Protokoll der Sitzung vom 25.01.2018

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass dieser Herr ausreisen konnte, bevor die deutschen Ermittlungsbehörden in der Lage waren, einen Anfangsverdacht zu prüfen und festzustellen oder möglicherweise auch Konsequenzen daraus zu ziehen, frage ich die Landesregierung, ob der Innenminister plant, die zeitlichen Abläufe zu evaluieren, um möglicher

weise zu Erkenntnissen zu kommen, wie die Abläufe optimiert werden können.

(Zustimmung bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Herr Minister, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die Polizei kann ich sagen, dass es keinen Evaluierungsbedarf gibt, weil unmittelbar nach Vorliegen der entsprechenden Informationen diese an den Generalbundesanwalt weitergegeben worden sind.

Für die Justiz kann ich stellvertretend für die abwesende Justizministerin erklären, dass die Justiz ebenfalls unverzüglich gehandelt hat und sie das Ganze mit einem entsprechenden Bericht unverzüglich an die Generalbundesanwaltschaft weitergeleitet hat.

Ich kann nicht erkennen, dass auf der Grundlage dieser Chronologie, also Bekanntwerden von Anzeigen und Briefen, die einen entsprechenden Verdacht nähren könnten, irgendetwas anders oder schneller hätte laufen können. Ich habe auch vorgetragen, dass der Generalbundesanwalt nicht zu einem Erkenntnisstand gelangt ist, der einen Haftbefehl hätte rechtfertigen können.

Ich wiederhole, auch wenn der eine oder andere das vielleicht nicht hören mag: Ohne Haftbefehl - ich mag es, dass man niemanden ohne Haftbefehl in Haft nehmen kann - konnte man den Ajatollah nicht festsetzen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Es folgt Herr Kollege Limburg, Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, auch wir mögen es, dass man ohne Haftbefehl niemanden festsetzen kann. Deswegen ist ja die Frage, warum es bei einem nicht deutschen Staatsangehörigen nicht gelungen ist, zügiger einen Haftbefehl zu prüfen. Denken Sie zum Vergleich an die G20-Krawalle. Da hat es eine erhebliche Zahl von Haftbefehlen wegen Verdachtsmomenten gegen ausländische

Staatsangehörige gegeben. - Aber das ist gerade nicht meine Frage.

Sie haben darauf hingewiesen, dass das Landeskriminalamt Niedersachsen am 5. Januar den Generalbundesanwalt informiert hat. Sie haben in Ihrer Antwort auch darauf hingewiesen, dass offensichtlich das BKA und logischerweise auch das Auswärtige Amt schon vorher über die Einreise von Ajatollah Shahroudi informiert waren. Deshalb frage ich die Landesregierung, ob nach ihren Erkenntnissen zu dem Zeitpunkt, als das Landeskriminalamt im Januar den Generalbundesanwalt informiert hat, dies sozusagen die Erstinformation des Generalbundesanwalts war oder ob andere Stellen, z. B. das BKA oder das Auswärtige Amt, schon vorher den Generalbundesanwalt informiert haben.

Danke schön, Herr Limburg. - Herr Minister Pistorius, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Limburg, noch einmal zur Klarstellung: Haftbefehle hin oder her - die Zuständigkeit lag hier von Anfang an beim Generalbundesanwalt. Die niedersächsischen Justizbehörden und die niedersächsische Polizei konnten hier nicht eigenständig agieren und den Ajatollah in Haft nehmen, um dies noch einmal sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen.

Zweitens. Ich kann mangels weitergehender Erkenntnisse nicht ausschließen, dass der Generalbundesanwalt auch schon vor dem 4. Januar von irgendjemandem etwas erfahren hat. Ich kann nur sagen: Aus niedersächsischer Sicht ist die erste Information am 4. Januar vom Landeskriminalamt an den Generalbundesanwalt gegangen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. - Eine weitere Zusatzfrage für Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Kollege Christian Meyer.

Herr Präsident! Vor dem Hintergrund, dass wir uns sicher einig sind, dass Niedersachsen kein Heilsanatorium für Menschenrechtsverbrecher ist, frage ich die Landesregierung, wie sie die Aussagen des geschätzten Kollegen Herrn Toepffer bewertet, der

laut HAZ vom 9. Januar den Chef des INI mit den Worten kritisiert hat:

„Das ärztliche Berufsrecht verpflichtet Sie schließlich nicht dazu, einen Behandlungsvertrag mit jedem abzuschließen, der bei Ihnen anklopft - das wissen Sie so gut wie ich.“

Weiter heißt es in dem Bericht der HAZ:

„Es stelle sich die Frage, ob Menschen, die gegen die Menschenrechte verstoßen haben, ohne Rücksicht auf ihre Taten einen Anspruch auf medizinische Behandlung in unserem Land haben. ‚Ich würde dies verneinen‘…“

Das schreibt Herr Toepffer für die CDU-Fraktion.

Ich frage die Landesregierung, ob sie die Auffassung teilt, dass Niedersachsen kein Heilsanatorium für Menschenrechtsverbrecher sein soll.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Danke schön. - Herr Minister Pistorius, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht noch eine Korrektur: Das Landeskriminalamt ist am 4. Januar unterrichtet worden, hat am 4. Januar Erkenntnisse erlangt und hat die Information am 5. Januar an den Generalbundesanwalt gegeben. Das habe ich eben in der Reihenfolge nicht richtig dargestellt.

