Überdies wurden viele Ausbildungsverhältnisse aufgrund Ihrer Corona-Politik, verehrte SPD - ich spreche Sie jetzt an, weil Sie den Bundesarbeitsminister stellen -, bereits zu Anfang der Pandemie gekündigt. Da haben Sie nicht rechtzeitig reagiert.
Im Vergleich von 2008 zu 2019 haben wir außerdem 15 % weniger Auszubildende, trotz diverser Konjunkturprogramme der Bundesregierungen und trotz diverser Projekte seitens der deutschen Bundesländer, auch Niedersachsens. Lesen Sie den Berufsbildungsbericht 2019!
Um der strukturellen Misere am Berufsausbildungsmarkt abzuhelfen, müssten Sie eigentlich dem Achtpunkteplan der AfD folgen, der unter dem 9. September 2020 im Bundestag vorgestellt wurde. Liebe Regierung, lesen Sie die Bundestagsdrucksache 19/22193!
Wir fordern, als Sofortmaßnahme Ausbildungsbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern - das sind die, in denen die Probleme am größten sind - dauerhaft - und nicht nur während der CoronaPandemie - finanziell zu entlasten, damit sie weiter forciert ausbilden. - Diese Forderung könnte in einer ohnehin längst überfälligen Unternehmenssteuerreform aufgehen. Nur: Auch Ihre Berliner Parteifreunde sind unbeweglich.
Weiter fordern wir, eine Studie in Auftrag zu geben, die Erkenntnisse bringen soll, wie die Zahl der Ausbildungsbetriebe erhöht werden kann, um auf diese Weise die berufliche Ausbildung zu stärken und langfristig zu sichern. - Vielleicht sollte man sich mal beraten lassen, wenn die eigenen Methoden nicht funktionieren.
Drittens fordern wir, sich dafür einzusetzen, einen staatlich geförderten Fortbildungspool für Ausbilder in Ausbildungsbetrieben aufzustellen und damit insgesamt die Qualität der Ausbildung zu verbessern und das berufliche Fortkommen der Auszubildenden zu sichern. - Vielleicht ist das auch ein Schritt, „made in Germany“ zu erhalten, was ja eigentlich von den Engländern eingeführt wurde, um die Produkte abzuwerten.
Also - ich habe nicht mehr viel Zeit -: Der Katalog unserer praktischen Forderungen enthält fünf weitere Punkte, die ich Ihnen hiermit ganz herzlich noch einmal zu lesen ans Herz lege.
Vielen Dank, Herr Kollege Henze. - Nun hat für die Fraktion der CDU die Kollegin Mareike Wulf das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss mich schon ein bisschen wundern über unsere Opposition. Anstatt auf die Probleme einzugehen, die Betriebe und Azubis aufgrund von Corona haben, verfallen Sie in allgemeinpolitische Debatten über den Ausbildungsmarkt.
- Ach, Sie haben noch nicht gesprochen? Entschuldigung! Dann nehme ich Sie da aus. Da werden wir sicherlich gleich noch etwas hören. Aber die beiden Vorredner haben sich in allgemeinpolitischen Debatten verfangen - die wir alle natürlich gut kennen. Aber wir haben jetzt sehr konkrete Probleme zu lösen. Das ist das, was die Landesregierung gerade angeht, und das ist auch unsere Aufgabe in dieser besonderen Situation.
Sie haben z. B. gesagt, dass nur ein Fünftel der Betriebe ausbildet. Aber das erklärt sich, wenn man sich einmal die Struktur unserer Wirtschaft anguckt. Wir haben sehr viele kleine Handwerksbetriebe. Die haben einen Azubi, den sie ausbilden, dann bilden sie zwei Jahre nicht aus, weil sie einen Gesellen haben, und dann bilden sie wieder aus. Es wäre für einen Kleinbetrieb - und davon haben wir, wie gesagt, viele - nicht sinnvoll, beständig einen Azubi zu haben. Deshalb wirkt die Zahl manchmal so gering. Tatsächlich ist sie aber viel höher.
