Protokoll der Sitzung vom 16.05.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wirtz, mein Ministerium begleitet intensiv - darauf habe ich gerade in meinem Beitrag hingewiesen - alle Anstrengungen zur Entbürokratisierung aller Bestimmungen auf EU-, aber auch auf Mitgliedstaatenebene. Wir haben bereits in den letzten Jahren aktiv daran mitgearbeitet, auch in Niedersachsen Vorschriften zu entbürokratisieren. Wir haben - das wissen Sie vielleicht - in der letzten Förderperiode bereits eine Reduktion von 139 Fördermaßnahmen auf 58 Richtlinien vorgenommen. Wir haben die Pauschalierung von Personalkosten eingeführt. Wir haben viele vereinfachte Kostenoptionen in vielen Förderbereichen eingeführt. Wir haben Standardeinheitskosten und Restkostenpauschalen eingeführt. Wir haben eine Reihe von Nebenbestimmungen zur Projektförderung eingeführt. Dadurch wurden das Vergaberecht und die Auftragsvergaben für viele massiv vereinfacht. Ich will Ihnen auch sagen: Niedersachsen ist hier erheblich weiter als alle anderen Bundesländer. Das ist natürlich durch ein Ministerium noch sehr viel besser und intensiver zu begleiten.

Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die zweite und damit letzte Zusatzfrage für die AfD-Fraktion stellt Herr Kollege Wirtz.

(Ulrich Watermann [SPD]: Den Zettel mit der Frage muss er erst einmal su- chen!)

Vielen Dank. - Frau Ministerin, ich habe es sehr begrüßen können, dass Sie ein Draufsatteln bei EU-Verordnungen, die in nationales Recht übernommen werden, als kritisch ansehen. Können wir zukünftig davon ausgehen, dass EU-Verord

nungen 1 : 1 übernommen werden und Übertreibungen im Sinne von erweiterten Vorschriften dann nicht mehr vorkommen, und wird dies vielleicht im Nachgang auch für bereits bestehende Vorschriften vorgenommen?

(Beifall bei der AfD - Ulrich Water- mann [SPD]: Das waren schon mal zwei Fragen! Zählen kann die AfD auch nicht!)

Vielen Dank. - Bitte, Frau Ministerin Honé!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Wirtz, Sie können sicher sein, dass wir natürlich sehr kritisch auf die Umsetzung gucken; darauf habe ich mehrfach hingewiesen. Ich will Ihnen aber auch deutlich sagen - auch darauf habe ich in meinem Beitrag hingewiesen -: Die EU-Kommission setzt mit ihren Richtlinien einen Rahmen. Für die Umsetzung sind dann die Mitgliedstaaten verantwortlich.

(Vizepräsidentin Meta Janssen-Kucz übernimmt den Vorsitz)

Wir müssen sehr darauf achten, dass diese überbordende Bürokratisierung auch aufseiten der Mitgliedstaaten ein Ende hat, und müssen dabei darauf achten, dass wir sehr bürgerfreundlich und verwaltungsfreundlich dazu kommen, die Vorschriften einfacher zu gestalten. Das ist ein Auftrag, den wir alle haben: die Bundesländer, die Mitgliedstaaten und die Europäische Union.

(Beifall bei der SPD sowie Zustim- mung bei der CDU, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Mir liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Die Landesregierung hat eine Restredezeit von 5:56 Minuten.

Wir treten jetzt in die Aussprache ein. Für die Fraktionen sind bekanntlich vier Minuten vorgesehen.

Zu Wort gemeldet hat sich der Abgeordnete Dr. Stephan Siemer von der CDU-Fraktion. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fragestunde hieß ja: „Wenn die EU die Antwort ist - wie lauten dann die Fragen?“ - Ich konnte den Fragen der AfD nicht entnehmen, dass sie darauf abzielt. Deshalb möchte ich auf die Herausforderungen hinweisen, vor denen wir hier in Deutschland und in Europa stehen.

Ich habe mir gerade eine aktuelle Nachricht des Handelsblattes auf mein Handy heruntergezogen. Dort steht: „Donald Trump will der EU offenbar Autozölle-Ultimatum setzen“. Wenn so etwas kommt, weiß jeder, dass hier in Niedersachsen die Automobilindustrie, die Automobilzulieferer gefährdet sind. Jeder hat in seinem Bekanntenkreis Freunde und Familienmitglieder, die in Firmen arbeiten, die von der Automobilindustrie abhängen. Wenn wir glauben, dass wir 80 Millionen Deutsche Herrn Trump davon überzeugen können, dies nicht zu tun, dann sind wir fehlgeleitet.

Die Europäische Union hat 500 Millionen Bürger. Das stellt eine ganz andere Verhandlungsmacht gegenüber den Vereinigten Staaten dar als das kleine Deutschland. Wenn es um Autos geht, geht es Trump sicherlich um deutsche Autos - das hat er ja auch persönlich bekundet - und nicht so sehr um französische. Hier ist die EU genau der richtige Rahmen, auf den Handelskrieg der Amerikaner eine Antwort zu geben.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Wir sind hier in Niedersachsen - bitte verzeihen Sie es mir - sicherlich nicht der Nabel der Welt. Aber wir haben auch in diesem Landtagsplenum über Themen diskutiert, die nur europaweit und weltweit zu lösen sind. Ich erinnere an das Thema Klimaerwärmung, das in diesem Plenum eine Rolle gespielt hat. Auch das Thema Artensterben hat in diesem Plenum eine Rolle gespielt ebenso wie auch die Reinhaltung von Wasser und Luft. Die EU hat zu diesen Themen Stellung genommen. Das Thema Plastik, das Verbot von Einwegplastik, ist ein EU-Thema. Das ist sicherlich nicht die Lösung, sondern ein erster Schritt. Wenn die EU so etwas verkündet, wird dieses weltweit gehört. Auch andere Staaten nehmen davon Notiz und verändern ihr Verhalten, weil wir in der EU unser Verhalten ändern.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der FDP)

