Protokoll der Sitzung vom 21.06.2019

Wir sollten aber nicht ausblenden, dass der Handlungsbedarf im Bereich Bürokratieabbau enorm ist, gerade auch im Bereich des Baurechts. Ich habe eine ganze Liste von etwa 50 Vorschlägen, die über die bereits vorgestellten zehn hinausgehen. Dabei geht es auch um Planungs- und Genehmigungsverfahren, Verkürzungsfristen, Instanzenfragen auch im Bereich des öffentlichen Bauens, wenn es z. B. um Verkehrsfragen geht. Insofern werden wir das in aller Ruhe und Sachlichkeit, aber mit der notwendigen Geschwindigkeit voranbringen, weil wir in dieser Legislaturperiode ein echtes Zeichen beim Bürokratieabbau setzen wollen. Dazu hat sich diese Landesregierung verpflichtet. Das ist auch Teil unseres Koalitionsvertrages.

Ich komme immer dann ins Spiel, wenn es um mittelstandsrelevante Fragen mit Auswirkungen auf Mittelstand, Handwerk und Gewerbe in Niedersachsen geht, und weiß mich hier in einer guten

und sehr seriösen und vernünftigen Zusammenarbeit mit unserem niedersächsischen Bauminister Olaf Lies.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die erste Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt nun Herr Kollege Bode. Bitte!

Ich freue mich ja, dass die Zusammenarbeit mit dem Kollegen Lies gut ist, Herr Minister Althusmann.

Vor dem Hintergrund, dass unsere Anfrage an die gesamte Landesregierung gestellt war und auch die Position der gesamten Landesregierung dem Parlament in der Antwort dargelegt werden müsste, möchte ich zu dem Punkt, der auch in Ihrer Beantwortung erklärt worden ist, nämlich eine Regelbearbeitungsfrist bei Bauanträgen von drei Monaten, nachfragen. Sie haben dies wieder als Ihr Ziel dargelegt und erklärt, sicherlich werde man dieses gemeinsam voranbringen. Da Sie nicht der zuständige Fachminister sind, würde ich gern von der Landesregierung wissen, wie die Position der Landesregierung bei der Regelbearbeitungsfrist von drei Monaten bei Bauanträgen ist.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Es antwortet Herr Dr. Althusmann für die Landesregierung.

Auch Sie, Herr Abgeordneter Bode, kennen aus Ihrer Regierungszeit das Verfahren, dass die Landesregierung hier antwortet.

(Jörg Bode [FDP]: Für alle!)

Sie können sich vorstellen, dass wir die Antwort auf die Anfrage und in Bezug auf die Rede, die ich vorhin gehalten habe, ebenfalls eng abgestimmt haben.

(Jörg Bode [FDP]: Echt?)

Zunächst einmal zu der Frage, ob beispielsweise Mitarbeiter von dieser Dreimonatsfrist letztlich überfordert werden würden oder nicht. Ich kann Ihnen sagen, dass sich die Anregungen des Wirt

schaftsministeriums letztlich nicht allein auf diese Dreimonatsfrist beziehen. Die Vorschläge sind in einem Gesamtzusammenhang zu sehen. Es geht um die Verkürzung der Bauverfahren, es geht um die Entlastung der Bauämter, und die Straffung dieser Verfahren kann dann beispielsweise durch eine Genehmigungsfiktion oder aber durch Bearbeitungsfristen erreicht werden. Die zeitgleiche Genehmigungsfreiheit von weiteren Bauvorhaben und die dringend notwendige Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen werden am Ende die Bauverwaltung entlasten. Dadurch werden Kapazitäten frei, und dadurch kann auch schneller bearbeitet werden.

