Protokoll der Sitzung vom 27.03.2019

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir dürfen keine Verlierer produzieren, wenn es um Digitalisierung geht.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Ma- chen Sie aber!)

Wir dürfen nicht weiter abwarten, wann dieses Problem gelöst wird.

Wenn man bedenkt, dass Länder wie Japan, Südkorea, Estland und Malta uns bei der Mobilfunkversorgung voraus sind, dann ist es genau richtig, dass das Land Niedersachsen sagt: Dieses Themas nehmen wir uns jetzt selber an. Wir stellen Geld zur Verfügung, über 20 Millionen Euro.

Es ist das erklärte Ziel dieses Wirtschaftsministers, in diesem Jahr eine Vielzahl weißer Flecken zu schließen, den 4G-Standard flächendeckend einzuführen und den 5G-Standard flächendeckend zu pilotieren.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Ich kann schon antizipieren, welche Kritik gleich kommen wird. Deshalb sage ich es Ihnen noch einmal: Funklöcher zu stopfen, das ist eine kleinteilige und herausfordernde Aufgabe. Das ist ungefähr vergleichbar mit einem 10 000-Teile-Puzzle. Jedes Puzzleteil muss identifiziert werden und dann sorgsam eingefügt werden. Dafür braucht es Geduld. Es ist klar, dass das nicht von heute auf morgen gelingen wird.

Die Alternative wäre ja, abzuwarten und auf andere zu verweisen. Wer das möchte, der kann die niedersächsischen Funklöcher gleich zum Weltkulturerbe erklären und sagen: Das war schon immer da, das haben wir schon immer so gemacht, das wird auch immer so sein.

Das liegt aber nicht in der DNA eines CDU-Wirtschaftsministers. Hier wird gehandelt. Hier heißt es: Wir sagen den Funklöchern den Kampf an. Wir werden sie stopfen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es folgt nun für die AfD-Fraktion Herr Abgeordneter Henze. Bitte, Herr Kollege!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Offen gestanden, war ich über den Titel des Antrages der CDU-Fraktion zur Aktuellen Stunde verwundert:

(Zuruf von der FDP: Ich auch!)

„Wir sagen Funklöchern den Kampf an - Fortschritte bei der Mobilfunkversorgung in Niedersachsen“. - Von den Fortschritten haben wir gerade gehört; wir haben gehört, was die Telekom gerade vorhat. Das ist nichts anderes als eine nochmalige öffentliche Beichte politischen Versagens auf diesem strategisch wichtigen Feld.

Das erinnert fatal an Ihren Masterplan Digitalisierung insgesamt, von dem bis auf eine Absichtserklärung in einer Hochglanzbroschüre immer noch nichts Greifbares vorliegt.

(Mareike Wulf [CDU]: Das stimmt nicht!)

Ihre Partei, sehr geehrte Damen und Herren von der CDU-Fraktion und sehr geehrter Herr Althusmann, hat von 2003 bis 2013 regiert. Sie regiert jetzt wieder mit und war auch schon davor am Drücker. Anscheinend haben Sie aber bis heute den Knopf zum Drücken in Sachen Mobilfunk und Beseitigung von Funklöchern nicht gefunden. Wie sonst ist es zu erklären, dass Sie in mehr als 25 Jahren des Regierens und Mitregierens nicht in der Lage waren, die laut Bericht des NDR vom 1. August 2018 in Niedersachsen noch bestehenden 3 000 Funklöcher zu stopfen?

Aber schon Helmut Kohl war ja in den 80er-Jahren der Meinung: Kupferkabel reichen und sind billiger. - Hier fehlte leider der Weitblick.

Diese Löcher ließen Sie überdies mit Bürgerhilfe identifizieren. Haben Sie, Herr Althusmann, als Wirtschafts- und Digitalisierungsminister so schlechten Kontakt zu den Mobilfunknetzbetreibern, dass die sonst von Ihnen verbrämte Bürgerpolizei Ihnen avisieren muss, wo es in Niedersachsen noch Löcher gibt in der Versorgung?