Das nur einmal zur Erläuterung. Da muss man ein bisschen differenzierter hingucken. Ich habe mehr als zehn Jahre lang in der Agentur für Arbeit gearbeitet, und dort haben wir die Details zusammen mit den Sozialpartnern immer wieder diskutiert. Also: Differenziert hingucken hilft.
Der Kollege Bratmann hat gerade schon beschrieben, wie die Situation ist. Wir haben aufgrund der Corona-Pandemie - die eben nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch den Ausbildungsmarkt betrifft - einen Rückgang der Ausbildungsstellen. Es wurden etwa 7 % weniger Ausbildungsstellen angeboten. Darauf reagiert die Landesregierung jetzt, weil wir natürlich dafür Sorge tragen müssen, dass Corona nicht zum Ausbildungsplatzkiller wird. Wir müssen das Ausbildungsplatzangebot jetzt stützen, und dafür sind die finanziellen Hilfen des Bundes und des Landes da.
Es wurde auch schon gesagt, welche Branchen besonders betroffen sind. Das haben auch Sie gesagt, Frau Viehoff. Gerade die Zugpferde auf dem Ausbildungsmarkt - die Veranstaltungswirtschaft, die Tourismuswirtschaft, die Gastronomie und der Einzelhandel, die den Löwenanteil der Ausbildungsverhältnisse stellen -, sind besonders betroffen.
Alle Branchen, die aufgrund der Corona-Verordnung weiterhin nur eingeschränkt tätig sein können, fragen sich: Was passiert mit unseren Azubis? Können wir die Ausbildung überhaupt beenden? Sollen wir in der Krise neue Auszubildende einstellen oder lieber nicht? - Und die Azubis selbst fragen sich: Lohnt es sich überhaupt, jetzt eine Ausbildung in einer solchen Branche anzufangen, auch wenn sie vielleicht meine Wunschbranche ist? Habe ich dort überhaupt eine Perspektive?
Deshalb begrüße ich sehr, dass der Bund hier reagiert hat. Herr Bratmann hat es gerade schon referiert: 2 000 Euro für jeden Ausbildungsvertrag in von Corona besonders betroffenen Betrieben, 3 000 Euro für jeden zusätzlichen Ausbildungsvertrag und 3 000 Euro für die Übernahme eines Azubis aus einem von der Insolvenz betroffenen Betrieb. Und das Kultusministerium ergänzt diese Maßnahmen: 500 Euro für die Verlängerung von Ausbildungsverträgen, die jetzt aufgrund der Corona-Pandemie nicht zum Ende geführt werden können. Die Mobilitätsprämie wurde ebenfalls bereits angesprochen.
Klar ist auch, dass es in diesem Jahr mit der Ausbildung später losgeht. Auch damit relativieren sich die Zahlen, die Sie, Frau Viehoff, genannt haben. Es ist richtig: Zum Start des Ausbildungsjahres waren noch 15 000 Ausbildungsplätze offen. Aber man muss auch sehen, dass die Bewerber aufgrund der Corona-Pandemie und aufgrund der Verzögerungen im Schulsystem wesentlich später auf den Ausbildungsmarkt kommen. Deshalb müssen wir jetzt werben, und deshalb ist es richtig, dass wir die Nachvermittlung intensivieren und dass hier auch die berufsbildenden Schulen tätig werden.
Eine trägergestützte Ausbildung ist teuer und ineffizient. Das haben alle Beispiele, die uns vorliegen, erwiesen. Das Beste ist eine duale Ausbildung in einem regulären Betrieb. Dafür müssen wir Brücken bauen, und das machen wir mit dem Programm „Brücke in die Ausbildung“.
