Vielen Dank. - Die zweite und damit letzte Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt Herr Kollege Adomat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der vermeintlich längeren Baugenehmigungsverfahren bitte ich um Aufklärung, ob die Landesregierung Auskunft darüber erteilen kann, woran es im Fall eines Hörgeräteakustikers in Hannover - dazu gingen ja Berichte durch die Medien - gelegen hat, dass das Baugenehmigungsverfahren über ein Jahr gedauert haben soll.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, uns allen ist klar, dass eine solche Berichterstattung Kopfschütteln bei allen hervorruft: Kann es sein, dass ein Verfahren über einen solch langen Zeitraum notwendig ist? - Deswegen haben wir uns diesen Fall vorgenommen - das kann man nicht in jedem Fall machen; dafür bitte ich um Verständnis -, um der Frage nachzugehen, was wir daraus lernen können, damit wir nicht wieder in diese Lage kommen. Das ist ja genau die Aufgabe, die wir haben.
Zur Wahrheit gehört aber auch dazu, dass es Gründe gibt, warum am Ende eine Genehmigung scheinbar erst ein Jahr später erfolgt. Die Genehmigung ist einen Monat nach der Vollständigkeit der Bauantragsunterlagen erfolgt. Die Bearbeitungszeit betrug also einen Monat, nachdem die Vollständigkeit der Bauantragsunterlagen sichergestellt war. Ich finde, das gehört einfach dazu.
Ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal deutlich sagen: Unsere Bauverwaltung - also die obere Baubehörde, das Land, aber vor allen Dingen die unteren Baubehörden in den Landkreisen und in den Städten und Gemeinden - bemüht sich wirklich mit aller Kraft, nicht zu verzögern, sondern das vernünftig zu machen. Ich finde, die Kolleginnen und Kollegen, die sich dort wirklich anstrengen und bemühen, haben auch ein Dankeschön verdient; denn im Moment haben wir eine Phase mit großen Belastungen und vielen Anträgen.
Ich will die Historie jetzt nicht im Detail vorlesen, aber stelle Ihnen das gerne in Gänze zur Verfügung. Ich möchte nur kurz die folgenden Daten herausgreifen: Am 28. November wurde der Antrag gestellt. Dann gab es eine Liste von Nachforderungen, weil die Unterlagen, die verschickt worden waren, nicht vollständig waren. Dann war das Brandschutzgutachten unzureichend. - Der Brandschutz ist ein schwieriges Thema. Die Antragsteller wissen aber, dass sie sich besser auf ein Verfahren vorbereiten müssen. - Dann wurde das Brandschutzkonzept überarbeitet. Dann wurde festgestellt, dass das Brandschutzkonzept und der Bauplan, also die Grundfläche, nicht übereinstimmten. Dann musste das erneut überarbeitet werden. Am 11. April wurde dann mitgeteilt, dass vom Entwurfsverfasser Umplanungen vorgenommen werden. Diese Umplanungen mussten dann mit den erforderlichen Eintragungen neu beantragt werden.
Im Juni wurden dann geänderte Pläne vorgestellt. Im Juli gab es eine erneute Aufforderung. Dann, als am Ende alles geklärt war, nämlich im September 2018, konnte mit der Prüfung begonnen werden, und nicht einmal einen Monat später war die Genehmigung da.
Ich sage das deshalb noch einmal, weil ich vorhin auch beschrieben habe, dass wir in sehr engem Austausch mit der Gewerbeaufsichtsverwaltung und der Industrie sind. Auch da sagt die Industrie natürlich zu Recht: Wir müssen selbstverständlich auch den Anspruch haben, vollständige Unterlagen einzureichen, damit aus vollständigen Unterlagen schnelle Genehmigungen werden können. - Die vollständigen Unterlagen haben wieder etwas damit zu tun, dass man weiß, was man einreichen muss.
Das ist ja ein Stück weit auch das, was die Landesregierung sagt. Wir brauchen eine klarere, eine einfachere, eine strukturiertere Kommunikation, sodass Antragsteller nicht Anträge stellen, bei denen zwei Monate später festgestellt wird, dass noch ein Teil fehlt. Da muss mehr Klarheit sein. Aber die Qualität der Anträge, die Vollständigkeit dieser Anträge sind ganz entscheidend für ein Genehmigungsverfahren.