Wir sind davon überzeugt, dass wir zumindest den Aspekt der Genehmigungsfiktion für leichtere oder weniger bedeutsame - nicht große, umfangreiche - Fragen am Ende werden stärker prüfen müssen. Das gibt es durchaus auch in anderen Bundesländern, beispielsweise in Sachsen und in Berlin. Das bezieht sich nicht auf umfangreiche Bauvorhaben, bei denen z. B. Gefahren im Bereich des Brandschutzes bestehen. Hier muss natürlich immer sorgfältig geprüft werden.

Vielen Dank, Herr Minister. - Die zweite Zusatzfrage für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt nun der Abgeordnete Meyer. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage jetzt ganz konkret: Was hat denn das Bauministerium in dieser Legislaturperiode konkret zur Entbürokratisierung im Bereich des Bauens getan?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Für die Landesregierung antwortet der Umwelt- und Bauminister Herr Lies. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns in der Bündnisarbeit sehr früh darauf verständigt, nicht nur zu sagen, ob es mehr Geld gibt und ob wir mit mehr Geld mehr bauen können, sondern wir haben uns auch sehr intensiv mit der Frage beschäftigt: Wie gelingt es uns, z. B. Genehmigungsverfahren zügiger zu machen? Wir überlegen, wie wir Abstände im Zuge

der Innenverdichtung der Städte verringern können. Ich hatte schon einmal die Debatte: Wenn das Obergeschoss ausgebaut wird, gibt es Brandschutzmaßnahmen, die für das ganze Gebäude zählen. - Alle diese Dinge sind jetzt in der Bearbeitung.

Wir haben uns aber nicht nur - das finde ich ganz wichtig dabei, weil wir auch über die Frage der Entbürokratisierung für die Wirtschaft sprechen - mit der Bauordnung auseinandergesetzt, sondern, weil ich ja auch für die Gewerbeaufsichtsverwaltung zuständig bin, haben wir uns schon im letzten Jahr sehr früh mit Vertretern der Industrie, der Verbände und der Gewerbeaufsichtsverwaltung zusammengesetzt und sind der Frage nachgegangen: Wie gelingt es eigentlich, bei größeren, komplexen Verfahren - da liegt ja eigentlich die Herausforderung und nicht bei Einfamilien- oder Zweifamilienhäusern - Verfahrensbeschleunigungen zu erreichen?

Ende letzten Jahres haben wir gemeinsam mit der Industrie, gemeinsam mit der Gewerbeaufsichtsverwaltung und meinem Haus auch ein Ergebnis erarbeitet, wie wir die Koordinierung von Verfahren verbessern. Das Problem ist oft, dass in den Antragskonferenzen nicht alle dabei sind und sich deswegen Verfahren in sich verzögern, weil Anforderungen, die man zu Beginn klären könnte - etwa wann die Daten geliefert werden können -, dann vielleicht doch nicht geplant werden und die Vorlagen dann nicht rechtzeitig vorliegen. - Das ist der ganz entscheidende Punkt auch im Bereich der komplexeren Genehmigungsverfahren, die wir haben.

Ich will ein Beispiel nennen - auch in Anlehnung daran, dass die Bauordnung in Niedersachsen natürlich nicht die komplexeste in Deutschland ist, sondern sich sehr intensiv an die Musterbauordnung anlehnt, was auch gut so ist. Wir haben im letzten Jahr oder in diesem Jahr - jetzt muss ich nachdenken - mit einem klugen gemeinsamen Beschluss zur Änderung der Niedersächsischen Bauordnung zum barrierefreien Bauen bewiesen, dass wir die Flexibilität in Niedersachsen nutzen, um schnelle Verfahren, günstiges Bauen und Barrierefreiheit in Einklang zu bringen. Das haben wir hier gemeinsam auf den Weg gebracht.

Ich finde, das ist ein kluger Weg und hat gezeigt, dass wir uns sowohl beim Thema Bauordnung als auch vor allen Dingen beim Thema der komplexen Genehmigungsverfahren, der Koordinierung mit Antragskonferenzen über die Gewerbeaufsichts

verwaltung bemühen, gerade die komplexen Verfahren, die häufig länger dauern, als es sein müsste, zu beschleunigen.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Die erste Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt nun Frau Kollegin Wulf. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung, ob es Erfahrungen aus anderen Bundesländern - NRW wurde ja schon genannt - mit Clearingstellen gibt.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Bitte, Herr Dr. Althusmann!

