Protokoll der Sitzung vom 08.10.2009

Ich glaube, dass ein Stück weit Kontrolle hier im Parlament und in der Öffentlichkeit schon von großer Bedeutung ist. Für die politische Kultur in diesem Land und für die Glaubwürdigkeit von Politik ist es besonders wichtig, dass wir offen und transparent mit diesem Thema umgehen, und zwar einmal im Jahr mit einem Transparenzbericht. – Vielen Dank, Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Töns. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion Herr Jostmeier das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freunde, die Sozialdemokratische Partei im Bund und im Land NordrheinWestfalen ist in einer speziellen Situation. Sie hat drei Wahlen verloren, drei historische Wahlniederlagen einstecken müssen: Bei der Europawahl gab es eine historische Wahlniederlage, bei der Kommunalwahl war es das historisch schlechteste Ergebnis, bei der Bundestagswahl war es ebenfalls so.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der frühere Koalitionspartner, ist in gewisser Weise davon tangiert.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Was?)

Wir haben als Parlament die Pflicht – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Remmel –, für Transparenz, für Klarheit und für Steuersparsamkeit zu sorgen.

Wenn man aber jetzt erwarten könnte, dass die Sozialdemokraten in dieser Situation konkrete Sachpolitik machen, konkrete Konzepte vorlegen, eine Vision für die Aufgaben und Tätigkeiten der nächsten Jahre präsentieren, dann ist das leider weit gefehlt. Wenn man hier innerhalb der letzten Stunde die Wortmeldungen und Zwischenrufen gehört hat, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was sollen die Zuhörerinnen und Zuhörer bei der Art und Weise, wie wir hier manchmal im Parlament bei bestimmten Fragen miteinander umgehen, von uns denken und halten?

(Beifall von Ilka von Boeselager [CDU])

Meine Damen und Herren, die SPD geht zu einer Skandalisierungspolitik über und versucht verkrampft, Skandale zu schaffen. Da ist die sogenannte Spitzelaffäre, die sogenannte Abhöraffäre. Der Kollege Groschek von den Sozialdemokraten – ich will es einmal zurückhaltend formulieren –, hat nicht die Wahrheit gesagt, als er ausführte, die SPD habe mit dem nichts zu tun. Denn die Videoaufnahme ist gemacht worden von einem als Halbtagskraft beschäftigten und bezahlten Mitarbeiter der SPD.

(Widerspruch von der SPD)

Herr Kollege Jostmeier, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kuschke?

Herr Kuschke stellt bei diesem Tagesordnungspunkt jetzt seine siebte Zwischenfrage. Aber Herr Kuschke, bitte schön.

Sie haben es zugelassen?

Ja, natürlich.

Ich hatte das so nicht verstanden. Bitte schön, Herr Kuschke.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Kollege Jostmeier, bei aller Wertschätzung: Im Augenblick haben die Zuschauer wahrscheinlich den Eindruck, dass Sie bei einem anderen Tagesordnungspunkt sind.

Aber meine Frage an Sie: Gibt es denn eigentlich eine größere und bessere Vision als Transparenz, Herr Kollege Jostmeier?

Herr Kollege Kuschke, wir kennen uns beide recht gut und machen auch häufig sehr gut Politik miteinander: Das, was heute debattiert worden ist, ist in sachlicher Hinsicht ausreichend vom Kollegen Witzel, von der Kollegin von Boeselager und von der Landesregierung dargestellt worden.

Ich möchte die Frage ein wenig tiefergehender stellen. Warum begibt sich die Sozialdemokratische Partei – ich darf das es so ausdrücken – auf dieses Niveau, nach Skandalen zu suchen?

(Beifall von CDU und FDP)

Glauben Sie, die Wählerinnen und Wähler honorieren Ihnen das? Ich habe die sogenannte Videoaffäre dargestellt. Es ist nicht so gewesen, dass die CDU die SPD mit Videoaufnahmen bespitzelt hätte. Genau das Gegenteil ist richtig.

(Widerspruch von der SPD – Svenja Schulze [SPD]: Nein! )

Wo bleibt eigentlich der hohe moralische Maßstab bei der Sozialdemokratischen Partei, wenn der Bochumer Polizeipräsident einen Arbeitsauftrag erhält, für die SPD Kleine Anfragen mit zu bearbeiten?

(Beifall von der CDU)

Wo bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der hohe moralische Maßstab der Sozialdemokraten, wenn das, was man in Dortmund aus meiner Sicht zu Recht Wahlbetrug nennt, nicht aufgearbeitet wird und die Bürgerinnen und Bürger in Dortmund nicht wieder die Möglichkeit bekommen, ihre Stimme abzugeben?

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege Jostmeier, Entschuldigung, aber gestatten Sie noch eine Zwischenfrage, eine letzte, von Herrn Töns von der SPD?