Die Zeit, in der Sie, liebe CDU-Kollegen, den Ministerpräsidenten stellten - 2003 bis 2013 -, war die Hochzeit der Planung, Implementierung und Weiterentwicklung der Netze, deren Löcher Sie jetzt zu Recht beklagen.

Um keine Löcher in der historischen Rückschau zu lassen: Auch Sie, verehrte Kollegen von der SPD, sind maßgeblich für den Flickenteppich aus Funklöchern in Niedersachsen verantwortlich, haben Sie doch bis auf wenige kommissarische Stunden des Kollegen Bode als Ministerpräsident ansonsten die Regierungsspitze in Niedersachsen gestellt.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht! - Jörg Bode [FDP]: Christian Wulff war auch da!)

Ich stelle also fest: Die heutigen Vertreter der Parteien, die den Flickenteppich einst gewebt haben - - -

(Weitere Zurufe)

- Kommissarisch, bis Herr McAllister übernommen hat. Ein paar Stunden waren Sie es dann doch.

Und das - nach den Aussagen von Althusmann - bis 2021! Bei allem Respekt: Das Lachen über diesen plötzlichen Ehrgeiz kann ich mir nur verkneifen, weil diese technologische Katastrophe der Wirtschaft und den Bürgern unseres Landes seit Jahrzehnten schadet. Ich glaube, dass sich das Desaster in der kurzen Zeit bis 2021 schon aus technischen Gründen nicht beheben lässt.

Überdies erscheint es mir sinnvoll, gleich und mit hohem Tempo ein flächendeckendes 5G-Netz aufzubauen und so lange noch mit dem einen oder anderen Funkloch zu leben. Über 5G-Netze in Niedersachsen sollten Sie mit Netzagentur und Anbietern sprechen. Das wäre zukunftsweisend.

Sind Ihre Fortschritte möglicherweise sogar Rückschritte? Wir sind wirklich gespannt, ob nun tatsächlich Fortschritte erzielt werden. Ich muss

Ihnen sagen: Sie haben viel Arbeit vor der Brust. Sie haben vor allen Dingen viel nicht erledigte Arbeit vor der Brust. Wir sind, wie gesagt, sehr gespannt, ob sich in Niedersachsen endlich etwas im Bereich „Digitalisierung und Netzausbau“ tut.

Letzens wurden 32 Industrienationen verglichen. Deutschland lag auf dem 28. Platz. Wenn das in Ihrer Skala die Zufriedenheit hervorbringt, die Sie jetzt haben - „und wir bauen jetzt aus“ -, dann kann ich nur sagen: Tut mir furchtbar leid, meine Damen und Herren! Das ist nichts, womit wir hier in Niedersachsen in die Zukunft kommen, womit wir hier in Niedersachsen zukünftig werden leben können.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Bode. Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass Funklöcher eine absolut ärgerliche Sache sind, haben wir heute Morgen hier live erleben können. Denn offensichtlich ist die Rede der CDUFraktion zur Haushaltsklausur der SPD in einem Funkloch hängen geblieben, und wir konnten sie hier heute nicht hören.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dem Antrag der CDU zur Aktuellen Stunden habe ich mir schon die Frage gestellt: Was soll das eigentlich? - Sie haben in Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde zwei Themenbereiche erwähnt:

Erstens beklagen Sie, dass Niedersachsen viel zu viele Funklöcher hat. - Das ist richtig, hat aber mit Aktualität nichts zu tun. Das haben Sie hier im Plenum, genau wie alle anderen Fraktionen, schon häufig gesagt, und Sie haben dem auch schon häufig den Kampf angesagt.

Von daher ist der zweite Teil interessanter, in dem Sie erklären, dass es große Fortschritte bei der Beseitigung von Funklöchern gibt und dass wir große Fortschritte beim Mobilfunkausbau machen.

