Werner Jostmeier

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Freunde, die Sozialdemokratische Partei im Bund und im Land NordrheinWestfalen ist in einer speziellen Situation. Sie hat drei Wahlen verloren, drei historische Wahlniederlagen einstecken müssen: Bei der Europawahl gab es eine historische Wahlniederlage, bei der Kommunalwahl war es das historisch schlechteste Ergebnis, bei der Bundestagswahl war es ebenfalls so.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der frühere Koalitionspartner, ist in gewisser Weise davon tangiert.
Wir haben als Parlament die Pflicht – da gebe ich Ihnen Recht, Herr Remmel –, für Transparenz, für Klarheit und für Steuersparsamkeit zu sorgen.
Wenn man aber jetzt erwarten könnte, dass die Sozialdemokraten in dieser Situation konkrete Sachpolitik machen, konkrete Konzepte vorlegen, eine Vision für die Aufgaben und Tätigkeiten der nächsten Jahre präsentieren, dann ist das leider weit gefehlt. Wenn man hier innerhalb der letzten Stunde die Wortmeldungen und Zwischenrufen gehört hat, dann frage ich Sie, meine Damen und Herren: Was sollen die Zuhörerinnen und Zuhörer bei der Art und Weise, wie wir hier manchmal im Parlament bei bestimmten Fragen miteinander umgehen, von uns denken und halten?
Meine Damen und Herren, die SPD geht zu einer Skandalisierungspolitik über und versucht verkrampft, Skandale zu schaffen. Da ist die sogenannte Spitzelaffäre, die sogenannte Abhöraffäre. Der Kollege Groschek von den Sozialdemokraten – ich will es einmal zurückhaltend formulieren –, hat nicht die Wahrheit gesagt, als er ausführte, die SPD habe mit dem nichts zu tun. Denn die Videoaufnahme ist gemacht worden von einem als Halbtagskraft beschäftigten und bezahlten Mitarbeiter der SPD.
Herr Kuschke stellt bei diesem Tagesordnungspunkt jetzt seine siebte Zwischenfrage. Aber Herr Kuschke, bitte schön.
Ja, natürlich.
Herr Kollege Kuschke, wir kennen uns beide recht gut und machen auch häufig sehr gut Politik miteinander: Das, was heute debattiert worden ist, ist in sachlicher Hinsicht ausreichend vom Kollegen Witzel, von der Kollegin von Boeselager und von der Landesregierung dargestellt worden.
Ich möchte die Frage ein wenig tiefergehender stellen. Warum begibt sich die Sozialdemokratische Partei – ich darf das es so ausdrücken – auf dieses Niveau, nach Skandalen zu suchen?
Glauben Sie, die Wählerinnen und Wähler honorieren Ihnen das? Ich habe die sogenannte Videoaffäre dargestellt. Es ist nicht so gewesen, dass die CDU die SPD mit Videoaufnahmen bespitzelt hätte. Genau das Gegenteil ist richtig.
Wo bleibt eigentlich der hohe moralische Maßstab bei der Sozialdemokratischen Partei, wenn der Bochumer Polizeipräsident einen Arbeitsauftrag erhält, für die SPD Kleine Anfragen mit zu bearbeiten?
Wo bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, der hohe moralische Maßstab der Sozialdemokraten, wenn das, was man in Dortmund aus meiner Sicht zu Recht Wahlbetrug nennt, nicht aufgearbeitet wird und die Bürgerinnen und Bürger in Dortmund nicht wieder die Möglichkeit bekommen, ihre Stimme abzugeben?
Herr Töns, ich habe Ihre Rede vorhin gehört. Seien Sie mir nicht böse. Ich habe mir bei Ihnen aufgeschrieben: Si tacuisses, philosphus mansisses. Wenn Sie geschwiegen hätten, Herr Töns, wäre das besser gewesen.
Herr Kollege Töns, Sie haben der Landesregierung vorgehalten und gefordert, sie müsse mit diesem Thema offener umgehen. – Wissen Sie, wie unsere Großen Anfragen 2003, 2004 – ich kann mich gut daran erinnern – von der damaligen Landesregierung beantwortet worden sind? Man hat argumentiert, man habe keine Zeit, man habe kein Personal. Die Anfragen würden später beantwortet.
Was hier von der Landesregierung beantwortet worden ist, hat es in dieser Klarheit, in dieser Deutlichkeit unter Rot-Grün nie gegeben.
Meine Damen und Herren, ich will es kurz machen zum Schluss. Wir beteiligen uns an dieser Skandalisierungspolitik nicht!
Ich habe die herzliche Bitte, im Interesse der Sachauseinandersetzung, auch zur Vorbereitung der Wahl im Mai des nächstes Jahres: Lassen Sie uns zu einer Sachpolitik zurückkehren, lassen Sie uns dahin zurückkehren, dass wir uns über Visionen, über Politikbereiche unterhalten! Glauben Sie bitte nicht, dass Sie dem Wähler, der Wählerin, dem Land Nordrhein-Westfalen irgendeinen Gefallen tun, wenn Sie jede Woche einen neuen Skandal hochziehen, der sich bei intensiver Betrachtung als das genaue Gegenteil erweist, nämlich nicht als ein Skandal, sondern als saubere, gute Sachpolitik durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer bei uns im Landtag auf der Tribüne, seien Sie uns ganz herzlich willkommen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Vereinbarung zwischen dem Landtag Nordrhein-Westfalen und der Landesregierung, die sogenannte Parlamentsinformationsvereinbarung, die wir jetzt zur Kenntnis nehmen, ist nicht irgendwas. Deswegen ist sie auch sehr prominent an den Beginn unserer Plenarberatung gesetzt worden. Welche Bedeutung sie hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, mag man daran ablesen, wenn wir die Diskussion verfolgen, die in den letzten Wochen in Berlin um das Begleitgesetz zum Verfassungsvertrag stattgefunden hat.
In Nordrhein-Westfalen befassen wir uns mit dieser Thematik seit mehr als 20 Jahren. Das erste Schreiben, das dazu – soweit ich informiert bin, Frau Präsidentin – im Archiv des Landtags zu finden ist, datiert vom 29. Januar 1974. Dort hat der damalige stellvertretende Ministerpräsident dem Parlamentspräsidenten Informationsrechte zugestanden.
Meine Damen und Herren, wie man die Parlamentsinformationsrechte regeln kann, wird unterschiedlich
gehandhabt: Manche Bundesländer wie zum Beispiel Bayern haben eine Verfassungsänderung bevorzugt. Als wir bis 2005 noch keine Mehrheit hatten – das gebe ich zu –, hat es auch vonseiten der Oppositionsparteien Forderungen gegeben, eine Verfassungsänderung herbeizuführen. Oder man macht es wie zahlreiche andere Bundesländer in Form eines PIG, eines Parlamentsinformationsgesetzes.
Wir haben uns in Nordrhein-Westfalen zu dieser Vereinbarung entschieden, nachdem wir in einem Arbeitskreis aller Fraktionen in Verhandlungen mit der Landesregierung dieses Ergebnis haben herbeiführen können.
Meine Damen und Herren, der wesentliche Kern der Parlamentsinformationsvereinbarung besagt, dass die Landesregierung dazu verpflichtet wird, über die vorhandenen Frage- und Auskunftsrechte der Abgeordneten hinaus einer weiter gehenden und ständigen Information des Parlaments nachzukommen. Das bedeutet – Sie können es nachlesen; ich will die verschiedenen Politikbereiche jetzt nicht nennen – konkret: Das federführende Ministerium wird die Fraktionen des Landtags über Gesetzesentwürfe der Landesregierung unterrichten, sobald diese den Verbänden oder Organisationen zur Anhörung zugeleitet worden sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass das funktioniert und bereits praktiziert wird, können Sie daran ablesen, dass wir gestern ein Schreiben des Chefs der Staatskanzlei, Herrn Staatssekretär Beneke, datiert vom 8. September, erhalten haben. Dort wird darauf hingewiesen, dass eine gemeinsame Vereinbarung über die Koordinierungsstelle in Magdeburg zur Behandlung der verbrachten Kulturgüter aus dem Zweiten Weltkrieg getroffen wird. Meine Damen und Herren, es funktioniert also und ist bereits in Kraft.
