Ich werbe aber dafür, dass wir gerade bei diesem so wichtigen Thema einen sehr genauen Blick darauf werfen, wie es aussieht. Auf der einen Seite muss man Fortschritte und Erfolge ganz bestimmt nicht kleinreden. Auf der anderen Seite erweckt ja auch niemand den Eindruck, als könnte man sich jetzt hinsetzen und ausruhen, weil es jetzt schon irgendwie läuft. Das würde nicht stimmen.
Es gibt eine gute und richtige Entwicklung. Gleichzeitig ist uns allen bewusst, dass wir weitere erhebliche Anstrengungen benötigen, um eine gute und angemessene Unterrichtsversorgung in diesem Land sicherzustellen.
Einen Punkt will ich aber eingangs sehr deutlich ansprechen - dieser Vorwurf hat mich schon geärgert, als die Pressemitteilungen versandt wurden, und er wurde hier eben gerade wieder erhoben -: Das ist der Vorwurf der Schönrechnerei.
Meine Damen und Herren, im Kultusministerium sitzt eine Menge integre Leute, die sowohl fachlich als auch bei der Berechnung der Unterrichtsversorgung, bei der Verteilung der Stellen und bei der Ausschreibung von Stellen eine hervorragende und seriöse Arbeit machen. Auf niemandem von denen lasse ich den Vorwurf sitzen, sie würden Schönrechnerei betreiben. Das ist ein Vorwurf, den man hier zurücknehmen sollte!
(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU - Christian Grascha [FDP]: Das ist doch kein Vorwurf gegen die Mitarbeiter, son- dern gegen Sie!)
In der Debatte wird die Verbesserung der Unterrichtsversorgung selbstverständlich immer am Unterrichtsversorgungswert festgemacht. Ich glaube, wir tun gut daran, diesen Wert nicht isoliert zu sehen, sondern im Kontext vieler Marken, die man sich setzen kann, um zu bemessen, wie sich die Qualität der Unterrichtsversorgung entwickelt.
Natürlich ist der Unterrichtsversorgungswert immer die plakativste Zahl. Man kann feststellen: Er ist vom vergangenen zu diesem Schuljahr gestiegen, aber noch nicht ausreichend.
Aber ich will auch betonen - darauf kann man, glaube ich, mit einem gewissen Stolz gucken -: Wir schaffen es auch in diesen schwierigen Zeiten, die Zahl der Lehrkräfte-Iststunden je Schülerin oder Schüler kontinuierlich zu steigern. Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass jeder Schülerin und jedem Schüler mehr Lehrkräftestunden zur Verfügung stehen als jemals zuvor. Auch diese Entwicklung ist wertvoll bei der Bemessung von Qualität.
Es gehört ebenso dazu, dass guter Unterricht nicht nur aus dem Pflichtunterricht besteht, den es ohne Wenn und Aber zu sichern gilt. Zu guter Qualität gehören auch Inklusion, Ganztag, Sprachförderung und vieles mehr. Deshalb investieren wir sehr bewusst und in hohem Maße in diese wichtigen bildungspolitischen Ziele, um jedes einzelne Kind bestmöglich zu fördern. Ja, genau das steckt dahinter.
Ich habe kein Verständnis dafür, wenn man die Steigerung der Zuweisung für die Inklusion kritisiert und so tut, als würden diese 9 000 Stunden auf dem Weg zu einem besseren Versorgungswert fehlen. Nein, sie sind ein Bestandteil des Ganzen. Wir brauchen sie, um jedes Kind bestmöglich individuell zu fördern. Deswegen sind auch diese Stunden selbstverständlich richtig gut angelegt.
Der nächste Punkt, der aufzeigt, dass der Weg in die richtige Richtung geht - das wurde gerade bereits von Herrn Seefried und von Herrn Politze angesprochen -: Es gelingt uns, bei den Einstellungsdurchgängen deutlich mehr Lehrkräfte einzustellen, als wir abgeben. Auch das ist ein wichtiges Ergebnis. Auch bei dem Einstellungsdurchgang zum 1. Februar 2020, der jetzt noch läuft, werden wir wieder 400 Lehrkräfte mehr einstellen, als wir abgeben. Das stimmt uns auch zuversichtlich im
Ich glaube, dass man sich das vor Augen führen sollte, bevor man sagt: Wir befürchten, es könnte irgendwann so etwas wie ein Schulnotstand auftreten. - Nein, die Entwicklung geht in die richtige Richtung.