Liebe Kollegin Wulf, in Ihrer Rede haben Sie einen einzigen Fortschritt erwähnt: dass Sie die 3 785 an Minister Althusmann gemeldeten Funklöcher in 100 Cluster eingeteilt haben. - Gut, jetzt weiß jedes Funkloch, wohin es gehört. Aber geschlossen ist es dadurch nicht.

Wenn Sie die wenigen neuen Senderstationen als Schritt in die richtige Richtung erwähnen, dann muss ich Ihnen sagen: Wenn das Ziel, das sich die Landesregierung zu Recht gesetzt hat - bis zum Jahr 2021 alle Funklöcher zu schließen und überall den 4G-Standard zu erreichen -, erreicht werden soll, dann müssen Sie jetzt pro Tag 5,8 Funklöcher schließen. Oder um es mithilfe Ihrer Clustern zu sagen: Sie müssen jede Woche eines dieser 100 Cluster schließen, um bis 2021 überall den 4GStandard zu erreichen. Nun schauen Sie sich einmal an, wie viele Funklöcher in dieser Woche geschlossen werden und wie viele in der nächsten Woche geschlossen werden sollen!

Sie haben ein Förderprogramm mit 20 Millionen Euro erwähnt. Das macht gerade einmal 200 000 Euro für jedes große Funkloch-Cluster. Damit kommen Sie vorne und hinten nicht aus, wenn Sie es mit Ihrem Ziel wirklich ernst meinen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe eher den Eindruck, dass die CDU bzw. die Große Koalition hier in Niedersachsen bei der Frage des Mobilfunkstandardausbaus bis zum Jahr 2021 sehr auf Alexander Dobrindt setzt und seine Strategie, die er bereits im Bund erfolglos angewandt hat, kopiert. Denn Alexander Dobrindt hat im Jahr 2015 erklärt: Die Funklöcher werden in drei Jahren Geschichte sein. - Sie sind nicht in die Geschichte eingegangen, sie sind Gegenwart, und wenn es so weitergeht, werden sie auch Zukunft bleiben. Das kann uns nicht zufriedenstellen.

Deshalb, sehr geehrter Herr Minister Althusmann: Sorgen Sie dafür, dass Sie nicht der Alexander Dobrindt Niedersachsens werden! Fangen Sie endlich an, ein Konzept aufzustellen und umzusetzen, damit man nicht länger über Funklöcher redet, sondern sie tatsächlich schließt!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Bode. - Es folgt für die SPDFraktion Herr Kollege Domeier. Bitte, Herr Kollege!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte regional starten. Ich komme aus dem Landkreis Helmstedt. Seit ca. zehn Jahren geht bei uns der Mobilfunkausbau voran, wenn auch sicherlich nicht immer in dem

Tempo, wie wir uns dies wünschen. Aber das haben wir, glaube ich, hinreichend festgestellt.

Damals haben wir zuallererst darauf geachtet, dass es schnelles Breitband gibt. Glasfaser, Richtfunk oder 4G - sie waren nicht die erste Priorität. Deswegen sind Flickenteppiche verschiedener Strukturen entstanden, je nachdem, wo welche Technik möglich war. Wir alle wissen: Heute geht das nicht mehr. Ohne Glasfaser wird es kein 5G geben. Die Netze verschmelzen zunehmend. Mobilfunk ist bereits heute mehr Datentechnik als einfache Telefonie.

Zum damaligen Handeln mache ich ausdrücklich keine Vorwürfe; denn gemacht wurde dies vor allem, weil die Telcos, also die Telekommunikationsunternehmen, aufgrund der mangelnden Wirtschaftlichkeit bei uns ohne zusätzlichen Anreiz nicht investieren wollten. Ich begrüße die Maßnahmen des MW also ausdrücklich; denn ohne Fördermittel, gerade im ländlichen Raum, werden wir nicht aufholen können.