Protokoll der Sitzung vom 26.10.2005

Deshalb, Frau Hendricks, weil ich Jura studiert habe. Daher weiß ich, dass § 93 eine Rechtsverordnungsermächtigung enthält. Damit hat diese Rechtsverordnung eine gesetzliche Grundlage und ist insofern als Auslegung dieses Gesetzes heranzuzie

hen. Das bedeutet „Recht und Gesetz“. Das lernt man im juristischen Studium. Das wird von allen Richtern, vom Landesrechnungshof und von allen Beamten so angewandt. Deshalb muss es von mir entsprechend vorgetragen werden.

(Helmut Stahl [CDU]: Jugend forscht!)

Frau Kraft.

Herr Ministerpräsident, die Menschen im Land sind keine Juristen - jedenfalls die meisten. Deshalb interessiert mich, ob Sie meine Einschätzung teilen, dass ein Problem, das Sie lösen wollten, erst dadurch entstehen würde, dass die Landesregierung tätig wird. Das heißt, Sie haben versucht, ein Problem zu lösen, das es nur gäbe, wenn Sie entsprechend agieren und reagieren würden. Das wollten Sie offensichtlich nicht. Insofern wurde ein riesiger Popanz aufgebaut. Das Zitieren eines Paragraphen ist keine falsche Darstellung.

(Beifall von der SPD - Minister Oliver Wittke: Das war keine Frage!)

Erstens. Die Tatsache, dass die meisten Menschen keine Juristen sind, ist unzweifelhaft richtig. Aber es gehört nicht nur zu meinen Aufgaben, sondern auch zur Höflichkeit, die Frage von Frau Hendricks so zu beantworten, wie es richtig ist, Frau Kraft.

Zweitens. Das Problem existiert. Es existiert unter anderem deshalb, weil es der Landesrechnungshof zu einem Monitum gemacht hat. Wenn Sie dann sagen, es existiere nicht, nehmen Sie die Wirklichkeit nicht zur Kenntnis, das so zu klassifizieren, wie ich es eben getan habe. Sie behaupten etwas wider besseres Wissen. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall von der CDU)

Frau Düker, bitte.

Herr Ministerpräsident, Sie haben gerade davon gesprochen, dass die Verunsicherung im Lande durch die Medien und durch die Opposition entstanden ist und es auch viel zu viel Aufregung gäbe.

Auch als Nicht-Schulpolitikerin habe ich mitbekommen, dass vor Ort in den kleinen Grundschulen eine erhebliche Verunsicherung vorhanden ist;

(Zurufe von der CDU)

sie haben Angst um ihre Existenz. Sie beziehen sich aber auf Ihre Äußerungen in der Pressekonferenz und nicht auf Äußerungen der Opposition; jedenfalls ist das so an mich herangetragen worden. Sehen Sie diese Verunsicherung in den Grundschulen auch? Gibt es diese Verunsicherungen, weil die Leute nicht informiert sind? Wie begegnen Sie der Tatsache, dass diese Ängste in den Grundschulen real existieren?

Sie werden verstehen, Frau Kollegin Düker, dass ich nicht kommentieren kann, wer Ihnen was gesagt hat und welche Eindrücke bei Ihnen entstanden sind.

Die Aussage ist relativ einfach: Es gibt ein objektives Problem. Das Gesetz, das von der Vorgängerregierung gemacht worden ist, enthält in einigen Paragraphen Wertungswidersprüche. Vom Landesrechnungshof wird es so ausgelegt, dass sich eine Vielzahl von Grundschulen Sorgen machen muss, wenn nichts passiert.

Wir werden das ändern. Damit ist das Problem gelöst.

Frau Schäfer.

Herr Ministerpräsident, eben sprachen Sie von „Auslegungen des Gesetzes“, die Sie als Landesregierung vornehmen. Sie können dann auch den § 82 Abs. 2 auslegen. Er sagt - ich wiederhole das noch einmal -: „Grundschulen müssen mindestens eine Klasse pro Jahrgang haben.“

Die Schulministerin hat eben vorgerechnet, wie eine einzügige Grundschule aussehen könnte. Sie haben dann in den „Aachener Nachrichten“ und in der „Rheinischen Post“ gesagt - ich zitiere -: Ich glaube, dass wir so weit gehen müssen, dass Schulen einzügig fortgeführt werden.

Warum gibt es dann dieses Tamtam im Land mit der Ankündigung, dass irgendwann 1.500 Schulen geschlossen werden müssen? In Ihrer Pressekonferenz gehen Sie nach heutigen Modellrechnungen von 700 Schulen aus. Aktuell reden wir über 60, über die zurzeit sowieso in kommunaler Verantwortung beraten wird. Warum dann also dieses Tamtam nach draußen?

Das ist keine Auslegung der Landesregierung, sondern eine Auslegung des Landesrechnungshofs. Als ehemalige Ministerin müssten Sie wissen, dass das keine quantité négligeable ist. Als Landesre

gierung hat man sich mit diesem Sachverhalt nicht nur ernsthaft auseinander zu setzen, sondern man hat dann, wenn man etwas anderes will, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Ich weiß nicht, wie Sie es in Ihrer Ministerzeit gehalten haben. Ich beabsichtige, das, was der Landesrechnungshof schreibt, ernst zu nehmen. Übrigens sind das alles Aussagen, die aus dem Ministerium kommen, dem Sie einmal vorgestanden haben.

Frau Kraft.