Ich will es noch einmal sagen: Sowohl wir als Gewerbeaufsichtsverwaltung - hier sind wir zuständig - wie auch die unteren Baubehörden achten in ihrer Verantwortlichkeit darauf, dass das möglichst zügig abzuarbeiten ist. Aber die Vollständigkeit der Unterlagen ist hier das Entscheidende. Gerade die Brandschutzpläne setzen nun einmal eine sehr
saubere und ordentliche Vorarbeit voraus. Uns muss es gelingen, dass die Anträge die Qualität haben, dass die Bearbeitung auch in der Zeit stattfinden kann, wie wir uns das alle vorstellen.
Vielen Dank. - Die zweite und letzte Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt Herr Kollege Bode. Bitte!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Althusmann, in der Vorbemerkung Ihrer Antwort auf unsere Frage haben Sie erklärt, dass das von der Bundesregierung beabsichtigte Prinzip „one in, one out“, also eine Regelung nur dann einzuführen, wenn eine andere Regelung gleichzeitig aufgehoben wird, ein ideales Instrument und sehr erfolgversprechend zur Umsetzung des Bürokratieabbaus sei. Von daher frage ich die Landesregierung, ob denn in Niedersachsen dieses so gelobte Prinzip eingeführt worden ist oder eingeführt werden soll.
Da wir uns grundsätzlich immer in der Umsetzung von Bundesrecht und Europarecht in Landesrecht befinden, werden wir uns mit den entsprechenden Vorschlägen des Bundes ständig auseinandersetzen. Wir haben uns in die Bürokratieentlastungsgesetze I und II eingebracht. Soweit mir bekannt ist, beziehen sich die ersten beiden Gesetze im Wesentlichen auf Bilanzrichtlinien, die Änderung des Fahrlehrergesetzes - das hatte ich bereits erwähnt -, auf die Änderung des Lebensmittelhygienerechts, die Reform der Investmentbesteuerung, rechtliche Vorschriften bei den Medizinprodukten und Modernisierungen bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Der Bund geht davon aus - aufgrund einer Zusammenstellung aller Aufgaben, die dort identifiziert und zum Teil abgeschafft wurden -, dass durch das Bürokratieentlastungsgesetz I 704 Millionen Euro jährlich eingespart wurden und durch
das Bürokratieentlastungsgesetz II 135 Millionen Euro. Bei dem Bürokratieentlastungsgesetz II geht es um einheitliche Internetportale, um die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung, um Steuerrecht und um Digitalisierung.
Ich will im Rahmen des Bürokratieabbaus in Niedersachsen sehr wohl prüfen, ob wir eine solche Regelung übernehmen können. Das haben wir noch nicht festgelegt. Wir werden das erörtern. Die Stabsstelle arbeitet an einem Vorschlag. Sie wird sich damit auseinandersetzen, ob wir ein ähnliches Verfahren ebenfalls brauchen.
Der Großteil unserer Gesetze - das muss man allerdings sagen - und der Großteil der Dokumentationspflichten sind bundesrechtliche Regelungen, sind europarechtliche Regelungen. Ich habe das vorhin am Beispiel Datenschutz-Grundverordnung festgemacht.
Nur ein Hinweis: Wir haben in Deutschland 266 Dokumentationspflichten für den Mittelstand, also für das Handwerk und für die mittelständische Wirtschaft. Davon sind ganze 19, nein, es sind - glaube ich - 16 aus Statistiken des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik abzuleiten. Der Rest, die ganz überwiegende Mehrheit der Dokumentationspflichten, stammt von der Bundesebene.
Deshalb frage ich mich schon, warum es nicht gelingt, Abfragen, Adressdaten, Steuerdaten und sonstige Fragen zwischen den Behörden des Bundes und des Landes entsprechend auszutauschen, anstatt immer und immer wieder zu einem System zu kommen, in dem fast wöchentlich unsere mittelständischen Unternehmer Abfragen von verschiedenen öffentlichen Behörden erhalten, die identische Fragen stellen. Es muss in Deutschland irgendwann möglich werden, dass die Behörden quasi im Hintergrund miteinander zusammenarbeiten, die Daten datenschutzrechtlich gesichert miteinander austauschen, sodass nicht wöchentlich oder monatlich unser Mittelstand damit belastet wird, dass er identische Abfragen von der Bundes- oder Landesebene oder von woher auch immer beantworten muss. Das ist unser Ziel.
Vielen Dank. - Die zweite und letzte Zusatzfrage für die CDU-Fraktion stellt Frau Kollegin Wulf. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die Clearingstelle zurückkommen. Besteht nicht die Gefahr, dass durch eine solche Clearingstelle ein weiterer bürokratischer Aufwand entsteht?
Das ist genau das, was wir vermeiden wollen. Am Ende geht es ja darum, dass wir ernsthaft mit diesem Clearingverfahren ein Vorschaltinstrument haben, das neutral, von wirtschaftlicher Expertise geprägt, einen Erfolg bringen soll.