Die Grundlage, um auch dieses Schuljahr vernünftig meistern zu können, haben wir im Haushalt gelegt. Dort haben wir über 3 700 Stellen hinterlegt. Das ist die Basis für das Schuljahr 2020/2021. Gleichwohl ist uns völlig klar - auch da bin ich für die Hinweise dankbar -: Natürlich wird es eine Herausforderung und anstrengend sein, wenn zum 1. August 2020 ein völlig neuer Schuljahrgang hinzukommt. Da müssen wir uns nichts vormachen! Das macht doch keiner mal eben mit links, sondern dafür bedarf es einer vernünftigen Vorbereitung.
Die haushalterische Grundlage ist gelegt. Es gilt, das Prä darauf zu setzen, möglichst erfolgreich durch die Einstellungsdurchgänge zu kommen. Das hilft uns am allermeisten. Parallel dazu müssen wir natürlich an begleitenden Maßnahmen arbeiten, die gerade zu Beginn des Schuljahres, wenn es aufgrund der besonderen Situation an der einen oder anderen Stelle eng sein sollte, sicherstellen, dass die gute Qualität unseres Bildungswesens erhalten bleibt und sogar gesteigert wird.
Deswegen sage ich Ihnen: Den Pflichtunterricht sichern, die Qualität im Bildungssystem erhalten, auch um freiwillige Unterstützung seitens der Lehrkräfte werben, in Kenntnis der Tatsache, dass wir zum 1. August, wenn der neue Schuljahrgang da ist, einen kurzen Peak haben werden, der aber eingeplant ist - das sind unsere Aufgaben, die wir aber werden lösen können. Da bin ich sehr zuversichtlich. Ich werbe darum, diese Herausforderung im Jahr 2020 konzentriert und sachorientiert anzugehen. Damit wäre uns allen am meisten geholfen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Besprechung zur Aktuellen Stunde der FDP schließen kann.
b) Markt- und wirtschaftsfeindliche Industriepolitik in Bund und Land? - Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 18/5665
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Zu Jahresbeginn wird allerorten Bilanz gezogen und ein Ausblick riskiert - so auch bei den zahlreichen Empfängen der Wirtschaftsverbände. Diese Veranstaltungen sind der beste Seismograf für die Lage bei Industriebetrieben aller Größenklassen sowie des Handels. Stellvertretend für viele darf ich das Zeugnis für die Regierung in Land und Bund aus Sicht der IHK Hannover, Geschäftsstelle Hildesheim, präsentieren. Deren Jahresempfang fand vor wenigen Tagen im Hildesheimer Bosch-Werk statt.
Das ist übrigens auch so ein Beispiel für den industriellen Niedergang in Niedersachsen. Die Bosch-Blaupunkt-Firmengruppe stellte zu Hochzeiten in den 80er-Jahren 10 000 Arbeitsplätze, jetzt mögen es noch 3 000 sein. Das führt mich ganz kurz zur E-Mobilitätsstrategie von VW. VW hat angekündigt, zukünftig voll auf E-Mobilität zu setzen. Technologieoffenheit ist in diesem Konzern leider zu einer Randnotiz geworden. Am Verbrennungsmotor soll schon ab 2026 nicht mehr geforscht werden, verkaufen will man diese Verbrenner aber gern noch 2040. Da werden die Kunden sicherlich Schlange stehen.
Uns allen muss bewusst sein: Strauchelt VW und wird der Arbeitsplatzabbau mit der falschen Strategie E-Mobilität noch größer als schon jetzt zu erwarten, dann steht es schlecht um unser Land Niedersachsen. - Interessant finde ich, dass sich nun auch Teile der CDU diese Sichtweise zu eigen machen. Ich hoffe, dass sich dahinter nicht der plumpe Versuch, Wähler zurückzugewinnen, verbirgt, sondern tatsächlich ein zarter Anflug von gesundem Menschenverstand.
Doch nun zurück zum IHK-Empfang in Hildesheim! Vizepräsident Koch äußerte dort sinngemäß, dass zu hohe Steuern, staatliche Regulierungswut und Bürokratie die Entwicklung der Wirtschaft im Landkreis Hildesheim stark belasten und die Wirtschaft lähmen. In Bezug auf die Bundespolitik merkte IHK-Präsident Hinsch an, dass man aufgrund des konjunkturellen Rückgangs - speziell in der Autoindustrie - den Mittelstand stärken müsse. In Bezug auf die Europapolitik äußerte ein weiterer Redner, dass man sich in der EU seit Jahren nur mit sich selbst beschäftige und keinerlei Strategie habe. Liebe Kollegen, die Redner waren alle keine AfDPolitiker, aber wir kommen zu ähnlichen Schlüssen.
Zu guter Letzt folgte auf der IHK-Versammlung ein zarter Aufruf: Man dürfe nicht abwarten, bis die Politik etwas tue, man solle sie antreiben. Geliefert werden Absichtserklärungen wie die Industriestrategie 2030 der Bundesregierung, die Digitalisierungsstrategie Niedersachsen und nun - frisch von der Landesregierung proklamiert - die Innovationsstrategie 2030. Sogar die Titel in Bund und Land ähneln sich. Das ist verzweifeltes Suchen nach Government Identity und pure Fantasielosigkeit.