Herr Töns, ich habe Ihre Rede vorhin gehört. Seien Sie mir nicht böse. Ich habe mir bei Ihnen aufgeschrieben: Si tacuisses, philosphus mansisses. Wenn Sie geschwiegen hätten, Herr Töns, wäre das besser gewesen.

(Beifall von der CDU)

Herr Kollege Töns, Sie haben der Landesregierung vorgehalten und gefordert, sie müsse mit diesem Thema offener umgehen. – Wissen Sie, wie unsere Großen Anfragen 2003, 2004 – ich kann mich gut daran erinnern – von der damaligen Landesregierung beantwortet worden sind? Man hat argumentiert, man habe keine Zeit, man habe kein Personal. Die Anfragen würden später beantwortet.

Was hier von der Landesregierung beantwortet worden ist, hat es in dieser Klarheit, in dieser Deutlichkeit unter Rot-Grün nie gegeben.

(Beifall von CDU und FDP – Markus Töns [SPD]: Wovor haben Sie Angst?)

Meine Damen und Herren, ich will es kurz machen zum Schluss. Wir beteiligen uns an dieser Skandalisierungspolitik nicht!

(Beifall von CDU und FDP)

Ich habe die herzliche Bitte, im Interesse der Sachauseinandersetzung, auch zur Vorbereitung der Wahl im Mai des nächstes Jahres: Lassen Sie uns zu einer Sachpolitik zurückkehren, lassen Sie uns dahin zurückkehren, dass wir uns über Visionen, über Politikbereiche unterhalten! Glauben Sie bitte nicht, dass Sie dem Wähler, der Wählerin, dem Land Nordrhein-Westfalen irgendeinen Gefallen tun, wenn Sie jede Woche einen neuen Skandal hochziehen, der sich bei intensiver Betrachtung als das genaue Gegenteil erweist, nämlich nicht als ein Skandal, sondern als saubere, gute Sachpolitik durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen. – Danke schön.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Jostmeier. – Jetzt hat sich für die Grünen noch Frau Löhrmann gemeldet. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Jostmeier, ich hatte nicht vor, mich zu melden. Aber Ihr Redebeitrag war so unterirdisch, dass ich das so nicht stehen lassen wollte.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wenn Sie von einer moralisch sauberen Wahlauseinandersetzung sprechen, dann muss ich mir wirklich die Augen reiben. Ich komme nicht oft mit dem Auto, sondern ich komme in der Regel mit dem Zug. Deswegen bleiben mir diese absurden Plakate, die viele hier ertragen müssen, wenn sie zum Landtag

fahren, erspart. Diese Kraftilanti-Kampagne ist absurd. Wenn Sie von einer sachorientierten Wahlauseinandersetzung sprechen, dann müssten Sie, der Sie Parteimitglied der CDU sind, als Erstes sagen: Eine solche Kampagne wollen wir nicht, weil das schlicht und ergreifend eine Schmutzkampagne ist und weil das absurd ist, was Sie da veranstalten.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Zweiter Punkt, Herr Jostmeier. Wenn Sie kritisieren, was in Dortmund gelaufen ist – wir Grüne haben das auch kritisiert –, dann frage ich mich aber: Warum muss Ihre Bundeskanzlerin ein Gutachten für die Koalitionsgespräche anfertigen lassen, um Klarheit über den Bundeshaushalt zu schaffen? Hat uns die Kanzlerin in der Wahlauseinandersetzung vor der Wahl nicht die Wahrheit über den Bundeshaushalt gesagt?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das ist doch absurd!

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie die Wahlergebnisse der SPD in einem Zusammenhang anführen, in dem wir Ausgaben der Staatskanzlei und der Ministerien diskutieren, frage ich: Soll ich Ihnen jetzt die Wahlergebnisse der CDU anführen? Ich habe den Eindruck, die waren auch schon mal besser. Es ist doch absurd, was Sie in diese Debatte einspeisen. Und dann beklagen Sie sich noch, dass SPD und Grüne Skandale dieser Regierung aufzeigen. Ich habe den Eindruck, die Medien haben verstanden, dass das mit den Rumänen, mit dem, was der Ministerpräsident da gesagt hat, nicht in Ordnung war. Sonst hätte er sich auch nicht entschuldigen müssen. Ich habe den Eindruck, dass das nicht in Ordnung war.

Ich habe den Eindruck, dass es auch sehr wohl noch große Fragezeichen gibt, welche Rolle der Abteilungsleiter III im Zusammenhang mit der Imagekampagne des Ministerpräsidenten spielt, ob das alles sauber und in Ordnung ist.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Stellen Sie sich nicht hierhin und tun Sie nicht so, als wären hier die Guten und da die Bösen und Sie wären die Saubermänner der Nation. Das ist doch absurd. Sie haben den Anfang Ihrer eigenen Rede Lügen gestraft mit dem, was Sie anschließend hier vorgetragen haben. Das wissen Sie auch ganz genau, Herr Jostmeier.