Die Clearingstelle in Nordrhein-Westfalen macht das seit 2013 in zahlreichen Verfahren sehr, sehr erfolgreich. Die Stellungnahmen fließen dort in die entsprechenden Gesetze tatsächlich ein. Das wird umgesetzt. Das Land sagt, das ist der richtige Weg.
Wenn es bei uns in Niedersachsen einer Clearingstelle gelingen würde, nur einen Bruchteil oder nur einen Teil der Bürokratiekosten zu verhindern, gehe ich davon aus, dass das die niedersächsische Wirtschaft - wenn wir die Clearingstelle denn einrichten und wenn wir sie vorschalten und letztlich die Ministerien die Akzeptanz dieser Stelle vollziehen und leben und sich nicht gegenseitig blockieren - das war in anderen Bundesländern, in denen die Clearingstelle eingeführt wurde, zunächst der Fall; so nach dem Motto „das ist meine Zuständigkeit, da hat doch diese Clearingstelle nichts zu suchen“ -, weiterbringen wird. Wenn das nicht gelingt, machen wir weiter wie bisher. Eine Clearingstelle macht nur dann Sinn, wenn alle ernsthaft bemüht sind, diese Clearingstelle auch einzubinden.
Hier in Niedersachsen sprechen sich alle Wirtschaftsvertreter und Unternehmerverbände für eine solche Clearingstelle aus.
Baden-Württemberg hat jetzt einen Normenkontrollrat mit ähnlichen Aufgaben eingeführt, und - ich sagte es bereits - andere Bundesländer wollen dies letztlich auch einführen.
Ein Clearingverfahren könnte sich dann einmal alle Vorschläge der Wirtschaft anschauen. Wir haben hier viel über das Baurecht gesprochen. Mit Schreiben vom 13. Juni hat die Architektenkammer Niedersachsen mir geschrieben - ich zitiere daraus -:
„Vor allem möchten wir Sie darin unterstützen, auch in Niedersachsen Fristen in der Bauordnung vorzusehen. Aus Sicht der Praxis ist es besonders wichtig, eine erste Frist zu setzen, bis zu deren Ablauf ein Entwurfsverfasser eine Mitteilung über die Vollständigkeit des eingegangen Antrags erhält.
Die zweite Frist, in der über eine Genehmigung zu entscheiden ist, unterstützen wir auch, wobei der Vorschlag einer Genehmigungsfiktion“
- wie ich ihn dargestellt habe, mich aber auf kleinere Baumaßnahmen bezogen habe; zum Beispiel dann, wenn statt eines Kellers ein Häuschen auf dem Grundstück gebaut wird -
„durchaus sehr weitgehend ist. Auch für eine Ausweitung des genehmigungsfreien Bereichs ist der Berufsstand offen.“
Das heißt, fachliche Expertise bei den betroffenen und täglich mit dieser komplexen Baumaterie umgehenden Institutionen einzubeziehen, in einem Clearingverfahren sicherzustellen, dass nicht mehr, sondern weniger Bürokratie entsteht und vor allen Dingen die Verfahren schneller werden, das ist unser gemeinsames Ziel. Olaf Lies und ich werden gemeinsam nicht nachlassen, einvernehmlich daran zu arbeiten.
Dass man hier mitunter auch unterschiedliche Auffassungen zu diesem oder jenem Aspekt haben kann, ist doch etwas völlig Normales. Das ist doch das Salz in der Suppe der politischen Auseinandersetzung. Das muss nicht Streit sein. Wir versuchen, am Ende ein gutes Ergebnis für Niedersachsen zu erzielen. So arbeitet diese Landesregierung, und so arbeitet sie auch recht erfolgreich.
Wir haben nun die Zusatzfragen ausgeschöpft, und ich kann die Aussprache eröffnen. Die Landesregierung hat insgesamt eine Redezeit von 15 Minuten. Diese hat sie um 21 Minuten überschritten. Das heißt, jede Fraktion erhält diese Redezeit zusätzlich zu den 4 Minuten, sodass ihnen 25 Minuten zur Verfügung stehen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn meines Redebeitrages noch einmal ganz kurz auf die Begriffe „Bürokratie“ und „Bürokratieabbau“ schauen.
Das Wort „Bürokratie“ gibt es schon seit 1894. Da taucht es nämlich das erste Mal in „Meyers Konversations-Lexikon“ auf. Man hat mit dem Wort „Büreaukratie“ damals die „Schreibstubenherrschaft“ bezeichnet und meinte damit „eine kurzsichtige … Beamtenwirtschaft“.