Meine Damen und Herren, markt- und wirtschaftsfreundliche Politik unserer Tage würde die Schaffung von mehr Freiräumen bedeuten. Was ich aber aus der Regierungspolitik in Bund und Land ableite, sind immer mehr Markteingriffe des Staates. Schauen Sie sich z. B. die politisch gemachten Strompreise an! 35 % muss der normale Bürger mittlerweile mehr zahlen, und die Industriekunden zahlen den höchsten Preis in ganz Europa. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum ist der Strompreis in Italien, in Luxemburg und in den Niederlanden um 10 % gesunken, in Malta um 14 % und in Ungarn sogar um 33 %. In unserem Nachbarland Frankreich ist der Strom übrigens nur halb so teuer wie bei uns. Das sind harte Fakten, die zu einem eklatanten Wettbewerbsnachteil gerade für die kleinen und mittelständischen Unternehmen führen.
Ihre aus der Panik nach Fukushima geborene Energiewende ist ein klarer Standortnachteil für Deutschland.
Wir brauchen Versorgungssicherheit und nicht den Ausstieg aus Atom-, Kohle- und Gasverstromung gleichzeitig. Der Ökoflatterstrom wird zu einer schleichenden Deindustrialisierung führen, weil Unternehmen gezwungen sind, ihre Produktion
Dazu kommen noch die CO2-Bepreisung, die mangelnde Reformbereitschaft in Sachen Unternehmersteuerrecht - Stichworte „Mittelstands
bauch“ und „kalte Progression“ - und die marode Infrastruktur. Tiefgreifende und intelligente Sozialversicherungsreformen stünden uns ebenfalls gut an.
Gestern mussten wir in der Zeitung lesen, dass die niedersächsische Metallindustrie die Lage als dramatisch einschätzt. 56 % der Maschinenbauer und 80 % der Autozulieferer wollen weniger investieren. Mehr als 60 % der Betriebe in der Autobranche planen in diesem Jahr einen Stellenabbau. Der Anteil der Betriebe, die im nächsten Halbjahr Kurzarbeit planen, ist von 25 % auf 38 % gestiegen.
Dass der Ruf nach Kurzarbeitergeld kommen wird, habe ich Ihnen schon in meiner Haushaltsrede im Dezember prophezeit. Früher als auch von mir erwartet, ist der Hilferuf der Industrie nun da. Das unterstreicht noch einmal die Notwendigkeit dieses Antrages zur Aktuellen Stunde.
Vielen Dank. - Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Abgeordneter Wenzel. Bitte, Herr Kollege!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Henze, ich habe hier zwar ein paar Bemerkungen gehört, denen ich entnehmen konnte, dass Sie auf dem einen oder anderen Neujahrsempfang waren, ich habe aber nicht gehört, dass Sie etwas zum eigentlichen Thema dieser Aktuellen Stunde gesagt haben.
Unser Land ist eine der stärksten Volkswirtschaften der Welt, weil immer auf Innovation gesetzt wurde, weil immer die Technologie, die wettbewerbsfähig ist, die effizient ist, die sich in Forschung und Entwicklung durchgesetzt hat und die sich am Weltmarkt durchsetzen kann, am Ende
auch erfolgreich war. Deshalb sind wir auch eine Exportnation, die mehr exportiert als viele andere Länder der Welt. Deshalb ist es auch richtig, die jeweils neueste Technologie nach vorn zu bringen. Haben Sie sich einmal gefragt, warum weltweit - jenseits aller Gesetzgebung in Deutschland und Europa - mittlerweile zwei Drittel der entsprechenden Investitionen im Sektor der erneuerbaren Energien getätigt werden? - Das wird gemacht, weil man weiß, dass dort die Arbeitsplätze von morgen entstehen, meine Damen und Herren. Das ist ein ganz wichtiger Punkt.
Sie betreiben hier eine solche Schwarzmalerei, meine Damen und Herren, dass ich mich schon frage, wo Sie stehen. Sie behaupten, Sie wollten für eine markt- und wirtschaftsfreundliche Industriepolitik eintreten. Meine Damen und Herren, ich habe vielmehr den Eindruck, Sie haben ein völlig gestörtes Verhältnis nicht nur zu unserem Grundgesetz, sondern auch zum Umgang mit Geld.
Wenn Sie über Subventionen, über Finanzierung, über staatliche Eingriffe reden, erwarte ich von Ihnen an vorderster Stelle, dass Sie endlich einmal klären, woher eigentlich die Finanzierung Ihrer Partei stammt.