Zu der Frage in Bezug auf Herrn Toepffer, Herr Kollege Meyer, sage ich nur so viel: Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung, auch nicht die des Innenministers, Aussagen von Abgeordneten - seien es auch Aussagen eines hoch geschätzten Kollegen wie Herrn Toepffer - zu bewerten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage für die FDP! Herr Dr. Birkner, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie nicht müde werden, darauf hin

zuweisen, dass die Zuständigkeit für die Beantragung des Haftbefehls beim GBA liegt und dieser entsprechend tätig werden muss, und vor dem Hintergrund, dass der Zeitraum für die Ermittlungen, der dem Generalbundesanwalt zur Verfügung steht - gerade dann, wenn jemand in sein Herkunftsland auszureisen droht -, eine bestimmte Rolle spielt, stellt sich natürlich schon die Frage, ob und inwieweit die niedersächsischen Behörden dem GBA nicht mehr Zeit hätten verschaffen können.

Die konkrete Frage ist: Warum wurde bei der Einschätzung der Gefährdungslage, die Sie hier dargestellt haben, also bei dem, was offensichtlich routinemäßig abgelaufen ist, nicht auch eine Überprüfung der Person im Hinblick auf Straftaten vorgenommen? Denn bei Herrn Shahroudi ist ja mit wenigen Internetklicks, sage ich mal, herauszufinden, welche Straftatvorwürfe im Raum stehen. Warum hat man gewartet, bis es Strafanzeigen durch die Exilopposition gegeben hat bzw. eine Strafanzeige durch Herrn Beck eingegangen sind. Warum hat man nicht gleich von sich aus - von Amts wegen - ein Strafverfahren eingeleitet?

(Beifall bei der FDP, bei den GRÜ- NEN und bei der AfD - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Danke schön. - Herr Innenminister, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verweise noch einmal zum einen auf die Zuständigkeit der Justiz und zum anderen - im Besonderen - auf die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts.

Es ist schlicht und ergreifend - das habe ich mir gerade noch einmal vom Justizministerium versichern lassen -, völlig klar: Es gab keinen Anfangsverdacht für irgendwelche Straftaten, die die Staatsanwaltschaft hier in Hannover, hier in Niedersachsen hätte verfolgen können. Bei den Straftaten, um die es nach den Anzeigen und dem, was bekannt war, ging, deutete alles unmissverständlich darauf hin - so meine Lesart -, dass es hier nur um eine Zuständigkeit des Generalbundesanwaltes gehen könne. Er ist dann - wie schnell und wie gründlich auch immer, es ist nicht meine Aufgabe, das zu bewerten - zu dem Ergebnis gekommen, keine Ermittlungen zu führen. Er hätte am Ende auch zu dem Ergebnis kommen können: Es liegt

ein Anfangsverdacht vor. Bitte setzt ihn fest! Wir erlassen einen Haftbefehl. - Dies ist nicht passiert. Also waren den niedersächsischen Behörden die Hände gebunden.

Danke schön, Herr Minister. - Für die FDP ist jetzt Herr Dr. Genthe dran. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Sie sicherlich in einem ständigen Austausch mit dem Generalbundesanwalt stehen, und vor dem Hintergrund, dass Herr Shahroudi bereits zwei Mal in Niedersachsen gewesen ist und zumindest nicht auszuschließen ist, dass er ein weiteres Mal für eine Behandlung hier erscheint, frage ich die Landesregierung, ob die Ermittlungen weitergeführt werden und ob möglicherweise bei einem erneuten Auftauchen des Herrn in Niedersachsen anders reagiert werden kann.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Schneller! Genau, sehr gut!)

Danke schön. - Herr Innenminister, bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass der Generalbundesanwalt seine Ermittlungen selbstverständlich nicht mit der Ausreise von Ajatollah Shahroudi einstellt. Ich gehe davon aus, dass die Ermittlungen fortgesetzt werden. Das beinhaltet natürlich auch die Erwartung, dass - sollte Ajatollah Shahroudi mit einem Visum der Auslandsvertretung in Teheran wieder in Deutschland erscheinen - die Generalbundesanwaltschaft dann frühzeitig aktiv wird und dafür sorgt, dass - wenn die Ergebnisse der Ermittlungen dies rechtfertigen - ein Haftbefehl erlassen wird, der uns entweder in den Stand versetzt, ihn festzusetzen oder aber die Einreise zu verhindern. Da befinden wir uns aber am Ende der Exekutivkette. Wir müssen warten, was das Auswärtige Amt und der Generalbundesanwalt am Ende in dieser Frage veranlassen.

(Zustimmung bei der SPD)

Danke schön, Herr Minister. - Zur Klärung der Wortmeldungen: Herr Kollege Grupe, nach der Reihenfolge des Eingangs der Wortmeldungen wären Sie jetzt an der Reihe. Ich vermute aber, Sie wollen zu Tagesordnungspunkt 14 b, zur nachfolgenden landwirtschaftlichen Thematik, sprechen.

(Hermann Grupe [FDP]: Zu Tages- ordnungspunkt 14 b!)

- Okay.

Dann ist jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Christian Meyer dran. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Niedersachsen zwar keine Außenpolitik macht, aber eine neue Landesvertretung in Teheran hat, deren Aufgabenbereich nicht nur in wirtschaftlichen Kontakten mit Unternehmen besteht, sondern die z. B. auch die Menschenrechtssituation im Iran beurteilen kann, frage ich die Landesregierung, ob es - als sie Kenntnis von Herrn Shahroudi hatte - Kontakt zur niedersächsischen Vertretung im Iran gab, um von dort Erkenntnisse zu bekommen oder der Generalbundesanwaltschaft dabei zu helfen, schnell und zügig zu ermitteln. Die Vertretung in Teheran hat ja genau die Aufgabe, die Menschenrechtslage zu beurteilen. Gab es einen Kontakt mit unserer niedersächsischen Außenvertretung im Iran?