Abschließend darf ich mich als Vorsitzender der Arbeitsgruppe und des Hauptausschusses ganz herzlich bei den vier Fraktionen bedanken, insbesondere bei deren Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern, die dazu beigetragen haben, dieses Ergebnis zu erreichen.
Ich darf mich auch bei der Landesregierung, Herrn Minister Krautscheid und Staatssekretär Beneke, bedanken. Ich darf mich darüber hinaus bei der Präsidentin bedanken, die für den Landtag eine sehr konstruktive und nachhaltige Position eingenommen hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mein Dank gilt auch den Damen und Herren der Verwaltung, Herrn Jeromin, Herrn Dr. Thesling und Herrn Schlichting, die uns sehr dabei geholfen haben, zu dem Ergebnis zu kommen, das heute vorliegt und das wir im Übrigen bereits durch den Notenaustausch verabschiedet haben. Es ist in Kraft. Ganz herzlichen Dank!
Es liegt jetzt an uns, dass wir davon entsprechend Gebrauch machen und auf diese Art und Weise die Stellung des Parlaments stärken, wenn es um die Entscheidungsfindung bei Rechtssetzungsakten geht. – Ganz herzlichen Dank.
Herzlichen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gerne zu folgendem Punkt kurz Stellung nehmen. Wir und die Europäische Union – es stimmt ja, was gesagt worden ist – erleben seit Jahren die größte illegale Einwanderungswelle, die die Welt je gesehen hat. Täglich landen Tausende von Booten mit illegalen Flüchtlingen an den Küsten Spaniens, Portugals, Griechenland, Italiens.
Hintergrund für die Aktivitäten der Europäischen Union ist die Tatsache, dass man diese Länder mit diesen Nöten und mit diesen Sorgen, die sie mit diesen Flüchtlingen haben, nicht alleine lassen darf.
Sie haben natürlich recht, Frau Düker, wenn Sie auf die Probleme und Schicksale der langjährig geduldeten Flüchtlinge hinweisen. Allerdings hat dieses Problem – darauf ist dankenswerterweise seitens der Landesregierung aufmerksam gemacht worden – mit der Thematik, die wir in dem Antrag dargestellt haben, nichts zu tun.
Dass wir das Problem lösen müssen, Frau Düker, gestehe ich Ihnen zu. Aber es kann auch nicht sein, dass sich Kriminelle und Illegale hier weiterhin unter diesem gesetzlichen Schutz aufhalten dürfen.
Herr Kuschke hat auf die Stellungnahme des AdR hingewiesen.
Ich gestehe Ihnen gerne zu, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir vielleicht gemeinsam die Chancen für unsere Gesellschaft und die Wirtschaft, die in dieser Politik auch zu sehen sind, stärker betonen sollten. Wir dürfen aus meiner Sicht nicht immer nur darauf abheben, welche Gefahren und Schwierigkeiten und welche finanziellen Folgen das hat.
Von der Lösung dieses Problems, wie wir mit den illegalen Einwanderern und Zuwanderern fertig werden, hängen neben Klimawandel, Terrorismusbekämpfung, demografischem Wandel usw. ganz entscheidend die sozioökonomische Entwicklung und der Frieden in unserer Gesellschaft ab.
Die Chance, auch und gerade die türkischen Mitbürger, die in der dritten und vierten Generation bei uns leben, wesentlich besser zu integrieren, müssen wir stärker wahrnehmen. – Ich bedanke mich ganz herzlich für die arg strapazierte Geduld, Frau Präsidentin. Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, die Debatte anhand der Stichworte, die ich hier habe, so zu versachlichen, dass das Thema im Vordergrund steht und dass wir uns nicht gegenseitig mit Vorwürfen beschimpfen, die nicht haltbar sind.
Meine Damen und Herren, wir diskutieren die Zahlen des Verfassungsschutzberichtes. Die zwei wesentlichen Zahlen sind: Die rechtsextremen Gewalttaten haben um 11 % und die linksextremen Gewalttaten um mehr als 20 % zugenommen. Es trifft aber zu, dass die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten insgesamt sechsfach so groß ist wie die Zahl der linksextremen Gewalttaten.
Ich füge auch hinzu: Wir als Deutsche haben aufgrund unserer Geschichte bezüglich des Rechtsextremismus durchaus eine besondere Sensibilität zu wahren.
Sie, Frau Gödecke und Frau Kraft, haben in Ihrem heutigen Sachantrag formuliert, der Rechtsextremismus sei immer noch nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte. – Ja, das stimmt.
Wir haben uns – das habe ich nachgesehen – seit dem 26. März 2007 – also innerhalb der letzten zwei Jahre – im Plenum, im Innenausschuss und im Hauptausschuss mit dieser Thematik 15 oder 16 mal befasst und darüber debattiert. Das heißt: Hier im Landtag ist in der Regel auch parteiübergreifend eine gemeinsame Willensbildung und eine gemeinsame politische Erklärung möglich.
Es war meines Wissens – ich kann nicht mehr genau sagen, wann – Herr Moron, der vor dem Hintergrund „Müllhaufen der Geschichte“ auf Folgendes hingewiesen hat: Es wird bei uns und auch in anderen Ländern – in Italien, Frankreich oder Großbritannien vielleicht noch mehr als bei uns – immer und überall einen gewissen Bodensatz an Radikalismus – Links- und Rechtsradikalismus – geben, mit dem wir versuchen müssen klarzukommen.
Ich wiederhole: Wir Deutschen haben eine besondere Verantwortung, mit diesem Bodensatz klarzukommen.
Sie sagen dann, wir müssen hier im Parlament darüber diskutieren und debattieren. Ich weise darauf hin: Wir debattieren über den Verfassungsschutzbericht und die Frage, was wir tun können.
Der Verfassungsschutzbericht sagt eindeutig: Nicht nur die NPD, sondern auch die Linkspartei wird vom Verfassungsschutz beobachtet, und es wird festgestellt: Die Linkspartei ist insgesamt keine demokratische Partei.
Ich setze mich normalerweise nicht mit dem Kollegen von Links hier im Parlament auseinander, aber die Formulierung, die dieser Noch-Kollege gebraucht hat, ist so daneben – ich werde das nachher im Protokoll nachlesen –, dass ich es heute tun muss. Er hat begonnen mit, sie seien eine demokratische Partei, und führt dann fort: im Gegensatz zu CDU und FDP, Pünktchen, Pünktchen. -Das gehört nicht nur nicht hier hin,
das ist so total daneben, ist so neben der Sache, ist so neben jeder Wertvorstellung, dass es nicht weiter diskutiert werden muss!
Ein Wort zu Frau Düker: Frau Düker, ich stimme Ihnen sehr zu, wenn Sie fordern, wir sollten versuchen, auf der kommunalen Ebene in den gesellschaftlichen Gruppen noch mehr gemeinsame Aktionen, Bündnisse usw. zu machen.
Ich stimme Ihnen auch zu, Frau Löhrmann, wenn Sie sagen, es muss nicht immer klein-klein geguckt werden, wo wir nur von den Rechten reden können oder nur von den Linken.
Nur: Frau Düker, dort, wo sich Rechts als gefährlich zeigt, sollten wir das auch rechts bekämpfen. Dort, wo sich Links als demokratiefeindlich, verfassungsfeindlich und gefährlich zeigt, sollten wir auch Links entsprechend bekämpfen.
Ich füge hinzu, Frau Düker: Meines Wissens ist aber auf Ihrem letzten Parteitag nach Presseberichten Feststellungen von Debattenrednern nicht widersprochen worden, die gesagt haben, die Linkspartei stünde den Grünen gedanklich näher als die FDP. Ich finde, wenn das unwidersprochen bleibt, ist das nicht in Ordnung, wenn der Verfassungsschutzbericht feststellt: Die Linken sind keine demokratische Partei.
Auch dort müssen Sie sich, meine ich, mit einer klaren Position darstellen.
Noch ein Wort zum Herrn Kollegen Kutschaty: Ja, Herr Kutschaty, für Rechts ist bei uns kein Platz. Ich ergänze aber: Es wäre fairer und Sie wären glaubwürdiger gewesen, wenn Sie hinzugefügt hätten: Auch für Linksradikale ist bei uns kein Platz.