Ich möchte noch auf ein Thema eingehen, auf das bisher niemand eingegangen ist. Wir haben auch Auszubildende in Kurzarbeit, und für diese Auszubildenden brauchen wir vonseiten des Kultusministeriums weitere Maßnahmen. Denn wir müssen sicherstellen, dass diese Auszubildenden ihre Ausbildung beenden können. Dazu wäre aus meiner Sicht sinnvoll, einen Runden Tisch mit dem Kultusministerium und den insbesondere von der Corona-Pandemie betroffenen Branchen wie beispielsweise der Veranstaltungswirtschaft, der Messewirtschaft oder auch der Tourismuswirtschaft einzusetzen, damit wir im Rahmen einer Gesamtstrategie sicherstellen können, wie es in diesen Branchen mit der beruflichen Ausbildung weitergeht.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf. - Das Wort hat nun für die Landesregierung Herr Minister Tonne. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir uns hier in dieser Runde schon etliche Male über die Auswirkungen der CoronaPandemie auf Schule und Kita unterhalten haben, begrüße ich es außerordentlich, dass wir uns nun auch einmal darüber austauschen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Ausbildungsmarkt hat.
Es ist richtig, darauf einen genauso intensiven Blick zu richten. Und es ist auch richtig, was der Kollege Bratmann gesagt hat: Dieses Jahr darf kein verlorenes werden, weder für die Betriebe, noch für die Auszubildenden. Es gilt, dass alle Beteiligten - Bund, Länder, Agentur für Arbeit, Kammern und Betriebe - gemeinsam anpacken.
Genau das passiert mit dem Maßnahmenpaket, das auf den Weg gebracht worden ist: eine wirksame Unterstützung für Auszubildende und die, die einen Ausbildungsplatz suchen, und eine wirksame Unterstützung für unsere Betriebe in Niedersachsen.
Lassen Sie mich eingangs auch sagen, dass es mich immer wundert, wenn Rednerinnen und Redner von der angeblichen Nichtgleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung sprechen, um dann im selben Atemzug das gesamte System durchzukritisieren.
Frau Kollegin Viehoff, auch als Opposition hätte man - ohne Gefahr zu laufen, die Landesregierung zu sehr loben zu müssen - die intensiven Bemühungen der Betriebe, der Kammern, der IHK, der Kreishandwerkerschaften und aller Auszubildenden würdigen können. Man hätte sie dafür loben dürfen, dass sie sich auch in dieser Krise richtig ins Zeug legen.
Meine Damen und Herren, wir als Land Niedersachsen stellen mit dem Aktionsplan Ausbildung 18 Millionen Euro zur Verfügung - eine Summe, die die Anstrengungen des Bundes und übrigens auch der Agentur für Arbeit wirksam ergänzt.
Ich hatte ausgeführt, dass wir zwischen 2008 und 2019 rund 15 % der Ausbildungsplätze verloren haben. Sehen Sie das immer noch als Erfolg an?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf Sie darauf hinweisen, dass wir die Maßnahmen, über die wir im Rahmen dieser Aktuellen Stunde reden, mit speziellem Blick auf die Situation in 2020 diskutieren. Es geht nicht um die Frage, was 2008 war. Uns kommt es darauf an, dass die Auszubildenden, die Plätze suchen, in 2020 einen Platz finden. Darauf richten wir unsere Bemühungen. Jeder Vermittelte ist ein richtig gutes Ergebnis, und dafür strengen wir uns an.
Ich will auch sagen: Wenn wir uns die Zahlen aus August 2020 angucken, sind die Sorgen, die man sich macht, zwar nach wie vor berechtigt, aber wir können auch sehen, dass das, was an Nachvermittlung stattfindet und stattfinden soll, in der Tat zieht, sodass sich die Zahlen auch dort verbessern. Auch das ist ein gutes Ergebnis. Das ist ein guter Weg.
Ich will jetzt nicht alles wiederholen, was gerade in den Reden schon genannt wurde. Wichtig ist mir, dass wir mit unserem Ausbildungspakt ein Maßnahmenbündel aufgelegt haben. Es kommt nicht auf eine Maßnahme allein an, sondern darauf, dass das in dem Zusammenwirken ein Angebot ist, aufgrund dessen diejenigen, die überlegen, ob sie jetzt noch in eine Ausbildung gehen, und diejenigen, die überlegen, ob sie noch einen Ausbil