Es hat in Deutschland einmal den völlig irrigen Glauben gegeben: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. - 80 Millionen Deutsche nimmt in Asien keiner wahr, aber die EU wird in Asien wahrgenommen. Dort haben wir Gewicht. Wir können unsere Ideen in die EU einbringen. Diese Ideen werden dann weltweit vertreten. Das hat offenkundig funktioniert. Auf diesem Weg sollten wir weitergehen. Deshalb finden die brennenden wirtschaftlichen Themen - Umweltthemen; Sie können nennen, was Sie wollen; auch die Wissenschaft - nur noch international und mit internationaler Unterstützung statt. Bei diesen Themen können wir den Weg nur mit der EU beschreiten. Das müssen wir uns alle ins Stammbuch schreiben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Herr Siemer, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Stephan Bothe zulassen?

Ja, gerne.

Ich danke Ihnen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen.

Meine Frage zielt auf Ihre Äußerung zum Thema EU und deutsche Autobauer ab. Auf der Website von n-tv stand am 8. März 2019, dass die EU eine Milliardenstrafe gegen deutsche Autobauer erwägt. Hintergrund ist, dass die deutschen Autobauer wegen angeblicher Absprachen wahrscheinlich 1 Milliarde Euro an die EU zahlen müssen. Wo genau unterstützt die EU denn die deutschen Autobauer und damit die deutschen Arbeitsplätze?

Vielen Dank.

Die Frage ist verstanden. Danke.

Die deutsche Automobilindustrie - das müssen wir auch in Niedersachsen sagen - hat sich, was den Schutz der Verbraucher, was den Schutz der Umwelt, was das Thema Ehrlichkeit angeht, nicht mit Ruhm bekleckert.

Das bringt mich zum Thema Verbraucherschutz. Die EU befasst sich auch mit Themen des Verbraucherschutzes.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Wenn wir nur in Deutschland die Luft reinhalten würden, dies aber etwa in den Niederlanden und in Frankreich nicht geschähe, würde uns das gar nichts nützen. Deswegen ist die EU aufgerufen, dafür zu sorgen, dass die Vorgaben europaweit eingehalten werden. Wenn sich Unternehmen - egal aus welcher Branche - nicht an diese Vorgaben halten, dann gibt es Strafen. Die EU verhängt ja nicht nur Strafen gegen die Automobilindustrie. Sie hilft uns auch beim Steuerwettbewerb. Meinen Sie tatsächlich, Facebook würde sich um Deutschland bzw. 80 Millionen Deutsche kümmern? Facebook zahlt seine Steuern im Zweifel sonst wo. Aber die EU kann auf europäischer Ebene gegen Steuerwettbewerb vorgehen. Auch das ist ein Vorteil für uns.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung von Jörg Hillmer [CDU])

Sie können alle Themen durchdeklinieren, die für uns politisch wichtig sind: Auf diesen Feldern können wir nur mit Unterstützung durch die EU etwas werden. Deshalb ist die EU eine Antwort. Deswegen kann ich jeden Einzelnen nur auffordern, am 26. Mai zur Europawahl zu gehen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Siemer. - Für die AfD-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Stefan Wirtz. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Vorredner, die EU ist nicht die Lösung - sie ist ein wirtschaftliches Kalkül, ein marktwirtschaftliches Kalkül. Das ist nur dann eine Lösung, wenn dieses Kalkül aufgeht. Das tut es leider schon länger nicht mehr.

Der Euro ist demgegenüber auch ein finanzpolitisches Kalkül. Auch das hat nicht funktioniert.

(Jörg Hillmer [CDU]: Was ist das für eine schräge Sichtweite!)

Die europäischen Mächte, die sich in der EU zusammengefunden haben, haben das nicht als Friedensprojekt geplant, sondern sie haben eine Agrargemeinschaft gebildet. Der Kerngedanke war: Alle zahlen ein, und nach Fläche erhält dann der größte Agrarbetreiber Geld heraus. Einzahler war traditionell immer Deutschland. Und traditionell hat Frankreich immer fleißig Geld genommen.

(Jörg Hillmer [CDU]: Das ist total schräg! - Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist historisch falsch! - Jörg Hillmer [CDU]: Das ist ahistorisch! - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke der Präsi- dentin)

Sie sprechen hier von den bevorstehenden Wahlen zum EU-Parlament. Sie haben auch erwähnt, dass die Kommission benannt wird. Das ist der dann schon nicht mehr so ganz demokratische Teil, den wir kritisieren. Jedes Teilnehmerland schickt einen Kommissar, und dann wird ein Oberkommissar - so sage ich mal -, der Kommissionspräsident, vom EU-Parlament immerhin per Wahl bestätigt. Aber er wird vorgeschlagen. Wir sehen ja bereits im Wahlkampf, wer das vielleicht sein wird.

Ich finde es übrigens gut, Frau Liebetruth, dass Sie diesen Pullover tragen. Darauf fehlt schon ein Stern. Das passt gut. Das ist wohl der Brexit-Stern.

(Dr. Dörte Liebetruth [SPD] erhebt sich und dreht sich um: Nein! Der Stern befindet sich auf dem Rücken!)

- Der Stern ist abgerutscht. Die Briten sind schon draußen. Sie wissen auch, warum.

(Beifall bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Die kommen ja nicht raus! - Weitere Zurufe)

- Die kommen schon raus! Keine Sorge, die gehen raus, und sie wissen, was sie tun.