Ja, die Rechten gefährden die Demokratie. Es wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Sie auch hinzugefügt hätten: Ja, auch die Linken gefährden die Demokratie.
Das mit dem Wahltermin ist so daneben – Dr. Orth hat dankenswerterweise das Notwendige dazu gesagt.
Meine Damen und Herren, was können wir tun? – Aus meiner Sicht können wir zwei Dinge tun.
Zum einen können wir dafür sorgen – da hat die Politik gewisse Möglichkeiten –, dass Kinder in Geborgenheit, Liebe, Sicherheit und mit Zuwendung groß werden und dass Jugendliche einen Arbeitsplatz, eine Ausbildung bekommen, akzeptiert werden, sich integriert fühlen und sinnvolle Freizeitaktivitäten gestalten können.
Zum Zweiten können wir – da gefällt mir das Wort, das Sie gebracht haben, Herr Minister Wolf, ganz gut – eine „Kultur des Hinsehens“ schaffen. Alle demokratischen Kräfte bei uns, alle gesellschaftlichen Gruppen, Wirtschaft, Kultur, Verbände usw. sollten überall, wo sich diese extremistischen Tendenzen zeigen, ihnen konstruktiv, mutig und, ich füge hinzu, werteorientiert entgegentreten und ihnen keinen Raum lassen. Entgegentreten sollten wir ihnen überall, wo sie sich zeigen und wo sie sich stark fühlen.
Ich bedanke mich herzlich. Ich denke, wir werden das Thema demnächst auch im Hauptausschuss noch weiter zu behandeln haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Thema, das wir heute zu behandeln haben und das wir besprechen, sind die Vorteile der Europäischen Union so klar, dass wir uns in diesem Hause über das Für und Wider nicht zu unterhalten brauchen. Wenn ich die Zuhörerinnen und Zuhörer in diesem Haus als Durchschnitt der deutschen Bevölkerung nehmen darf, dann kann ich davon ausgehen, dass 64 % von ihnen Europa für eine gute, wertvolle und wichtige Sache halten.
Trotzdem ist Europa für die meisten Menschen bei uns sehr fern; Stichworte: Bürokratie, demokratische Defizite, keine Transparenz usw. Das hat zur Folge, dass die Wahlbeteiligung zu den Europawahlen in den letzten Jahren ständig nach unten ge
gangen ist. Meine Damen und Herren, im Jahre 2004 hatten wir in Nordrhein-Westfalen bei den Europawahlen eine Wahlbeteiligung von 41,1 %. Im Bundesdurchschnitt lag sie ein wenig höher, bei 43 %.
Ich habe gestern in Brüssel eine Gallup-Umfrage kennenlernen dürfen, die in Europa sehr breit für die EVP gemacht worden ist. Da hieß es, dass 20 % der Bürgerinnen und Bürger, die vor fünf Jahren an den Europawahlen teilgenommen haben, jetzt beabsichtigen, sich wegen der von mir vorhin genannten Schlagworte nicht mehr an den Wahlen zu beteiligen. Die Diskussion bei uns wird im Wesentlichen nicht darüber geführt, ob Europa vernünftig ist, sondern: Wie können wir Bürgernähe für Europa herstellen?
Bei der genannten Umfrage gab es die Frage: Welche Themen sind den Menschen in Europa – auch in Deutschland, in verschiedener Gewichtigkeit in den verschiedenen Ländern -wichtig? In folgender Reihenfolge wurde in den letzten vier Wochen geantwortet.
Erstens: Europa muss die Wirtschaftskrise überwinden.
Zweitens: Sicherheit für die Menschen, unter anderem Terrorismusbekämpfung.
Drittens: Klimawandel.
Viertens – das ist sehr interessant –: die Beibehaltung und die Verteidigung der europäischen Werte.
Fünftens: Europa als Organisation ist uns so wichtig, dass es stabilisiert und konsolidiert werden muss, damit Europa eine Zukunft hat.
Die Frage ist: Wie können wir nun diese Themen, die die Menschen bewegen, so vortragen und diskutieren, dass die Menschen sie auch mittragen, sie als ihre Themen erkennen und sich dafür engagieren? Die Mehrheit – 67 % – in Deutschland sagt: Wir fühlen uns nicht ausreichend in europäischen Fragen informiert.
Meine Damen und Herren, ich möchte, ohne dass ich den Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, aus meiner Erfahrung und aus meiner Überlegung heraus sechs Punkte nennen, bei denen wir meinen, dass wir Europa den Menschen näherbringen können.
Wir können zum einen gerne beibehalten, was wir seit Jahren machen: Hochglanzpapiere, Broschüren, Information usw.
Wir können zweitens auch das beibehalten, was wir schon immer gemacht haben: Veranstaltungen wie zum Beispiel den Europatag am 9. Mai, das Europafest, an dem wir uns beteiligen, und die Europawoche vom 2. bis zum 10. Mai.
Wir können die neuen Medien nehmen. Wir haben ein tolles Logo: einen Knoten im Taschentuch. Alles das können wir machen.
Ein vierter Punkt, der mir immer wichtiger zu sein scheint: die Europaschulen. Wir haben im Land Nordrhein-Westfalen 59 Europaschulen. Am 20. März kommen 22 hinzu. In meinem Wahlkreis – beim vorherigen Tagesordnungspunkt war ja auch immer von den Erfahrungen im eigenen Wahlkreis die Rede – gibt es drei große Europaschulen, die eine hervorragende Arbeit mit den jungen Leuten machen. Die sollten wir stärken.
Fünfter Punkt: Meine Damen und Herren, 60 % der Menschen sagen, die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen stärker in das europäische Geschehen, in die Umsetzung der Entscheidungen einbezogen werden. Da sind wir gefragt: die Landtagsabgeordneten. Meine Damen und Herren, wir sind die erste parlamentarische Ebene, die den Menschen Politik erklären kann und erklären muss. Ich bin sehr der Meinung und sehr dafür, dass wir mit dazu beitragen, Europa nicht, wie dies häufig geschieht, schlechtzureden.
Alles das, was schlecht läuft, das sind die Bürokraten, das sind die Menschen, die weit entfernt sind von der Wirklichkeit; und was toll läuft, das haben alles wir hier gemacht. – Viele von uns vergessen dabei, dass wir sowohl in der Europäischen Kommission als auch im Europäischen Rat mit den Stimmen der jeweils beteiligten Länder bestimmten Maßnahmen zugestimmt haben.
Zum Schluss Punkt 6: Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, wir müssen Europa auch mehr mit dem füllen, was man Herz nennt. Wir brauchen eine Vision, müssen Europa eine Seele geben. Die Friedensdividende, die die Menschen früher bewegt hat, ist uns weitgehend verlorengegangen, weil Frieden selbstverständlich geworden ist. Dennoch, es schadet nie, wenn man sagt: Europa ist und bleibt die größte und erfolgreichste Friedensbewegung, die die Welt je gesehen hat.
Von meinen vier unmittelbaren Vorgängergenerationen hat das jeweilige Familienoberhaupt, der Vater, an einem Krieg teilgenommen. Ich – und viele von uns, von Ihnen –, nach 1950 geboren, gehöre zur ersten Generation, die nicht mehr an einem Krieg teilnehmen muss. Diese friedenssichernde Wirkung ist auch nach wie vor wichtig. Schauen Sie auf die Schlagzeilen von heute: Auch bei uns sind Rechtsradikalismus und Faschismus keine Dinge von gestern, sondern eine ständige Gefahr.
Das Zweite in diesem Zusammenhang: Ich behaupte gerne – damit kann man auch ein bisschen Herz, Vision und Emotion wecken –, Europa ist die größte Bürokratieabbauorganisation, die die Welt je gesehen hat. Da schreit jeder sofort: Wie kann das denn sein? Das stimmt doch nicht, das ist doch völlig
dummes Zeug, das Gegenteil ist der Fall! – Überlegen Sie einmal, wenn wir noch Zollgrenzen hätten, wenn wir noch Grenzzäune hätten, wenn wir keine gemeinsame Währung hätten, wenn wir keine gemeinsamen Standards im Maschinenbau, im Verkehrsbereich, für Steckdosen hätten, wie teuer das alles den Bürger kommen würde.
