Der ehemalige Oberste Richter des Iran, Ajatollah Mahmud Shahroudi, wurde im Januar 2018 in einer Privatklinik in Hannover behandelt. Laut Amnesty International fallen in seine Zeit als Justizchef der Islamischen Republik (1999 bis 2009)
Zum Beispiel fallen in seine Verantwortung laut Amnesty International folgende Fälle: Die Schülerin Atefah Sahaaleh (16 Jahre alt) räumte unter Folter ein, Opfer einer Vergewaltigung geworden zu sein. Im Iran gilt dies als Ehebruch. Am 15. August 2004 wurde das Vergewaltigungsopfer Atefah Sahaaleh öffentlich an einem Kran erhängt. Dem Jungen Makwan Moloudzadeh (13 Jahre alt) wurde ein Verhältnis mit einem Gleichaltrigen vorgeworfen. Er wurde am 4. Dezember 2007 im Gefängnis von Kermanshah hingerichtet.
Bis heute gehört Shahroudi zum engsten Kreis um den geistlichen Diktator Ali Khamenei, wird sogar als dessen Nachfolger gehandelt. Die BILDZeitung vom 7. Januar 2018 schrieb:
„Die Führung des Iran unterdrückt und foltert ihre Gegner. Sie unterstützt den islamistischen Terror von Hisbollah und Hamas. Und die fundamental-islamische Justiz vollstreckt brutalste Todesurteile. Doch bei uns wird die Elite des Regimes weiter hofiert. Jüngstes Beispiel: In der Hannoveraner Privatklinik INI (International Neuroscience Institut) genießt derzeit Ajatollah Mahmud Haschemi Shahroudi (69) eine Erste-Klasse-Behandlung. Spezialisten unter der Führung des weltberühmten Hirnchirurgen Prof. Madjid Samii kämpfen dort um seine Gesundheit, ein Luxus, von dem normale Iraner für ihre Kinder nur träumen können.“
Während seiner Behandlung im INI wurde Mahmud Shahroudi u. a. vom ehemaligen Bundestagsabgeordneten Volker Beck in Deutschland wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ angezeigt. Diese Anzeige hat vor allem mit Shahroudis Rolle zwischen 1999 und 2009 zu tun. „Er war zehn Jahre lang verantwortlich für die willkürliche Verhaftung von Menschenrechtsanwälten, Journalisten, Frauenaktivisten und anderen Andersdenkenden. Shahroudi war verantwortlich für Folter, Amputationsstrafen und Hinrichtungen. Unter den zum Tode Verurteilten waren auch zahlreiche Minderjährige“, schreibt die Deutsche Welle.
Nachdem die Bundesanwaltschaft Vorermittlungen gegen Shahroudi aufgenommen hatte, verließ Shahroudi am 18. Januar 2018 unter Schutz des niedersächsischen LKA die Klinik in Hannover über
den Flughafen Hamburg in den Iran. Laut Deutschlandfunk vom 11. Januar gehe es bei der Prüfung der Bundesanwaltschaft „um Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Sie sammle Material, um den Sachverhalt rechtlich zu prüfen.
Laut Spiegel vom 12. Januar 2018 waren zuvor auch mehrere bewaffnete Bodyguards aus dem Iran zur Bewachung von Shahroudi eingereist. Diese waren laut Spiegel am 5. Januar 2018 mit unerlaubtem Waffenbesitz in Frankfurt gelandet. „Sie hatten weder Einfuhrgenehmigungen noch eine Erlaubnis zum Tragen der Waffen beantragt, sodass sie diese in Verwahrung hätten geben müssen. Einer der Leibwächter flog mit den Waffen zurück nach Teheran. Die anderen“ - vier müssten es noch gewesen sein - „reisten nach Hannover weiter“, so der Spiegel vom 12. Januar 2018.
1. Wann wurde die Landesregierung von wem über die Einreise von Ajatollah Mahmud Shahroudi informiert, und welche Erkenntnisse hat sie zu den Rechtsgrundlagen, der Visumsart und dem behaupteten rechtlichen Status des Ajatollah?
2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Stand der Prüfung einer möglichen Strafverfolgung im Hinblick auf die laufenden Anzeigen gegen den geflüchteten Ajatollah Mahmud Shahroudi in Deutschland?
3. Mit welchen Maßnahmen hat das Land Niedersachsen etwa durch polizeilichen Schutz/polizeiliche Begleitung oder Ähnliches Herrn Ajatollah Shahroudi geholfen, sich bei seiner überstürzten Flucht einer möglichen Strafverfolgung in Deutschland zu entziehen?
Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Die Landesregierung wird antworten, und das übernimmt Herr Innenminister Pistorius. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits zum Gegenstand der Aktuellen Stunde habe ich Ausführungen zu den Maßnahmen der Polizei in Niedersachsen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt des Herrn Ajatollah Shahroudi in Deutschland gemacht.
Fakt ist, die Niedersächsische Landesregierung ist nach den mir heute vorliegenden Informationen über die Einreise und den Aufenthalt der Person im Vorhinein nicht informiert worden.
Wie bereits in einer Regierungspressekonferenz der Bundesregierung vom 15. Januar 2018 durch das Auswärtige Amt mitgeteilt wurde, war Herr Ajatollah Shahroudi mit einem von der Deutschen Botschaft in Teheran ausgestellten Visum zur humanitären medizinischen Behandlung nach Deutschland eingereist. Bei dem erteilten Visum dürfte es sich - ich sagte es vorhin schon - um ein sogenanntes Schengen-Visum gehandelt haben. Derartige Visa werden durch die vom Auswärtigen Amt ermächtigten Auslandsvertretungen ohne Beteiligung der Länder erteilt. Ich wiederhole das hier noch einmal zur Verdeutlichung: Zuständig sind die Auslandsvertretungen ohne Beteiligung der Länder.
Die Erteilung erfolgte also auch ohne Beteiligung der örtlichen Ausländerbehörden nach § 71 Abs. 2 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - kurz: dem Aufenthaltsgesetz - in ausschließlicher Bundeszuständigkeit.
Ausländer, die sich für einen kurzfristigen Aufenthalt mit einem Schengen-Visum in Deutschland aufhalten, unterliegen keinerlei aufenthaltsrechtlichen Anzeigen oder Meldepflichten. Faktisch ist es also denkbar, dass den niedersächsischen Behörden der Aufenthalt von Personen jedenfalls vor diesem gesetzlichen Hintergrund nicht bekannt ist und nicht bekannt wird. Eigene Erkenntnisse über seinen aufenthaltsrechtlichen Status liegen der Landesregierung nicht vor.
Tatsache ist außerdem, dass die Polizei in Niedersachsen auf der Grundlage der dafür einschlägigen Dienstvorschriftenlage aus gegebenem Anlass die Gefährdungslage für Ajatollah Shahroudi im Kontext seines Aufenthalts in Niedersachsen fortwährend bewertet hat.
Ebenfalls richtig ist, dass durch die für den Aufenthaltsort der Person örtlich zuständige Polizeidirektion Hannover und durch das Landeskriminalamt Niedersachsen auf der Grundlage der landeseinheitlichen Vorschriften polizeiliche Schutzmaßnahmen durchgeführt wurden.
Hinsichtlich der in Niedersachsen bekannt gewordenen Vorwürfe gegen Herrn Ajatollah Shahroudi, die sein Wirken in der Islamischen Republik Iran betreffen und die außerordentlich verurteilungs
würdig sind, ist Fakt, dass die in Niedersachsen zuständigen justiziellen Stellen und von dort der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe entsprechend unterrichtet wurden. In Strafanzeigen und einem offenen Brief an Herrn Ministerpräsidenten Weil wurden Herrn Ajatollah Shahroudi ausdrücklich oder sinngemäß Straftaten nach dem Völkerstrafgesetzbuch vorgeworfen. Ich wiederhole mich: Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 120 Abs. 1 Nr. 8 des Gerichtsverfassungsgesetzes ist zur Verfolgung eventueller Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch der Generalbundesanwalt zuständig.
Letztlich steht dem Generalbundesanwalt und nicht der örtlichen Staatsanwaltschaft die Befugnis zu, die Frage des Anfangsverdachts einer Straftat nach § 120 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes zu bejahen oder zu verneinen. Um dem Generalbundesanwalt dies zu ermöglichen, kommt der frühzeitigen Vorlage durch die Landesstaatsanwaltschaft eine maßgebliche Bedeutung zu.
Gemäß der gesetzlichen Vorgaben sind im vorliegenden Fall die Staatsanwaltschaft Hannover und die Generalstaatsanwaltschaft Celle verfahren. Auch über das Bekanntwerden der avisierten Ausreise der Person in Niedersachsen wurde die Bundesanwaltschaft unverzüglich unterrichtet.
