzt zuerst über eine Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Sport abstimmen. Wenn dem gefolgt wird, hat sich das mit der Überweisung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen erledigt.
Wer dem Vorschlag des Ältestenrates, den Antrag an den Ausschuss für Inneres und Sport zu überweisen, folgen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist die Überweisung an den Ausschuss für Inneres und Sport mit deutlicher Mehrheit beschlossen.
Tagesordnungspunkt 36: Erste Beratung: Erhalt seltener Nutztierrassen angemessen fördern! - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/2583
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erfahrungsgemäß erhält der letzte Tagesordnungspunkt am Ende einer Plenarwoche - noch dazu, wenn es sich um eine erste Beratung handelt - nur eine beschränkte Aufmerksamkeit. Deshalb werde ich mich weitgehend von meinem schriftlichen Redemanuskript trennen und hier frei vortragen.
Es geht um ein zugegeben sehr spezielles, aber dennoch wichtiges Thema, nämlich um den Erhalt seltener Nutztierrassen und den Genpool, den diese Rassen darstellen.
Der Mensch hat seit Jahrhunderten durch Selektion von Tieren mit gewissen Eigenschaften einen breiten Genpool gezüchtet. Allerdings haben die Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass hier eine überaus besorgniserregende und gefährdende Entwicklung eingetreten ist.
Von den vielen, vielen Kleinstpopulationen sind in den letzten 100 Jahren sehr viele verschwunden. Dieser Prozess, den man mit Sorge betrachtet, wird mittlerweile dadurch ein wenig in den Fokus gerückt, dass es heute regelmäßige Bestandserhebungen des Informations- und Koordinierungszentrums für biologische Vielfalt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gibt.
Von den derzeit in Deutschland 77 einheimischen Rassen und Rassegruppen der Großtiere sind über 70 % als gefährdet eingestuft. Niedersachsen als Flächenland trägt hier eine besondere Verantwortung. Lebens- und Landschaftsräume wie Harz, Lüneburger Heide oder auch untere Deichlinien sind teilweise auf ihre Pflege gerade durch diese spezifischen Rassen angewiesen.
Auf Basis einer Bund-Länder-Vereinbarung ist im Jahr 2016 eine Kryokonservierung, also das Tiefgefrieren, von genetischem Material auf den Weg gebracht worden. Das ist am Friedrich-LoefflerInstitut in Mariensee - im Prinzip in unserer unmittelbaren Nachbarschaft - angesiedelt.
Von dieser Seite her, was also die Rahmenbedingungen durch die Politik angeht, ist alles auf einem guten Weg. Aber schauen wir uns doch einmal an, wie es in der Praxis bei den Tierhaltern selbst aussieht, die sich um diese seltenen Rassen kümmern.
Es sind überaus engagierte Menschen, die mit viel persönlichem Engagement und mit viel Liebe zu ihren Tieren und der Aufgabe, der sie sich verschrieben haben, ehrenamtlich wirken. Gewinnerzielungsabsichten stehen absolut im Hintergrund. Es gibt meines Wissens in Niedersachsen derzeit drei regionale Gruppen der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen, abgekürzt GEH. Die Menschen, die sich dort engagieren, setzen darauf, dass wir politische Rahmenbedingungen schaffen, damit sie sich dieser Aufgabe, der sie sich verschrieben haben, auch in Zukunft erfolgreich im Sinne des Erhalts dieses Genmaterials widmen und ihre Arbeit machen können.
Es geht nicht nur um das Genmaterial, sondern es geht auch darum, dass diese Menschen überwiegend Flächen bewirtschaften, die für die klassische Landwirtschaft uninteressant sind, weil es Kleinstflächen sind, weil die Zuschnitte der Flächen uninteressant sind. Insofern leisten sie auch einen wertvollen Beitrag zum Erhalt einer besonderen Flora.
Wir haben mit diesem Entschließungsantrag Vorschläge gemacht, wie wir dort unterstützen können. Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir vom Arbeitskreis haben beim Besuch einer GEHRegionalgruppe in Cuxhaven vor allen Dingen eines vermittelt bekommen: Diese Tierhalter, die ihre Tiere wirklich lieben, die eine persönliche Beziehung zu diesen Tieren haben, machen sich sehr große Sorgen um den Fortbestand ihrer Gruppe und ihrer Aufgabe, weil sie sich zunehmend mit einem Problem konfrontiert sehen, nämlich der Bedrohung ihrer Tierhaltung u. a. durch die wachsende Wolfspopulation.
Diesen Menschen ist ihrer Auffassung nach nicht damit geholfen, dass es Präventionsmittel gibt, um vernünftige Zäune zu bauen, sondern sie sagen: Wer sich dieser Aufgabe mit so viel Liebe und so viel Engagement verschreibt, wird es auf Dauer nicht hinnehmen können, wenn wir nicht wirkungsvolle Managementmaßnahmen im Sinne eines sicheren Schutzes ihrer Tiere gewährleisten können.
Von daher sollten wir uns darüber im Klaren sein, dass wir mit diesem Entschließungsantrag ein nur vordergründig seichtes Thema in den Fokus der Landtagsarbeit gerückt haben. Das ist eine Aufgabe, bei der wir alle zusammen eine besondere Verantwortung haben. Diese Aufgabe ist nicht trivial.
Damit möchte ich meine Ausführungen beenden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.