Von daher: Europa ist es wert, dem Bürger nahegebracht zu werden – mit dem Ziel, die Wahlbeteiligung sehr zu steigern. Wir werden uns im Hauptausschuss darüber unterhalten. Ich fände es gut, wenn wir, meine Damen und Herren, zu einem gemeinsamen Text kommen würden. Wir haben das im Vorfeld der heutigen Debatte probiert. Die andere Seite hat leider nicht reagiert, was ja nicht heißt, dass ihr dagegen seid. Vielleicht kommen wir im Hauptausschuss zu einem gemeinsamen Text zu dieser Thematik. Ich würde mich sehr freuen und freue mich auf die Debatte im Hauptausschuss. – Herzlichen Dank.
Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her
ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war nicht nur so dahingesagt, und ich hoffe, ich komme damit aus.
Einige Punkte möchte ich kurz ansprechen. – Zum einen bin ich froh und dankbar, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, dass wir diesen Punkt in dieser Art und Weise heute Morgen in der Aktuellen Stunde haben debattieren können. Er war wichtig, und es war gut, dass wir es heute Morgen so gemacht haben.
Zum anderen ist das Verfahren mehrfach hinterfragt worden. Ich möchte feststellen, dass wir uns mit Zustimmung sämtlicher vier Fraktionen und auch mit Zustimmung der Staatskanzlei auf die Sondersitzung am 26. Mai verständigt haben.
Ich möchte ferner feststellen, dass wir mit Zustimmung der vier Fraktionen und mit Zustimmung der Staatskanzlei auf die Behandlung des Tagesordnungspunktes „12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag“ verzichtet haben, weil jemand aus der SPD-Fraktion nicht dabei sein konnte und der Minister zwingend an diesem Tag verhindert war. Herr Kuschke hat sich dann für die SPD-Fraktion vorbehalten, abhängig vom Verlauf der Diskussion diesen Punkt am 12. Juni erneut auf die Tagesordnung nehmen zu können. Das haben wir selbstverständlich zugesagt.
Herr Eumann, ich glaube nicht, dass der Vorwurf zutrifft, wir hätten bestimmte Medienthemen im Hauptausschuss nicht behandeln können. Sie haben den KEF-Bericht als Beispiel genannt. Dass wir diesen nicht haben behandeln können, lag schlicht und ergreifend daran, dass die Dame der KEF morgens nicht hat fliegen können. Bei dem zweiten von Ihnen genannten Beispiel lag es daran, dass wir mit Zustimmung Ihrer Fraktion die Sachverständigenanhörung über die Dienstleistungsrichtlinie über den vorgesehenen Zeitpunkt hinaus weitergeführt und wir deshalb drei Tagesordnungspunkte verschoben haben.
Ich weiß nicht, Herr Eumann, ob es zielführend ist, einen neuen Unterausschuss für den Hauptausschuss zu bilden. Man kann in der nächsten Legislaturperiode gerne darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre, Kultur und Medien, wie das andere auch tun, zusammenzufassen. Das Problem besteht aber doch darin, dass wir einen zusätzlichen Termin haben müssen. Wir können doch im Hauptausschuss so viele Sitzungen durchführen, wie Sie wollen. Die FDP hat doch recht, wenn sie darauf hinweist, wie schwierig es ist, Termine zu bekommen, an denen auch sie teilnehmen können.
Ich bin auch ein paar Tage dabei und habe auch das Gefühl – da stimme ich Herrn Hegemann zu –, dass wir noch nie im Vorfeld einer politischen Medienentscheidung so gut unterrichtet worden sind. Ich darf das Beispiel Ihrer 40 Fragen nehmen, die Sie drei Tage vorher, zweifelsohne fristgerecht, schriftlich eingereicht haben. Die Landesregierung hat sich innerhalb von drei Tagen vorbereitet, um zu diesen 40 Fragen Stellung nehmen zu können. Das habe ich in dieser Weise in früheren rotgrünen Zeiten nicht erlebt. Das darf ich hier einmal dankbar feststellen. – Herzlichen Dank, Herr Präsident.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vor dem Hintergrund der begrenzten Zeit heute Nachmittag nur kurz zu verschiedenen Punkt Stellung nehmen.
Herr Minister, das Zitat, das Sie ganz zum Schluss Ihrer Rede gebracht haben, fasst in der Tat alle Gründe in prägnanten Worten zusammen, derentwegen wir immer für eine funktionsfähige Europäische Union kämpfen und arbeiten sollten. Die letzten vier Generationen meiner eigenen Familie mussten an einem Krieg teilnehmen; an diesem Beispiel kann ich sehr schön darlegen, dass Europa die größte, nachhaltigste und wirksamste Friedensbewegung ist, die die Welt je gesehen hat.
Erstens. Ich möchte zu einem Punkt den folgenden Hinweis geben: Dankenswerterweise besteht bei diesem Thema in der Regel Konsens bei allen vier Fraktionen. Ich kann gut unterstützen und nachvollziehen, was Sie, Herr Kuschke und Herr Keymis, zur Forderung nach einer vollständigen Verfassung gesagt haben. Wir haben zwar etwas Vergleichbares, nämlich eine Basis, aber wir haben bei den Verhandlungen zu dieser Verfassung unter der deutschen Ratspräsidentschaft auch feststellen können, wie zerbrechlich das ganze Konstrukt Europa noch sein kann, als wir gesehen haben, dass die beiden polnischen Zwillinge fast in der Lage waren, die Verhandlungen zu kippen. Das war haarscharf. Deshalb danke ich der deutschen Kanzlerin und allen Helferinnen und Helfern herzlich.
Zweitens. Sie, Herr Minister, und fast alle Redner haben dankenswerterweise auf die Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips hingewiesen. Ich betone von mir aus, dass wir im vergangenen Jahr einen Testlauf hinsichtlich des Subsidiaritätsprinzips gefahren haben.. Ich bin den drei Kollegen – Herrn Schroeren, Herrn Kuschke und Herrn Brockes –, die im Ausschuss der Regionen mit mir gemeinsam kämpfen, dankbar.
Meine Damen und Herren, ich bin mir nicht sicher, ob wir alle in diesem Parlament – das gilt nicht nur für Nordrhein-Westfalen, sondern auch für die übrigen 15 Bundesländer und die anderen Regionen – begriffen haben, welch ungeheure Chance sich uns als Landesparlament damit bietet. Es gab die Föderalismuskommission I; zurzeit gibt es die Föderalismuskommission II, die die Rechte der Bundesländer stärken soll.
Mit diesem im Grundlagenvertrag statuierten Subsidiaritätsprinzip haben wir qua Bundesrat nicht
nur ein Klagerecht, sondern wir können auch im Vorfeld und bei der Formulierung europäischer Gesetzesvorhaben unmittelbar mitreden und mitwirken. Die Länderparlamente werden ganz erheblich in ihrer Mitwirkungsmöglichkeit und ihrer Kompetenz gestärkt und in die vordere Front geholt. Ob uns das allen so klar ist, da bin ich mir nicht sicher.
Ich würde mir sehr wünschen, dass das Land Nordrhein-Westfalen mit der Fahne vorangeht und versucht, die Wirksamkeit des Subsidiaritätsprinzips im Rahmen der Bundesrepublik Deutschland mit den übrigen Ländern möglichst wirksam, effizient und nachhaltig ins Werk zu setzen.
Dankbar bin ich auch der Präsidentin dafür, dass sie gemeinsam mit dem Präsidium das Thema zusätzlicher Mitspracherechte für das Land und den Landtag mehr in den Mittelpunkt rücken möchte.
Herr Kuschke, Sie haben auf die Väter des Grundlagenvertrages hingewiesen. Wir prüfen zurzeit, ob wir in einer der nächsten Hauptausschusssitzungen einige Gäste der derzeit amtierenden slowenischen Ratspräsidentschaft zu uns ins Parlament holen, um uns ganz konkret von den Praktikern berichten zu lassen, was es eigentlich heißt, eine Stellungnahme des Landes Nordrhein-Westfalen zur Gesundheitspolitik zu erarbeiten. Wie sieht das praktisch aus und welche Wirkung hat das?