Herr Ministerpräsident, teilen Sie meine Einschätzung, dass ein Monitum des Landesrechnungshofs dazu führt, dass man im Anschluss dann politisch entscheiden muss? Sie selbst sagen ja, dass Sie und wie Sie politisch entscheiden wollen, was sich ja von dem, was die alte Landesregierung entschieden hat, überhaupt nicht unterscheidet. Das heißt, die Möglichkeit des politischen Entscheidens gibt Ihnen besagter Paragraph. Sie haben aber trotzdem diese ganze Welle hochgefahren, offensichtlich aus populistischen Gründen. Sie wollten von dem ablenken, was in der Hunderttagebilanz nicht zu finden war. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass das nicht automatisch zu einer 1:1-Umsetzung der Vorschläge des Landesrechnungshofs führt?

Ich habe das jetzt schon fünf, sechs oder sieben Mal erklärt: Nein, ich bin nicht Ihrer Ansicht. Wenn die entsprechende Vorschrift des von Ihnen gemachten Gesetzes mit der entsprechenden, ebenfalls von Ihnen erlassenen Ausführungsverordnung den Landesrechnungshof dazu veranlasst festzustellen, die in Rede stehenden Schulen seien aufzulösen, dann sage ich: Es muss etwas passieren.

Der Grund für dieses Problem ist, dass Sie ein Gesetz gemacht haben, in dem Sie in einen Paragraphen - wahrscheinlich für die Öffentlichkeit - etwas hineingeschrieben haben, was Sie mit einem anderen Paragraphen wieder einkassiert haben. Das ist der objektive Sachverhalt.

(Beifall von der CDU)

Frau Hendricks, bitte.

Herr Ministerpräsident, das Schulgesetz war ja eine Antwort auf die Feststellung des Landesrechnungshofs, dass nach der Gesetzeslage die Zweizügigkeit von Grundschu

len notwendig ist. Mit diesem Schulgesetz wurde die Gesetzeslage sozusagen abgemildert.

Ich wüsste gerne von Ihnen, ob Sie die Forderung des Landesrechnungshofs so interpretieren, dass zukünftig die Zweizügigkeit von Grundschulen festgeschrieben wird oder dass zukünftig die Errichtung oder der Erhalt von einzügigen Grundschulen oder sogar von Grundschulen mit jahrgangsübergreifenden Klassen in NordrheinWestfalen möglich sein werden.

Herr Ministerpräsident.

Frau Hendricks, ich habe es schon vier, fünf, sechs oder sieben Mal gesagt. Ich bitte um Nachsicht: Ich beabsichtige nicht, das noch einmal zu wiederholen.

Herr Hovenjürgen.

Herr Ministerpräsident, vertreten Sie mit mir die Auffassung, dass man, wenn sich Frau Schäfer ausschließlich auf § 82 Schulgesetz bezieht und erklärt, danach wäre die Einzügigkeit von Grundschulen möglich, ihr dann zumindest vorhalten muss, dass Sie es, wenn wir das denn als Regeltatbestand so annehmen würden, versäumt hätte, die personellen Ressourcen dafür zu schaffen?

Das ist auf jeden Fall richtig. Ich würde sogar ergänzen, Sie hätten dann § 93 und die entsprechende Verordnung dazu auch anpassen müssen.

Ich danke Ihnen für die Beantwortung der Fragen.

Frau Schäfer hatte sich zu Wort gemeldet. Sie hat allerdings schon zwei Fragen gestellt. Deshalb kann ich die Frage nicht mehr zulassen.

Damit ist die Mündliche Anfrage16 erledigt.

Wir kommen zur

Mündlichen Anfrage 17

des Abgeordneten Keymis von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

Sind die seinerzeit zugesagten Zuwendungen des Landes in Höhe von 182.133.100 DM (heute: 93.123.175 €) an den Förderempfänger Flughafen Düsseldorf GmbH (FDG) ausgezahlt worden, und

bestehen von daher Regressansprüche gegenüber dem Fördermittelempfänger?

Ausweislich der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 295 des Abgeordneten Peter Eichenseher in Drucksache 13/1176 vom 08.05.2001 ist der Sky-Train am Flughafen Düsseldorf durch Aufnahme in den ÖPNVAusbauplan des Landes NRW im Jahr 1994 mit einer erheblichen Zuwendung aus den Regionalisierungsmitteln des Landes gefördert worden. Die Zuwendungen haben sich auf 182.133.100 DM (heute: 93.123.175 €) belaufen. Die Fördersätze für die Infrastruktur beliefen sich auf 90 % und für die Fahrzeuge auf 65 % der zuwendungsfähigen Kosten.

Nach mehrfachen Ausfällen in der Vergangenheit soll nach den vorliegenden aktuellen Presseberichten der Sky-Train für eine „Generalüberholung“ für sechs Monate stillgelegt werden.

Sind die seinerzeit zugesagten Zuwendungen des Landes in Höhe von 182.133.100 DM (heute: 93.123.175 €) an den Förderempfänger Flughafen Düsseldorf GmbH (FDG) ausgezahlt worden, und bestehen von daher Regressansprüche gegenüber dem Fördermittelempfänger?

Ich bitte Herrn Minister Wittke um die Beantwortung.

Herr Abgeordneter Keymis, der von Ihnen genannte Betrag von 93,1 Millionen € ist der Flughafen Düsseldorf GmbH für die Kabinenbahn zwischen dem ICE-Bahnhof und dem Terminal des Flughafens Düsseldorf bewilligt worden. Ausgezahlt wurden bisher rund 72,4 Millionen €. Die Auszahlung des Differenzbetrages in Höhe von rund 20,7 Millionen € wurde wegen noch nicht vollständig ausgeräumter Prüfungsbemerkungen des Landesrechnungshofs, die mit den Betriebsproblemen nicht im Zusammenhang stehen, zunächst zurückgestellt.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)