Diese Clearingstelle in Nordrhein-Westfalen, Frau Abgeordnete, gibt es bereits seit 2013. Im vergangenen Jahr wurde im Saarland eine weitere gegründet.

Im Übrigen hat sich der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart

(Christian Grascha [FDP]: Guter Mann!)

von der FDP folgendermaßen zur Clearingstelle geäußert - ich zitiere -: Die Clearingstelle Mittelstand liefert wichtigen Input, um Verwaltung und Gesetzgebung für den Mittelstand so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Sie trägt dazu bei, dass unser Land wettbewerbsfähig bleibt. - Das war am 19. Juni 2019, nachzulesen auf der Homepage der Clearingstelle.

Die im Jahr 2013 von der rot-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen eingeführte Clearingstelle wurde auch unter dem FDP-Wirtschaftsminister weiter fortgeführt. Ausweislich des Koalitionsvertrages in Nordrhein-Westfalen soll diese Clearingstelle dort sogar noch weiterentwickelt werden. Man hat also ganz offensichtlich gute Erfahrungen mit dieser Clearingstelle gemacht.

Auch Ihr Berliner Kollege, der Verwaltungsexperte Florian Swyter von der FDP, sagte laut der Süddeutschen Zeitung vom 17. Januar:

„Statt in Sonntagsreden die langsame Verwaltung zu beklagen, wird es Zeit, diese

durch einen unabhängigen Expertenrat schneller und kostengünstiger zu machen.“

Er hat für Berlin die Schaffung eines sogenannten Normenkontrollrates gefordert. Ein solcher wird aktuell in mehreren Bundesländern diskutiert.

Überraschend kann der Vorschlag für eine Clearingstelle in Niedersachsen für niemanden gekommen sein. Es gibt eine Pressemitteilung vom 29. Januar dieses Jahres, in der das niedersächsische Wirtschaftsministerium berichtet, dass die Verbände über die „Clearingstelle BürokratieKostenmonitoring“ beraten. Frau Dr. Susanne Schmitt, zu diesem Zeitpunkt Hauptgeschäftsführerin der IHK Niedersachsen, sagte:

„Eine Clearingstelle Mittelstand unter maßgeblicher Beteiligung der Wirtschaft ist bestens geeignet, ein systematisches und regelmäßiges Bürokratiemonitoring in Niedersachsen zu gewährleisten. Eine solche Clearingstelle muss im Vorfeld von Gesetzesvorhaben eingebunden sein, um deren Folgen und Auswirkungen insbesondere im Hinblick auf den Mittelstand abzuschätzen.“

Dr. Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände, hat gesagt:

„Ich sehe hier“

- mit dieser Clearingstelle -

„die Möglichkeit, endlich die Grundlage für die von uns geforderte Effizienzinitiative zu legen. Wir müssen es schaffen, die Bürokratie in den nächsten fünf Jahren um 30 % zu reduzieren. Soviel wie nötig und so wenig wie möglich muss das Motto sein!“

Frau Dr. Hildegard Sander, Hauptgeschäftsführerin der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen, sagte:

„Überzogene bürokratische Anforderungen lähmen den betrieblichen Ablauf und kosten sehr viel Energie. Dies gilt grundsätzlich für die gesamte Wirtschaft. Bürokratische Anforderungen wirken aber ganz besonders belastend für kleine Unternehmen. Für Handwerksunternehmen bilden die bürokratischen Anforderungen inzwischen die größte betriebliche Herausforderung. Es besteht ein akuter politischer Handlungsbedarf!“

Den sehe ich auch.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank. - Die zweite und damit letzte Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Herr Kollege Adomat.