Diese Chance – mit dieser Bitte möchte ich schließen – sollten wir begreifen und dann auch wahrnehmen. – Ich bedanke mich ganz herzlich, dass Sie mir um diese Zeit noch zugehört haben.
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren, die extra wegen dieses Tagesordnungspunktes heute ins Plenum gekommen sind! Wir debattieren bei diesem Tagesordnungspunkt einen Antrag der Koalitionsfraktionen, der meiner Fraktion und zugegebenermaßen auch mir am Herzen liegt.
Das Kernanliegen unserer parlamentarischen Initiative ist es, die deutsche Sprache in der Europäischen Union nicht nur zu stärken, sondern unserer deutschen Sprache schlicht und ergreifend den ihr gebührenden Platz zukommen zu lassen. Gegenwärtig sprechen in Europa etwa 110 bis 115 Millionen Menschen deutsch, und in der Europäischen Union selber sind es mehr als 90 Millionen Bürgerinnen und Bürger. Jeder dritte EU-Bürger hat Deutsch etwa als Heimatsprache oder als Fremdsprache. Bei Französisch, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist das nur jeder fünfte Bürger.
Deutsch ist also neben Englisch und Französisch eine der drei Arbeitssprachen in der Europäischen Union. Ich kann mich bei den Tagungen bzw. Konferenzen in Brüssel oder auf europäischer Ebene nicht über die Behandlung der deutschen
Sprache beklagen. Da steht Deutsch zum Beispiel im Dolmetschersystem immer ganz oben an.
Im praktischen Sprachgebrauch der europäischen Institutionen spiegelt sich aber die Bedeutung der deutschen Sprache aus meiner Sicht nicht angemessen wider. Es geht die praktische Politik, um das Tagesgeschäft, um die Verwaltung.
Dazu will ich, meine Damen und Herren, ein Beispiel nennen. Der Europaausschuss des Deutschen Bundestages hatte zu Beginn des Oktobers dieses Jahres den Text zum neuen Verfassungsvertrag, der am 18. und 19. Oktober beim Europäischen Rat entschieden worden ist, noch nicht in deutscher Sprache vorliegen. Dem Deutschen Bundestag stand also der Text Anfang Oktober noch nicht in Deutsch zur Verfügung.
Der Bundesrat hat im Jahre 2004 und zuletzt am 21. September dieses Jahres eine Entschließung mit dem Titel „Stärkung der deutschen Sprache in der EU“ auf den Weg gebracht. Das scheint auch nicht viel geholfen zu haben. Die Praxis sieht immer noch anders aus.
Ein weiteres Beispiel: Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hat in den letzten Wochen und Monaten 26 EU-Vorlagen mit insgesamt 2.272 Seiten, die nur auf Englisch und Französisch vorlagen, an die Kommission zurückgeschickt. Die Notwendigkeit einer konsequenteren deutschen Sprachpolitik ist also gegeben.
Als ein weiteres Beispiel will ich nur noch darauf hinweisen, dass das auch etwas mit Nähe zum Bürger, mit Verständlichkeit, mit Akzeptanz der Europäischen Union zu tun hat. Im vergangenen Jahr ist Katalanisch zur Amtssprache erhoben worden. Ich stelle einmal kritisch die Frage, ob denn nun auch Gälisch, das nur von 3 bis 6 % der Iren gesprochen wird – selbst nicht einmal 50 % der 13 irischen EU-Parlamentarier können Gälisch –, zur Amtssprache erhoben werden muss.
Wir fordern aber in diesem Zusammenhang die Landesregierung auf, dass sie sich bei der Bundesregierung und auf europäischer Ebene dafür stark macht, dass Deutsch als eine der drei wichtigsten und meistgesprochenen europäischen Sprachen nicht nur in der Theorie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sondern auch in der Praxis als gleichberechtigte Arbeitssprache neben Englisch und Französisch zur Anwendung kommt. Das gilt insbesondere für Ausschreibungen, für Datenbuttons, für Internetauftritte, für Konsultationen und für Handbücher.
Wichtig ist vor allem, dass die Europäische Kommission eine Übersetzungsanregung anwendet,
die der gewachsenen Rolle der deutschen Sprache auch gerecht wird, und das nicht nur bei den sogenannten Kerndokumenten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Schluss will ich aber noch selbstkritisch kurz die folgenden Punkte nennen:
Wir können gerne fordern, dass die Sprachkompetenz der Beamten in Sachen Deutsch in Europa verstärkt wird. Wir können selbst den gebührenden Platz für die deutsche Sprache fordern. Wir müssen sie aber auch selbst sprechen.
Ich will ein Beispiel aus den letzten Wochen bringen. Bei den Open Days – den offenen Tagen – im Europaparlament kam es zum Schluss vor 1.500 Zuhörerinnen und Zuhörern – etwa die Hälfte davon deutschsprachig – zu einer Podiumsdiskussion mit sieben oder acht Teilnehmern. Jeder sprach in seiner Heimatsprache: der Franzose, der Italiener, der Flame Luc Van den Brande. Die deutsche Vertreterin – ich will den Namen jetzt nicht nennen; jeder von Ihnen kennt sie – hat kein einziges Wort deutsch gesprochen, sondern sprach englisch.
Dafür gibt es weitere Beispiele. In unserer Landesvertretung wurden Vorträge gehalten. Deutsche Professoren haben ihre Vorträge nicht auf Deutsch, sondern auf Englisch gehalten, obwohl es sich um eine deutsche Zuhörerschaft handelte. Als ich zum Schluss unter dem Beifall des Saales zur Diskussion stellte, warum Deutsch zu schade sei, kamen die Dolmetscher nachher auf mich zu und fragten: Warum haben Sie nicht darauf bestanden, dass die Professoren auf Deutsch sprachen? Ihr Englisch war so schlecht, dass es kaum zu übersetzen war.
Meine Damen und Herren, wenn wir an GoetheInstituten sparen und Sprachkurse in Europa ausfallen, ist das der falsche Weg.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt nennen. Auch wir müssen uns in gewisser Weise immer dann selbst an die Brust klopfen, wenn wir in der Werbesprache – in bestimmten Broschüren von Telekommunikationsunternehmen usw. – manchmal meinen, es sei nur dann alles „hip“ und ganz toll, wenn wir möglichst viele fremdsprachige Begriffe verwenden.
Nur wenn wir unsere Sprache als Teil unserer Kultur und Identität hochhalten, können wir auf europäischer Ebene fordern, dass die deutsche
Sprache ihren Stellenwert bekommt. – Ich bedanke mich ganz herzlich fürs Zuhören,
insbesondere dafür, dass Sie in den letzten Minuten noch zugehört haben, als ich meine Redezeit überschritten habe. Frau Präsidentin, danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Sachverhalt, um den es hier beim letzten Tagesordnungspunkt unseres heutigen Plenartages geht, ist recht schnell dargestellt. Das Hochschulzulassungsgesetz aus dem Jahre 1993 regelt die Zulassungsverfahren für die Studiengänge, die landesweit durch die ZVS vergeben werden bzw. die durch die Hochschulen selbst eine Zulassungsbeschränkung haben.
Dieses Gesetz tritt am 30. September dieses Jahres außer Kraft. Mit unserem Vorschlag, mit diesem Gesetzentwurf soll die Geltungsdauer des Gesetzes um ein Jahr verlängert werden. In diesem Jahr kann dann seitens der Landesregierung auch ein Entwurf zur Reformierung des nordrheinwestfälischen Hochschulzulassungsgesetzes vorgelegt werden.
Das mit der Zustimmung der vier Fraktionen dieses Hauses zu tun, meine Damen und Herren, ist auch deshalb sehr sinnvoll, weil sich im Februar dieses Jahres die Kultusministerkonferenz darauf verständigt hat, die ZVS in eine Stiftung umzuwandeln und ihr eine Service- und Dienstleistungsfunktion für die Hochschulen zu geben.