Zu Frage 1: Am 26. Dezember 2017 wurde durch das Auswärtige Amt die Niedersächsische Staatskanzlei über den Aufenthalt von Ajatollah Shahroudi in Hannover und damit einhergehend über die Einreise der Person in Kenntnis gesetzt. Am selben Tag erhielt das Landeskriminalamt Niedersachsen durch das Bundeskriminalamt Kenntnis über den Aufenthalt in Hannover.
Ebenfalls am 26. Dezember informierte die Niedersächsische Staatskanzlei das niedersächsische Innenministerium, von wo unverzüglich die Polizeidirektion Hannover und das Landeskriminalamt Niedersachsen über den Aufenthalt der Person in Hannover in Kenntnis gesetzt wurden.
Nach vorliegenden auf Angaben des Auswärtigen Amtes beruhenden Erkenntnissen ist die Person mit einem von der deutschen Botschaft in Teheran ausgestellten Visum zur medizinischen Behandlung nach Deutschland eingereist. Zudem verweise ich auf die Vorbemerkung.
Zu Frage 2: Im Kontext der hier bekannt gewordenen Vorwürfe gegen Ajatollah Shahroudi werden laut einem Bericht der Generalstaatsanwaltschaft in Celle beim Generalbundesanwalt Vorermittlun
gen geführt. Einer Medienberichterstattung vom 11. Januar 2018 zufolge, die sich auf Angaben der Bundesanwaltschaft beruft, sammele diese das Material, um den Sachverhalt rechtlich prüfen zu können. Allerdings hätten die Erkenntnisse nicht ausgereicht, um einen Haftbefehl zu beantragen.
Zu Frage 3: Am 10. Januar 2018 wurde die Niedersächsische Staatskanzlei vom Auswärtigen Amt über die am nächsten Tag bevorstehende Ausreise des Herrn Ajatollah Shahroudi informiert. Polizeiliche Schutzmaßnahmen, so auch im Kontext der Abreise, erfolgten selbstverständlich nicht zu dem Zweck, dass sich eine Person einer Strafverfolgung entziehen kann. Ich füge hinzu: Ich finde es einigermaßen abenteuerlich, dass ein solcher Verdacht hier überhaupt geäußert wird.
Die durch das Landeskriminalamt Niedersachsen an dem Abreisetag, dem 11. Januar 2018, durchgeführten polizeilichen Schutzmaßnahmen erfolgten auf der Grundlage einer auf der gegebenen Vorschriftenlage erstellten Gefährdungsanalyse.
Vielen Dank, Herr Innenminister Pistorius. - Es gibt schon den Wunsch, weitere Fragen zu stellen. Es beginnt Herr Christian Meyer, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund der doch überraschenden Ausreise von Herrn Shahroudi, ob sie ausschließen kann, dass Vertreter des Landes, Behörden des Landes Herrn Shahroudi über die möglichen Ermittlungen informiert haben; auch vor dem Hintergrund, dass im Bundestag geäußert worden ist, dass zwar das Auswärtige Amt am 23. Dezember informiert war, die Generalbundesanwaltschaft aber erst am 5. Januar.
dass irgendein Landesbediensteter Ajatollah Shahroudi oder irgendjemanden aus seiner Begleitung über die Ermittlungen informiert haben könnte.
Ich habe zum Fahrplan gesagt und dies nach Rücksprache mit dem Justizministerium geklärt: Das LKA hat bereits am 5. Januar unmittelbar nach Vorliegen der ersten Briefe und Anzeigen direkt die Generalbundesanwaltschaft informiert. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat nach Vorlage durch die Staatsanwaltschaft Hannover ebenfalls einen umfassenden Bericht, und zwar am 9. Januar, an den Generalbundesanwalt weitergeleitet.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, wann haben denn niedersächsische Sicherheitsbehörden, also Polizei und/oder Justiz, erstmals Kenntnis von Umständen erlangt, die einen Verdacht nahelegen könnten, dass durch Herrn Shahroudi eine Straftat begangen worden sein könnte?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den mir vorliegenden Informationen am 4. Januar.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass dieser Herr ausreisen konnte, bevor die deutschen Ermittlungsbehörden in der Lage waren, einen Anfangsverdacht zu prüfen und festzustellen oder möglicherweise auch Konsequenzen daraus zu ziehen, frage ich die Landesregierung, ob der Innenminister plant, die zeitlichen Abläufe zu evaluieren, um möglicher