Wir, die FDP und die CDU, meine Damen und Herren, wollen und werden in diesem Verfahren alles dafür tun, die bürokratischen Hemmnisse für eine verbesserte Studienplatzvergabe aus dem Weg zu räumen. Unser Ziel ist es, die Auswahlverfahren in die Verantwortung der Hochschulen zu legen. Hochschulen sollen ihre Studenten selbst aussuchen. Und Studentinnen und Studenten sollen die Hochschule ihrer Wahl frei wählen können. Die bisherigen Regelungen schränken diese Freiheit von Studentinnen und Studenten und der Hochschulen in unnötiger Weise ein.
Ich möchte es auf den Punkt bringen, meine Damen und Herren, und vielleicht etwas kernig formulieren: Die ZVS soll ein Dienstleister für Hochschulen und Studenten sein und kein bürokrati
sches Monstrum zur staatlichen Verteilung von jungen Menschen.
Wir wollen und werden die Neuregelung des Hochschulzuganges durch die Landesregierung im Sinne unserer Hochschulpolitik entsprechend begleiten. Ich bitte um breite Zustimmung zu diesem Vorhaben und bedanke mich sehr herzlich fürs Zuhören.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist interessant, wie Sie dargestellt haben, dass ich zu diesem Thema auch das Wort ergreifen möchte. Man
kann, liebe Kolleginnen und Kollegen, dankenswerterweise feststellen, dass es Themen im Landtag gibt, die über die parteipolitische Farbenlehre hinweg zu einem großen Konsens führen, nicht nur hinsichtlich der Zielrichtung, sondern zum Teil sogar des Weges.
Man hatte im Vorfeld vor dem Hintergrund, dass wir fünf Geberländer haben und der Rest Nehmerländer sind – wobei man feststellen darf: Die fünf Geberländer sind alle CDU-regiert –, teilweise das Gefühl, als wenn es bei diesem Thema nur um Arm gegen Reich, Ost gegen West, Nord gegen Süd usw. gegangen sei. Jetzt scheint sich die Angelegenheit auf gutem Weg zu befinden. Herr Dr. Linssen hat gerade ausgeführt, dass das Ergebnis ein Pakt gegen die Verschuldung sein könnte.
Ich will die ganze Thematik Föderalismusreform II auch für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer noch einmal in einen größeren staatspolitischen Zusammenhang bringen, meine Damen und Herren: Der Hintergrund für beide Föderalismusreformen war – das ist viel zu wenig bekannt –, dass es seit dem Jahre 1949 ziemlich genau 50 Grundgesetzänderungen gab, die in die Struktur der BundLänder-Kompetenzen eingegriffen haben. 45, also 90 % davon, fielen zugunsten des Bundes und zum Nachteil der Bundesländer aus mit der Folge einer immer stärkeren Entmachtung der Länderparlamente.
Wir können es durchaus als großen Erfolg bezeichnen, dass die wesentlichen Ziele der ersten Föderalismusreform durchgesetzt worden sind, nämlich eine klare politische Verantwortung, eine zweckmäßiger gestaltete öffentliche Aufgabenverteilung und eine mehr austarierte Balance zwischen Bund und Ländern mit dem Ziel der Entflechtung der Kompetenzen.
Diese Föderalismusreform ist am 30. Juni vom Bundestag und am 7. Juli 2006 vom Bundesrat jeweils mit Zweidrittelmehrheit akzeptiert worden. Am 22. Juli des vergangenen Jahres haben sich die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin darauf verständigt, in einem zweiten Reformschritt explizit die Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu regeln.
Die vier Ziele, die wir damit verfolgen, sind auf einem guten Weg. Sie lauten: Wir bauen die Mischfinanzierung ab. Wir stärken die eigene Steuergesetzgebungskompetenz der Länder. Wir schaffen eine Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs. Wir formulieren eine Schuldenbremse mit materiellen Kriterien und einem Frühwarnsystem zur Vorbeugung gegen Haushaltsrisiken.
Ich kann das, was Sie, Frau Löhrmann, vorhin in Bezug auf die drei systematischen Fehler – systematische Überschuldung, systematische Verflechtung und systematische Verantwortungslosigkeit – vorgetragen haben, gut nachvollziehen. Es ist durchaus zu begrüßen, dass Sie als – ich darf das so sagen – kleinere Fraktion, die nicht entsprechend in der Föderalismuskommission vertreten ist, dieses Thema aufgreifen. Das finde ich gut.
Ich brauche nicht das zu wiederholen, was mein Kollege Klein dankenswerterweise gesagt hat, dass nämlich Ihr Vortrag auch zahlreiche Widersprüche enthält. Sie haben insbesondere einen recht ausführlichen Forderungskatalog beschrieben, aber eine Begründung, die man auch erwarten könnte, liefern Sie nicht.
Lassen Sie mich bei dem von Ihnen aufgezeigten Handlungsbedarf darauf hinweisen, dass an den 39 Jahren SPD-Regierung – bis zum 22. Mai des Jahres 2005 – zehn Jahre auch die Fraktion der Grünen beteiligt gewesen ist und dass man diesen Ausnahmetatbestand …
Die FDP war in der Zeit nicht in der Regierung, Herr Kollege Sichau, und hatte nicht die Verantwortung.
Frau Löhrmann, Sie hätten in Ihrer Regierungszeit – zehn Jahre lang – die Möglichkeit gehabt, die Ausnahmetatbestände nicht ins Werk zu setzen. Die Sachverständigenanhörung, die im Haushalts- und Finanzausschuss am 10. Mai dieses Jahres unter anderem mit Herrn Prof. Schmidt stattgefunden hat, hat ergeben – ich darf ihn zitieren –, dass allein in den 15 Jahren von 1992 bis 2006 10,2 % der Neuverschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen auf diesen Ausnahmetatbestand zurückzuführen sind. – Sie hätten die Chance gehabt, das zu verhindern.
Meine Damen und Herren, zu den Investitionsbegriffen: Herr Kuschke, man kann das so machen, wie Sie gesagt haben, nämlich die Bildungsinvestitionen mit hinein nehmen. Ich warne aber sehr davor, denn dann würden wir in einen Streit darüber geraten, wie wir den Begriff Investitionen neu definieren. Ich teile hier die Ausführungen von Dr. Linssen. Ich warne sehr davor, den Investitionsbegriff aufzugreifen.
Zum totalen Verschuldungsstopp: Ich kann für meine Fraktion erklären, dass wir sehr nahe bei dem Vorschlag sind, den der Finanzminister von
Sachsen-Anhalt in der „Financial Times“ am 5. März dargestellt hat: Jawohl, grundsätzlich totaler Verschuldungsstopp, nur im Katastrophenfall sollten Ausnahmen möglich sein. – Dann müssen wir uns natürlich darüber unterhalten, was Katastrophen sind, wie wir sie definieren.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Staatsverschuldung ist das Unsozialste für die kommende Generation, was es gibt.
Schulden von heute sind die Steuern von Morgen. Der Föderalismus in Deutschland braucht eine transparente Finanzverfassung. Die Verantwortlichkeiten der verschiedenen staatlichen Ebenen müssen für den Bürger nachvollziehbar sein. Nur dann kann er politische Entscheidungen zuordnen und zur Grundlage einer Wahlentscheidung machen. Frau Löhrmann, ich bin da genau bei Ihnen: Finanzverantwortung und Aufgabenverantwortung müssen zusammengeführt werden.
Ich bedanke mich ganz herzlich. Ich bedanke mich wie mein Vorredner für die Großzügigkeit des Präsidenten, dass er mir die wenigen Sekunden mehr Redezeit zugestanden hat. – Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.
Dafür vielen Dank, Frau Präsidentin! Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie das großzügigerweise beantworten wollen. Sie haben jetzt mehrfach auf die Drucksache 13/1325 aus der vergangenen Wahlperiode hingewiesen. Ich war an der Formulierung beteiligt, wie Sie sich denken können.
Ich weiß nicht, ob und inwieweit Sie sich mit der Geschichte und den Reden, die damals gehalten wurden, befasst haben. Ich möchte Sie Folgendes fragen: Warum hat Ihre Fraktion – das war ja ein Dachantrag, er betraf auch die Verkleinerung des Parlamentes, eine Verkleinerung der Fachausschüsse und so weiter und so fort, vieles von dem haben wir damals ins Werk gesetzt – damals mit fast exakt den gleichen Argumenten, die heute zum Beispiel von meinem Kollegen Hüsken, vonseiten der FDP und von Dr. Wolf vorgetragen worden sind, diesen Antrag abgelehnt? Warum? Hat das damit zu tun, dass jetzt ein Rollenwechsel stattgefunden hat? Mit welcher Begründung haben Sie damals Nein gesagt?
Vielen Dank, Frau Kollegin. Ich darf Sie zu dem, was Sie gerade gesagt haben, etwas fragen. Ich hatte heute eine Schulklasse hier: Gymnasium, 50 Teilnehmer, 14 Jahre alt. Wir haben unter anderem auch dieses Thema besprochen. Etwa 60 bis 70 % dieser Schülerinnen und Schüler haben heute gesagt, dass sie die Art und Weise dieser Kopfnoten und die Differenzierung der Art der Kopfnoten positiv und gut fänden. Die Schülerinnen und Schüler haben sich positiv dazu geäußert. Wie erklären Sie sich das?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So, wie Sie
die Frage gestellt haben, Herr Präsident, hätte ich das so machen können, wie ich es damals vor vier Wochen auf Ihre Anregung hin gemacht habe, und meine Rede zu Protokoll geben können. Aber das kann ich jetzt nicht, weil ich spontan reden und reagieren möchte.
Ich möchte vorweg sagen: Ich teile alles Punkt für Punkt und Wort für Wort, was unsere Kollegen Stefan Berger, Dietmar Brockes und Sie, Herr Minister, seitens der Landesregierung gesagt haben.
Zweite Vorbemerkung: Ich bin nachdrücklich dafür und werde alles, was mir und uns möglich ist, tun, dass wir ein gutes Verhältnis zur Türkei auch in Zukunft haben. Deutschland hat seit Generationen, seit Jahrhunderten gute, konstruktive und sehr freundschaftliche Verhältnisse zur Türkei gehabt. Es ist wichtig, dass wir das beibehalten.
Punkt drei: Meine Damen und Herren, die Erweiterungsgeschichte der Europäische Union ist in der Tat eine Erfolgsgeschichte. Wir haben dadurch die deutsche Teilung überwunden. Wir haben die europäische Teilung überwunden. Wir haben Friedensverhältnisse schaffen können und einen Raum der Freiheit und des Rechts. Das war vor 15 Jahren absolut nicht denkbar.
Herr Töns, ich gehe jetzt auf das ein, was Sie gesagt haben, obwohl ich so manche Formulierung nicht teile – seien Sie mir nicht böse. Sie haben formuliert, der Antrag sei reiner Populismus ohne Sinn und Verstand. Das gehört da nicht hin. Das ist einfach daneben.
Schauen Sie in die anderen Parlamente! Schauen Sie nach Frankreich und nach Holland! Schauen Sie, was in Europa läuft!
Die beschäftigen sich genau mit diesem Thema in derselben seriösen Art und Weise, wie wir es hier auch tun.
Sie haben gesagt, sämtliche Länder hätten die Beitrittskriterien erfüllen müssen. Das ist einfach nicht der Fall. Der Beitritt von Rumänien und Bulgarien geschieht nicht nur aus meiner Sicht viel zu früh. Sie wissen genauso gut wie ich, dass Rumänien und Bulgarien die Beitrittskriterien nicht erfüllt haben und dass da noch Fristen zu beachten sind.
Ich habe eine große Sorge – jetzt komme ich auf Ihre Ausführungen zu sprechen, Frau Löhrmann. Ich weiß, dass folgendes Argument von Ihnen
gern gebracht wird – da ist auch etwas dran –: Es sei ein hervorragendes Beispiel, wenn es uns gelänge, die Türkei in die europäische Wertegemeinschaft einzubinden und als Teil der Europäische Union zu einem Brückenkopf nach Asien und noch weiter wirksam werden zu lassen.
Nur: Mit diesem Argument müssten Sie dann auch erlauben, dass Pakistan, Palästina und die Länder, die sonst noch wollen, Mitglieder der Europäischen Union werden könnten.
Meine Damen, meine Herren, mich treibt folgende Sorge um: Ich durfte gestern im Ausschuss der Regionen dabei sein, als der holländische Kollege Eurlings vom Europäischen Parlament, der für die Berichterstattung nach dem Fortschrittsbericht für die Türkei zuständig ist, Beispiele aus den letzten sechs Wochen genannt hat, wonach in der Türkei Menschenrechte, die Religionsfreiheit, die Meinungsfreiheit mit Füßen getreten wurden. Wir haben dort zurzeit eine Entwicklung, aufgrund derer man feststellen muss: Die Türkei bewegt sich nicht auf Europa zu, sondern von Europa weg.
Er hat Beispiele gebracht, wonach katholische, christliche Kirchen konfisziert und da verkauft worden sind.
Er hat als ein weiteres Beispiel genannt, dass man die Regeln, nach denen orthodoxe Priester in der Türkei ausgebildet werden, neuerdings korrigiert hat. Dies hat für ein Bistum zur Folge – konkretes Beispiel –, dass es, wenn der dortige orthodoxe Priester stirbt, keinen Nachfolger geben wird. Dann ist das Bistum, das seit 700 Jahren mit einem orthodoxen Priester versorgt worden ist, verwaist. Das ist Praxis in der Türkei.
Dann kann man nicht, Herr Töns, sagen, wir müssten Verständnis dafür haben, die Türkei habe schließlich Wahlen im Jahre 2007, und wir müssten dazu beitragen, dass der extrem rechte Rand in der Türkei nicht stärker werde. – Haben wir bei uns keine Wahlen? Müssen wir nicht auch darauf achten, wie unsere Leute denken?
Haben Sie einmal zur Kenntnis genommen, wie die Umfrageergebnisse in Holland sind, wie die Umfrageergebnisse in Frankreich und bei uns sind?
Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, Herr Töns, dass die letzten Umfragen in der Türkei zum Ergebnis hatten, dass 65 % der türkischen Bürgerinnen und Bürger den Beitritt zur Europäischen Union zurzeit nicht wollen.
Darf ich noch eben folgenden Gedanken vortragen?
Meine Damen und Herren, mich treibt in der Tat folgende Sorge um: Die Europäische Union als Friedensbewegung ist eine Erfolgsgeschichte, wie wir sie in der Welt nie zuvor erlebt haben. Die Europäische Union ist eine Erfolgsgeschichte, was Wohlstand, Freiheit und wirtschaftliche Entwicklung betrifft. Die Europäische Union ist auch eine Erfolgsgeschichte, was Bürokratieabbau betrifft; ein Blick auf all die Normen zeigt das. Sehen Sie nicht, Frau Löhrmann, Herr Töns, die Gefahr, dass wir, wie es hier von Herrn Breuer gesagt worden ist, die Europäische Union überdehnen, die Menschen nicht mitnehmen?
Was Sie völlig verschweigen: Das Kopenhagener Kriterium spricht von der Aufnahmebereitschaft und der Aufnahmefähigkeit, von der Integrationsfähigkeit der Europäischen Union. Wie sieht es denn damit aus, Herr Töns, Frau Löhrmann, wenn wir die Menschen nicht mitnehmen können, weil wir sie nicht davon überzeugen können, weil es nicht geht?
Das, was ich heute zur Aufnahmebereitschaft der Europäischen Union und zur Türkei sage, mag in 20 oder 25 Jahren ganz anders zu bewerten sein. Frau Löhrmann hat meine Homepage völlig richtig zitiert: Ich halte es für falsch, in der derzeitigen Situation, in der derzeitigen Phase die Europäische Union so weit auszudehnen und die Türkei zu einem Vollmitglied zu machen, weil wir damit das in Europa Erreichte aufs Spiel setzen – und das ist mir zu schade. Darin sehe ich eine große Gefahr.
Wenn ich jetzt noch Zeit habe, würde ich …
30 Sekunden, Herr Präsident!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen! Das Wesentliche, was zur Begründung dieses Staatsvertrages und zur Zustimmung auch der CDU-Fraktion zu diesem Vertrag zu sagen wäre, ist bereits von Ihnen, Herr Minister, und auch von Ihnen, Frau Apel-Haefs, gesagt worden. Ich will auf Wiederholungen verzichten und mich auf Folgendes konzentrieren.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich mit Vertrag vom 1. Dezember im Jahre 1992 erstmalig verpflichtet, jüdische Kultusgemeinden in Nordrhein-Westfalen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Ich will noch einmal die Dimension deutlich machen, wie sich das jüdische Leben in Nordrhein-Westfalen in den letzten 15, 20 Jahren entwickelt hat: Vor 16 Jahren, Ende des Jahres 1990, wohnten hier 4.847 Mitglieder von jüdischen Gemeinden, während es heute – Sie, Herr Minister, haben es auch gesagt – weit mehr als 30.000 sind und jährlich etwa 1.200 hinzukommen.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Wir sollten dankbar dafür sein, dass sich nach dem, was wir in der deutschen Geschichte erleben mussten, so viele Menschen gerade auch als Zuwanderer bei uns in Deutschland wieder ansiedeln und Heimat finden wollen. Wir sollten gemeinsam dazu beitragen, dass sie sich auch wohlfühlen dürfen und
wohlfühlen können. Das kann nicht oft genug betont, gerade vor dem Hintergrund dessen, was Sie, Frau Apel-Haefs eben in Bezug auf die NPD sagten.
Es kann auch nicht oft genug wiederholt werden, dass die Menschen wissen: Die deutsche und die europäische Kultur, die deutsche und die europäische Geschichte wären in den letzten 1.000 Jahren ohne die jüdische Kultur und Geschichte nicht denkbar. Sie war über Jahrhunderte auch ein Teil der deutschen Kultur.
Deshalb stimmt auch die CDU-Fraktion diesem Staatsvertrag mit den angepassten finanziellen Hilfen zu. In der Vergangenheit sind bereits im Jahre 1997 und dann im Jahre 2001 die finanziellen Leistungen des Landes Nordrhein-Westfalen angepasst worden. Vor allen Dingen vor dem Hintergrund der starken Zuwanderung – das ist bereits gesagt worden – wird jetzt eine erneute Anpassung auf 7 Millionen € vorgenommen, und zwar bereits mit Wirkung für das Jahr 2006.
Meine Damen und Herren, ein Punkt ist mir auch noch wichtig, weil das Problem in der Tagesdebatte häufig vorgetragen wird und wir uns damit zu beschäftigen haben: Die jüdischen Gemeinden in Nordrhein-Westfalen erbringen mit der Eingliederung der häufig noch nicht einmal Deutsch sprechenden Zuwanderer jüdischen Glaubens in den deutschen Kulturraum eine ganz besonders anerkennenswerte Integrationsleistung, die wir nicht hoch genug einschätzen können.
Zum Schluss möchte ich darauf hinweisen, meine Damen und Herren, dass auch die jüdischen Gemeinden trotz der Erhöhung einen Sparbeitrag zur notwendigen Haushaltskonsolidierung dadurch erbringen, dass sie sich demnächst an der Finanzierung und dem Kauf von Friedhofsflächen, bei der Übernahme von Kosten für das Sicherungspersonal der Gemeinden und bei den notwendigen Renovierungen für die Synagogen zu beteiligen haben. Das ist in den Protokollvermerken festgehalten worden.
Dadurch bewirken wir gleichzeitig, dass ein jahrelanger Streitpunkt zwischen den Kommunen und den jüdischen Gemeinden, wer denn nun für die Kosten der Sicherung der Gebäude aufzukommen habe, nicht nur entschärft, sondern bis zum Jahre 2012 keiner mehr sein wird. Die Regierungen haben sich in dem Staatsvertrag darauf verständigt, diese Regelung erst bis 2012 wirksam werden zu lassen, weil man dann jeweils flexibel auf die neuen Bedürfnisse, die dort stattfinden, reagieren kann.
Meine Damen und Herren, ich werbe gerne für diesen Staatsvertrag – nicht zuletzt deshalb, weil ich auch zweimal die Erfahrung machen durfte, dass ein Telefonanruf genügt hat, um jüdische Gemeinden in Nordrhein-Westfalen dazu zu bewegen, bestimmten sich in Not befindenden Gruppen – ich denke jetzt aber auch an einen konkret Fall von Studenten, die ein bestimmtes Projekt zu fördern hatten – auch finanziell unter die Arme zu greifen. Das heißt, man reagiert dort dankenswerterweise sehr flexibel.
Auf den gemeinsamen Antrag vom Juli 2003, meine Damen und Herren, ist von beiden Vorrednern bereits hingewiesen worden. Wir haben uns in diesem von allen vier Fraktionen getragenen Antrag damals verpflichtet, jüdisches Leben in Nordrhein-Westfalen wieder zur Normalität werden zu lassen und für diese Normalität werbend zu unterstützen. Wir tun mit diesem Staatsvertrag nichts anderes, als dieser Verpflichtung nachzukommen.
Wir stimmen selbstverständlich zu. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Hinblick auf die Zeit werde ich auf meinen Redebeitrag verzichten.
Das Thema ist wichtig. Sie haben darauf hingewiesen, dass alle vier Fraktionen im Hauptausschuss in der vergangenen Woche diesem Staatsvertrag zugestimmt haben. Wir empfehlen Zustimmung, und ich gebe meine Rede jetzt zu Protokoll. (Siehe Anlage) – Danke schön.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal spontan zu Wort gemeldet, weil ich, der ich nicht im Fachausschuss dabei war, dennoch die Diskussion mit den Beteiligten verfolgt habe; denn ich aus einer Region komme, in der Schützenfeste, Nachbarschaftsfeste, Traditionsfeste – Sie haben es dankenswerterweise gesagt – eine sehr große Bedeutung haben.
Ich möchte mich bedanken und sagen: Es geht hier nicht nur um Biergärten, es geht hier nicht nur um die sogenannten – ein furchtbares Wort – PublicViewing-Veranstaltungen. Es geht auch darum, dass die Städte und Gemeinden jetzt die Information bekommen, dass sie selber das Recht und die Möglichkeit haben, auch die sogenannten Traditionsfeste entsprechend ihren Bedürfnissen vor Ort zu gestalten. Diese Diskussion mit den kommunalen Spitzenverbänden in Nordrhein-Westfalen war sehr gut und hilfreich.
Ich bedanke mich bei den beiden Fraktionen und den Damen und Herren Ihres Hauses, Herrn Minister, die wesentlich dazu beigetragen haben, dass diese Klarstellung jetzt kommt. – Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie von den Roten
von den Fraktionen Rot und Grün –,
beide mit dazu beitragen, diesen Fortschritt akzeptieren und ihm zustimmen könnten. – Danke schön, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich versuche, mich kurz zu fassen, weil die Kollegen, insbesondere der Kollege Ortgies, bereits ausreichend zu den rechtstechnischen und materiellen Fragen des Antrages der Grünen Stellung genommen haben. Herr Minister Breuer und der Kollege Biesenbach haben gestern bei dem Tagesordnungspunkt bzw. heute auch über die Gefahr und die Probleme gesprochen, die es mit sich bringen würde, wenn das
geschnürte Paket neu diskutiert und wieder aufgeschnürt werden würde. Es bestünde die Gefahr, dass die Reform als Ganzes tatsächlich auf der Strecke bliebe.
Meine Damen und Herren, im Wesentlichen geht es darum, dass der Bund demnächst statt der Rahmengesetzgebung die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis für den Bereich des Naturschutzes, für den Wasserhaushalt und für die Raumordnung bekommen soll und dass die Länder in diesem Bereich abweichende Regelungsmöglichkeiten haben.
Herr Remmel, was ist daran so schlimm? Ich kann nur das wiederholen, was die Kolleginnen und Kollegen vorher gesagt und gefragt haben: Was ist schlimm daran, wenn Bayern oder Sachsen als Bundesländer den Bereich des Wasserhaushaltsrechtes nuancierter oder differenzierter regeln als Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein?
Ich halte die Möglichkeit, zur Stärkung der Länderkompetenzen Subsidiarität walten zu lassen und vor Ort die sachgerechten Entscheidungen zu treffen, für richtig und für gut.
Mit zwei Argumenten, die Sie in Ihrem Papier gut nachvollziehbar, gut lesbar und aus Ihrer Denkweise und mit Ihren Wertvorstellungen begreifbar dargestellt haben, möchte ich mich auseinander setzen.